11472 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Landesverteidigungsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 21. März 2024 betreffend ein Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft

Allgemeiner Teil

Nach dem Inkrafttreten des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft bezüglich der Zusammenarbeit im Bereich der grenzüberschreitenden Sicherung des Luftraums gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft, BGBl. III Nr. 214/2018, sowie einer entsprechenden Durchführungsvereinbarung, BGBl. III Nr. 16/2019, am 1. Februar 2019, sollen auch mit anderen österreichischen Nachbarstaaten entsprechende Abkommen nach diesem Vorbild abgeschlossen werden. Vor diesem Hintergrund ist nunmehr der Abschluss eines solchen Abkommens zwischen Österreich und Deutschland beabsichtigt. Auf Grund des Beschlusses der Bundesregierung vom 12. Dezember 2018 (Pkt. 8 des Beschl.Prot. Nr. 39) fand in der Zeit von 21. bis 23. Jänner 2019 in Berlin eine formelle Verhandlungsrunde statt, in deren Rahmen ein entsprechender Abkommenstext erarbeitet wurde.

Gemäß dem Beschluss der Bundesregierung vom 10. Februar 2021 (vgl. Pkt. 13 des Beschl.Prot. Nr. 47) wurde das Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland über die Zusammenarbeit gegen nichtmilitärische Bedrohungen aus der Luft am 9. Dezember 2022 unterzeichnet.

Das gegenständliche Abkommen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Inhalt und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat keinen politischen Charakter. Es ist nicht erforderlich, eine allfällige unmittelbare Anwendung des Abkommens im innerstaatlichen Rechtsbereich durch einen Beschluss gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 4 B-VG, dass dieser Staatsvertrag durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, auszuschließen. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Durch das vorliegende Abkommen soll die Möglichkeit des Überfliegens der gemeinsamen Staatsgrenze zum Zweck des sicheren „Übergebens“ eines verdächtigen Luftfahrzeuges an die Fliegerkräfte des jeweiligen Nachbarstaates geschaffen werden, sodass ein allfälliges Zurückfliegen des verdächtigen Luftfahrzeuges in das jeweils eigene Hoheitsgebiet nicht mehr möglich bzw. nicht mehr wahrscheinlich ist. Dazu sind insbesondere Maßnahmen zur Identifikation und zur Intervention, die im Rahmen der Zusammenarbeit ergriffen werden können, sowie Regelungen über Ablauf und Koordination des jeweils grenzüberschreitenden Einsatzes vorgesehen. Darüber hinaus beinhaltet das in Rede stehende Abkommen verschiedene Unterstützungsmaßnahmen sowie Regelungen über die Flugsicherheit und die Rechtsstellung des Personals einer Partei während des Aufenthaltes auf dem Staatsgebiet der jeweils anderen Partei.

Vor diesem Hintergrund übt ein deutsches militärisches Luftfahrzeug im österreichischen Luftraum ausschließlich deutsche militärische Landesverteidigung aus. Hierbei ist zu betonen, dass fremde Fliegerkräfte auf Grund des verfassungsgesetzlichen „Exklusivitätsgebotes“ (Art. 79 Abs. 1 B-VG), dem zu Folge die österreichische Landesverteidigung ausschließlich dem Bundesheer obliegt, keinesfalls österreichische Landesverteidigung ausüben dürfen und dies vom Abkommen auch nicht vorgesehen ist.

Umgekehrt übt ein österreichisches militärisches Luftfahrzeug im deutschen Luftraum weiterhin österreichische militärische Landesverteidigung aus. Dies ist einer der seltenen Fälle einer „friedensmäßigen“ Wahrnehmung von Aufgaben der militärischen Landesverteidigung im Ausland (wie dies etwa auch bei der Nachrichtengewinnung oder bei wehrpolitischen Aktivitäten der Fall ist). Der grenzüberschreitende Einsatz eines österreichischen militärischen Luftfahrzeuges hat seinen Ausgangspunkt in der Wahrnehmung der Aufgabe der militärischen Luftraumüberwachung gemäß § 26 Militärbefugnisgesetz (MBG), BGBl. I Nr. 86/2000, aufgrund einer Verletzung der österreichischen Lufthoheit. Hierunter ist jede unautorisierte Flugbewegung von Luftfahrzeugen im österreichischen Luftraum zu verstehen (unerlaubtes Einfliegen in den österreichischen Luftraum bzw. in ein Luftraumbeschränkungsgebiet oder Benützung des Luftraumes in einer unerlaubten Art und Weise). Vor diesem Hintergrund werden militärische Organe bereits bei Vorliegen des – allenfalls auch nur vagen – Verdachts einer Verletzung der Lufthoheit (oder einer Gefährdung der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres) tätig. Ein diesbezüglicher Alarmstart ist grundsätzlich jederzeit im Rahmen der militärischen Landesverteidigung zulässig. Ein Anlassfall für die Anwendung des Bundesverfassungsgesetzes über Kooperation und Solidarität bei der Entsendung von Einheiten und Einzelpersonen in das Ausland (KSE-BVG), BGBl. I Nr. 38/1997, liegt diesbezüglich nicht vor.

Die mit der Durchführung dieses Abkommens verbundenen Kosten finden ihre Bedeckung im Budget des Bundesministeriums für Landesverteidigung.

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes zum Abschluss des gegenständlichen Abkommens ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 („Abschluss von Staatsverträgen“) in Verbindung mit Z 15 („militärische Angelegenheiten“) B-VG.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

 

Der Landesverteidigungsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 3. April 2024 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Sandra Lassnig.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates MMag. Elisabeth Kittl, BA, Mag. Bernhard Ruf, Dr. Andrea Eder-Gitschthaler, Silvester Gfrerer und Michael Wanner.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Sandra Lassnig gewählt.

Der Landesverteidigungsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2024 04 03

                                 Sandra Lassnig                                                                Horst Schachner

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender