11228 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Innovation, Technologie und Zukunft

über den Beschluss des Nationalrates vom 27. April 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Patentverträge-Einführungsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Gebrauchs­muster­gesetz, das Markenschutzgesetz 1970, das Musterschutzgesetz 1990 und das Patent­amts­gebühren­gesetz geändert werden

Hauptgesichtspunkte des Beschlusses des Nationalrates:

1. Das österreichische Recht ist an das Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht, BGBl. III Nr. 13/2022, sowie an zwei im Zusammenhang mit diesem Übereinkommen stehende EU-Verordnungen, und zwar

- die Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes, und

- die Verordnung (EU) Nr. 1260/2012 über die Umsetzung der Verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Schaffung eines einheitlichen Patentschutzes im Hinblick auf die anzuwendenden Über­setzungsregelungen anzupassen.

Das Übereinkommen dient der Errichtung einer neuen europäischen Patentgerichtsbarkeit, die beiden Verordnungen schaffen ein neues Schutzrecht in Form des europäischen Patents mit einheitlicher Wirkung. Diese Rechtsakte sind integrale Bestandteile der Reform des europäischen Patentsystems. Die beiden EU-Verordnungen gelten noch nicht, sie hängen vom Inkrafttreten des Übereinkommens ab.

Mit dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates werden die flankierenden Maßnahmen zu dieser europäischen Patentreform in das Bundesgesetz über die Einführung des Europäischen Patent­über­einkommens und des Vertrages über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PatV-EG), BGBl. Nr. 52/1979, und in das Patentamtsgebührengesetz (PAG), BGBl. I Nr. 149/2004, aufgenommen und mit dem Inkrafttreten des Übereinkommens in Kraft treten.

Bislang hat der patentrechtliche Schutz in Österreich zwei Grundlagen, die nationalen Patente, die vom Österreichischen Patentamt erteilt werden, und die europäischen Patente, die vom Europäischen Patent­amt mit Wirkung für Österreich erteilt werden. Diese europäischen Patente haben dieselbe Wirkung wie ein nationales Patent, gerichtlicher Rechtsschutz kann nur auf nationaler Ebene erlangt werden. Trotz der Bezeichnung „europäisches Patent“ kann bislang kein einheitlicher Schutztitel mit Wirkung für die be­nannten Vertragsstaaten erlangt werden und wird kein einheitlicher justizieller Rechtsschutz gewährt.

Ziel der europäischen Patentreform ist es, einen einheitlichen patentrechtlichen Schutztitel zu schaffen und eine einheitliche Patentgerichtsbarkeit zu schaffen.

Die Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 schafft die rechtlichen Voraussetzungen, damit einem vom Europäischen Patentamt erteilten Patent einheitliche Wirkung zukommt, und knüpft an das bestehende Erteilungsregime des EPA an. Das Übereinkommen überträgt in großem Umfang die Zuständigkeit für Gerichtsverfahren über europäische Patente und europäische Patente mit einheitlicher Wirkung auf das neue Einheitliche Patentgericht.

2. Die Verordnung (EU) Nr. 511/2014 über Maßnahmen für die Nutzer zur Einhaltung der Vorschriften des Protokolls von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile in der Union dient der Umsetzung des genannten Protokolls, regelt die Durchführung von Verpflichtungen aus dem Protokoll von Nagoya über den Zugang zu genetischen Ressourcen und die ausgewogene und gerechte Aufteilung der sich aus ihrer Nutzung ergebenden Vorteile zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt, BGBl. III Nr. 135/2018, womit Rechtssicherheit und Transparenz sowohl für die Anbieter als auch für die Nutzer genetischer Ressourcen hergestellt werden soll. Insbesondere sollen verlässlichere Bedingungen für den Zugang zu genetischen Ressourcen geschaffen und dazu beigetragen werden, die Aufteilung der Vorteile sicherzustellen, wenn genetische Ressourcen von einer der Vertragsparteien zur Verfügung gestellt werden.

Ergänzend zu den übrigen innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen zur Implementierung des Nagoya Protokolls (Bundesgesetz zur Durchführung von Verpflichtungen aus dem Protokoll von Nagoya sowie der Verordnung (EU) Nr. 511/2014, BGBl. I Nr. 36/2019) soll auch auf dem Gebiet des Erfindungswesen durch eine Änderung des Patentgesetzes die erforderlichen Transparenz im Zusammenhang mit Erfindungen, die genetische Ressourcen – wie zB. biologisches Material pflanzlichen oder tierischen Ur­sprungs – zum Gegenstand haben oder auf traditionellem Wissen, das sich auf genetische Ressourcen bezieht, beruhen, geschaffen werden.

3. Ferner werden im Zusammenhang mit Schutzrechtsverfahren einzelne Maßnahmen eingeführt, die der Klarstellung sowie der Vereinfachung und der Beschleunigung dieser Verfahren dienen sollen.

Im Zusammenhang mit der Ausschlussbestimmung, wonach für Pflanzensorten oder Tierrassen sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen oder Tieren und die ausschließlich durch solche Verfahren gewonnenen Pflanzen oder Tiere Patente nicht erteilt werden, wird zur Klarstellung und Verhinderung der Umgehung dieser Bestimmung eine Ausdehnung des Ausschlusses auch auf Teile von herkömmlich gezüchteten Pflanzen oder Tieren (zB. Zellen) vorgenommen. Darüber hinaus wird die Definition der im Wesentlichen biologischen Verfahren um notwendige Elemente ergänzt, geklärt, dass die Wirkungen eines Patentes sich nicht auf gewisse durch im Wesentlichen bio­logischen Verfahren hergestellte Pflanzen und Tiere erstreckt, sowie ein Forschungsprivileg zur Nutzung biologischen Materials zum Zweck der Züchtung, Entdeckung und Entwicklung einer neuen Pflanzen­sorte formuliert.

Bei den gesetzlich geregelten Recherchen und Gutachten wird der Förderfokus auf neue Erfindungen konzentriert, wodurch derartige Verfahren in Zukunft beschleunigter behandelt werden können. Ebenfalls der Beschleunigung dient eine Maßnahme im Markenrecht, wonach die Prüfung auf das Vorhandensein ähnlicher Marken (Ähnlichkeitsprüfung) nicht mehr innerhalb des Anmeldeverfahrens stattfinden soll, jedoch weiterhin auf Wunsch gesondert zur Verfügung gestellt werden kann.

Eine Verfahrensvereinfachung im Bereich der Nichtigkeitsabteilung bietet eine Ergänzung des Einzelzuständigkeitsbereichs der Vorsitzenden anstelle der Senatszuständigkeit begleitet von der Möglichkeit, Bedienstete im Zuständigkeitsbereich der Nichtigkeitsabteilung zur Besorgung bestimmter Angelegenheiten zu ermächtigen, und zwar in sämtlichen Verfahren vor der Nichtigkeitsabteilung unab­hängig von der Art des Schutzrechts. Insbesondere bei Online-Einreichungen soll das Erfordernis der Vor­lage von Zweitschriften entfallen.

4. Das österreichische Recht ist an die Verordnung (EU) Nr. 2021/2117 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1308/2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse, (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel, (EU) Nr. 251/2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeug­nissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und (EU) Nr. 228/2013 über Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der Regionen in äußerster Randlage der Union anzupassen.

In diesem Zusammenhang sind daher im VII. Abschnitt des Markenschutzgesetz 1970, der das inner­staatlich abzuführende Eintragungs-, Einspruchs–, Löschungs- und Änderungsverfahren sowie die Durch­setzung von Herkunftsangaben normiert, einzelne Bezugnahmen auf die Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel richtig zu stellen, die bisher zusätzlich zur Einspruchsfrist bestehende Frist zur Einspruchsbegründung zu streichen und einzelne im Markenschutzgesetz enthaltene Strafbestimmungen für Verletzungen geschützter Herkunfts­bezeich­nungen entsprechend dem Ausbau des Rechtsschutzes durch die unmittelbar anwendbare Verordnung (EU) Nr. 2021/2117 anzupassen. Dies betrifft insbesondere den Schutz eingetragener Namen auch für Waren, die bloß als Zutat Verwendung finden oder im Rahmen des Fernabsatzes verkauft werden sowie die Ausweitung des Schutzes von Ursprungsbezeichnungen und geografischen Angaben auf Waren, die in das Zollgebiet der Union verbracht werden, ohne dort in den zollrechtlich freien Verkehr überführt zu werden.

 

Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Mai 2023 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Michael Bernard und Stefan Schennach.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, G, dagegen: F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber gewählt.

Der Ausschuss für Innovation, Technologie und Zukunft stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2023 06 09

                     Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber                                                    Stefan Schennach

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender