11328 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus

über den Beschluss des Nationalrates vom 19. Oktober 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über das Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, das Bundes-Ehrenzeichen sowie das Österreichische Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst und das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst (Ehrenzeichengesetz – EhrenzeichenG) erlassen wird und das Militärauszeichnungsgesetz 2002 geändert wird

Zu Artikel 1 (Ehrenzeichengesetz):

Mit der Verleihung von Ehrenzeichen würdigt die Republik Österreich natürliche Personen für besonders herausragende Leistungen im Interesse und Ansehen der Republik sowie vorbildhaftes Verhalten. Durch die Verleihung kommen die Wertvorstellungen der Republik Österreich zum Ausdruck und die Ausgezeichneten werden in der Öffentlichkeit aus der Allgemeinheit hervorgehoben. Sie sollen damit Vorbild und Motivation für das ausgezeichnete Verhalten und die gewürdigten Leistungen sein.

Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist der Verleihungsakt hoheitlicher Natur (VfSlg 2066/1950).

Derzeit sieht das Bundesgesetz vom 2. April 1952 über die Schaffung von Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, BGBl. Nr. 89/1952, keine Regelung für die Aberkennung von Ehrenzeichen für den Fall vor, dass ein Verhalten der Ausgezeichneten bekannt wird, welches dem Wesen der Verleihung widerspricht.

Zwar enthalten § 5 des Bundesgesetzes über die Verleihung von Bundes-Ehrenzeichen (Bundes-Ehrenzeichengesetz), BGBl. I Nr. 44/2002, sowie § 8a des Bundesgesetzes vom 25. Mai 1955 über die Schaffung eines Österreichischen Ehrenzeichens für Wissenschaft und Kunst und eines Österreichischen Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst, BGBl. Nr. 96/1955, ident lautende Bestimmungen über die Aberkennung der Ehrenzeichen, diese Bestimmungen sind jedoch sehr allgemein gehalten.

Weiters sind in den genannten Gesetzen keine Regelungen enthalten, die dem Bedürfnis nach einer posthumen Aberkennung von Ehrenzeichen bzw. nach Distanzierung von früheren Verleihungen gerecht werden. Wie die Erfahrung der letzten Jahre aber gezeigt hat, sind solche – wenn auch nur symbolische – Akte nicht nur wünschenswert, sondern vielmehr geboten.

Bei der Umsetzung dieses Anliegens muss allerdings ein besonderes rechtliches Hindernis berücksichtigt werden: Nach herrschender Meinung handelt es sich bei mit solchen Auszeichnungen verbundenen Rechten um höchstpersönliche Rechte, die an der ausgezeichneten Person „haften“ und nur ihr besondere Rechte einräumen. Die Höchstpersönlichkeit der Auszeichnung führt dazu, dass die verliehenen Rechte grundsätzlich mit dem Tod der ausgezeichneten Person erlöschen und daher eine förmliche Aberkennung der Ehrung nicht mehr möglich ist.

Um den Anforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden und den auszeichnenden Stellen ein Mittel zur Distanzierung von bestimmten Personen oder deren Verhalten in die Hand zu geben, soll mit dem vorliegenden Bundesgesetz eine Regelung geschaffen werden, wonach posthum die Feststellung, dass ein Ehrenzeichen aberkannt worden wäre, möglich ist.

Eine explizite posthume Aberkennungsmöglichkeit für Ehrenzeichen sehen etwa die Bundesländer Salzburg (eingeführt durch LGBl. Nr. 19/2016) und Oberösterreich (eingeführt durch LGBl. Nr. 69/2012) bereits in ihren Landesgesetzen vor.

Es ist angezeigt, konkrete Voraussetzungen zu normieren, unter denen Ehrenzeichen entweder ex lege widerrufen oder von der verleihenden Stelle aberkannt werden können. Zu diesem Zweck werden alle von der Bundespräsidentin bzw. vom Bundespräsidenten zu verleihenden Ehrenzeichen sowie das von der Bundeskanzlerin bzw. vom Bundeskanzler oder dem jeweils zuständigen Mitglied der Bundesregierung zu verleihende Bundes-Ehrenzeichen in ein Bundesgesetz zusammengeführt und einheitliche Widerrufs- und Aberkennungsregelungen normiert.

Zu Artikel 2 (Änderung des Militärauszeichnungsgesetzes 2002):

Im Sinne der Einheit der Rechtsordnung sollen auch die entsprechenden Regelungen hinsichtlich des Militär-Verdienstzeichens, das nach § 6 des Militärauszeichnungsgesetzes 2002 (MAG 2002), BGBl. I Nr. 168/2002 (WV), ebenfalls die Bundespräsidentin bzw. der Bundespräsident auf Vorschlag der Bundesregierung verleiht, an die Bestimmungen des Ehrenzeichengesetzes angepasst werden.

Ein im Zuge der Debatte im Ausschuss des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

Zu Z 2 und 4 bis 6 (§ 3 Abs. 2 und § 26 EhrenzeichenG):

Die Verleihung des Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich erfolgt grundsätzlich auf Vorschlag der Bundesregierung oder der von ihr ermächtigten Bundesministerin bzw. des von ihr ermächtigten Bundesministers. Hinsichtlich Mitglieder des Nationalrates und des Bundesrates kommt entsprechend der jahrzehntelang bestehenden Staatspraxis das Vorschlagsrecht der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des jeweiligen Vertretungskörpers zu. Der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Nationalrates obliegt auch das Vorschlagsrecht hinsichtlich der in Österreich gewählten Mitglieder des Europäischen Parlaments sowie hinsichtlich der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Rechnungshofes und der Mitglieder der Volksanwaltschaft. Somit wird mit Verfassungsbestimmung eine eindeutige Kompetenzgrundlage für das Handeln der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Nationalrates und der bzw. des Vorsitzenden des Bundesrates im Zusammenhang mit der Verleihung von Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich geschaffen. Um zu vermeiden, dass die Präsidentin bzw. der Präsident des Nationalrates sowie die bzw. der Vorsitzende des Bundesrates in eigener Sache den Vorschlag zur Verleihung eines Ehrenzeichens zu erstatten haben, soll eine Vertretungsregelung vorgesehen werden.

Soll einem Mitglied des Nationalrates, einem in Österreich gewählten Mitglied des Europäischen Parlaments, der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Rechnungshofes, einem Mitglied der Volksanwaltschaft, einem Mitglied des Bundesrates, der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Nationalrates oder der bzw. dem Vorsitzenden des Bundesrates ein Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich nach § 22 widerrufen oder nach § 23 aberkannt werden, kommt das Vorschlagsrecht für den Widerruf bzw. für die Aberkennung so wie bei der Verleihung der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Nationalrates (in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 1), der bzw. dem Vorsitzenden des Bundesrates (in den Fällen des § 3 Abs. 2 Z 2), der zweiten Präsidentin bzw. dem zweiten Präsidenten des Nationalrates (im Fall des § 3 Abs. 2 Z 3) oder der Stellvertreterin bzw. dem Stellvertreter der bzw. des Vorsitzenden des Bundesrates (im Fall des § 3 Abs. 2 Z 4) zu.

Die Bestimmung betreffend die Vollziehung dieses Bundesgesetzes wird entsprechend angepasst und erfasst sowohl die Regelungen betreffend das Vorschlagsrecht auf Verleihung als auch jene in Zusammenhang mit dem Widerruf und der Aberkennung eines Ehrenzeichens.

Zu Z 3 (§ 21 Abs. 2 Z 1 EhrenzeichenG):

Es sollen nicht bloß die Verurteilung ausländischer Gerichte, sondern auch Verurteilungen internationaler Gerichte (z.B. Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag; Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien; Sondergerichtshof für Sierra Leone) erfasst sein. Damit wird etwa die Aberkennung von Ehrenzeichen an Personen, die wegen Beteiligung an Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt worden sind, ermöglicht.

Zu Z 7 (§ 27 Abs. 1 EhrenzeichenG):

Es wird das Inkrafttreten der Verfassungsbestimmungen (§ 3 Abs. 2 und § 26 Z 2) und der übrigen Bestimmungen festgelegt.

Zu Z 8 (§ 27 Abs. 4 EhrenzeichenG):

Der Verweis auf Abs. 3 wird richtiggestellt. Die Formulierung ‚Ehrenzeichen, die aufgrund der in Abs. 3 angeführten Bundesgesetze verliehen wurden‘ umfasst auch jene Ehrenzeichen, die entsprechend der jahrzehntelang bestehenden Staatspraxis auf Vorschlag der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Nationalrates oder der bzw. des Vorsitzenden des Bundesrates verliehen wurden, da es sich dabei um Ehrenzeichen nach dem Bundesgesetz über die Schaffung von Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich handelt.“

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 6. November 2023 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Sandra Lassnig.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Stefan Schennach und Dr. Andrea Eder-Gitschthaler.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, G, dagegen: F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Sandra Lassnig gewählt.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2023 11 06

                                 Sandra Lassnig                                                   Dr. Andrea Eder-Gitschthaler

                                  Berichterstatterin                                                                       Vorsitzende