10868 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 20. Januar 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz und das Bauern-Sozialversicherungsgesetz geändert werden (Ökosoziales Steuerreformgesetz 2022 Teil III – ÖkoStRefG)

Ein Teil der von der Bundesregierung in Aussicht genommenen Steuerreform ist die Absenkung des von den Versicherten zu tragenden Krankenversicherungsbeitrages für niedrige und mittlere Einkommen, welche hinsichtlich der (aktiv) selbständig Erwerbstätigen in den Sozialversicherungsgesetzen umgesetzt werden soll. Der vom/von der Versicherten zu leistende Beitrag wird entsprechend einer gesetzlich festgelegten Staffelung abhängig von der Höhe der monatlichen Beitragsgrundlage reduziert.

Die in der Staffel festgelegten Beitragsgrundlagen sind Festbeträge und unterliegen nicht der jährlichen Aufwertung. Um Aufwandsneutralität im Bereich der Krankenversicherung sicherzustellen, soll als Ersatz eine entsprechende Differenzleistung des Bundes vorgesehen werden. Die jeweilige Differenz zwischen dem vom/von der Versicherten zu leistenden Beitragsteil und dem in unveränderter Höhe weiterhin geltenden Beitragssatz in der Krankenversicherung ist daher durch eine Leistung des Bundes aufzubringen. Diese Beitragsleistung ist dem jeweiligen Versicherungsträger vom Bund monatlich im erforderlichen Ausmaß unter Bedachtnahme auf die Kassenlage des Bundes zu bevorschussen.

Bei der Differenzleistung des Bundes handelt es sich um Beiträge zur Krankenversicherung, die wie eine Beitragsleistung der Versicherten zu werten ist. Aus diesem Grund ergeben sich auch keine Änderungen in der Höhe der von den Sozialversicherungsträgern zur Krankenanstaltenfinanzierung (vgl. u.a. § 447f ASVG) zu leistenden Zahlungen sowie im Zusammenhang mit anderen Gesetzes-bestimmungen, die auf die Beitragseinnahmen bzw. die Beitragsentwicklung verweisen bzw. abstellen (z.B. § 322a Abs. 2 ASVG).

 

Im Zuge der Debatte im Nationalrat haben die Abgeordneten Peter Haubner, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der beschlossen und wie folgt begründet wurde:

Allgemeines:

Im Zuge der geplanten Steuerreform ist eine finanzielle Entlastung für niedrige und mittlere Einkommen beabsichtigt. Im Bereich der unselbständigen Erwerbstätigen erfolgt diese im Wege einer Erhöhung des SV-Bonus, welcher im Rahmen der Steuererklärung bzw. Arbeitnehmerveranlagung geltend zu machen ist. Nachdem diese steuerrechtliche Variante im Bereich der selbständig Erwerbstätigen nicht in Betracht kommt, soll die finanzielle Entlastung für niedrige und mittlere Einkommen im Zusammenhang mit den von den Versicherten zu tragenden Krankenversicherungsbeiträgen erreicht werden. Die Abwicklung wurde der Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) übertragen.

Die in der Regierungsvorlage vorgesehene gestaffelte Absenkung der Beitragssätze würde allerdings einen unverhältnismäßigen Zusatzaufwand in der technischen Administration der SVS bedeuten. Da die sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlagen im Bereich der Selbständigen regelmäßig im Nachhinein nachzubemessen sind, wäre eine permanente Aufrollung bei der Beitragssatzberechnung erforderlich. Abgesehen von dem erheblichen Ressourceneinsatz für die technische Umsetzung würden die nachträglichen Neuberechnungen der Krankenversicherungsbeiträge auch zu großer Rechtsunsicherheit bei den Versicherten führen.

Mit dem Abänderungsantrag wird daher eine administrativ wesentlich einfachere Lösung vorgeschlagen, die den durch die Steuerreform zu begünstigenden Personenkreis in vergleichbarem Umfang finanziell entlastet und auch gegenüber den Versicherten transparenter dargestellt werden kann.

Gesetzlich wird eine jährliche Zuwendung in Form einer Gutschrift an KV-Versicherte nach dem GSVG und BSVG, deren sozialversicherungsrechtliche Beitragsgrundlage 2 900,00 Euro nicht übersteigt, vorgesehen. Diese Beträge werden jährlich im Zuge der Beitragsvorschreibung im laufenden Kalenderjahr gutgeschrieben. Die Aufwendungen für die Gutschriften werden aus Mitteln des Bundes getragen und pro Kalenderjahr verrechnet.

Die finanziellen Auswirkungen im GSVG belaufen sich auf rund 4 7 Millionen Euro und im BSVG auf rund 15,5 Millionen Euro.

Zu Art. 1 Z 1 und 3 sowie Art. 2 Z 1 und 3 (§§ 27f und 394 Abs. 1 GSVG; § 24f und 388 Abs. 1 BSVG:

Voraussetzung für den Anspruch auf eine Gutschrift von Krankenversicherungsbeiträgen ist einerseits der Bestand der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung sowie das Vorliegen einer sozialversicherungsrechtlichen Beitragsgrundlage der jeweiligen krankenversicherten Person bis zu einer Höhe von 2 900,00 Euro (dieser Betrag entspricht einer monatlichen BTG in der Höhe von 2 500,00 Euro im ASVG; 2 500,00 x 14 = 35 000,00/1 2 = - 2 917,00) zu einem bestimmten Stichtag - im GSVG der 31. Mai des laufenden Kalenderjahres, im BSVG der 15 . Jänner des laufenden Kalenderjahres. Der 15. Jänner im BSVG wurde vor dem Hintergrund festgesetzt, dass Änderungsmeldungen der Betriebsführer (Zu-, Verpachtungen, Zu-, Verkäufe) oftmals erst nachträglich erfolgen und bei der Feststellung des Anspruchs auf die Gutschrift eine möglichst korrekte Bewirtschaftungslage berücksichtigt werden soll. Zur Prüfung des Anspruchs ist grundsätzlich auf die zuletzt festgestellte endgültige Beitragsgrundlage abzustellen; wurde noch keine endgültige Beitragsgrundlage festgestellt (z.B. bei Neueintritt der Pflichtversicherung), ist die aktuelle vorläufige Beitragsgrundlage heranzuziehen.

Der in Betracht kommende Personenkreis wird zum Stichtag 1. Juni des jeweiligen Kalenderjahres ermittelt. Es wird ausdrücklich klargestellt, dass versicherungs- bzw. beitragsrechtliche Änderungen nach diesem Zeitpunkt keinen Einfluss mehr auf den Anspruch sowie die Höhe der Gutschriften haben, um jegliche Aufrollung der Ansprüche im Nachhinein auszuschließen.

Ausgehend von dem finanziellen Aufwand, der durch die in der Regierungsvorlage vorgesehene gestaffelte Absenkung der Beitragssätze in der Krankenversicherung entstanden wäre, wird hinsichtlich der gutzuschreibenden Beträge eine abgestufte Höhe für 21 Versichertengruppen (90,00 Euro, 110,00 Euro, 130,00 Euro, 150,00 Euro, 170,00 Euro, 190,00 Euro, 210,00 Euro, 210,00 Euro, 225,00 Euro, 240,00 Euro, 260,00 Euro, 280,00 Euro, 295,00 Euro, 315,00 Euro, 310,00 Euro, 280,00 Euro, 245,00 Euro, 200,00 Euro, 155,00 Euro, 105,00 Euro und 60,00 Euro im Jahr) festgelegt. Diese Abstufung orientiert sich am Ausmaß der in der Regierungsvorlage vorgesehenen sozial gestaffelten Absenkung des Beitragssatzes. Damit tritt eine Entlastung analog der Maßnahmen der ökosozialen Steuerreform der Unselbständigen ein. Die genannten Werte unterliegen nicht der Aufwertung nach§ 108ff ASVG.

Die Auszahlung der Beitragsgutschriften an die anspruchsberechtigten Personen (bzw. die beitragspflichtigen Betriebsführer im BSVG) erfolgt im Zuge der Beitragsvorschreibungen des 3. Quartals im GSVG sowie des 2. Quartals im BSVG. Die Ursache für diese abweichende Regelung liegt in den unterschiedlichen Vorschreibezeitpunkten gemäß § 35 GSVG (2. Monat des Kalendervierteljahres) und § 33 BSVG (Monat nach Ablauf eines Kalendervierteljahres). Die Gutschrift erfolgt daher erstmals im Juli 2022 (BSVG) und August 2022 (GSVG).

Zu Art. 1 Z 2 und 3 sowie Art. 2 Z 2 und 3 (§§ 149 Abs. 7 sowie 394 Abs. 2 und 3 GSVG; §§ 140 Abs. 7 sowie 388 Abs. 2 und 3 BSVG):

Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb übergeben, verkauft, verpachtet oder auf andere Weise zur Bewirtschaftung überlassen, so werden für die Berechnung der Ausgleichszulage in der Pensionsversicherung nicht die tatsächlich erzielten Einkünfte (z.B. Ausgedinge, Verkaufspreis oder Pachtzins) angerechnet, sondern - ausgehend vom Einheitswert der übergebenen Güter - ein Pauschalbetrag, das sogenannte „fiktive Ausgedinge".

Dabei wird - aus wirtschaftlicher Sicht - unterstellt, dass der Betriebsübernehmer/die Betriebsübernehmerin der übergebenden Person Sachleistungen zur Verfügung stellt, nachdem sie den Betrieb übernommen hat (etwa Brennholz und dergleichen). Dies wird derzeit pauschal mit 10% des jeweils anzuwendenden Richtsatzes angerechnet (wenn der Einheitswert des Betriebes einen bestimmten Schwellenwert überschreitet) und verringert somit die Ausgleichszulage.

Abhängig von der Höhe des Einheitswertes des aufgegebenen Betriebes werden im Jahr 2022 max. 103,05 Euro (bei Einzelrichtsatz) bzw. max. 162,57 Euro (bei Familienrichtsatz) als fiktives Ausgedinge (10% des jeweiligen Ausgleichszulagenrichtsatzes) angerechnet.

Bei diesen Werten handelt es sich um die maximale Anrechnung, die bei aufgegebenen Betrieben ab einem Einheitswert von 3.900,00 Euro (bei Einzelrichtsatz) bzw. ab einem Einheitswert von 5.600,00 Euro (bei Familienrichtsatz) zur Anwendung kommt.

Bei einer Absenkung auf 7,5% des jeweiligen Ausgleichszulagenrichtsatzes würden max. 77 ,29 Euro (bei Einzelrichtsatz) bzw. max. 121 ,93 Euro (bei Familienrichtsatz) angerechnet werden.

Durch eine Übergangsbestimmung soll sichergestellt werden, dass durch die Absenkung des fiktiven Ausgedinges neu entstandene Ansprüche auf Ausgleichszulage bereits ab 1. Jänner 2022 gebühren, wenn der entsprechende Antrag im Jahr 2022 gestellt wird (und die Pension schon zu Jahresbeginn bezogen wurde).

Die Absenkung der Anrechnung um 2,5% des Ausgleichzulagenrichtsatzes bringt eine Verbesserung für die kleinsten bäuerlichen Pensionen von 8 Millionen Euro.“

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am
1. Februar 2022 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Otto Auer.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Michael Bernard, Otto Auer und MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, F, G, dagegen: S).

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Otto Auer gewählt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2022 02 01

                                      Otto Auer                                                                           Ingo Appé

                                   Berichterstatter                                                                        Vorsitzender