11575 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die gehobenen medizinisch-therapeutisch-diagnostischen Gesundheitsberufe (MTD-Gesetz 2024 – MTDG) erlassen wird und das Rezeptpflicht­gesetz, das Apothekengesetz und das Medizinische Assistenzberufe-Gesetz geändert werden

Die Abgeordneten Dr. Josef Smolle, Ralph Schallmeiner, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 12. Juni 2024 im Nationalrat eingebracht und – auszugsweise – wie folgt begründet:

„Das Regierungsprogramm der derzeitigen Bundesregierung (2020-2024) sieht in dem Kapitel Gesundheit u.a. die Attraktivierung der im Gesundheitsbereich tätigen Berufsgruppen vor, weiters die Stärkung und Aufwertung der nichtärztlichen Gesundheitsberufe wie auch unter Bezugnahme auf diese Zielsetzung die Erweiterung der Kompetenzen und Ermöglichung von effizienten wie auch qualitäts­gesicherten Versorgungsabläufen.

Das Berufsrecht der Angehörigen der MTD-Berufe, der gehobenen medizinisch-technischen Dienste, das sind der physiotherapeutische Dienst (Physiotherapeut:innen), der medizinisch-technische Laboratoriums­dienst (Biomedizinische Analytiker:innen), der radiologisch-technische Dienst (Radiologietechno­log:innen), der Diätdienst und ernährungsmedizinische Beratungsdienst (Diätolog:innen), der ergothera­peutische Dienst (Ergotherapeut:innen), der logopädisch-phoniatrisch-audiologische Dienst (Logo­päd:innen) und der orthoptische Dienst (Orthoptist:innen), stammt in der Stammfassung aus dem Jahr 1992 (BGBl. Nr. 460).

Seit 1992 erfolgten die MTD-Ausbildungen einheitlich als dreijährige postsekundäre Ausbildung an MTD-Akademien, die als Ausbildungen sui generis bezeichnet wurden, da sie trotz der grundsätzlichen Zugangsvoraussetzung Reifeprüfung im österreichischen Bildungs- und Hochschulbereich wie auch international schwer zuordenbar waren. Eine für die Berufsentwicklung entscheidende Ausbildungs­reform erfolgte 2005 mit der Eröffnung der Möglichkeit, MTD-Ausbildungen als Fachhochschul-Bachelorausbildungen durchführen zu können. Zielsetzung war die gesamte Überführung der MTD-Ausbildungen in den Fachhochschulbereich und damit die Einordnung der MTD-Ausbildungen in den Hochschulsektor entsprechend der Bologna-Architektur. Dieser Prozess der Überführung konnte rasch abgeschlossen werden. Die den MTD-Fachhochschulausbildungen zugrundeliegende FH-MTD-Ausbildungsverordnung, BGBl. II Nr. 2/2006, enthält u.a. die im Rahmen der Ausbildung zu vermittelnden fachlich-methodischen Kompetenzen für jeden einzelnen MTD-Beruf, die auf Grundlage der im MTD-Gesetz festgelegten MTD-Berufsbilder entsprechend der beruflichen Praxis festgelegt worden sind. Die in dieser Verordnung festgelegten Kompetenzprofile sind die Grundlage für die Gestaltung der FH-Bachelorstudiengänge österreichweit und stellen eine einheitliche Handlungs­kompetenz der Absolventinnen und Absolventen sicher.

Mit der erfolgten berufs- und ausbildungsrechtlichen Weiterentwicklung der MTD-Berufe entstand in den letzten Jahren zunehmend insbesondere seitens der Angehörigen der MTD-Berufe und ihrer Vertretungen das Bestreben, das MTD-Gesetz in seiner Gesamtheit zu aktualisieren und einer Reform zu unterziehen.

Insbesondere sollen die im Gesundheitswesen etablierten MTD-Berufsgruppen hinsichtlich ihrer Berufsbilder und Einsatzbereiche den an sie in der Praxis gestellten Anforderungen entsprechend zeitgemäß gestaltet werden. Die nicht zuletzt durch die Ausbildungsreform stattgefundene weitere Professionalisierung der MTD-Berufe soll in den neuen Regelungen ihren Niederschlag finden und es sollten, auch im Sinne der Bologna-Architektur der FH-Ausbildungen, durch die Reform Höher­quali­fizierungsmöglichkeiten im tertiären Bereich eröffnet werden.

Eine wesentliche Zielsetzung der Reform ist somit ein dynamisch gestaltetes neues Berufsgesetz, das fachliche Weiterentwicklungen in den MTD-Berufen impliziert und ermöglicht. Dies betrifft vor allem die Gestaltung der Berufsbilder und Kompetenzbereiche, die den Rahmen der beruflichen Tätigkeit abbilden. Detaillierte und kasuistische Festlegungen in den Regelungen sollen vermieden werden, um die Notwendigkeit regelmäßiger Nachjustierungen hintanzuhalten. Bei der Gestaltung dieser Regelungen kommt selbstredend dem Patientenschutz und der Qualitätssicherung eine wichtige Bedeutung zu. Dies betrifft auch die Regelungen hinsichtlich der Höherqualifizierung.

Die MTD-Reform soll weiters auch der Stärkung des Teamgedankens und der interdisziplinären und interprofessionellen Zusammenarbeit entsprechend Rechnung tragen. Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe soll zwischen allen in den jeweiligen Fachbereichen tätigen Berufsgruppen im Gesundheitswesen gestärkt werden. Dies bedingt eine Modernisierung der Zusammenarbeits- bzw. Anordnungsregelungen für die Angehörigen MTD-Berufe, die sich ausschließlich an fachlichen Anforderungen orientiert, um in der Folge die oft kritisierten bürokratische Hürden in der Versorgungs­landschaft zu vermeiden.

Die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) wurde im Jahr 2021 vom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz beauftragt, bei der Modernisierung der Berufsbilder für die sieben Berufsgruppen der gehobenen medizinisch-technischen Dienste (Biomedizinische Analytik, Diätologie, Ergotherapie, Logopädie, Orthoptik, Physiotherapie, Radiologietechnologie) mitzuwirken. In einem ersten Schritt erfolgten im Jahr 2021 eine Systematisierung und Harmonisierung der fachlichen Vorarbeiten des Gesundheitsressorts sowie Vorbereitungen für einen strukturierten Prozess mit Stakeholder:innen. Ergänzend führte die GÖG im Auftrag des BMSGPK eine breit angelegte öffentliche Konsultation zur Identifikation weiterer wesentlicher Anpassungserfordernisse der berufsrechtlichen Grundlagen der MTD-Berufe durch.

In der Folge fanden in der GÖG mit den wesentlichen Stakeholdern (MTD-Berufsvertretungen, Österreichische Ärztekammer, ärztliche Fachgesellschaften, Patient:innenvertretung, Vertreter:innen des Gesundheitsressorts, Dachverbandes der Sozialversicherungsträger) Arbeitsgruppen für alle sieben MTD-Berufe zum Berufsbild und Kompetenzbereich statt.

Die Ergebnisse dieser fachlichen Arbeiten bilden die Grundlage für den vorliegenden Entwurf eines neuen MTD-Gesetzes.

Schwerpunkte der Reform sind:

-       Die im MTD-Gesetz festgelegten MTD-Berufsbilder werden aktualisiert und praxisadäquater gestaltet. Die Rahmenbedingungen für die interdisziplinäre und interprofessionelle Zusammenarbeit (insbesondere mit Ärztinnen und Ärzten wie auch weiteren Gesundheitsberufen) werden versorgungswirksam verbessert.

-       Der Bereich der Berufspflichten wird ebenfalls einer Aktualisierung, orientierend an bereits in anderen Berufsgesetzen von Gesundheitsberufen stattgefundenen Entwicklungen, unterzogen (z. B. Online-Behandlungen und -Beratungen, Berufshaftpflichtversicherung). Regelungen des bisherigen Berufsrechts, die sich bewährt haben, werden ins neue Berufsrecht überführt. Dies betrifft insbesondere die Abschnitte „Berufsberechtigung und Berufsausübung“ sowie „Berufspflichten der Angehörigen der MTD-Berufe“.

-       Der Einbindung der MTD-Ausbildungen in den FH-Bereich folgt in einem weiteren Schritt die Überführung der Spezialisierungen (Sonderausbildungen) in den tertiären Bereich entsprechend der Bologna-Studienarchitektur. Aus berufs- und ausbildungsrechtlicher Sicht sollen hiefür grundlegende rechtliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die akademische Ausbildungs­abschlüsse entsprechend den hochschulrechtlichen Möglichkeiten für den Bereich der Spezia­lisierungen vorsehen.

-       Die Regelungen sollen die Versorgung der Patientinnen und Patienten mit MTD-Leistungen verbessern und den Stellenwert der Angehörigen der MTD-Berufe ihrer Qualifikation entsprechend im Gesundheitswesen aufwerten. Insgesamt soll die Neuerlassung des MTD-Gesetzes mehr Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die MTD-Berufsangehörigen schaffen.

Mit der vorliegenden Novelle zum MABG werden die Berufsausübungsregelungen für Trainings­thera­peut:innen aktualisiert und der Zugang zur freiberuflichen Berufsausübung geschaffen.

Die Normierung der Freiberuflichkeit bedingt auch eine Ausweitung der Berufspflichten, diese sind jenen der MTD-Berufe nachgebildet.

Verhältnismäßigkeitsprüfung:

Durch die Reform des MTD-Berufsrechts werden neue bzw. aktualisierte Berufsreglementierungen normiert, die auf Grund des Verhältnismäßigkeitsprüfungs-Gesetzes, BGBl. I Nr. 67/2021, in Umsetzung der Richtlinie (EU) 2018/958, die Durchführung einer Verhältnismäßigkeitsprüfung erfordern. Diese ist im Anhang zu den Erläuterungen angefügt.

Durch die vorgeschlagenen Regelungen für Trainingstherapeut:innen im MABG wird der Zugang zur und die Ausübung der Trainingstherapie gegenüber den bestehenden Regelungen nicht beschränkt, sondern im Sinne der angestrebten freiberuflichen Berufsausübung berufsrechtliche Schranken abgebaut.“

 

Ein im Zuge der Debatte im Nationalrat eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag war wie folgt begründet:

„In § 2 Abs. 4 wird das Verhältnis zu den gewerberechtlichen Vorschriften klargestellt. Damit sollen die unterschiedlichen Rechtsvorschriften zwischen den freiberuflichen Gesundheitsberufen und gesundheitsbezogenen reglementierten Gewerben gemäß § 94 GewO (z.B. Bandagist:innen, Orthopädietechniker:innen, Orthopädieschuhmacher:innen) voneinander abgegrenzt werden. Die Abgrenzung der Kompetenzen der einschlägigen reglementierten Gewerbe bzw. Handwerke zu den Kompetenzen der Angehörigen der MTD-Berufe ergibt sich aus der für die fachgerechte Durchführung der jeweiligen Tätigkeit erforderlichen berufsspezifischen Qualifikationen im Zusammenhang mit der jeweiligen zugrundeliegenden Ausbildung.

Im Hinblick auf die Abgrenzung der Physiotherapie bzw. der Ergotherapie insbesondere zum gewerblichen Beruf des Orthopädietechnikers / der Orthopädietechnikerin wird in § 10 Abs. 2 Z 5 und § 19 Abs. 2 Z 5 klargestellt, dass vom Berufsbild des Ergotherapeuten / der Ergotherapeutin bzw. des Physiotherapeuten / der Physiotherapeutin - wie bereits bisher schon - die im Rahmen des ergotherapeutischen bzw. physiotherapeutischen Prozesses notwendigen Tätigkeiten ausschließlich zur Erreichung der festgelegten funktionellen Ziele der ergotherapeutischen bzw. physiotherapeutischen Maßnahmen dienen. Unberührt davon bleibt die Tätigkeit des Orthopädietechnikers / der Orthopädietechnikerin.

Die Regelungen sind selbstredend im Sinne der Interdisziplinarität und der interprofessionellen Zusammenarbeit zwischen Physiotherapeut:innen bzw. Ergotherapeut:innen, Ärzt:innen und insbesondere Orthopädietechniker:innen zu sehen.

Auch für die Abgabe von durch diplomierte Gesundheits- und Krankenpfleger: innen (weiter)verordneten Arzneimitteln in der Apotheke wird im Rezeptpflichtgesetz eine entsprechende Änderung umgesetzt.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Juli 2024 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Claudia Hauschildt-Buschberger gewählt.

Der Gesundheitsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2024 07 09

                Claudia Hauschildt-Buschberger                                              Christoph Steiner

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender