11158 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Gesundheitsausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Ärztegesetz 1998 geändert wird (Ärztegesetz-Novelle 2022)
Die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 18. November 2022 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:
„Zu Z 1 (§ 36 Abs. 1 erster Satz, § 36 Abs. 1 Z 4):
Zur Erleichterung grenzüberschreitender ärztlicher Einsätze von organisierten Notarztdiensten sowie Not- und Bereitschaftsdiensten sollen diese zukünftig nicht mehr den Regelungen über den Dienstleistungsverkehr gemäß § 37 ÄrzteG 1998, sondern § 36 ÄrzteG 1998 unterliegen.
§ 37 Abs. 1 ÄrzteG 1998 legt insbesondere fest, dass Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU oder einer sonstigen Vertragspartei des EWR-Abkommens oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft, die den ärztlichen Beruf in einem solchen Herkunftstaat rechtmäßig ausüben, von ihrem ausländischen Berufssitz oder Dienstort aus im Rahmen des Dienstleistungsverkehrs vorrübergehend und gelegentlich in Österreich ärztlich tätig werden dürfen. Im Unterschied zu einer Niederlassung, die einer Eintragung in die Ärzteliste bedarf, legt § 37 Abs. 2ff ÄrzteG 1998 eine jährliche Anmeldepflicht der Dienstleistungserbringenden bei der Österreichischen Ärztekamme fest, die die Vorlage bestimmter Nachweise fordert und eine Grobüberprüfung durch die Österreichische Ärztekammer ermöglicht.
§ 36 ÄrzteG 1998 sieht ein gegenüber § 37 ÄrzteG 1998 vereinfachtes Reglement für Ärztinnen/Ärzte mit ausländischem Berufssitz oder Dienstort vor, die in Österreich anlassbezogen zu Konsilien und diesbezüglicher Behandlungen (Z 1), nach Maßgabe zwischenstaatlicher Übereinkommen (Z 2) und zu Zwecken der Fortbildung, Lehre und Forschung (Z 3) ärztlich tätig werden.
Im Zuge der Vollziehung des § 37 ÄrzteG 1998 hat sich gezeigt, dass im grenzüberschreitenden notärztlichen Tätigkeitsbereich vor allem in den Bundesländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg Bedarf nach einer Verwaltungsvereinfachung besteht, um die grenzüberschreitende notärztliche Versorgung zu gewährleisten.
Die Ausnahme des § 36 Abs. 1 Z 2 „nach Maßgabe zwischenstaatlicher Übereinkommen“ ist zwar insofern einschlägig, als das Übereinkommen über die gegenseitige Zulassung der an der Grenze wohnhaften Medizinalpersonen zur Ausübung der Praxis, BGBl. Nr. 109/1937, in Kraft steht. Allerdings ist dieses formal und inhaltlich überaltert. Da der Abschluss eines entsprechenden neuen Abkommens mit der Bundesrepublik Deutschland derzeit nicht absehbar ist, soll § 36 entsprechend erweitert werden, wobei auch grenzüberschreitende Not- und Bereitschaftsdienste miteinbezogen werden sollen.
Die betroffenen Bundesländer stehen dem Regelungsvorschlag ausdrücklich positiv gegenüber.“
Im Zuge der Debatte im Gesundheitsausschuss des Nationalrates haben die Abgeordneten Dr. Werner Saxinger, MSc und Ralph Schallmeiner einen gesamtändernden Abänderungsantrag eingebracht, der beschlossen wurde und – auszugsweise – wie folgt begründet war:
„In Ergänzung zum Gesetzesantrag 3014/A, der die Erleichterung grenzüberschreitender Einsätzen von organisierten Notarztdiensten sowie Not- und Bereitschaftsdiensten beabsichtigt, soll der vorliegende Gesetzantrag nunmehr auch dringlich erforderliche Folgeregelungen zur Ärztegesetz-Novelle BGBl. I Nr. 72/202 umfassen. Diese letzte Gesetzesänderung beinhaltete aufgrund verfassungsgerichtshöflicher Entscheidungen den Übergang der maßgeblichen behördlichen Zuständigkeiten im ärztlichen Ausbildungsstättenrecht von der Österreichischen Ärztekammer auf die Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner mit 1. Jänner 2023.
Die vorliegenden Regelungen dienen im Besonderen der Sicherstellung einer geordneten und transparenten Vollziehung des ärztlichen Ausbildungsstättenrechts ab 1. Jänner 2003 und beruhen auf wesentlichen Verhandlungsergebnissen zwischen den Steakholdern (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, Länder und Österreichische Ärztekammer):
1. Schaffung einer ausreichenden ärztegesetzlichen Grundlage für die Zusammensetzung und Tätigkeit der sogenannten ,Artikel 44-Kommission für die ärztliche Ausbildung‘, die der vernetzten Beratung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers durch maßgebliche Stakeholder (Bundesländer, Österreichische Ärztekammer, Träger von ärztlichen Ausbildungsstätten und der Sozialversicherung) dient,
2. Konsolidierung und Zusammenführung der Bestimmungen über die Voraussetzungen für die An- und Aberkennung im Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) unter besonderer Berücksichtigung der aktuell in der Ärztinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015) und der Verordnung über Spezialisierungen der Österreichischen Ärztekammer (SpezV) geregelten Voraussetzungen,
3. normative Abbildung der aktuellen gelungenen Vollziehungspraxis, insbesondere durch Aufnahme klarer Vorgaben ins ÄrzteG 1998 für die Ausgestaltung der Anerkennungsanträge einschließlich einer strukturiert aufbereiteten Darstellung des Leistungsspektrums aufgrund des Definitionenhandbuchs für die ärztliche Aus- und Weiterbildung,
4. Verrechtlichung des Definitionenhandbuchs für die ärztliche Aus- und Weiterbildung (systematische Darstellung von technischen Definitionen der von den Ärztinnen/Ärzten zu erlernenden Fertigkeiten im Sinne einer Gegenüberstellung von Leistungszahlen und Aus- und Weiterbildungsrichtzahlen) durch Aufnahme als Anlage zur ÄAO 2015 nach Erarbeitung mit der Kommission für die ärztliche Ausbildung und der Österreichischen Ärztekammer,
6. Neuregelung der Visitationen von ärztlichen Ausbildungsstätten, insbesondere hinsichtlich der Durchführung der Visitationen durch die Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner unter Einbeziehung der ärztlichen Standesvertretung und medizinisch-wissenschaftlicher Fachgesellschaften sowie des Übergangs der diesbezüglichen Verordnungskompetenz von der Österreichischen Ärztekammer auf den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister,
7. Entfall der Rezertifizierungsverfahren von ärztlichen Ausbildungsstätten, der durch eine verstärkte Visitation von Ausbildungsstätten, anlässlich der auch eine Überprüfung der aktuellen Übereinstimmung des Leistungsspektrums mit den zu vermittelnden Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten stattzufinden hat, ausgeglichen werden soll,
8. Etablierung einer jährlichen Berichtspflicht für die Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner an den für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister über die anhängigen und abgeschlossenen An- und Aberkennungsverfahren,
9. Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Einhebung kostendeckender Gebühren und Auslagen für die An- und Aberkennungsverfahren sowie Visitationen durch die Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner,
10. Beibehaltung der Führung der Ausbildungsstättenverzeichnisse und der Ausbildungsstellenverwaltung durch die Österreichische Ärztekammer auch nach dem 31. Dezember 2022 zur Sicherstellung der Bundeseinheitlichkeit,
11. Miteinbeziehung der Landeshauptfrauen/Landeshauptmänner in die Berechtigung zur Datenabfrage aus der Ärzteliste und der Ausbildungsstellenverwaltung zum Zweck der Vollziehung des Ausbildungsstättenrechts und des Ärztelisterechts als Weisungsbehörde (bisher nur Landesregierungen und Landesgesundheitsfonds zu Planungs- und Qualitätssicherungszwecken),
12. Ausbau der Berechtigung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers zur Datenabfrage aus der Ärzteliste und der Ausbildungsstellenverwaltung zu Planungs- und Qualitätssicherungszwecken.
Darüber hinaus sollen mit der Ärztegesetz-Novelle 2022 insbesondere folgende Maßnahmen umgesetzt werden:
13. Verlängerung der Ausbildung in Lehrpraxen, Lehrgruppenpraxen und Lehrambulatorien für Fachärztinnen/Fachärzte, sowohl in der Sonderfach-Grundausbildung als auch in der Sonderfach-Schwerpunktausbildung, auf vierundzwanzig Monate,
14. Ermöglichung der Anerkennung als fachärztlichen ,Vollausbildungsstätte‘ für Ambulatorien und Gruppenpraxen, (allerdings unter Ausschluss der Einschränkbarkeit des Anerkennungsausmaßes) für das Sonderfach Medizinische und Chemische Labordiagnostik sowie für weitere, in der Verordnung gemäß § 24 Abs. 1 festzulegende, fachlich geeignete Sonderfächer,
15. Spezifizierung der aufgrund der aktuellen Pandemie geschaffenen Möglichkeit sonderfachüberschreitender Tätigkeit, dahingehend, dass eine solche ab 1. Jänner 2023 zusätzlich einer Verordnungserlassung bedarf,
16. Aufhebung der Sonderfachbeschränkung für die Durchführung von Impfungen unter der Voraussetzung der Befähigung der Impfaufklärung unabhängig vom Kontext epidemiologischer Situationen im Sinne einer Verbreiterung der niederschwelligen Impfangebote zum Zweck der Verbesserung des Zugangs von Impfungen für die Bevölkerung,
17. Aufhebung der pandemiebedingten allgemeinen Fristenaussetzung im Bereich der ärztlichen Aus-, Fort- und Weiterbildung sowie Berufsausübung,
18. Schaffung einer Ausnahme von der Anwendung der ärztegesetzlichen Bestimmungen über den Dienstleistungsverkehr für grenzüberschreitende Einsätzen von organisierten Notarztdiensten sowie Not- und Bereitschaftsdiensten zur administrativen Erleichterung insbesondere im österreichisch-deutschen Grenzgebiet (wie mit dem Initiativantrag Gesetzesantrag 3014/A bereits eingebracht),
19. Harmonisierung von Fristen zum Nachweis der Erfüllung der Fortbildungspflicht,
20. Schaffung einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage für die Übermittlung von (Auszügen) aus den Akten der Kriminalpolizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte an die Landeshauptfrau/den Landeshauptmann zur Sicherstellung einer ausreichende Grundlage für die Beurteilung der Notwendigkeit einer Berufsuntersagung,
21. Klarstellung hinsichtlich der Zuständigkeitsbegründung der Wohlfahrtsfonds der Landesärztekammern,
22. Erhalt der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Verfahren im übertragenen Wirkungsbereich der Österreichischen Ärztekammer sowie
23. redaktionelle Klarstellungen, insbesondere im Nachhang zur Novelle BGBl. I Nr. 172/2021.“
Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 19. Dezember 2022 in Verhandlung genommen.
Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger.
An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Dr. Karlheinz Kornhäusl, Ingo Appé, Ferdinand Tiefnig und Korinna Schumann.
Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).
Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger gewählt.
Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2022 12 19
Claudia Hauschildt-Buschberger Christoph Steiner
Berichterstatterin Vorsitzender