10731 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über den Beschluss des Nationalrates vom 7. Juli 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 und das Symbole-Gesetz geändert werden

In Umsetzung des von der Bundesregierung vereinbarten Maßnahmenpakets (Vortrag an den Ministerrat 37/27 vom 11. November 2020) aufgrund des jüngsten islamistischen Terroranschlags in Wien sollen Maßnahmen zur Prävention der Verbreitung von extremistischem Gedankengut getroffen werden (vgl. auch Vortrag an den Ministerrat 42/24 vom 16. Dezember 2020).

Zu Artikel 1 (Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985):

Terroristische Straftaten (§ 278c Strafgesetzbuch – StGB, BGBl. Nr. 60/1974) und die ihrer Erleichterung und Begehung dienenden Organisations- (§ 278b StGB) sowie Vorbereitungs- und Unterstützungsdelikte (§§ 278d bis 278g, 282a StGB) heben sich gegenüber sonstigen Straftaten durch ihre Eignung hervor, das öffentliche Leben oder das Wirtschaftsleben in gravierender Weise zu stören, und durch ihren Zweck, die Bevölkerung auf schwerwiegende Weise einzuschüchtern, öffentliche Stellen oder eine internationale Organisation zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zu nötigen oder die politischen, verfassungsrechtlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Grundstrukturen eines Staates oder einer internationalen Organisation ernsthaft zu erschüttern oder zu zerstören (vgl. den Schlussteil des § 278c Abs. 1 StGB). Vor diesem Hintergrund soll durch die im gegenständlichen Beschluss des Nationalrates vorgesehenen Änderungen des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 die österreichischen Staatsbürgerschaft künftig entzogen werden können, wenn der Betreffende wegen Führung oder Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB), einer terroristischen Straftat (§ 278c StGB), Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB), Ausbildung für terroristische Zwecke (§ 278e StGB), Anleitung zur Begehung einer terroristischen Straftat (§ 278f StGB), Reisens für terroristische Zwecke (§ 278g StGB) oder Aufforderung zu terroristischen Straftaten oder Gutheißung terroristischer Straftaten (§ 282a StGB) rechtskräftig zu einer unbedingten oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe (§ 43a StGB) verurteilt worden ist, sofern er durch die Entziehung nicht staatenlos wird.

Zu Artikel 2 (Änderung des Symbole-Gesetzes):

Derzeit erfasst das Symbole-Gesetz die öffentliche Verwendung von Symbolen, die der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS), der Terrororganisation „Al-Qaida“, der sunnitisch-islamistischen Bewegung der „Muslimbruderschaft“, den rechtsextremen, türkisch-nationalistischen „Grauen Wölfen“, der separatistisch-marxistisch ausgerichteten „Kurdischen Arbeiterpartei“ (PKK), der palästinensischen islamistischen „Hamas“, dem militärischen Teil der „Hisbollah“ und der faschistischen kroatischen „Ustascha-Bewegung“ zuzuordnen sind. Zudem regelt das Symbole-Gesetz das Verbot der Verwendung von Symbolen von sonstigen Gruppierungen, die in Rechtsakten der Europäischen Union als terroristische Vereinigungen, Körperschaften oder sonstige Organisationen angeführt werden sowie von Gruppierungen, die Teil- oder Nachfolgeorganisationen der ausdrücklich genannten Gruppierungen oder diesen zuzurechnen sind, wobei die Benennung der Gruppierungen, die unter das genannte Verbot fallen, gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz Symbole-Gesetz durch Verordnung der Bundesregierung erfolgt.

Jüngste Entwicklungen haben gezeigt, dass in Österreich weitere Gruppierungen mit sicherheitsgefährdenden und extremistischen Bestrebungen aktiv sind und nach ihrer Intention dem liberal-demokratischen österreichischen Rechtsstaat zuwiderlaufen. Zudem werden einschlägige Symbole in Österreich als Aufruf zur Verherrlichung und Unterstützung von Gewalt verwendet. In Umsetzung des von der Bundesregierung im Ministerrat beschlossenen Anti-Terrorpakets ist beabsichtigt, wesentliche Schritte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu setzen, staatsfeindlichen Extremismus und staatsfeindliche Radikalisierung zu bekämpfen und eine Spaltung der Gesellschaft, etwa durch Terrorismuspropaganda, zu verhindern. Somit soll der Anwendungsbereich des Symbole-Gesetzes mit dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates auch auf andere – den Grundprinzipien eines Rechtsstaates widersprechende – Gruppierungen ausgedehnt werden und sollen Symbole weiterer extremistischer Gruppierungen, deren Ziele im Widerspruch zu den Grundwerten der Republik Österreich und zum Prinzip der gesellschaftlichen Pluralität stehen, bzw. anderer sicherheitsgefährdender Bewegungen, deren Symbole als Aufruf zur Verherrlichung oder zur Unterstützung von Gewalt oder schwersten Verbrechen verwendet werden, verboten werden. Aus Praktikabilitätsüberlegungen und im Sinne eines effizienten Vollzugs sollen dabei jene Gruppierungen erfasst sein, die insbesondere auf Basis der Erkenntnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in Österreich aktiv sind und deren Symbole in Österreich öffentlich zur Schau gestellt werden.

Dieser Intention zufolge soll zum einen der Anwendungsbereich des Verwendungsverbots auf die rechtsextrem, rassistisch, sexistisch, nationalistisch geprägte und völkisch orientierte „Identitäre Bewegung Österreich“ sowie auf die aus dieser hervorgegangene Ersatz- bzw. Parallelorganisation „Die Österreicher“ ausgedehnt werden. Zum anderen sollen auch die Symbole der sunnitisch-islamistischen Gruppierung „Hizb ut-Tahrir“, der dschihadistisch-islamistischen Gruppierung „Kaukasus-Emirat“ sowie der marxistisch-leninistischen „Revolutionären Volksbefreiungspartei/-front“ verboten werden. Zudem soll nunmehr die gesamte Gruppierung „Hisbollah“ und nicht nur wie bisher der militärische Teil vom Symbole-Verwendungsverbot umfasst sein. Dabei ist unbeachtlich, ob die jeweilige Gruppierung unter anderen Bezeichnungen öffentlich auftritt. Alias-Namen sind daher ebenfalls umfasst, wie zB die „Kurdische Arbeiterpartei“ (PKK), alias KADEK, alias KONGRA-GEL (vgl. etwa Beschluss [GASP] 2020/1132 zur Aktualisierung der Liste der Personen, Vereinigungen und Körperschaften, auf die die Artikel 2, 3 und 4 des Gemeinsamen Standpunkts 2001/931/GASP über die Anwendung besonderer Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus Anwendung finden, und zur Aufhebung des Beschlusses [GASP] 2020/20, ABl. Nr. L 247 vom 31.7.2020 S. 18). Zudem soll die Klarstellung erfolgen, dass auch grafisch veränderte Darstellungen von im Anhang zur Symbole-BezeichnungsV abgebildeten Symbolen vom Verwendungsverbot umfasst sind, wie dies etwa bei farblichen Abweichungen der Fall ist.

Das Symbole-Verwendungsverbot richtet sich aber keineswegs gegen religiöse Symbolik (etwa Teile eines Glaubensbekenntnisses) allgemein. Es wird allein die Verwendung spezifischer Symbole, die den demokratischen Grundwerten widersprechen, verboten. Die Notwendigkeit für die Aufnahme eines Symbols in die Symbole-BezeichnungsV ergibt sich dann, wenn religiöse oder andere Symbole für gewalttätige Zwecke missbraucht werden und im aktuellen Kontext eine eindeutige Bezugnahme auf bzw. Verbindung zu extremistischen oder terroristischen Gruppen erkennen lassen.

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 13. Juli 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Elisabeth Mattersberger.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Andreas Arthur Spanring, Heike Eder, BSc MBA und Christoph Steiner.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, G, dagegen: F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Elisabeth Mattersberger gewählt.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2021 07 13

                        Elisabeth Mattersberger                                                          Robert Seeber

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender