11547 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Mindest­besteuerungsgesetz, das Investmentfondsgesetz 2011, das Immobilien-Investment­fonds­gesetz, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Gebührengesetz 1957 und die Bundes­abgaben­ordnung geändert werden (Abgabenänderungsgesetz 2024 – AbgÄG 2024)

Hauptgesichtspunkte des Beschlusses:

Zum Einkommensteuergesetz 1988:

Spiegelbildlich zur bereits bestehenden Regelung der Übertragungen von Wirtschaftsgütern des Privat- oder Sonderbetriebsvermögens in das Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft („Einlage“) soll eine Regelung für den umgekehrten Vorgang der Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem Gesellschaftsvermögen einer Personengesellschaft in das Privat- oder Sonderbetriebsvermögen („Ent­nahme“) des Steuerpflichtigen vorgesehen werden.

Das mit dem Jahressteuergesetz 2018 – JStG 2018, BGBl. I Nr. 62/2018, eingeführte Regelungsregime des § 107 hat sich in der Praxis bewährt. Bei der Errichtung und dem Betrieb von Hoch­wasser­schutzanlagen, insbesondere für Retentionsanlagen und Retentionsflächen, werden regelmäßig Abgeltungszahlungen geleistet, wie sie auch bei der Einräumung von Leitungsrechten anfallen. Das Abzugsteuermodell des § 107 soll daher auf derartige Zahlungen ausgeweitet werden.

Zum Körperschaftsteuergesetz 1988:

Es soll sichergestellt werden, dass innerhalb von Unternehmensgruppen das Abzugsverbot von Teil­wertabschreibungen und Veräußerungsverlusten bei der Gewinnermittlung nicht umgangen wird. Außerdem soll im Rahmen der Gruppenbesteuerung die Möglichkeit eines Verzichts auf die Zurechnung von ausländischen Verlusten geschaffen werden, die zu einer Verwaltungsvereinfachung führen soll. Weiters soll vor dem Hintergrund der international fortschreitenden Umsetzung der globalen Mindest­besteuerung klargestellt werden, dass im Bereich der Körperschaftsteuer für Zwecke des § 10a und des § 12 Abs. 1 Z 10 auch anerkannte nationale Ergänzungssteuern bei der Beurteilung des Vorliegens einer Niedrigbesteuerung zu berücksichtigen sind.

Zum Mindestbesteuerungsgesetz:

Es sollen Anpassungen beim temporären CbCR-Safe-Harbour erfolgen, Redaktionsversehen beseitigt und Klarstellungen vorgenommen werden.

Zum Investmentfondsgesetz 2011:

Es soll im Sinne der Rechtssicherheit klargestellt werden, dass unter „Einkünften im Sinne des § 27 des Einkommensteuergesetzes 1988“ ausschließlich jene Einkünfte zu verstehen sind, auf die ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes 1988 anwendbar ist.

Zum Immobilien-Investmentfondsgesetz:

Es sollen klarstellende Anpassungen in § 14 zum Gewinnausweis von Immobilienfonds vorgenommen werden.

Zum Umsatzsteuergesetz 1994:

In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2022/542 soll bei sonstigen Leistungen iSd § 3a Abs. 11 lit. a, wenn diese virtuell verfügbar gemacht werden, der Leistungsort klar geregelt und – in Anlehnung an die elektronisch erbrachten Leistungen – das Empfängerortprinzip vorgesehen werden.

Es soll von der in der Richtlinie (EU) 2022/542 vorgesehenen Möglichkeit, eine Steuerbefreiung für Spenden von Lebensmitteln und nichtalkoholischen Getränken vorzusehen, Gebrauch gemacht werden.

Zur Schaffung von Rechtssicherheit auf Basis der unionsrechtlichen Vorgaben soll § 6 Abs. 1 Z 28 letzter Satz gestrichen werden.

In Umsetzung der Richtlinie (EU) 2020/285 soll die Kleinunternehmerbefreiung auch von Unternehmern angewandt werden können, die ihr Unternehmen nicht in Österreich, sondern in einem anderen Mitgliedstaat betreiben, sofern der unionsweite Jahresumsatz des Unternehmers 100 000 Euro im vorangegangen Jahr nicht und im laufenden Jahr noch nicht übersteigt.

Die Anwendung der Differenzbesteuerung soll in Umsetzung von Art. 316 der Richtlinie 2006/112/EG idF Richtlinie (EU) 2022/542 nicht mehr möglich sein, wenn die Lieferung an einen Wiederverkäufer oder die Einfuhr durch einen Wiederverkäufer einem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Zum Gebührengesetz 1957:

Im Interesse der Verwaltungsvereinfachung soll die Gebührenpauschalierung für Verfahren des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) aufkommensneutral zu einer reinen Antragsgebühr trans­formiert werden.

Für Beilagen und Zeugnisse, die auf elektronischem Wege übermittelt bzw. ausgestellt werden, sollen Begünstigungen geschaffen werden. Darüber hinaus sollen Redaktionsversehen behoben werden und Klarstellungen erfolgen.

Aufgrund der Erweiterung des Abzugsteuermodells des § 107 EStG 1988 soll eine entsprechende Anpassung der Gebührenbefreiung erfolgen.

Darüber hinaus sollen Redaktionsversehen behoben werden und Klarstellungen erfolgen.

Zur Bundesabgabenordnung:

Mit den vorgeschlagenen Bestimmungen sollen technische Anpassungen von verfahrensrechtlichen Bestimmungen erfolgen.

Ein im Zuge der Debatte im Ausschuss des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungs­antrag wurde wie folgt begründet:

Zu I. (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu Z 1 (§ 4a Abs. 7 Z 5a):

Es soll ein Redaktionsversehen beseitigt werden. Die ertragsteuerliche Begleitbestimmung zur Umsatzsteuerbefreiung für Lebensmittelspenden soll an den Wortlaut des § 6 Abs. 1 Z 5a UStG 1994 angepasst und um nichtalkoholische Getränke erweitert werden.

Zu Z 2, 3, 4 und 6 (§ 39 Abs. 1 und 5, § 41 Abs. 3, § 102 Abs. 1 und § 124b Z 459):

Der Veranlagungsfreibetrag ist nach derzeitiger Rechtslage zu berücksichtigen, wenn im Einkommen lohnsteuerpflichtige Einkünfte enthalten sind. Arbeitnehmer, deren nichtselbständige Einkünfte keinem Lohnsteuerabzug unterliegen, weil der Arbeitgeber nicht zum Lohnsteuerabzug verpflichtet ist, sind von der Begünstigung ausgeschlossen. Das trifft insbesondere auf Arbeitnehmer zu, die bei einem Arbeitgeber ohne inländische Betriebsstätte beschäftigt sind.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts (BFG 11.3.2024, RV/6100067/2023) steht die Bindung der Begünstigung an das Vorhandensein lohnsteuerpflichtiger Einkünfte mit dem Gemeinschaftsrecht nicht in Einklang. Die Einschränkung des Veranlagungsfreibetrages auf Personen, die lohnsteuerpflichtige Einkünfte – und somit solche von einem Arbeitgeber mit Betriebsstätte im Inland – beziehen, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts geeignet, in Österreich ansässige Arbeitnehmer davon abzuhalten, einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union nachzugehen und steht in Widerspruch zur Arbeitnehmerfreizügigkeit gemäß Art. 45 AEUV. Auf Grund des Anwendungsvorranges des Gemeinschaftsrechts steht der Veranlagungsfreibetrag nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts auch Steuerpflichtigen zu, deren Einkünfte lohnsteuerpflichtige Einkünfte darstellen würden, wenn der Arbeitgeber eine Betriebsstätte im Inland hätte.

Mit der Neuregelung soll die Rechtslage zum Veranlagungsfreibetrag im EStG gemeinschafts­rechts­konform abgebildet werden. Der Veranlagungsfreibetrag soll immer dann zustehen, wenn nichtselb­ständige Einkünfte veranlagt werden, unabhängig davon, ob sie einer Lohnsteuerabzugspflicht unter­liegen oder nicht. Der Freibetrag steht damit auch Arbeitnehmern zu, die in Österreich ansässig sind, aber im Ausland ihren Arbeitsort haben und sich in der Regel an jedem Arbeitstag von ihrem Wohnort dorthin begeben (Grenzgänger) oder in Österreich bei völkerrechtlich privilegierten Arbeitgebern beschäftigt sind, was zB auf in Österreich steuerpflichtige Angestellte von Botschaften zutrifft. Im Interesse der sachlich gebotenen Gleichbehandlung werden damit sämtliche Fälle, in denen nichtselbständige Einkünfte keinem Lohnsteuerabzug unterliegen, gleich behandelt.

Die Neuregelung zum Veranlagungsfreibetrag soll in § 39 erfolgen, da § 41, der die Veranlagung lohnsteuerpflichtiger Einkünfte regelt, dafür nicht mehr in Betracht kommt. In Abs. 1 soll nach dem bisherigen letzten Satz die Anwendbarkeit des Veranlagungsfreibetrages angesprochen werden, der in Abs. 5 im Detail geregelt werden soll. Dort soll die bisher in § 41 Abs. 3 enthaltene Regelung übernommen werden. Statt auf „lohnsteuerpflichtige Einkünfte“ soll auf „Einkünfte aus nichtselb­ständiger Arbeit“ Bezug genommen werden, ansonsten soll die Regelung unverändert bleiben.

Da der bisher in § 41 Abs. 3 geregelte Veranlagungsfreibetrag auch in § 102 Abs. 1 Z 2 lit. b ange­sprochen wird, soll diese Regelung korrespondierend angepasst werden.

Die gemeinschaftsrechtskonforme Neuregelung soll mit dem Tag nach der Kundmachung im BGBl. in Kraft treten und auf alle offenen Verfahren anzuwenden sein.

Zu Z 5 (§ 124b Z 454):

Da die Umsatzsteuerbefreiung für Spenden von in Anlage 1 zum UStG 1994 genannten Lebensmitteln sowie von nichtalkoholischen Getränken gemäß § 6 Abs. 1 Z 5a UStG 1994 an spendenbegünstigte Einrichtungen, die mildtätige Zwecke verfolgen, auf 1. August 2024 vorgezogen werden soll, erfolgt eine Anpassung in der ertragsteuerlichen Inkrafttretensbestimmung.

Zu II. (Änderung des Umsatzsteuergesetzes 1994):

Zu § 28 Abs. 64:

Um Lebensmittelspenden schon früher zu erleichtern, soll die Umsatzsteuerbefreiung für Spenden von in Anlage 1 zum UStG 1994 genannten Lebensmitteln sowie von nichtalkoholischen Getränken gemäß § 6 Abs. 1 Z 5a UStG 1994 an spendenbegünstigte Einrichtungen, die mildtätige Zwecke verfolgen, auf 1. August 2024 vorgezogen werden.“

Ein im Zuge der Debatte im Plenum des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungs­antrag wurde wie folgt begründet:

Zu Artikel 1 (Änderung des Einkommensteuergesetzes 1988):

Zu Z 1 und 5 (§ 3 Abs. 1 Z 42 lit. a und § 124b Z 454):

Das (große und kleine) Freiwilligenpauschale soll auch für Tätigkeiten für gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften zustehen. Umfasst sind nach der Verwaltungspraxis (KStR 2013 Rz 46) auch alle von gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften nach ihrem Recht mit Wirksamkeit für den staatlichen Bereich errichtete und mit Rechtspersönlichkeit ausgestattete juristische Personen, damit ua alle Einrichtungen, denen die Stellung einer Körperschaft öffentlichen Rechts zukommt. Betriebe gewerblicher Art dieser Körperschaften sind nach den bisher schon geltenden Regeln erfasst.

Zu Z 2 (§ 39 Abs. 5):

Der Veranlagungsfreibetrag soll immer dann zustehen, wenn sowohl nichtselbständige Einkünfte bezogen wurden als auch solche, die keinem Lohnsteuerabzug unterliegen. Dadurch soll sichergestellt werden, dass einerseits nicht nur Steuerpflichtigen mit inländischen nichtselbständigen Einkünften der Veran­lagungsfreibetrag zusteht (was europarechtlich geboten ist), sondern andererseits auch Personen, deren nicht lohnsteuerpflichtige Einkünfte zur Gänze aus nichtselbständiger Arbeit stammen.

Das heißt, sowohl bei Personen, die im Ausland einer nichtselbständigen Tätigkeit ohne Lohnsteuerabzug nachgehen und in Österreich Einkünfte aus z.B. selbständiger Arbeit erzielen als auch bei Steuer­pflichtigen, die bspw. eine inländische und eine ausländische Pension ohne inländischen Lohnsteuerabzug beziehen, soll ein Veranlagungsfreibetrag berücksichtigt werden können.

Zu Z 3 (§ 124b Z 447):

Das Kriterium, dass eine steuerfreie Mitarbeiterprämie eine zusätzliche Zahlung darstellen muss, die bisher nicht gewährt wurde, hat zahlreiche Abgrenzungsfragen nach sich gezogen und daher die Kollektivvertragsparteien in ihren Gestaltungsmöglichkeiten eingeschränkt. Daher sollen Zulagen und Bonuszahlungen, die im Kalenderjahr 2024 gewährt werden, auch dann steuerfrei bleiben, wenn diese eine für 2024 vereinbarte niedrigere Lohnerhöhung ersetzen, auch wenn die Zulage für die Berechnung der zukünftigen kollektivvertraglichen Mindestgehälter herangezogen wird. Die weiteren Voraus­setzungen sollen unverändert aufrecht bleiben.

Diese Änderung soll für alle Zulagen und Bonuszahlungen im Kalenderjahr 2024 gelten, auch wenn sie bereits geleistet wurden.

Zu Z 4 (Novellierungsanordnung zu§ 124b):

Durch die Neunummerierung der Ziffern in § 124b ist auch die Anpassung der Novellierungsanordnung (Einleitungssatz) erforderlich.“

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Juli 2024 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Ernest Schwindsackl.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, F, G, dagegen: S).

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Ernest Schwindsackl gewählt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2024 07 09

                            Ernest Schwindsackl                                                      Mag. Sascha Obrecht

                                  Berichterstattung                                                                      Vorsitzender