10737 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Ausschusses für Tourismus, Kunst und Kultur
über den Entschließungsantrag der Bundesräte Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Installierung einer Tourismuskasse (307/A(E)-BR/2021)
Die Bundesräte Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 15. Juli 2021 im Bundesrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Die derzeitige Corona Krise stellt Tourismusbetriebe vor finanziell kaum lösbare Herausforderungen. Die Branche ist in ihren Betroffenheiten und Möglichkeiten aktuell sehr unterschiedlich aufgestellt. Hotels in allen Preiskategorien mit Saison- und Ganzjahresbetrieb, Take-Away Lokale, Cateringanbieter, ländliche Wirtshäuser und Nobelrestaurants stehen vor unterschiedlichen Herausforderungen.
Ein Schicksal teilen aber alle Betriebe: im Normalfall ist die Eigenkapitalquote gering und Branchenvertreter*innen haben bereits öffentlich kundgetan, dass Urlaubsrückstellungen krisenbedingt als belastend wahrgenommen werden. Zugleich waren und sind tausende Tourismusmitarbeiter*innen von Arbeitslosigkeit betroffen.
Aktuell sind noch 45.000 Menschen an ihrer beruflichen Tätigkeit gehindert. Dennoch wird aus der Branche ein hoher Fachkräftebedarf medial kommuniziert. Die Branche scheint, auch aufgrund der instabilen Rahmenbedingungen und dem Arbeitskräftebedarf anderer Branchen Schwierigkeiten zu haben, Mitarbeiter*innen zu lukrieren.
Eine Tourismuskasse (TUAK) könnte hier branchespezifische langfristige Lösungen schaffen. Sie soll einerseits ein Instrument zur Abwicklung von Urlaubs- und Abfertigungsansprüchen sein. Anderseits kann sie – je nach Ausgestaltung – auch Modelle der Aus- und Weiterbildung und der Saisonverlängerung enthalten.
Im März 2021 sind es bereits 12 Monate in der sich die Branche im Pandemiemodus befindet. 12 Monate, die von Unsicherheit und einem starken Umsatzrückgang geprägt sind. Wie lange dieser Umstand noch anhält, ist derzeit nicht absehbar. Eine TUAK würde Geschäftsbilanzen sofort massiv entlasten, da Rückstellungen für offene Urlaubstage umgehend aufgelöst werden können und für die Zukunft nicht mehr gebildet werden müssten.
Beschäftigte und Arbeitgeber*innen im Tourismus haben gleichermaßen mit instabilen Beschäftigungsverhältnissen zu kämpfen, aber es kann gegengesteuert werden:
Rahmenbedingungen, die helfen die bestehenden Probleme zu lösen, z.B. mit der Schaffung einer TUAK.
In einer ersten Phase ist die Abwicklung von Urlaubsansprüchen und Feiertagen (“Guttage“) angedacht. Mittel- und langfristig bietet eine TUAK eine Vielzahl an weiteren Möglichkeiten.
Gerade in der Frage der Errichtung und der damit verbundenen Ausstattung eines entsprechenden Startkapitals, ist jetzt in der Krise der richtige Zeitpunkt dafür. Allein durch die monatlich anfallenden Urlaubsansprüche je Arbeitnehmer*in entstehen den Betrieben zusätzliche Kosten, welche im Augenblick in keinster Weise in Förderprogrammen berücksichtigt sind.
Als zusätzliche betriebliche Unterstützung sollen daher die monatlich anfallenden Urlaubsansprüche der Arbeitnehmer*innen über einen definierten Zeitraum durch die öffentliche Hand übernommen werden und in die Tourismuskasse transferiert werden.
Dies würde den Betrieben die aktuell dringend notwendige finanzielle Entlastung bringen und eine Wiedereinstellung von Arbeitnehmer*innen erleichtern. In weiterer Folge beteiligen sich die Betriebe schrittweise an der Abwicklung der Urlaubsansprüche und leisten schrittweise einen monatlichen Betrag zur Deckung der Urlaubsansprüche. Neben dem Urlaubsanspruch sollen weitere Instrumente zur Branchenattraktivierung gesetzlich ermöglicht werden (z.B. Winterfeiertagsregelung).
Mittel- und langfristig eröffnet sich für eine Tourismuskasse eine ganze Reihe von Betätigungsfeldern, in denen Verbesserungen für Arbeitnehmer*innen und Betriebe denkbar sind:
- Ausbildung, Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten
- Jahresbeschäftigung,Jahresarbeitszeitmodelle
- Arbeitszeit, Arbeitszeitaufzeichnungen
- Schlechtwetterregelung für ausgewählte Bereiche
- Entgeltfortzahlung für Betriebe bei Krankenständen, die mehr als 3 Tage dauern
Voraussetzung ist allerdings, dass eine entsprechende Abwicklungseinheit mit entsprechender Besicherung der Ansprüche geschaffen wird. Dafür ist die gesetzliche Grundlage zu schaffen.
Folgende Ansprüche sollten geregelt werden:
- Die Urlaubsregelung und eine branchenspezifische Mitarbeitervorsorgekasse.
- Eine Schlechtwetterregelung ist eine weitere Möglichkeit, müsste jedoch auf die Branche adaptiert werden (mehrere Regentage bei großen Gastgärten, kein Skihüttenbetrieb weil wegen Sturm die Seilbahnen nicht fahren, u.v.m.).
- Saisonverlängerungsmodelle über die TUAK verwalten und abwickeln. Ziel ist somit Arbeitnehmer*innen länger in Beschäftigungsverhältnissen zu halten und damit weniger Arbeitslosenzeiten entstehen zu lassen.
- Meldung von Überstunden an die TUAK. Sollte es zur Auszahlung der Überstunden kommen übernimmt die TUAK die Abwicklung. Für den Fall der Abgeltung in Freizeit ersetzt die TUAK dem Betrieb die entsprechenden Kosten durch Rücküberweisung.
- Ein anderes Themenfeld ist der Bereich Aus- und Weiterbildung, der so auch branchenthematisch organisiert werden könnte und somit z.B. Zeiten zwischen Saisonen genutzt werden können.
- Die TUAK könnte zum Vermittler und Abwickler für Betriebe fungieren, wenn diese in der Lehrausbildung externe Angebote nutzen möchten z.B. wegen vorgeschriebener Verbundmaßnahmen. Es könnte durch die TUAK auch die Möglichkeit eines dritten Bildungsortes geschaffen werden.
- Übernahme/Refundierung der Entgeltfortzahlung bei Krankheit für Betriebe, wenn der Krankenstand länger als 3 Tage dauert.
Vorteile einer gemeinsamen Einrichtung für Arbeitgeber:
- In der derzeitigen Krise kann es zu einer sofortigen Entlastung der Betriebe, durch ein Transferieren von derzeit offenen Urlaubsansprüchen der Arbeitnehmer*innen kommen.
- Die Arbeitsstunde wird mit bestimmten, kalkulierbaren und vorhersehbaren (monatlichen) Kosten belastet, keine zusätzlichen Belastungen darüber hinaus.
- Keine permanenten Rückstellungen in den Büchern mehr notwendig, im Gegenteil: kurzfristige Auflösung der Rückstellungen und damit Stärkung der Eigenkapitalausstattung.
- Beiträge für Urlaubsansprüche können unabhängig von 5 oder 6 Wochen Urlaubsanspruch gestaltet werden.
- Arbeitnehmer*in wird in der Zugehörigkeit zum Betrieb/zur Branche gestärkt.
- Gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Betriebe; kein Austragen des Wettbewerbs über niedrige Sozialstandards.
- Saisonverlängerungsmodelle möglich machen.
- Schaffung eines dritten Bildungsortes, um den Betrieben Ausbildungsverbünde zu erleichtern.
- Besseres Image, Erhöhung der Attraktivität für zusätzliche Arbeitskräfte.
- Eigene und branchenspezifische Förderabwicklung bzw. Förderanknüpfung da in der Kasse die Arbeitgeber gebündelt sind.
Vorteile einer gemeinsamen Einrichtung für Arbeitnehmer:
- Sicherung der Ansprüche unabhängig von einem konkreten Arbeitgeber.
- Mitnahme von Ansprüchen in ein neues Arbeitsverhältnis bzw. einen neuen Betrieb.
- Information über Ansprüche und alle wichtigen Daten kann durch überbetriebliche Einrichtung erfolgen.
- Anhebung der Sozialstandards in der Branche auf ein höheres Niveau.
- Bei Insolvenz muss der/die Arbeitnehmer*in unter Umständen nicht bis zu 6 Monate auf die Auszahlung warten.“
Der Ausschuss für Tourismus, Kunst und Kultur hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 5. Oktober 2021 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Horst Schachner.
An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Christoph Steiner, Robert Seeber, Andrea Michaela Schartel, Dr. Andrea Eder-Gitschthaler und Horst Schachner.
Ein Beschluss über den Antrag, dem vorliegenden Entschließungsantrag (307/A(E)-BR/2021) die Zustimmung zu erteilen, ist infolge Stimmengleichheit nicht zu Stande gekommen (dafür: S, F, dagegen: V, G).
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Horst Schachner gewählt.
Ein Beschluss über den Antrag, dem vorliegenden Entschließungsantrag der Bundesräte Horst Schachner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Installierung einer Tourismuskasse (307/A(E)-BR/2021) die Zustimmung zu erteilen, ist infolge Stimmengleichheit nicht zu Stande gekommen.
Wien, 2021 10 05
Horst Schachner Dr. Andrea Eder-Gitschthaler
Berichterstatter Vorsitzende