11239 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 25. Mai 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2022/858 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sowie der Richtlinie 2014/65/EU (DLT Verordnung-Vollzugsgesetz – DLT VVG) erlassen wird sowie das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018 geändert werden

Die Verordnung (EU) 2022/858 über eine Pilotregelung für auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 600/2014 und (EU) Nr. 909/2014 sowie der Richtlinie 2014/65/EU soll die Entwicklung von Finanzmarktinfrastrukturen fördern, die mit Hilfe der Distributed-Ledger-Technologie („DLT“ und zu Deutsch „Technologie des verteilten Kontenbuchs“) Dienstleistungen für den Handel und die Abwicklung von jenen Kryptowerten erbringen, die als Finanzinstrumente gelten. Dadurch sollen Effizienz, Transparenz und Wettbewerb bei Handels- und Abwicklungstätigkeiten erhöht werden. Gleichzeitig soll ein hohes Maß an Anlegerschutz, Marktintegrität und Finanzmarktstabilität sichergestellt werden und ein Erfahrungsaustausch zwischen Marktteilnehmern und Aufsichtsbehörden in Bezug auf DLT und jene Kryptowerte, die als Finanz­instrumente gelten, ermöglicht werden.

Um diese Ziele zu erreichen, sieht die Verordnung (EU) 2022/858 im Wesentlichen ein Pilotregime mit folgenden unionsweiten Bestimmungen vor:

- Einführung einer besonderen Genehmigung für den Betrieb von DLT-Marktinfrastrukturen. Diese umfassen multilaterale DLT-Handelssysteme („DLT-MTF“), DLT-Abwicklungssysteme („DLT-SS“) und DLT-Handels- und Abwicklungssysteme („DLT-TSS“). Als mögliche Betreiber kommen je nach DLT-Marktinfrastruktur Wertpapierfirmen, Marktbetreiber oder Zentralverwahrer in Frage.

- Kompetenz der zuständigen Aufsichtsbehörden, DLT-basierte Marktinfrastrukturen zeitlich befristet von einigen spezifischen Anforderungen bestehender Rechtsvorschriften der EU über Finanzdienst­leistungen auszunehmen. Diese Ausnahmen betreffen insbesondere Rechtsvorschriften, die bei der Ent­wicklung von Handels- und Abwicklungsdienstleistungen auf DLT-Basis hinderlich sein könnten.

- Geltung von nahezu sämtlichen Anforderungen, die herkömmliche Marktinfrastrukturen erfüllen müssen, für DLT-Marktinfrastrukturen, es sei denn es handelt sich um Anforderungen, von denen die zuständige Aufsichtsbehörde eine Ausnahme erteilt hat.

- Kompetenz der zuständigen Aufsichtsbehörden, Ausnahmen an Bedingungen sowie an Ausgleichs- und Abhilfemaßnahmen zu knüpfen, mit denen die Ziele jener Bestimmungen erreicht werden können, von denen eine Ausnahme gewährt wurde. Einführung zusätzlicher Anforderungen an DLT-Markt­infra­strukturen im Vergleich zu herkömmlichen Marktinfrastrukturen. Dazu gehören etwa spezielle Sicher­heitsvorkehrungen, Informationspflichten und Haftungsregeln.

- Erweiterung der Begriffsbestimmung des Finanzinstruments um DLT-basierte Instrumente bei gleich­zeitiger Beschränkung jener Finanzinstrumente, die über DLT-Marktinfrastrukturen zum Handel zuge­lassen oder verbucht werden können, nach Art und Gesamtmarktwert.

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates soll jene Bestimmungen in das österreichische Recht einfügen, die notwendig sind, damit die Verordnung (EU) 2022/858 in Österreich wirksam werden kann. Dementsprechend muss insbesondere eine zuständige Behörde, die gemäß der Verordnung (EU) 2022/858 für die Erteilung der besonderen Genehmigung und Ausnahmen sowie die Beaufsichtigung der Betreiber von Marktinfrastrukturen mit Sitz oder Hauptverwaltung in Österreich zuständig ist, benannt werden. Überdies müssen gesetzliche Vorschriften betreffend die für einen wirkungsvollen Vollzug not­wendigen sonstigen begleitenden Verfahrens- und Aufsichtsvorschriften vorgesehen werden. Außerdem muss eine in der Verordnung (EU) 2022/858 vorgesehene Änderung des Begriffs des Finanzinstruments gemäß der Richtlinie 2014/65/EU über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU in der Fassung der Richtlinie (EU) 2021/338 in nationales Recht umgesetzt werden.

Die Verordnung (EU) 2022/858 trat am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 2. Juni 2022 in Kraft und ist ab 23. März 2023 unionsweit unmittelbar anwendbar.

Die Laufzeit der in der Verordnung (EU) 2022/858 vorgesehenen Pilotregelungen ist vorerst zeitlich begrenzt. Bis zum 24. März 2026 soll die ESMA (European Securities and Markets Authority) der Europäischen Kommission über ihre Bewertung der Pilotregelungen Bericht erstatten. Auf Grundlage eines auf dieser Bewertung aufbauenden Berichts der Europäischen Kommission an das Europäische Parlament und den Rat soll anhand einer Kosten-Nutzen-Analyse entschieden werden, ob die Pilot­regelungen verlängert, auf andere Arten von Finanzinstrumenten ausgedehnt, geändert, durch Änderung einschlägiger EU-Rechtsvorschriften dauerhaft eingeführt oder einschließlich aller besonderen Genehmi­gungen beendet werden sollten. In diesem Zusammenhang kann die Europäische Kommission geeignete Änderungen oder eine Harmonisierung von Rechtsvorschriften vorschlagen. Zudem kann sie Maßnahmen vorschlagen, die den Ausstieg von DLT-Marktinfrastrukturen aus dem Pilotregime erleichtern.

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 5. Juni 2023 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, F, G, dagegen: S).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA gewählt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2023 06 05

               Mag. Marlene Zeidler-Beck, MBA                                        Christoph Stillebacher

                                  Berichterstatterin                                                                   Stv. Vorsitzender