11226 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Innovation, Technologie und Zukunft

über den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein FWIT Rat-Gesetz erlassen wird und das Forschungs- und Technologie­förderungsgesetz, das Forschungsorganisationsgesetz, das Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz, das FTE-Nationalstiftungsgesetz sowie das Universitätsgesetz 2002 geändert werden (FWIT-Rat-Errichtungsgesetz – FREG)

Angesichts globaler Herausforderungen und eines weiter zunehmenden Wettbewerbs um wirtschaftliche Leistungsfähigkeit kommt dem Wissenschafts- und Innovationssystem eines Landes zentrale Bedeutung zu; es ist der Schlüsselfaktor zum Erhalt und Ausbau gesellschaftlicher Prosperität. Die Beantwortung drängender wie langfristiger Fragestellungen muss in offenen transdisziplinären Systemen gefunden werden. Ob es sich um die voranschreitende Digitalisierung, die Entwicklung künstlicher Intelligenz sowie maschinellen Lernens oder die sogenannte Human-Machine-Interaction handelt, alle diese Herausforderungen müssen von einem technologischen, ökonomischen, natur-, technik- oder sozial- und geisteswissenschaftlichen Blickwinkel aus betrachtet werden. Auch der Einfluss des technologischen Wandels auf das Individuum, Institutionen und ganze Teilsysteme der Gesellschaft muss berücksichtigt werden. Diesem kann nicht mit streng getrennten Logiken begegnet werden, sondern nur in einer sinnvollen Verzahnung unterschiedlicher Denkansätze, die nur in dem neu zu schaffenden Forschungs-, Wissenschafts-, Innovations- und Technologieentwicklungsrat („FWIT-Rat“) gebündelt und insti­tutionalisiert werden können. Aufgrund des Sachlichkeitsgebotes sind Entscheidungen der öffentlichen Hand stets zu begründen (vgl. zuletzt die Aufhebung von Bestimmungen der COVID-19-Lockerungs­verordnung mangels Begründetheit: VfGH 1.10.2020, G272/2020). Damit ist ein Mindestmaß an wissenschaftlicher Grundlage für staatliche Entscheidungen und Handeln erforderlich (VfSlg. 20.151/2017). Im Wissenschaftsbereich ist ein weitaus höherer Standard gefordert und gerecht­fertigt (vgl. VfSlg. 14.362/1995).

Die OECD empfiehlt Österreich in ihrem OECD Reviews of Innovation Policy: Austria 2018 – Overall Assessment and Recommendations (December 2018)“ (in der Folge: „OECD-Review“) folgende Maß­nahmen:

-       Fokussierung auf evidenzbasierte Erreichung spezifischer Ziele („Austria will need to move towards a system which is less focused on expanding inputs and pays more attention to the evidence-based achievement of specified impact, i.e. on the efficiency and effectiveness of its investment in STI [Anm.: Abkürzung für ‘science, technology and innovation’]. In this context, the review’s recommendations regarding additional funding should mainly be seen as recommending a shift towards more effective, impact-oriented funding and should not necessarily be interpreted as a call for a general funding increase“, OECD-Review, 17);

-       bessere Steuerung des gesamten Innovationssystems Richtung Exzellenz („Better steer the entire innovation system towards international excellence“, OECD-Review, 17);

-       eine FTI-Strategie für die Jahre ab 2020 als Rahmen für eine neu ausgerichtete FTI-Politik und für eine effektive neue Governance des FTI-Systems („A new RTI Strategy 2020+ can play a key role by providing the framework for a major shift in research and innovation policy…and for catalysing new forms of more effective governance…“, OECD-Review, 20);

-       Zusammenlegung der Räte, Stärkung der wirtschaftlichen Kompetenz innerhalb des neuen Rates und Anbindung an die höchste politische Ebene („Establish, in due time, a single Council for Science, Research and Innovation […] with some change in scope, for instance regarding societal challenges, and modus operandi“, OECD-Review, 44);

-       Erhöhung der Effizienz von Ausgaben im FTI-Bereich, insbesondere durch bessere Transformation von FTI-Ausgaben in Produktivitätsgewinn sowie Innovationen mit starker Wirkung und weltweitem Markt („Increase the efficiency of investment in R&D and better transform high levels of R&D investment into productivity growth, high-impact innovations and global market access“, OECD-Review, 17);

-       Sicherstellung eines ausreichenden Zustroms neuen Humankapitals vor dem Hintergrund zu erwartender disruptiver Technologiesprünge und steigender Kompetenzanforderungen („Ensure a sufficient supply of human resources for innovation in a context of disruptive technological change and evolving skills demand“, OECD-Review, 17).

-       Verbesserung und Vereinfachung des Zugangs zu Verwaltungsdaten, insbesondere durch Novellierung des Bundesstatistikgesetzes 2000 („Improve and simplify access to administrative data for STI policy evaluation purposes“, OECD-Review, 47);

Das vorliegende Vorhaben beruht gleichzeitig auf dem Regierungsprogramm 2020–2024: Im Kapitel „Wissenschaft und Forschung“ (Seiten 211 ff.) wird zum Thema „Kompetitive Forschungsförderung in der Grundlagenforschung und angewandten Forschung ausbauen – Exzellenz fördern – Governance verbessern“ u.a. die Prüfung der institutionellen Neuordnung der Räte im Bereich Wissenschaft und Forschung RFTE, ÖWR und ERA Council Forum (von verstärkter Koordinierung bis hin zur Zusammenlegung) vorgeschlagen.

Aufgrund der globalen Herausforderungen, der fortschreitenden Digitalisierung im internationalen Kontext und der zunehmenden Bedeutung von Lösungen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz aber auch aufgrund der aktuellen durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Pandemie entstandenen Krisen besteht somit ein bedeutendes öffentliches Interesse an einer wesentlichen Verbesserung der Rahmenbedingungen, die die Generierung wissenschaftlicher Grundlagenerkenntnisse und Innovation in Österreich bewirken. Denn Wissenschaft, Forschung und Innovation leisten einen entscheidenden Beitrag zur Stärkung der Resilienz von Wirtschaft und Gesellschaft.

Nachdem mit Verabschiedung des Forschungsfinanzierungsgesetzes, der FTI-Strategie 2030 und des ersten FTI-Pakts 2021-23 und auch mit der Einrichtung des Austrian Microdata Centers bereits Meilensteine zur Erhöhung der Stringenz in der österreichischen Forschungs- und Innovationspolitik erfolgt sind, soll nun mit der Zusammenlegung der Räte im Bereich Forschung, Technologieentwicklung, Wissenschaft und Innovation, d.h. des Rates für Forschung und Technologieentwicklung („FTE-Rat“) gemäß den §§ 17 ff Forschungs- und Technologieförderungsgesetz – FTFG, BGBl. Nr. 434/1982, sowie des Wissenschaftsrates gemäß § 119 Universitätsgesetz 2002 – UG, BGBl. I Nr. 120/2002, (in der Folge „bisherige Räte“) und unter Einbeziehung der Themen des ausgelaufenen ERA Council Forums ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung neuer Governance gesetzt werden.

Um die österreichische Innovationslandschaft auf die künftigen Herausforderungen vorzubereiten, sieht dieses Bundesgesetz Folgendes vor:

–      Schaffung einer vollrechtsfähigen juristischen Person öffentlichen Rechts mit dem Namen „Forschungs-, Wissenschafts-, Innovations- und Technologieentwicklungsrat“ bzw. kurz „FWIT-Rat“ (Art. 1 § 1 Abs. 1);

–      Auflösung der bisherigen Räte (Art. 2 Z 8 und Art. 6 Z 3);

–      finanzielle Autonomie des FWIT-Rates (Art. 1 § 8).

 

Ein im Zuge der Debatte im Ausschuss des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

„Zu Z 1 und 3 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 4 Abs. 8 und § 5 Abs. 6):

Die Ergänzung soll klarstellen, dass sowohl Mitglieder der Ratsversammlung als auch Mitglieder des Aufsichtsrats bei Vorliegen eines Befangenheitsgrundes im Sinne des § 7 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51/1991, verpflichtet sind, sich ihrer Stimme zu enthalten.

Zu Z 2 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 5 Abs. 5 Z 13):

Die Ergänzung soll klarstellen, dass der wichtige Grund einer allfällig vorliegenden Unfähigkeit zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung nicht für Mitglieder der Ratsversammlung heranzuziehen ist.

Zu Z 4 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 6 Abs. 1):

Es soll eine Klarstellung erfolgen, dass das Stellenbesetzungsgesetz, BGBl. I Nr. 26/1998, bei der Bestellung einer Geschäftsführerin oder eines Geschäftsführers durch den Aufsichtsrat lediglich analog zur Anwendung kommt.

Zu Z 5 bis 20 (Artikel 1 – FWIT-Rat-Gesetz § 12 Abs. 1, 2 und 4, § 13, § 16, § 17 Abs. 1 bis 5, § 18 Abs. 1 bis 4 und Abs. 6 Z 3 sowie Abs. 7):

Aufgrund des Zeitplans der parlamentarischen Behandlung des Bundesgesetzes, mit dem ein FWIT-Rat-Gesetz erlassen wird und das Forschungs- und Technologieförderungsgesetz, das Forschungs­organisationsgesetz, das Innovationsstiftung-Bildung-Gesetz, das FTE-Nationalstiftungsgesetz sowie das Universitätsgesetz 2002 geändert werden, sind die Fristen entsprechend anzupassen. Bei den Z 13 bis 19 soll von der Festlegung von Fristen abgesehen und stattdessen Zeiträume vorgesehen werden, um einen zügigen Beginn und ein unmittelbares Fortschreiten des FWIT-Rats zu gewährleisten.

Zu Z 21 bis 23 (Artikel 2 – Änderung des Forschungs- und Technologieförderungsgesetzes § 29 Abs. 10, Artikel 4 – Änderung des Innovationsstiftung-Bildung-Gesetzes § 21 Abs. 7 und Artikel 6 – Änderung des Universitätsgesetzes 2002 § 143 Abs. 93):

Die Anpassung soll aus denselben Gründen wie unter den Z 5 bis 12 erfolgen.“

 

Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Mai 2023 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Doris Hahn, MEd MA, Michael Bernard und Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, F, G, dagegen: S).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA gewählt.

Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2023 05 09

               Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA                                             Stefan Schennach

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender