11162 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Wirtschaftsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 14. Dezember 2022 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organi­sations­gesetz 2010 – ElWOG 2010) geändert wird

Im Zuge seiner Beratungen über die Regierungsvorlage (2999/A) betreffend einen Antrag der Abgeordneten Tanja Graf, Ing. Martin Litschauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz geändert wird, hat der Ausschuss für Wirtschaft, Industrie und Energie am 07. Dezember 2022 auf Antrag der Abgeordneten Tanja Graf und Lukas Hammer beschlossen, dem Nationalrat gemäß § 27 Abs. 1 Geschäftsordnungsgesetz einen Selbständigen Antrag vorzulegen, der eine Novelle zum Bundesgesetz, mit dem die Organisation auf dem Gebiet der Elektrizitätswirtschaft neu geregelt wird (Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz 2010 – ElWOG 2010) zum Gegenstand hat.

Dieser Antrag war wie folgt begründet:

„Die enorm angestiegenen Großhandelspreise haben in den letzten Monaten auch am Endkundenmarkt Turbulenzen ausgelöst: Energieversorger sind aus dem Markt ausgetreten, haben Produkte gänzlich vom Markt genommen oder Verträge in Folge von Widersprüchen gegen Preiserhöhungen gekündigt.

Die Folge war, dass Energielieferverträge mit Endverbrauchern teilweise massenhaft gekündigt wurden, was für die Betroffenen bedeutete, im Rahmen der Kündigungsfrist einen neuen Lieferanten suchen zu müssen.

Die Erfahrung zeigt, dass ein Teil der von solchen Vertragsbeendigungen betroffenen Endverbraucher nicht zeitgerecht aktiv wurde, in einen vertraglosen Zustand geriet und folglich von Abschaltungen bedroht war.

Die vorgeschlagene Regelung bezweckt solchen Situationen entgegenzuwirken: Netzbetreiber sollen verpflichtet werden, betroffene Endverbraucher mittels eingeschriebenem Brief explizit darauf hinzuweisen, rasch einen neuen Energieliefervertrag abzuschließen, um eine drohende Abschaltung abzuwenden, und welche Schritte dafür zu setzen sind. Die zeitlichen und abwicklungstechnischen Abläufe zur Sicherstellung der durchgehenden Belieferung durch einen neuen Lieferanten können sich an der Wechselverordnung 2014, BGBl. II Nr. 167/2014, orientieren.

Wird der Energieliefervertrag aufgrund einer Vertragsverletzung gekündigt, greift das qualifizierte Mahnverfahren gemäß Abs. 3, der neue Abs. 4a ist in solchen Fällen nicht anwendbar.

In allen anderen Fällen einer Vertragsbeendigung, dazu zählen jedenfalls jene nach Abs. 4 (ordentliche Kündigung, Zeitablauf oder Kündigung bzw. Widerspruch gemäß § 80 Abs. 2), gilt Abs. 4a.

Die erhöhte Informationspflicht für Netzbetreiber stellt ein wichtige Schutzmaßnahme dar, um eine durchgängige Energieversorgung sicherzustellen.“

Im Zuge der Debatte im Plenum des Nationalrates haben die Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Alois Schroll, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der beschlossen und wie folgt begründet wurde:

Zu den §§ 53 Abs. 4 und 114 Abs. 2:

Aufgrund des massiven Anstiegs der Großhandelspreise am Strommarkt sind auch die Kosten für die Beschaffung von Netzverlustenergie signifikant angestiegen (siehe dazu die Ausführungen der E-Control im Begutachtungsentwurf zur Systemnutzungsentgelte-Verordnung 2018 – Novelle 2023). Um die Auswirkungen dieses Preisanstiegs abzufedern, sollen Bundesmittel bereitgestellt werden, die einen Teil der Beschaffungskosten abdecken.

Seit dem Jahr 2011 wird ein Großteil (ca. 98 %) der benötigten Netzverlustenergie gemeinsam für alle teilnehmenden Netzbetreiber von der Austrian Power Grid AG (APG) beschafft. Für die an der gemeinsamen Beschaffung teilnehmenden Netzbetreiber können die Budgetmittel auch direkt bei der APG zur Bedeckung der angefallenen Beschaffungskosten bereitgestellt werden.

Aufgrund der aktuellen Kostenwälzungssystematik sind 80 % der Netzverlustkosten durch die Entnehmer und die restlichen 20 % durch Einspeiser zu tragen. Dieser Systematik folgend fällt für Entnehmer im Jahr 2023 eine zusätzliche Kostenbelastung in der Höhe von rund 850 Mio. Euro gegenüber dem Vorjahr an. Durch die in der Bestimmung vorgesehenen 160 Euro pro MWh ergibt sich bei Netzverlustmengen von rund 3 TWh für ein Jahr eine Kostenentlastung in der Höhe von rund 240 Mio. Euro, das entspricht etwas mehr als 50 % der Mehrkosten. 

Die Bedeckung der dafür benötigten Bundesmittel erfolgt auf Basis der Ermächtigung gem. Art. VI Abs. 6 BFG 2023 oder durch eine Änderung des Bundesfinanz- und Bundesfinanzrahmengesetzes.

Zu den §§ 77b und 109 Abs. 8:

Die enorm angestiegenen Großhandelspreise haben in den letzten Monaten auch am Endkundenmarkt Turbulenzen ausgelöst: Energieversorger und Lieferanten haben ihre Kunden abgestoßen und sind aus dem Markt ausgetreten. Lieferverträge mit Kunden wurden massenhaft gekündigt, was für die Betroffenen bedeutete, im Rahmen der Kündigungsfrist einen neuen Lieferanten suchen zu müssen.

Die Erfahrung zeigt, dass ein Teil der von solchen Vertragsbeendigungen betroffenen Kunden – das waren vor allem Haushaltskunden – nicht zeitgerecht aktiv wurde, in einen vertraglosen Zustand geriet und folglich von Abschaltungen bedroht war.

Mit der vorgeschlagenen Regelung werden Kunden (hier: Verbrauchern im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 KSchG), denen ein vertragsloser Zustand droht (dh konkret, dass ein Prozess gemäß § 76 sowie Wechselverordnung 2014 noch nicht eingeleitet wurde), automatisch einem neuen Lieferanten zugeordnet, der für einen zeitlich beschränkten Zeitraum die Versorgung übernehmen soll. Damit wird die lückenlose Versorgung von betroffenen Kunden sichergestellt.

Da die Regelung der turbulenten und derzeit schwer absehbaren Entwicklungen am Energiemarkt geschuldet ist, wird sie mit einer sunset clause versehen. Dies ermöglicht, sie zunächst in der Praxis zu erproben und gegebenenfalls verlängern bzw. anpassen zu können.“

 

Dieser Beschluss des Nationalrates ist ein Fall des Artikels 44 Absatz 2 B-VG und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.

 

Der Wirtschaftsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 19. Dezember 2022 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Günther Novak, Sonja Zwazl, Michael Bernard und Ing. Isabella Kaltenegger.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen,

1.     gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, G, dagegen: F),

2.     dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (dafür: V, S, G, dagegen: F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber gewählt.


Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag,

1.     gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2.     dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungs-mäßige Zustimmung zu erteilen.

Wien, 2022 12 19

                     Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber                                                         Sonja Zwazl

                                  Berichterstatterin                                                                       Vorsitzende