10789 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Innovation, Technologie und Zukunft

über den Beschluss des Nationalrates vom 19. November 2021 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesstatistikgesetz 2000 und das Forschungsorganisationsgesetz geändert werden

Das Bundesstatistikgesetz gibt derzeit in § 31 Abs. 3 vor, dass die Verwendung von personenbezogenen Statistikdaten für wissenschaftliche Zwecke unzulässig ist. Daraus ergibt sich, dass das Anonymisieren alleine nicht ausreicht, wenn neben dem Personenbezug andere Informationen zur Verfügung stehen, die das Identifizieren der statistischen Einheiten möglich machen.

Der Zugang der Wissenschaft zu Individualdaten der Bundesstatistik und der Verwaltungsregister ist ein entscheidender Faktor, um für den Wissenschaftsstandort Österreich nachhaltig - insbesondere in der Sozial- und lebenswissenschaftlichen Forschung zu sichern. Damit kann österreichische Forschung einen Schritt nachvollziehen, der von innovativen Forschungsnationen bereits seit längerem gemacht wurde. Innovative Forschung wird dadurch ermöglicht, dass Datenbestände kombiniert und mit aktuellen statistischen Methoden ausgewertet werden können. Durch die Kombination unterschiedlicher Datensätze können Forschungsfragen gestellt werden, für die es bisher keine Datengrundlage gegeben hat. Damit können im Sinne der Weiterentwicklung des Wissenschaftsstandortes neue Themenbereiche erschlossen werden. Auch evidenzbasierte Politik und wissenschaftliche Evaluierungen werden dadurch in einer deutlich verbesserten Qualität möglich. Der Bundesregierung ist es daher ein Anliegen, den Zugang der Wissenschaft zu verknüpfbaren anonymisierten Registerdaten durch eine Novellierung des Bundesstatistikgesetzes sicherzustellen. Der Datenzugang soll auf wissenschaftliche Zwecke beschränkt sein und die (europarechtlichen) Vorgaben des Statistik- und Datenschutzrechts erfüllen. Akkreditierte Wissenschafterinnen und Wissenschafter sollen aufgrund eines geregelten Verfahrens Zugang zu den Datenbeständen der Statistik Austria, die so anonymisiert wurden, erhalten, dass keine Rückführung auf den Einzelfall möglich ist. Daher sollen in Österreich ein „Austrian Micro Data Center“ und Datenzugänge für die Wissenschaft geschaffen werden. Viele der großen gesellschaftlichen Herausforderungen wie zB die Klimaerwärmung, der demo-graphische Wandel oder eine Pandemie, können nur mit wissenschaftlicher Forschung, die auf soliden Daten und deren Analyse aufbaut, gelöst werden.

Durch den vorliegenden Beschluss des Nationalrates soll diesem Anliegen einerseits unter Beachtung der Vertraulichkeitsbestimmungen von Statistikdaten gemäß Verordnung (EG) Nr. 223/2009 über europäische Statistiken und andererseits unter Beachtung der Verordnung (EU) 2016/679 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) entsprochen werden.

Durch den vorliegenden Beschluss des Nationalrats hinsichtlich einer Änderung des Forschungsorganisationsgesetzes (FOG) ist nunmehr für wissenschaftliche Zwecke auch der Zugang zu Daten von solchen Registern einzuräumen, die in den Verordnungen gemäß §°38b FOG angeführt sind. Diese Verordnungen werden von dem /der für Bildung, Wissenschaft und Forschung zuständigen Bundesminister/Bundesministerin im Einvernehmen mit dem/der für das jeweilige Register zuständigen Bundesminister/Bundesministerin erlassen. Der Zugang zu den Daten dieser Register soll über die technische Plattform, die die Bundesanstalt für die Einräumung des Fernzugriffes auf die Statistikdaten zu errichten hat, aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit erfolgen. Die Neu-regelungen in § 31a bis 31c betreffen die Mitwirkung der Bundesanstalt „Statistik Österreich“ bei der Einräumung des Zugangs zu Daten der Register gemäß FOG.

Die Abgeordneten Mag. Eva Blimlinger, Mag. Dr. Maria Theresia Niss, MBA, Kolleginnen und Kollegen haben im Zuge der Debatte im Nationalrat einen Abänderungsantrag eingebracht, der beschlossen und wie folgt begründet wurde:

Zu Z 1 (§ 31 Abs. 4 Bundesstatistitikgesetz 2000):

Die Änderung stellt klar, dass das Vorhandensein einer gesicherten Umgebung für das wissenschaftliche Arbeiten auch den Ausschluss eines anderweitigen IT-technischen Exports vertraulicher Daten als die Abspeicherung von vertraulichen Daten auf externe Datenträger, zu umfassen hat. Dies kann zB bei einer direkten Ausleitung der Daten über das Netzwerk relevant sein.

Zu Z 2 (§ 31 Abs.6 Z2 Bundesstatistitikgesetz 2000):

Es handelt sich um die Berichtigung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 3 (§ 31 Abs. 8 Bundesstatistitikgesetz 2000):

Mit der vorgeschlagenen Änderung soll der Complexity Science Hub (CSH) in die Liste der wissenschaftlichen Einrichtungen aufgenommen werden, die jedenfalls die Voraussetzungen gemäß Abs. 7 Z 1 bis 3 erfüllen und deren Tätigkeit im Schwerpunkt Forschung besteht. Eine Aufnahme des CSH ist aus unserer Sicht auch für den Erhalt der Qualität der Forschung am CSH sowie dessen Wettbewerbsfähigkeit wichtig, da der CSH vor allem datenbasiert forscht und ein Zugang zum Austrian Micro Data Center somit dringend erforderlich ist.

Der CSH verfügt über herausragende Kompetenz im Bereich der Computational Skills, insbesondere in der Big Data Science. Deren (unmittelbare) Nutzen wurde für die Gesellschaft und die Bevölkerung vor allem auch in der Pandemiebekämpfung sichtbar. So haben Wissenschaftler und Forscher vom CSH, wie z.B. Peter Klimek, regelmäßig in Medien ihre wissenschaftliche Expertise mit einer breiten Öffentlichkeit und auch über Österreich hinaus geteilt. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Prognosen rund um das Thema Covid wurden international breit diskutiert. In der Pandemiebekämpfung hat der CSH zudem eine der 40 populärsten wissenschaftlichen Arbeiten des Jahres 2020 geschrieben. Eine vergleichbare Leistung gibt es in Österreich nicht.

Weitere Themengebiete, zu denen der CSH forscht, sind unter anderem:

systemisches Risiko (z.B. Wahrscheinlichkeiten für systemischen Kollaps sowie dessen Gründe)

Smart City (z.B. Einfluss von Größe und anderen Faktoren auf das Leben in der Stadt)

Internet of Things (z. B. Sicherheit und Resilienz von vollautomatisierten Produktionen)

Computational Science (z. B. Meinungsbildung auf Social Media, universelle Muster in der Geschichte)

Big Data Analytics (z.B. Auswirkungen und Gefahren von Social Media wie z.B. Fake News)

Green Transition (z. B. Nutzung von städtischen Daten, um diese nachhaltiger und ressourcenschonender zu gestalten)

Darüber hinaus hat der CSH alleine heuer mehr als 2.500 weltweite Presseauftritte vorzuweisen. Diese reichen auch über das Thema Pandemiebekämpfung hinaus und beinhalten international anerkannte Medien wie die New York Times, the BBC, The Economist, Bloomberg News, The Guardian, Nature News, FAZ, Der Spiegel, Die Zeit, EI Pais und Tue Times.

Die Aufnahme der CSH in die Liste der wissenschaftlichen Einrichtungen in § 31 Abs. 8 ist daher sachlich gerechtfertigt.

Zu Z 4 (§ 31 Abs. 13 Bundesstatistitikgesetz 2000):

Zur Stärkung der Maßnahmen gegen Datenmissbrauch wird das Beweismaß bzgl. der gegen einen nochmaligen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen getroffenen und geeigneten konkreten technischen, organisatorischen, personellen oder sonstigen Maßnahmen von der bloßen Glaubhaftmachung auf das Regelbeweismaß geändert. Hat eine Einrichtung gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen gemäß § 31 Abs. 6 Z 6 verstoßen, hat sie nunmehr zu beweisen, dass entsprechende Maßnahmen getroffen wurden, um den Ausschluss vom Datenzugang abwenden zu können. Nach hA muss nach dem Regelbeweismaß Überzeugung gegeben sem, dass eine Tatsachenbehauptung mit hoher Wahrscheinlichkeit für wahr zu halten sei.“

 

Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 30. November 2021 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Christian Buchmann, Doris Hahn, MEd MA und Otto Auer.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger gewählt.

Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2021 11 30

                       Ing. Isabella Kaltenegger                                                      Stefan Schennach

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender