11207 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten
über den Beschluss des Nationalrates vom 30. März 2023 betreffend einen Einspruch der Republik Österreich gegen den Beitritt der Islamischen Republik Pakistan zum Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung
Da das Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung vom 5. Oktober 1961 gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend ist, bedarf auch der Einspruch gegen einen Beitritt der Genehmigung des Nationalrates gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Da keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.
Das im Rahmen der Haager Konferenz für internationales Privatrecht am 5. Oktober 1961 angenommene Übereinkommen zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Beglaubigung ist für Österreich am 13. Jänner 1968 in Kraft getreten (Haager Beglaubigungsübereinkommen, BGBl. Nr. 27/1968 idgF).
Neben Österreich sind mehr als 100 weitere Staaten (darunter alle EU-Mitgliedstaaten) Vertragsstaaten des Haager Beglaubigungsübereinkommens.
Das Haager Beglaubigungsübereinkommen stellt eine wesentliche Erleichterung gegenüber der vollen diplomatischen Beglaubigung dar, da durch die in dem Übereinkommen vorgesehene Beglaubigungsform der Apostille weitere Beglaubigungsschritte, z. B. über das jeweilige Außenministerium bzw. über die zuständige österreichische Botschaft, entfallen. Das heißt, durch die Anbringung der „Apostille“ ist das Formerfordernis der Beglaubigung im Rechtsverkehr zwischen den Vertragsstaaten erfüllt und es erfolgt in der Regel auch keine weitere Prüfung der inhaltlichen Richtigkeit.
Gemäß Art. 12 des Haager Beglaubigungsübereinkommens können Staaten, die das Übereinkommen nicht bereits im Rahmen der Neunten Session der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht unterzeichnet haben, dem Übereinkommen beitreten. Ein Beitritt wirkt nur im Verhältnis zwischen dem beitretenden Staat und den Vertragsstaaten, die innerhalb von sechs Monaten nach Empfang der Notifikation gemäß Art. 15 lit. d keinen Einspruch dagegen erhoben haben. Ein solcher Einspruch ist dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande zu notifizieren. Das Übereinkommen tritt zwischen dem beitretenden Staat und den Staaten, die gegen den Beitritt keinen Einspruch erhoben haben, am sechzigsten Tage nach Ablauf der in Absatz 2 vorgesehenen Frist von sechs Monaten in Kraft.
Praktische Voraussetzung für die Erleichterung im Beglaubigungswesen durch das Haager Beglaubigungsübereinkommen stellt die Urkundensicherheit dar, die laut Information der zuständigen österreichischen Botschaft in Islamabad in der Islamischen Republik Pakistan derzeit mangelhaft ist. Auf Grund der bestehenden Korruption – die Islamische Republik Pakistan nimmt laut „Transparency International“ derzeit Platz 140 von 180 Staaten ein – ist nicht auszuschließen, dass Urkunden mit unrichtigem Inhalt ausgestellt werden. Dies stellt besonders im Personenstandswesen (Einbürgerung, Passausstellung) und im Bildungswesen (Aufenthaltsverfahren Studierende) ein Risiko dar, da seitens der österreichischen Behörden mit der Echtheit der Urkunde auch die inhaltliche Richtigkeit vermutet wird. Mit der Einführung der „Apostille“ fällt jedoch die formale Kontrollmöglichkeit durch die örtlich zuständige österreichische Vertretungsbehörde weg. Daher plant Österreich, gegen den Beitritt der Islamischen Republik Pakistan zum Haager Beglaubigungsübereinkommen Einspruch zu erheben.
Neben Österreich stehen auch zahlreiche weitere EU-Mitgliedstaaten einem Beitritt Pakistans kritisch gegenüber.
Um sicherzustellen, dass der Einspruch durch die Republik Österreich im Verhältnis zur Islamischen Republik Pakistan wirksam werden kann, hätte der Einspruch aus völkerrechtlicher Sicht bis zum 8. Jänner 2023 zu erfolgen. Da die innerstaatlich erforderliche Genehmigung durch den Nationalrat erst danach erfolgen kann, ist es erforderlich, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten des Königreichs der Niederlande noch vor diesem Termin einen vorläufigen Einspruch zu übermitteln. Die Bestätigung des Einspruchs würde dann nach Genehmigung durch den Nationalrat erfolgen.
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrate in seiner Sitzung am 12. April 2023 in Verhandlung genommen.
Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger.
An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Christine Schwarz-Fuchs, Dr. Johannes Hübner und Stefan Schennach.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Ing. Isabella Kaltenegger gewählt.
Der Ausschuss für auswärtige Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2023 04 12
Ing. Isabella Kaltenegger Mag. Christine Schwarz-Fuchs
Berichterstatterin Vorsitzende