10940 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Wirtschaftsausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 24. März 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird
Die Abgeordneten Ing. Martin Litschauer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zu Grunde liegenden Initiativantrag am 8. März 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Redaktionelle Anpassung“
Im Zuge der Debatte im Nationalrat haben die Abgeordneten Lukas Hammer, Tanja Graf, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der beschlossen und wie folgt begründet wurde:
„Die Invasion der Ukraine durch Russland führte zu einer nicht vorhersehbaren geopolitischen Krise und stellt eine potenzielle Bedrohung für die Gasversorgungssicherheit innerhalb der Europäischen Union dar. Im Einklang mit der Kommunikation der Europäischen Kommission (REPowerEU) wird mit den vorliegenden Änderungen eine nationale strategische Gasreserve eingeführt, um auch im Falle einer vollständigen Unterbrechung der Gaslieferungen aus Russland die Gasvorräte zu besichern und die Versorgungssicherheit für österreichische Endkund:innen weiterhin aufrecht zu erhalten.
Der Aufbau einer strategischen Gasreserve soll dazu dienen, die Resilienz der österreichischen Energieversorgung zu stärken, die Importabhängigkeit zu reduzieren und auch weiterhin ambitionierte klimapolitische Ziele zu verfolgen.
Zu Z 1 (§§ 18a bis 18d):
Die operative Abwicklung der Beschaffung und der Vorhaltung der strategischen Gasreserve wird dem Verteilergebietsmanager im Wege der Beleihung übertragen. Dieser verfügt im geltenden GasMarktmodell als Systemoperator über eine Monopolstellung und nimmt ausschließlich die ihm per Gesetz übertragenen Aufgaben wahr. Dazu gehören etwa das Netzzugangs- und Kapazitätsmanagement, die Gasflusssteuerung sowie das Krisenmanagement in Engpasssituationen. Die ihm dabei entstehenden Kosten werden von der Regulierungsbehörde per Bescheid bestimmt. Der gesetzlich festgelegte Aufgabenbereich des Verteilergebietsmanagers wird nunmehr um die Abwicklung der strategischen Reserve erweitert, wobei die damit einhergehenden Kosten nach dem Kostendeckungsprinzip aus Bundesmitteln bedeckt werden. Da es sich hierbei um eine Aufgabe im öffentlichen Interesse handelt, ist eine Überabgeltung der Aufwendungen gesetzlich ausgeschlossen; beim Verteilergebietsmanager (bzw. dessen Tochtergesellschaft, dazu sogleich) fallen weder Gewinne noch Verluste an. Um dies auch in der Abwicklung der Zahlungsflüsse zu gewährleisten, ist die Angemessenheit der Kosten darüber hinaus von einem Wirtschaftsprüfer zu prüfen.
Um eine rasche operative Abwicklung zu ermöglichen, hat der Verteilergebietsmanager eine Tochtergesellschaft zu gründen. Insoweit daher in den§§ 18a ff auf den Verteilergebietsmanager Bezug genommen wird, treffen alle Rechte und Pflichten, einschließlich der besonderen Haftungsbestimmungen, diese Tochtergesellschaft (§ 18a Abs. 4). Die Tochtergesellschaft wird sohin auch Eigentümerin der beschafften Gasmengen.
Die genaue Höhe der Reserve bemisst sich aus den jeweils im Jänner abgegebenen Gasmengen und wird im Sinne der Transparenz bis zum 1. März von der Regulierungsbehörde veröffentlicht. Für das Jahr 2022 ergibt sich ein Gesamtverbrauch im Jänner von 12,6 TWh. Die Höhe der Reserve kann mit Verordnung der Bundesregierung angepasst werden. Diese Verordnung bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, welche in sinngemäßer Anwendung des Art. 55 Abs. 5 B-VG in Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilen ist.
Die Beschaffung der Gasreserve erfolgt im Rahmen eines marktbasierten, transparenten, nichtdiskriminierenden und öffentlichen Ausschreibungsverfahrens durch den Verteilergebietsmanager, wobei auch eine tranchenweise Beschaffung zulässig ist. Als Sektorenauftraggeber kann sich der Verteilergebietsmanager auf die Regelung des § 178 Abs. 1 Z 26 Bundesvergabegesetz 2018 stützen.
Die Freigabe von Gasmengen aus der strategischen Gasreserve kann ausschließlich durch Verordnung der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie nach dem Energielenkungsgesetz 2012 erfolgen. Die tatsächliche Durchführung der Freigabe der Gasmengen obliegt in einem solchen Fall dem Verteilergebietsmanager, wobei sich dessen hoheitlicher Ermessensspielraum aus den in der Verordnung enthaltenen Vorgaben und Anweisungen ergibt.
Die Haftungsregelung in§ 18d ist dem§ 10 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mit beschränkter Haftung nachgebildet.
Der von Versorgern einzuhaltende Gasversorgungsstandard gemäß Art. 6 der Verordnung (EU) 2017/1938 bleibt durch die strategische Gasreserve unberührt. Eine allfällige Überlassung von Gasmengen an Marktteilnehmer darf ausschließlich zum nach § 18c Abs. 2 zu ermittelnden Preis erfolgen, womit eine marktverzerrende Begünstigung von Empfängern gesetzlich ausgeschlossen ist.
Zu Z 2 (§ 169 Abs. 9):
Die Regelungen zur strategischen Gasreserve werden bis zum 30. September 2025 befristet und sind davor zu evaluieren. Für den Fall des Auslaufens der entsprechenden Bestimmungen ist durch Verordnung der Bundesregierung über die Verwendung der Gasreserve zu entscheiden. Diese Verordnung (wie jene nach § 18a Abs. 2) bedarf der Zustimmung des Hauptausschusses des Nationalrates, welche in sinngemäßer Anwendung des Art. 55 Abs. 5 B-VG in Anwesenheit von mindestens der Hälfte seiner Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilen ist.“
Dieser Beschluss des Nationalrates ist ein Fall des Artikels 44 Absatz 2 B-VG und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.
Der Wirtschaftsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 5. April 2022 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Marco Schreuder.
An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Michael Bernard, Andrea Kahofer, Mag. Christine Schwarz-Fuchs, Günther Novak und Mag. Christian Buchmann.
Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen,
1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Marco Schreuder gewählt.
Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungs-mäßige Zustimmung zu erteilen.
Wien, 2022 04 05
Marco Schreuder Mag. Christian Buchmann
Berichterstatter Stv. Vorsitzender