10968 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Finanzausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 18. Mai 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Börsegesetz 2018, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 und das Kapitalmarktgesetz 2019 geändert werden
Mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates werden die Maßnahmen der Richtlinie (EU) 2021/338 vom 16. Februar 2021 zur Änderung der Richtlinie 2014/65/EU im Hinblick auf die Informationspflichten, die Produktüberwachung und die Positionslimits sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/878 im Hinblick auf ihre Anwendung auf Wertpapierfirmen, zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise (Capital Markets Recovery Package – CMRP-MiFID II) in das österreichische Recht umgesetzt. Zusätzlich wird auch eine Verweisanpassung im Hinblick auf Prospektnachträge vorgenommen, die sich aus der Flankierung der Verordnung (EU) 2021/337 vom 16. Februar 2021 zur Änderung der Verordnung (EU) 2017/1129 im Hinblick auf den EU-Wiederaufbauprospekt und gezielte Anpassungen für Finanzintermediäre und der Richtlinie 2004/109/EG im Hinblick auf das einheitliche elektronische Berichtsformat für Jahresfinanzberichte zur Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung von der COVID-19-Krise (CMRP-Prospekt-VO) ergibt.
Die Änderungen betreffend CMRP-MIFID II enthalten zielgerichtete Bestimmungen, welche zur Erholung der Kapitalmärkte nach der COVID-19-Krise beitragen. Es werden vor allem Erleichterungen für professionelle Kunden und geeignete Gegenparteien vorgenommen, da diese aufgrund ihrer Kenntnisse und Erfahrungen durch ihre regelmäßige Tätigkeit auf den Finanzmärkten ein geringeres Schutzniveau benötigen. Gleichzeitig wird der durch MiFID II etablierte hohe Anlegerschutz für Privatkunden durch die gegenständlichen Maßnahmen nicht herabgesetzt.
Konkret werden vor allem Informationspflichten für Geschäfte mit professionellen Kunden und geeigneten Gegenparteien gelockert, so etwa in Bezug auf standardisierte Kosteninformationen und obligatorischen Serviceberichten.
Die standardmäßige Kommunikation zwischen Wertpapierfirma und Kunde soll in elektronischer Form erfolgen, wobei Kleinanleger auf Wunsch Informationen weiterhin in Papierform erhalten können.
Die Produktüberwachungspflichten für die Emission von Anleihen wird insofern gelockert, als Anleihen mit einer sog. „Make-Whole-Klausel“ davon ausgenommen werden. Mit einer solchen Klausel wird sichergestellt, dass den Anlegern ein Betrag in Höhe des gesamten Nettogegenwartswerts der verbleibenden Kupon-Zahlungen und des Hauptbetrages der Anleihe gezahlt wird, die sie erhalten hätten, wenn die Anleihe nicht frühzeitig aufgekündigt worden wäre. Dadurch werden diese Anleihen zu sicheren und einfachen Produkten, die insbesondere auch für Kleinanleger attraktiv werden.
In Bezug auf den Handel mit Derivaten wird die Anwendung des Positionslimits-Regimes auf signifikante und kritische Warenderivate eingeschränkt. Diese sind dann gegeben, wenn offene Positionen von durchschnittlich mindestens 300 000 handelbaren Einheiten in einem Einjahreszeitraum gegeben sind. Für Derivate auf landwirtschaftliche Erzeugnisse gilt jedoch weiterhin das bisherige Positionslimits-Regime.
Die generelle Abgrenzung zwischen Haupt- und Nebentätigkeit und damit der Anwendungsbereich der MiFID II-Regelungen wird klarer gefasst. Es wird nunmehr eine Kombination aus quantitativen und qualitativen Elementen herangezogen, wobei die konkreten Schwellenwertkriterien noch in einem delegierten Rechtsakt spezifiziert werden.
Um die Sichtbarkeit von Emittenten auf den Finanzmärkten zu verstärken und damit insbesondere auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) zu fördern, wird die Möglichkeit geschaffen, dass Wertpapierfirmen für die Bereitstellung von Analysen und für die Erbringung von Ausführungsleistungen gemeinsam zahlen dürfen, sofern die Marktkapitalisierung von 1 Mrd. EUR in den letzten 36 Monaten vor Bereitstellung der Analyse nicht überschritten wurde. Davon werden sowohl börsenotierte als auch nicht börsenotierte Unternehmen umfasst.
Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 31. Mai 2022 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Otto Auer.
An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Sebastian Kolland.
Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Otto Auer gewählt.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2022 05 31
Otto Auer Ingo Appé
Berichterstatter Vorsitzender