11260 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für innere Angelegenheiten

über den Beschluss des Nationalrates vom 6. Juli 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesetz über das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung geändert wird

1. Hauptgesichtspunkte des Beschlusses:

Im Regierungsprogramm für die Jahre 2020 bis 2024 („Aus Verantwortung für Österreich.“, S. 213) hat sich die Bundesregierung – neben vielen weiteren Maßnahmen zur Stärkung des Vertrauens in die Exekutive – auf die „Sicherstellung einer konsequenten Aufklärung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte“ sowie auf die „konsequente und unabhängige Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen gegen Polizeibeamtinnen bzw. Polizeibeamte in einer eigenen Behörde in multiprofessioneller Zusammensetzung, die sowohl von Amts wegen ermittelt als auch als Beschwerdestelle für Betroffene fungiert und mit polizeilichen Befugnissen ausgestattet ist“ verständigt. Der Umsetzung dieser beiden Punkte dient das vorliegende Gesetzesvorhaben.

Zur Vornahme einer entsprechenden Reformierung wurde im Bundesministerium für Inneres das Projekt „Evaluierung des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung unter Berücksichtigung der Einrichtung einer Beschwerdebehörde bei Misshandlungsvorwürfen“ geschaffen und in dessen Umsetzung der gegenständliche Beschluss zur Änderung des BAK-G ausgearbeitet.

Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) ist eine außerhalb der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit bestehende, bewusst außerhalb der „klassischen“ Hierarchie der Sicherheitsexekutive angesiedelte und von dieser unabhängige Organisationseinheit. Schon nach geltender Rechtslage ist das BAK für Ermittlungen gegen Ressortangehörige des BMI wegen gerichtlich strafbarer Handlungen zuständig, soweit eine schriftliche Beauftragung durch die Staatsanwaltschaft oder das Gericht vorliegt. Dadurch verfügt das Bundesamt über eine langjährige Erfahrung und Expertise in sensiblen, polizeiinternen Ermittlungen. Zudem enthält das BAK-G bereits umfassende Bestimmungen zur Gewährleistung von Transparenz, Nachvollziehbarkeit und der Vermeidung von externen Einflussnahmen sowie des adäquaten Umgangs mit Vorwürfen gegen das Bundesamt selbst.

Aus den genannten Gründen und den Intentionen des Regierungsprogramms folgend soll im BAK eine eigene Organisationseinheit geschaffen werden, die eine konsequente Ermittlung bei Misshandlungsvorwürfen im Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres sicherstellt. Jeder behauptete oder aufgrund von äußeren Umständen mögliche Fall einer Misshandlung im Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres soll zukünftig von der beim BAK eingerichteten und mit umfassenden polizeilichen Befugnissen ausgestatteten, auf Misshandlungsvorwürfe spezialisierten „Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe“ (Ermittlungs- und Beschwerdestelle) untersucht und aufgeklärt werden.

Die auch im internationalen Kontext geforderte Unabhängigkeit, aber auch die in diesem Bereich in besonderem Maße erforderliche Transparenz macht ein Bündel an legistischen (sowie auch organisatorischen) Maßnahmen erforderlich, die einander wechselseitig verstärken sollen: So wird – nach dem Vorbild des strengen Regimes im Verfassungsschutz gem. § 2 Abs. 5 und 6 sowie § 21 Abs. 7 Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz – SNG, BGBl. I Nr. 5/2016 – die Möglichkeit der Nebenbeschäftigung für die Leitung und die stellvertretende Leitung sowie die sonstigen Bediensteten eingeschränkt. Ferner werden zur Stärkung der Unabhängigkeit die Funktionsperioden des Direktors und seiner Stellvertreter auf zehn Jahre verlängert. Darüber hinaus sollen Direktor, Stellvertreter sowie sonstige Bedienstete des Bundesamts in Leitungsfunktionen einer Sicherheitsüberprüfung für den Zugang zu streng geheimer Information, sonstige Bedienstete für den Zugang zu geheimer Information unterzogen werden. Die Sensibilität der Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle macht es auch erforderlich, dass nur Bedienstete mit einer speziellen Ausbildung insbesondere im Bereich der Grund- und Menschenrechte in der neu zu schaffenden Organisationseinheit tätig sind. Weisungen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Ermittlungs- und Beschwerdestelle, von denen im Sinne der Beibehaltung einer politischen Letztverantwortung nicht abgewichen werden soll, sind nicht nur schriftlich zu erteilen und zu begründen, sondern dem eigens zu installierenden, multiprofessionell zusammengesetzten, unabhängigen Beirat Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe (§ 9a) als qualitätssicherndes Beratungsgremium zu übermitteln.

Darüber hinaus soll die neue Ermittlungs- und Beschwerdestelle im Sinne der Evaluierung des BAK zukünftig auch bundesweit für kriminalpolizeiliche Ermittlungen bei Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt mit Todesfolge und lebensgefährdendem Waffengebrauch zuständig sein.

 

Ein im Zuge der Debatte im Ausschuss des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

„Zu Z 1:

Mit der Änderung in § 9c Abs. 3 soll die Übermittlungsermächtigung – neben der Ermittlungs- und Beschwerdestelle Misshandlungsvorwürfe – auf die Gerichte und Staatsanwaltschaften erweitert werden, damit auch diese auf Grundlage der StPO ermittelte Daten an den Beirat übermitteln können. Die Befassung der Staatsanwaltschaft bzw. des Gerichts durch die Ermittlungs- und Beschwerdestelle vor Übermittlung an den Beirat dient dem Zweck, die nach § 76 Abs. 4 StPO zwingend durchzuführende Interessenabwägung durch die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht zu ermöglichen.

Zu Z 2:

Durch die Einfügung eines neuen Absatzes in § 9c soll die Verarbeitungsermächtigung von personenbezogenen Daten durch den Beirat hinreichend determiniert und eine Übermittlungsermächtigung vom Beirat an die Ermittlungs- und Beschwerdestelle sowie Staatsanwaltschaften und Gerichte geschaffen werden. Hinsichtlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten sowie Daten gemäß Art. 10 DSGVO setzt sowohl die Verarbeitung als auch die Übermittlung unbedingte Erforderlichkeit für die jeweilige, gesetzlich übertragene Aufgabenerfüllung voraus.“

 

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 11. Juli 2023 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Markus Stotter, BA.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Michael Wanner und Ernest Schwindsackl.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Markus Stotter, BA gewählt.

Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2023 07 11

                             Markus Stotter, BA                                                       Mag. Harald Himmer

                                   Berichterstatter                                                                        Vorsitzender