11149 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafgesetzbuch, die Strafprozeßordnung 1975, das Strafvollzugsgesetz, das Jugendgerichtsgesetz 1988 und das Strafregistergesetz 1968 geändert werden (Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022)

Eine menschenrechtskonforme und zugleich auch ressourcenbewusste Modernisierung des Maßnahmenrechts setzt sich der gegenständliche Beschluss zum Ziel. Der Beschluss liegt als "Maßnahmenvollzugsanpassungsgesetz 2022" (1789 d.B.) laut Erläuterungen nach Vorarbeiten in den vergangenen Legislaturperioden vor, die auch ein eigenständiges Maßnahmenvollzugsgesetz (MVG) einschließen. Aus Gründen der Dringlichkeit werden aber vorerst die vorgeschlagenen Änderungen im Bereich des Strafgesetzbuchs (StGB), der Strafprozeßordnung (StPO) und im Jugendgerichtsgesetz (JGG) vorgezogen und bis auf Einzelaspekte das MVG zu einem späteren Zeitpunkt nachgezogen werden.

Unter anderem wird für die Beurteilung der Gefährlichkeit bei Anlasstaten der zugrundeliegende Strafrahmen für den Maßnahmenvollzug grundsätzlich von einem auf drei Jahre angehoben werden – mit Ausnahmen, so bleibt etwa bei Gefahr für die sexuelle Integrität der Rahmen bei zumindest einem Jahr.

Die Maßnahme zur Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter wird auch auf terroristische Straftäter erweitert. Im Strafregistergesetz werden Regelungen zur effektiven Bekämpfung von terroristischen und staatsfeindlichen Strafsachen sowie Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen eingeführt. Der Umfang der derzeit vorgesehenen Beauskunftungen im Wege von Strafregisterauskünften und Strafregisterbescheinigungen wird um diese Daten ergänzt.

Laut Erläuterungen wird angesichts der stark angestiegenen Zahlen im Bereich der strafrechtlichen Unterbringung eine Nachjustierung bei der gemeinsamen Verantwortung von zivilrechtlicher und strafrechtlicher Unterbringung für die Behandlung und Betreuung fremdgefährlicher Kranker im Wege einer moderaten Entlastung der strafrechtlichen Unterbringung vorgenommen.

Die Frist für die Überprüfung einer Maßnahme wird insofern gesenkt, dass über die weitere Notwendigkeit der Anhaltung mindestens einmal jährlich auch tatsächlich zu entscheiden ist, und zwar innerhalb der Jahresfrist ab der letzten Entscheidung.

Eine Diagnostik und Behandlung psychiatrischer Erkrankungen ist bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen herausfordernder als bei Erwachsenen, so die Erläuterungen. Dem wird durch besondere Bestimmungen im Jugendgerichtsgesetz Rechnung getragen. Die Hauptgesichtspunkte des Beschlusses sind dabei eigene Regelungen zur Anlasstat, zur Höchstdauer einer Unterbringung und zur Beiziehung von kinder- und jugendpsychiatrischen Sachverständigen sowie die Aufnahme von Sonderregelungen für den Maßnahmenvollzug Jugendlicher. Verbessert werden wird außerdem die Bekämpfung der Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut.

Änderungen bei Begriffen und Verfahrensregelungen

Erneuert werden laut den ausführlichen Erläuterungen auch zahlreiche Detailregelungen und Definitionen. Der Begriff "geistige oder seelische Abartigkeit von höherem Grad" wird etwa durch eine neutralere, weniger stigmatisierende Formulierung ersetzt, nämlich "schwerwiegende und nachhaltige psychische Störung". Neu heißt es dann auch "strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch-therapeutischen Zentrum" statt "Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher".

Enthalten sind im gegenständlichen Beschluss auch Neuregelungen zur vorläufigen Unterbringung, wie etwa ausdrückliche Regelungen zu Ort und Vollzug. Darüber hinaus geht es um eine Ersetzung der bedingten Nachsicht der Maßnahme durch ein vorläufiges Absehen vom Vollzug sowie eine Möglichkeit zur "Krisenintervention" beim vorläufigen Absehen.

Im Bereich der StPO wird der vorliegende Beschluss übersichtliche und zeitgemäße Verfahrensregelungen zur Unterbringung eines bzw. einer Betroffenen schaffen. Unter anderem geht es auch um eine Klarstellung, dass ein:e Sachverständige:r der Psychiatrie bzw. der klinischen Psychologie während der gesamten Dauer der Hauptverhandlung anwesend sein muss.

Das Gesetz wird spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten einer Evaluierung unter Einbeziehung relevanter Opferschutzeinrichtungen wie beispielsweise der Gewaltschutzzentren unterzogen werden.

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 19. Dezember 2022 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Ernest Schwindsackl.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Elisabeth Grossmann, Dr. Johannes Hübner, Andreas Arthur Spanring und Stefan Schennach.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Ernest Schwindsackl gewählt.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2022 12 19

                            Ernest Schwindsackl                                                 MMag. Elisabeth Kittl, BA

                                   Berichterstatter                                                                         Vorsitzende