10972 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Mai 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Notariatsordnung, die Rechtsanwaltsordnung und das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter geändert werden (Berufsrechts Änderungsgesetz 2022 – BRÄG 2022)

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates trägt dem Umstand Rechnung, dass damit verschiedene Probleme in den Berufsrechten der Notare und Rechtsanwälte gelöst werden sollen.

Die bereits in der Stammfassung der NO enthaltene Bestimmung zur Ausgeschlossenheit von Notaren (§ 33 NO) enthält teils nur vage umrissene Fallgruppen, die ohne weitere Differenzierung zur Rechtsfolge des Solennitätsverlusts (Verlust der Kraft einer öffentlichen Urkunde) führen. In der Praxis führt diese Rechtslage zu Rechtsunsicherheiten, dies nicht nur bei den allenfalls von der Ausgeschlossenheit betroffenen Notarinnen und Notaren, sondern auch und gerade bei den Parteien, deren (öffentliche) Urkunde mit der Gefahr eines allfälligen Solennitätsverlusts behaftet ist.

Die zuletzt substanziell erweiterten Möglichkeiten einer Nutzung elektronischer Kommunikationsmöglichkeiten bei notariellen Amtshandlungen wird zu deren deutlich öfteren Nutzung in der Praxis führen. Gerade an der Schnittstelle zwischen der herkömmlichen Errichtung der Urkunde in Papierform und deren elektronischer Errichtung fehlt es bislang aber an einer entsprechenden gesetzlichen Regelung für einen "Medienwechsel".

Die Bestimmungen zu den im Bereich der notariellen Selbstverwaltung durchzuführenden Wahlen sind bislang nur sehr allgemein gehalten, sie erscheinen auch im Lichte des Grundsatzes der geheimen Wahl verbesserungsbedürftig.

Die Eintragungsmöglichkeiten zur gesetzlichen Erwachsenenvertretung in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) bedürfen einer gesetzlichen Präzisierung bzw. Ergänzung.

Aus Anlass der Geburt oder der Adoption eines Kindes lassen sich Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte häufig aus der Liste der Rechtsanwälte streichen. Damit gehen Nachteile wie der Verlust der Kammermitgliedschaft, der Nichterwerb von Beitragszeiten für die Altersversorgung oder die Unsicherheit der Wiedereintragung in die Liste einher, die unter anderem dazu führen, dass sich viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte in dieser Situation letztlich dauerhaft gegen den Rechtsanwaltsberuf entscheiden.

In der Praxis haben sich Unklarheiten ergeben, ob § 24 Abs. 2 DSt die datenschutzrechtlichen Anforderungen an eine gesetzliche Ermächtigung zur Übermittlung von nach der StPO ermittelten personenbezogenen Daten hinreichend erfüllt.

Der vorliegende Beschluss umfasst daher hauptsächlich folgende Maßnahmen:

-       Neufassung der Bestimmung zur Ausgeschlossenheit von Notaren und zum Solennitätsverlust (§ 33 NO), indem Fallgruppen präzisiert und Differenzierungen zwischen jenen Fällen, die gegebenenfalls unmittelbar einen Solennitätsverlust nach sich ziehen, und solchen Konstellationen, in denen zunächst eine Offenlegungspflicht des Notars/der Notarin besteht, vorgenommen werden;

-       Schaffung der notwendigen gesetzlichen Grundlagen für einen "Medienwechsel" zwischen Papier und Elektronik bei der Vornahme von elektronischen notariellen Amtshandlungen;

-       Überarbeitung der Bestimmungen zu den Wahlen im notariellen Berufsrecht;

-       Ausdrückliche Regelung der Durchführung von Sitzungen und Tagungen der verschiedenen Organe der notariellen Selbstverwaltung als Videokonferenz;

-       Ergänzung der Eintragungsmöglichkeiten der gesetzlichen Erwachsenenvertretung in das ÖZVV;

-       Einführung der Möglichkeit einer Ruhendstellung der Berufs- bzw. Tätigkeitsberechtigung statt Streichung aus der Liste der Rechtsanwälte bzw. Rechtsanwaltsanwärter bei Geburt/Adoption/Pflege eines minderjährigen Kindes samt Begleitregelungen.

-       Schaffung einer eigenständigen datenschutzrechtlichen Rechtsgrundlage im Zusammenhang mit der Bereitstellung, Verarbeitung, Übermittlung oder Weiterverarbeitung von in einem Strafverfahren ermittelten personenbezogenen Daten in Disziplinarverfahren nach dem DSt.

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 31. Mai 2022 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Dr. Peter Raggl.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Peter Raggl und Otto Auer.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Dr. Peter Raggl gewählt.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2022 05 31

                                 Dr. Peter Raggl                                                Claudia Hauschildt-Buschberger

                                   Berichterstatter                                                                         Vorsitzende