11061 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Wirtschaftsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz, das Konsumentenschutzgesetz und das Verbraucherbehördenkooperationsgesetz geändert werden (Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz – MoRUG)

Die Richtlinie (EU) 2019/2161 zur Änderung der Richtlinien 93/13/EWG, 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union ist bis zum 28. November 2021 in das österreichische Recht umzusetzen; die Umsetzungsvorschriften sind sodann ab dem 28. Mai 2022 anzuwenden. Mit der Richtlinie (EU) 2019/2161 – die entsprechend ihrer grundlegenden Zielsetzung (die auch in ihrem Titel zum Ausdruck kommt) oft auch kurz als „Modernisierungsrichtlinie“ bezeichnet wird – wurden vier Richtlinien geändert. Es handelt sich dabei – hier wiederum nur mit den gängigen Kurzbezeichnungen aufgelistet – um die „Klausel-Richtlinie“, die „Preisangabenrichtlinie“, die „Unlautere-Geschäftspraktiken-Richtlinie“ (auch „UGP-Richtlinie“) und die „Verbraucherrechte-Richtlinie“. Die erst- und die letztgenannte dieser geänderten Richtlinien gehören zum Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Justiz; die Umsetzungsbestimmungen dazu finden sich im Konsumentenschutzgesetz und im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz.

Mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates sollen die durch die Modernisierungsrichtlinie herbeigeführten Änderungen in diesen beiden Richtlinien, also in der Klausel-Richtlinie und in der Verbraucherrechte-Richtlinie, umgesetzt werden. Entsprechend dieser Zielsetzung wird die vorgeschlagene Vorschrift als „Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz“ bezeichnet; sie umfasst Änderungen des KSchG und des FAGG.

Die wesentlichen Neuerungen, die die Modernisierungsrichtlinie für ihre Umsetzung mit sich bringt, lässt sich wie folgt zusammenfassen:

1. Anpassungen an Verträge über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen

Die Verbraucherrechte-Richtlinie wurde an verschiedenen Stellen an die Richtlinie (EU) 2019/770 über bestimmte vertragsrechtliche Aspekte der Bereitstellung digitaler Inhalte und digitaler Dienstleistungen, ABl. Nr. L 136 vom 22.5.2019 S. 1, angepasst. Sie gilt nun ausdrücklich auch für Verträge über die Bereitstellung digitaler Dienstleistungen und über digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, nach denen der Verbraucher zwar keine Zahlung zu leisten, wohl aber dem Unternehmer personenbezogene Daten zur Verfügung zu stellen hat. Der Anwendungsbereich des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz ist daher entsprechend anzupassen. In diesem Zusammenhang sind auch einige Begriffsbestimmungen zu adaptieren.

2. Änderungen bei den Informationspflichten des Unternehmers

Im Anwendungsbereich des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes hat der Unternehmer in Hinkunft darüber zu informieren, wenn der Preis auf der Grundlage einer automatisierten Entscheidungsfindung personalisiert worden ist. Darüber hinaus werden die Informationspflichten an die technologische Entwicklung angepasst (zB Angabe von bereitgestellten Online-Kommunikationsmitteln statt Faxnummer).

3. Transparenzpflichten für Online-Marktplätze

Die Verbraucherrechte-Richtlinie sieht neue Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen (die Richtlinie verwendet für diese den Ausdruck „Anbieter des Online-Marktplatzes“) vor, die im Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz umgesetzt werden. Diese Informationspflichten betreffen die Reihung der Angebote („Ranking“), die Unternehmereigenschaft des Dritten, der die Waren, Dienstleistungen oder digitalen Inhalte anbietet, die Nichtanwendung von Verbraucherrechten bei Fehlen dieser Unternehmereigenschaft und die Aufteilung der vertraglichen Verpflichtungen zwischen dem Anbieter des Online-Marktplatzes und dem Dritten.

4. Änderungen beim Rücktrittsrecht

Bei den Ausnahmen vom Rücktrittsrecht in Fällen, in denen auf Wunsch des Verbrauchers noch vor Ablauf der Rücktrittsfrist mit der Vertragserfüllung begonnen wurde, ist in Hinkunft zwischen solchen Verträgen, die den Verbraucher zu einer Zahlung verpflichten, und solchen, aufgrund derer der Verbraucher lediglich personenbezogene Daten bereitstellt, zu unterscheiden.

Bei Verträgen ohne Zahlungsverpflichtung (bei denen also der Verbraucher ausschließlich zur Hingabe personenbezogener Daten verpflichtet ist) führt nach § 18 Abs. 1 Z 1 FAGG schon die vollständige Dienstleistungserbringung zu einem Entfall des Rücktrittsrechts. Bei Verträgen mit einer Zahlungsverpflichtung des Verbrauchers muss dafür – neben der vollständigen Dienstleistungserbringung – zusätzlich noch eine ausdrückliche Zustimmung zum Beginn der Vertragserfüllung sowie als drittes Element die Bestätigung des Verbrauchers über seine Kenntnis vom Verlust des Rücktrittsrechts vorliegen. Dieses Bestätigungserfordernis entfällt allerdings bei Reparaturarbeiten im Rahmen eines vom Verbraucher ausdrücklich gewünschten Besuchs des Unternehmers; diese Sonderbestimmung für Reparaturarbeiten gründet sich auf die Regelungsoption des Art. 16 letzter Absatz der Verbraucherrechte-Richtlinie, von der zur Erleichterung der Abwicklung von Handwerkerverträgen Gebrauch gemacht werden soll.

In gleicher Weise ist bei der in § 18 Abs. 1 Z 11 FAGG geregelten Ausnahme vom Rücktrittsrecht bei vorzeitiger Bereitstellung von digitalen Inhalten zwischen der bloßen Verpflichtung des Verbrauchers zur Hingabe personenbezogener Daten einerseits und einer Zahlungspflicht des Verbrauchers andererseits zu differenzieren.

Schließlich werden in Wahrnehmung der Regelungsoption des Art. 16 vorletzter Absatz der Verbraucherrechte-Richtlinie für bestimmte Fallkonstellationen, die zumindest typischerweise als „aggressive oder irreführende Vermarktungs- oder Verkaufspraktik“ zu charakterisieren sind, gewisse Gegenausnahmen von den in § 18 FAGG vorgesehenen Ausnahmen vom Rücktrittsrecht statuiert.

5. Sanktionen

Sowohl die Klausel-Richtlinie als auch die Verbraucherrechte-Richtlinie verlangen, dass bei der Ergreifung von Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen von koordinierten Aktionen nach der Verordnung (EU) 2017/2394 über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004, ABl. Nr. L 345 vom 27.12.2017 S. 1, zur Ahndung weitverbreiteter Verstöße oder weitverbreiteter Verstöße mit Unionsdimension auch Geldstrafen innerhalb eines sehr hohen Strafrahmens verhängt werden können. Diese Vorgaben werden teils im Verwaltungsstrafverfahren, teils im Exekutionsverfahren erfüllt. Das Schwergewicht bei der Sanktionierung von Richtlinienverstößen wird aber weiterhin in individuellen zivilrechtlichen Rechtsfolgen und vor allem in der Abstellung rechtswidriger Praktiken durch Verbandsklagen bestehen.

 

Der Wirtschaftsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 12. Juli 2022 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Alexandra Platzer, MBA.

An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Marco Schreuder.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Alexandra Platzer, MBA gewählt.


Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2022 07 12

                        Alexandra Platzer, MBA                                                           Sonja Zwazl

                                  Berichterstatterin                                                                       Vorsitzende