11378 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Wirtschaftsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2023 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz 2011 (EZG 2011) geändert und ein Bundesgesetz über den Vollzug des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM-Vollzugsgesetz 2023 – CBAM-VG 2023) erlassen wird

Die Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 24. November 2023 im Nationalrat eingebracht und – auszugsweise – wie folgt begründet:

„Zu Artikel 1 (Änderung des Emissionszertifikategesetzes 2011):

Mit dem gegenständlichen Vorhaben wird die Revision der EU-Emissionshandelsrichtlinie (ETS-RL) in nationales Recht umgesetzt. Als ein wichtiges politisches Ergebnis der Revision der ETS-RL ist die Einführung eines zweiten Handelssystems (Kapitel Iva der ETS-RL) für Emissionen aus der Überführung von Brennstoffen in den steuerrechtlich freien Verkehr durch Handelsteilnehmerinnen und Handelsteilnehmer, die zur Verbrennung in den Sektoren Gebäude- und Straßenverkehr sowie in zusätzlichen Sektoren verwendet werden (ETS-2), zu sehen. Auch wenn viele administrative Vorgaben sehr ähnlich zu den Vorgaben für das bestehende Handelssystem für den stationären Emissionshandel und den Flugverkehr (ETS-1) sind, besteht keine Verknüpfung der Zertifikate aus ETS-1 und ETS-2. Alle Zertifikate, die für Emissionen des ETS-2 ausgegeben werden, werden versteigert, wobei für die Berechnung der Gesamtmenge folgende Zielpfade definiert wurden: Der Zielpfad startet auf Basis der Emissionsobergrenze für die betroffenen Emissionen der Verordnung (EU) 2018/842 (Effort Sharing) für das Jahr 2024 und wird für die Jahre 2025 bis 2027 jährlich um 5,1% verringert. Ab 2028 wird der lineare Zielpfad neu definiert, wobei für das Startjahr 2025 der Durchschnitt der für die Periode 2024 bis 2026 gemeldeten Emissionen herangezogen wird, und der jährliche Kürzungsfaktor auf 5,38% angehoben wird. Dazu werden etwaige ex-post Anpassungen vorgenommen, sofern Doppelzählungen mit Emissionen, für die bereits unter ETS-1 Zertifikate abgegeben wurde, nicht vermieden werden konnten.

Um übermäßige negative Auswirkungen des ETS-2 auf die Energiepreise, insbesondere bei Konsumentinnen und Konsumenten und Haushalten, zu reduzieren, wurde einerseits in Artikel 30h eine Sonderregelung geschaffen, um bei massiv erhöhten Preisen kurzfristig Zertifikate aus der Marktstabilitätsreserve auf den Markt zu bringen. Andererseits wurde vereinbart, dass sofern die Energiepreise innerhalb der EU im ersten Halbjahr 2026 deutlich erhöht sind, die Vergabe und Abgabe von Zertifikaten – d.h. Kernelemente des ETS-2 – um ein Jahr auf 2028 verschoben wird.

Die Versteigerung wird im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 1031/2010 (Versteigerungs-VO) durchgeführt, wobei die Zertifikate für Österreich im Rahmen der gemeinsamen Plattform auktioniert werden. Bis zu 65 Mrd. € sollen bis zum Jahr 2032 EU-weit aus den Einnahmen aus der Versteigerung von ETS-2 Zertifikaten für die Einrichtung des Klima-Sozial-Fonds reserviert werden, wobei zusätzlich 50 Mio. Zertifikate aus ETS-1-Mengen zur Verfügung gestellt werden. Die restlichen Einnahmen werden anteilig auf Basis der ETS-2 Emissionen der einzelnen EU-Mitgliedstaaten aufgeteilt, wobei der finanzielle Gegenwert für Zwecke des Artikel 30d Abs. 6 verwendet werden sollen.

Um einen sanften Einstieg in das ETS-2 sicherzustellen, soll ein „front-loading“ vorgenommen werden, und für das Jahr 2027 30% mehr Zertifikate auf den Markt gebracht werden, die von den Versteigerungsmengen 2029 bis 2031 abgezogen werden. Zusätzlich dazu werden von der Gesamtmenge an EU-weit verfügbaren Zertifikaten für ETS-2 600 Mio. Zertifikate in die Markstabilitätsreserve eingebracht, um etwaige Preisschwankungen bzw. exzessive Preisentwicklungen ausgleichen zu können.

Für die Administration des ETS-2 wurden folgende Festlegungen getroffen:

                        – Alle Handelsteilnehmerinnen und Handelsteilnehmer müssen einen Antrag bei der Behörde stellen, der neben einer klaren Kennzeichnung der Einrichtung, der Art der Brennstoffe, die in den steuerrechtlich freien Verkehr überführt und die für Verbrennungsprozesse in den betroffenen Sektoren verwendet werden, auch geplante Maßnahmen zur Überwachung und Meldung der Emissionen, inklusive einer nichttechnischen Zusammenfassung der Informationen beinhalten.

                        – Genehmigungen für die Durchführung der o.g. Tätigkeiten sind bis spätestens 1.1.2025 durch die zuständige Behörde zu erteilen, wobei dies auch einen Überwachungsplan im Einklang mit den Vorgaben der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2018/2066 (MRR) umfassen soll.

                        – Handelsteilnehmerinnen und Handelsteilnehmer müssen ab dem Jahr 2025 die ihnen zugerechneten Emissionen im Einklang mit Anhang 8 und den Vorgaben der MRR überwachen und ab 2026 der zuständigen Behörde melden; bei der Prüfung der Emissionen sind die Vorgaben des Anhang 14 und der Verordnung (EU) Nr. 2018/2067 (AVR) einzuhalten; in Ergänzung sind Emissionen für das Jahr 2024 bis zum 30. April 2025 zu melden.

                        – Ab dem Jahr 2028 müssen Handelsteilnehmerinnen und Handelsteilnehmer jährlich bis 31.5. Zertifikate für die ihnen zuzurechnenden Emissionen des Vorjahres abgeben.

Die zuständige nationale Behörde für den Vollzug des ETS-2 soll das Amt für nationalen Emissionshandel angesiedelt im Zollamt Österreich sein. Da der Anwendungsbereich des ETS-2 zu einem Großteil deckungsgleich ist mit dem nationalen Emissionszertifikatehandelsgesetz (NEHG 2022, BGBl. I Nr. 10/2022), sollen für die Handelsteilnehmerinnen und Handelsteilnehmer Übergangsregelungen geschaffen werden, um zusätzlichen administrativen Aufwand zu minimieren.

Zu ETS-1 ist zu erwähnen, dass neben der Aufnahme der Emissionen aus dem internationalen Seeverkehr die methodischen Eckpfeiler des seit 2013 unionsweit harmonisierten Systems weitgehend unverändert geblieben sind, wobei insbesondere folgende Aspekte angepasst wurden:

                        – lineare Reduktion der Gesamtmenge an Zertifikaten für ETS-1: Gemäß Art. 9 und 9a der ETS-RL soll nun ab 2024 bis 2027 die verfügbare Menge an Zertifikaten um 4,3% pro Jahr reduziert werden und ab 2028 um 4,4%. Zusammen mit einer Herausnahme von 90 Mio. Zertifikaten im Jahr 2024 und 27 Mio. Zertifikaten im Jahr 2026 soll die Gesamtmenge im Jahr 2030 rund 62% niedriger sein als 2005. Zur Abdeckung der Emissionen aus dem neu in das Handelssystem aufgenommenen Seeverkehrs werden zusätzliche 78,4 Mio. Zertifikate im Jahr 2024 der Gesamtmenge hinzugefügt.

                        – Schutz vor Carbon Leakage: Das bestehende Zuteilungssystem über produktspezifische Benchmarks wurde grundlegend beibehalten, jedoch wurden die Mindest-, bzw. Maximalbandbreite in Art. 10a Abs. 2 der ETS-RL auf 0,3% bzw. 2,5% pro Jahr angepasst. Dazu wurde ein Bonus/Malus-System geschaffen, um die Gratiszuteilung an die einzelnen Anlagen noch zielgerichteter auszugestalten.

Für Anlagen, die Empfehlungen resultierend aus Energieaudits bzw. Energiemanagementsystemen gem. Artikel 8 der Energieeffizienz-Richtlinie (2012/27/EU) nicht umsetzen, ist die Gratiszuteilung um 20% zu reduzieren. Dies betrifft jedoch nicht Empfehlungen, deren Amortisationszeit über 3 Jahren liegt bzw. deren Investitionskosten unverhältnismäßig sind. Bei Umsetzung der Maßnahmen während der betreffenden Fünfjahresperiode kann erneut eine volle Zuteilung (ohne 20%-Reduktion) vorgenommen werden. Details zu den Vorgaben und Berichtspflichten werden in der delegierten Verordnung (EU) 2019/311 verankert.

Eine Reduktion von 20% der Zuteilung ist auch für Anlagen mit Anlagenteilen mit einem Produkt-Referenzwert vorzusehen, deren individueller Emissionsfaktor unter den 20% höchsten Werten („worst performer“) der für die Zuteilungen 2021 bis 2025 herangezogenen Benchmarkkurve für die betreffende Branche liegt, sofern für diese kein Klimaneutralitätsplan bis Mai 2024 im Einklang mit den Vorgaben des Artikel 10b(4) der ETS-RL vorgelegt wurde. Details zu den Vorgaben und Berichtspflichten sind in dem delegierten Rechtsakt gem. Art. 10b(4) ETS-RL verankert. Die Einhaltung der im Klimaneutralitätsplan festgelegten Ziele ist alle fünf Jahre, beginnend mit 2025, nachzuweisen.

Als Bonus ist hingegen vorgesehen, dass Anlagen, deren individueller Emissionsfaktor under den 10% niedrigsten Werten („best performer“) der für die Zuteilungen 2026 bis 2030 herangezogenen Benchmarkkurve in der Branche liegen, von der (möglichen) Anwendung des Korrekturfaktors ausgenommen sind.

Zusätzlich dazu wurde für jene Sektoren, die Waren produzieren, die beim Import aus Drittstaaten der Verordnung (EU) 2023/956 zur Schaffung eines CO2-Grenzausgleichssystems, ABl. Nr. L 130 vom 16.5.2023 S. 52 (im Folgenden: CBAM) unterliegen, in Art. 10a Abs. 1a ETS-RL ein eigener CBAM Faktor eingeführt, mit dem die Gratiszuteilung ab 2026 reduziert wird und mit 2034 auf null gesetzt wird. Parallel dazu wird CBAM aufgebaut und bis 2034 voll wirksam.

                        – Anpassung des Anhang I: Der Anwendungsbereich für stationäre Anlagen wurde angepasst, wobei eine Berichtspflicht für die Verbrennung von Siedlungsabfällen beginnend mit 2024 eingeführt wurde. Zusätzlich dazu wurden leichte Anpassungen bei folgenden Tätigkeiten vorgenommen: Raffination von Erdöl, Herstellung von Eisen oder Stahl, Herstellung von Primäraluminium oder Aluminiumoxid, Trocknen oder Brennen von Gips, Herstellung von Industrieruß, Herstellung von Wasserstoff (H2) und Synthesegas, Beförderung von Treibhausgasen zwecks geologischer Speicherung.

                        – Luftverkehr: Im Sektor Luftverkehr wurden durch die Richtlinie 2023/958 (EU) die Regelungen ambitionierter, was sich in dieser Novelle widerspiegelt. Die Gesamtmenge der für den Flugverkehr zuzuteilenden Emissionszertifikate wird ab 2024 auf der Grundlage der im Jahr 2023 durch Luftverkehrstätigkeiten nach Anhang 2 verursachten Emissionen — gekürzt um den linearen Kürzungsfaktor nach Art. 9 der Richtlinie — festgelegt. Die kostenlose Zuteilung wird schrittweise bis Ende 2025 auslaufen, sodass ab 2026 alle Emissionszertifikate im Luftverkehrsbereich versteigert werden. Zur Förderung des Umstiegs auf nachhaltigen Kraftstoffe im Flugverkehr wird eine antragsbasierte, kostenlose Zuteilung von maximal 20 Millionen Emissionszertifikaten im Zeitraum 2024-2030 festgelegt. Damit soll die Preisdifferenz zu herkömmlichem Kerosin zumindest teilweise kompensiert werden. Darüber hinaus werden ab 2025 die sogenannten Nicht-CO2-Effekte des Luftverkehrs, zunächst über ein ⁠Monitoring⁠, später voraussichtlich auch mit einer Abgabepflicht, in den Europäischen Emissionshandel einbezogen. Der Anwendungsbereich für den Flugverkehr im Emissionshandel bleibt weiterhin bis 2027 auf innereuropäische Flüge limitiert („regional scope“). Für Flüge von und zu Drittstaaten wird ⁠CORSIA⁠ (Carbon Offsetting and Reduction Scheme for International Aviation) im EWR implementiert.

                        – Seeverkehr: Internationalen Seeverkehrstätigkeiten zwischen Häfen in zwei verschiedenen Mitgliedstaaten oder zwischen einem Hafen in einem Mitgliedstaat und einem Hafen außerhalb der EU waren bisher das einzige Transportmittel, das nicht unter die bestehenden klimapolitischen Maßnahmen der Union zur Verringerung der Treibhausgasemissionen fiel und machen rund 3 % bis 4 % der Emissionen der Union aus. Die Emissionen in diesem Bereich sind seit 1990 um ca. 36 % gestiegen. Ohne EU-weite Maßnahmen in diesem Sektor würden die Bemühungen in anderen Bereichen die Ziele des Übereinkommens von Paris zu erreichen, erheblich untergraben werden. Vom Anwendungsbereich der Richtlinie sind die Emissionen von Schiffen mit einer Bruttoraumzahl von mehr als 5 000 umfasst, was dazu führt, dass lediglich große Schiffe der internationalen Seeschifffahrt, die keinen Hafen auf österreichischem Hoheitsgebiet anlaufen können, von den Regelungen umfasst sind. Abgestellt wird in der Richtlinie jedoch auf Schifffahrtsunternehmen und ein solches kann Österreich als Registrierungsstaat im Schiffsidentifikationsnummernsystem der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) vermerkt sein, sodass sich ein potentieller Anwendungsbereich in Österreich ergibt.

Der Hauptzweck der Novelle des EZG 2011 dient der Umsetzung von Unionsrecht, insbesondere der Emissionshandelsrichtlinie (Richtlinie 2003/87/EG über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Union und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG, ABl. Nr. L 275 vom 25.10.2003 S. 32, zuletzt geändert durch die Richtlinie 2023/959/EU, ABl. Nr. L 130 vom 10.05.2023 S. 134, ETS-RL und der dazu zu erlassenden Verordnungen, insbesondere gemäß Artikel 10a Abs. 1, Artikel 10a Abs. 21, Artikel 10b Abs. 4, Artikel 12 Abs. 3b, Artikel 14, Artikel 15, Artikel 19 und Artikel 22a.“

 

Der Wirtschaftsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 19. Dezember 2023 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrat MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates MMag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Mag. Christian Buchmann und Michael Bernard.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber gewählt.


Der Wirtschaftsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2023 12 19

                     Dipl.-Ing. Dr. Maria Huber                                             Alexandra Platzer, MBA

                                  Berichterstatterin                                                                       Vorsitzende