11540 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Finanzausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein MiCA-Verordnung-Vollzugsgesetz erlassen wird und das Alternative Investmentfonds Manager-Gesetz, das Bankwesengesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz und das HinweisgeberInnenschutzgesetz geändert werden
Die Abgeordneten Karlheinz Kopf, Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 13. Juni 2024 im Nationalrat eingebracht und – auszugsweise – wie folgt begründet:
„Die Verordnung (EU) 2023/1114 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937, ABl. Nr. L 150 vom 09.06.2023 S. 40, soll einen speziellen und harmonisierten Rechtsrahmen für Märkte für bestimmte Kryptowerte schaffen.
Kryptowerte gehören zu den wichtigsten Anwendungen der innovativen Distributed-Ledger-Technologie (DLT) und ermöglichen die digitale Darstellung von Werten oder Rechten. Die Europäische Union (EU) hat ein ausdrückliches Interesse an der Entwicklung und Förderung innovativer Technologien im Finanzbereich wie etwa DLT. DLT einschließlich der Blockchain-Technologie können nämlich neue Arten von Wirtschaftstätigkeiten und Geschäftsmodellen hervorbringen, die gemeinsam mit der Kryptowerte-Branche zu Wirtschaftswachstum und neuen Beschäftigungsmodellen in der EU beitragen können. Kryptowerte können Marktteilnehmern erheblichen Nutzen beispielsweise dadurch bringen, dass sie im grenzüberschreitenden Kontext kostengünstigere und effizientere Zahlungen ermöglichen.
Manche Kryptowerte, insbesondere jene, die als Finanzinstrumente im Sinne der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU, ABl. Nr. L 173 vom 12.06.2014 S. 349 (MiFID II), gelten, fallen in den Anwendungsbereich bestehender Rechtsakte der EU über Finanzdienstleistungen. Andere Kryptowerte werden von den Rechtsakten der EU im Bereich Finanzdienstleistungen jedoch nicht erfasst. Mit dem speziellen Rechtsrahmen der Verordnung (EU) 2023/1114 sollen Rechtsvorschriften für Märkte für Kryptowerte und damit zusammenhängende Dienstleistungen und Tätigkeiten geschaffen werden, die von den Rechtsakten der Europäischen Union im Bereich Finanzdienstleistungen noch nicht erfasst sind.
Mit der Verordnung (EU) 2023/1114 werden Kryptowerte in drei verschiedene Arten unterteilt. Die Unterteilung beruht darauf, ob die Kryptowerte auf eine Wertstabilisierung durch Bezugnahme auf andere Vermögenswerte angelegt sind. Die erste Art umfasst Kryptowerte, die auf eine Wertstabilisierung durch Bezugnahme auf nur eine amtliche Währung angelegt sind (E-Geld-Token). Die zweite Art umfasst Kryptowerte, die keine E-Geld-Token sind und auf eine Wertstabilisierung durch Bezugnahme auf einen anderen Wert oder ein anderes Recht oder eine Kombination hieraus einschließlich einer oder mehrerer amtlicher Währungen angelegt sind (vermögenswertereferenzierte Token). Bei der dritten Art handelt es sich um andere Kryptowerte als vermögenswertereferenzierte Token oder E-Geld-Token.
Der spezielle Rechtsrahmen der Verordnung (EU) 2023/1114 soll Innovation und fairen Wettbewerb fördern und zugleich ein hohes Maß an Schutz von Kleinanlegern und an Integrität der Märkte für Kryptowerte gewährleisten. Mit dem Rechtsrahmen soll es insbesondere auch ermöglicht werden, dass Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen ihre Geschäftstätigkeiten in der gesamten EU erbringen können. Darüber hinaus soll die angemessene Behandlung von Emittenten von Kryptowerten und Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen sichergestellt werden und die Finanzstabilität sowie das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme gefördert werden.
Um diese Ziele zu erreichen, sieht die Verordnung (EU) 2023/1114 im Wesentlichen folgende harmonisierte Regelungen vor:
- Zwingende Vorgaben für öffentliche Angebote von anderen Kryptowerten als vermögenswertereferenzierten Token oder E-Geld-Token und Anforderungen an die Zulassung von solchen Kryptowerten zum Handel, einschließlich einer Verpflichtung zur Erstellung eines Kryptowerte-Whitepapers und einer Haftbarkeit für die im Kryptowerte-Whitepaper enthaltenen Informationen
- Ein Widerrufsrecht für Kleinanleger im Hinblick auf den Erwerb von anderen Kryptowerten als vermögenswertereferenzierten Token oder E-Geld-Token
- Eine Zulassungspflicht für öffentliche Angebote vermögenswertereferenzierter Token und für die Zulassung vermögenswertereferenzierter Token zum Handel und eine Genehmigungspflicht für ein zu erstellendes Kryptowerte-Whitepaper verbunden mit einer Haftbarkeit für die im Kryptowerte-Whitepaper enthaltenen Informationen
- Pflichten für Emittenten vermögenswertereferenzierter Token betreffend Eigenmittel sowie das Halten, der Verwahrung und Anlage einer Vermögenswertereserve
- Ein Rücktauschrecht für Inhaber vermögenswertereferenzierter Token im Hinblick auf solche Token sowie ein Verbot der Gewährung von Zinsen für vermögenswertereferenzierte Token
- Besondere Pflichten und eine besondere Beaufsichtigung durch die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA) im Hinblick auf vermögenswertereferenzierte Token, die auf Grund der Erfüllung bestimmter Kriterien als signifikant eingestuft werden
- Zwingende Vorgaben für öffentliche Angebote von E-Geld-Token und ihre Zulassung zum Handel einschließlich einer Pflicht zur Erstellung eines Kryptowerte-Whitepapers und einer Haftbarkeit für die im Kryptowerte-Whitepaper enthaltenen Informationen
- Pflichten für Emittenten von E-Geld-Token betreffend Eigenmittel sowie Sicherung und Anlage von Geldbeträgen
- Ein Rücktauschrecht für Inhaber von E-Geld-Token im Hinblick auf solche Token sowie ein Verbot der Gewährung von Zinsen für E-Geld-Token
- Besondere Pflichten und eine besondere Beaufsichtigung durch die EBA im Hinblick auf bestimmte E-Geld-Token, die auf Grund der Erfüllung bestimmter Kriterien als signifikant eingestuft werden
- Zwingende Vorgaben für das Erbringen von Kryptowerte-Dienstleistungen, einschließlich einer Zulassungspflicht für juristische Personen oder andere Unternehmen, die nicht bestimmte zugelassene Finanzinstitute sind
- Allgemeine Pflichten für alle Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen einschließlich prudentieller aufsichtsrechtlicher Sicherheitsvorkehrungen und Anforderungen an die Aufbewahrung von Kryptowerten und Geldbeträgen von Kunden
- Besondere Pflichten in Bezug auf spezifische Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen
- Besondere Berichtspflichten im Hinblick auf Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, die auf Grund der Erfüllung eines bestimmten Kriteriums als signifikant eingestuft werden
- Bestimmungen zur Verhinderung und Verbot von Marktmissbrauch im Zusammenhang mit Kryptowerten
Der vorliegende Gesetzentwurf soll jene Bestimmungen in das österreichische Recht einfügen, die notwendig sind, damit die Verordnung (EU) 2023/1114 in Österreich wirksam werden kann. Dementsprechend muss insbesondere eine zuständige Behörde, die gemäß der Verordnung (EU) 2023/1114 für Anbieter von anderen Kryptowerten als vermögenswertereferenzierten Token und E-Geld-Token und Personen, die eine Zulassung zum Handel beantragen, Emittenten vermögenswertereferenzierter Token und Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen und für Emittenten von E-Geld-Token benannt werden.
Zudem soll die benannte Behörde mit den für die Überwachung der Einhaltung der in der Verordnung (EU) 2023/1114 vorgesehenen Vorschriften erforderlichen Aufsichts- und Sanktionsbefugnissen ausgestattet werden. Im Zusammenhang mit den Sanktionsbefugnissen soll das Gesetz im Wesentlichen Verwaltungsstrafbestimmungen, andere verwaltungsrechtliche Maßnahmen und Bestimmungen zur Veröffentlichung von solchen Sanktionen und Maßnahmen enthalten.
Im Zusammenhang mit den Rechtsvorschriften der Verordnung (EU) 2023/1114 betreffend Verhinderung und Verbot von Marktmissbrauch bezüglich Kryptowerten sollen Verwaltungsstrafbestimmungen gegen Insidergeschäfte, unrechtmäßige Offenlegungen von Insiderinformationen und Marktmanipulation vorgesehen werden.
Überdies müssen gesetzliche Vorschriften betreffend die für einen wirkungsvollen Vollzug notwendigen sonstigen begleitenden Verfahrens- und Aufsichtsvorschriften vorgesehen werden. Dazu gehören unter anderem eine Regelung zur verpflichtenden Erstattung von Meldungen bestimmter beaufsichtigter Personen an die Behörde, damit diese bestimmten Aufsichtsaufgaben und Berichtspflichten im Zusammenhang mit der Verordnung (EU) 2023/1114 nachkommen kann. Des Weiteren soll die Veröffentlichung von jenen Kriterien geregelt werden, die im Hinblick auf die Kenntnisse und Kompetenzen von natürlichen Personen gelten, die im Namen von Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen beraten oder einschlägige Informationen erteilen. Zudem soll es eine Übergangsbestimmung zur Erbringung von Kryptowerte-Dienstleistungen für jene Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen geben, die ihre Dienste nach geltendem Recht vor dem 30. Dezember 2024 erbracht haben.
Das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz – FMABG, BGBl. I Nr. 97/2001 soll im Zusammenhang mit der Vollzugsgesetzgebung zur Verordnung (EU) 2023/1114 ebenfalls geändert werden.
Ferner soll das Bankwesengesetz – BWG, BGBl. Nr. 532/1993, geändert werden, um eine Änderung des Anhangs I der Richtlinie 2013/36/EU über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG, ABl. L 176 vom 27.06.2013 S. 338, in nationales Recht umzusetzen.
Außerdem soll eine Verweisanpassung im HinweisgeberInnenschutzgesetz – HSchG, BGBl. I Nr. 6/2023, vorgenommen werden, um eine in der Verordnung (EU) 2023/1114 vorgesehene Erweiterung des Teils I.B des Anhangs der Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, ABl. Nr. L 305 vom 26.11.2019 S. 17, in nationales Recht umzusetzen.
Schließlich werden einzelne Bestimmungen des Alternative Investmentfonds Manager-Gesetzes – AIFMG, BGBl. I Nr. 135/2013, geändert, um die für Österreich notwendigen Begleitmaßnahmen betreffend die Verordnung (EU) 2023/606 zur Änderung der Verordnung (EU) 2015/760 in Bezug auf die Anforderungen an die Anlagepolitik und an die Bedingungen für die Tätigkeit von europäischen langfristigen Investmentfonds sowie in Bezug auf den Umfang der zulässigen Anlagevermögenswerte, auf die Anforderungen an Portfoliozusammensetzung und Diversifizierung und auf die Barkreditaufnahme und weitere Vertragsbedingungen, ABl. Nr. L 80 vom 20.03.2023 S. 1, umzusetzen.
Die Verordnung (EU) 2023/1114 trat am 20. Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union am 9. Juni 2023 in Kraft. Mit Ausnahme der Titel III und IV der Verordnung (EU) 2023/1114 ist diese im Wesentlichen ab 30. Dezember 2024 unionsweit unmittelbar anwendbar. Titel III und IV der Verordnung (EU) 2023/1114 sind ab 30. Juni 2024 unionsweit unmittelbar anwendbar. Das Bundesgesetz über das Wirksamwerden der Verordnung (EU) 2023/1114 (MiCA-VVG) sowie die Änderungen des FMABG, des BWG, des HinweisgeberInnenschutzgesetzes und des AIFMG sollen mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft treten.“
Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Juli 2024 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Christoph Stillebacher.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Christoph Stillebacher gewählt.
Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2024 07 09
Christoph Stillebacher Mag. Sascha Obrecht
Berichterstatter Vorsitzender