11586 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verkehr

über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Eisenbahngesetz 1957 geändert wird

Im Jahr 2023 fanden mehrere Arbeitsgruppensitzungen im Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie statt, bei denen anhand von diversen Gesetzes­textentwürfen für notwendig oder zweckmäßig erachtete Änderungen des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG) fachlich diskutiert wurden. An diesen Arbeitsgruppensitzungen nahmen Vertreter und Ver­treterinnen des vorangeführten Bundesministeriums, der Bundesländer, der Sozialpartner, des Öster­reichischen Gemeindebundes, der Schienen-Control GmbH, des Verbandes der Bahnindustrie und einiger Eisenbahnunternehmen teil.

Ausgehend von dem Ergebnis dieser Arbeitsgruppensitzungen und aufgrund eines Vertrags­verletzungsverfahrens und eines EU-Pilotverfahrens sind folgende Änderungen des Eisenbahn­gesetzes 1957 schwerpunktmäßig vorgesehen:

-       Konkretisierungen zum Stand der Technik;

-       Konzentration der Zuständigkeit für Konzessionsangelegenheiten für den Bau und Betrieb von bundesländerüberschreitenden Straßenbahnen bei dem sachlich zuständigen Landeshauptmann jenes Bundeslandes, in dem der Sitz des Straßenbahnunternehmens ist;

-       Konzentration der Zuständigkeit für Angelegenheiten der Bauartgenehmigung für auf bundes­länderüberschreitenden Straßenbahnen einzusetzenden Schienenfahrzeugen und für Angelegenheiten der Bauartgenehmigung für eisenbahnsicherungstechnische Einrichtungen bei demjenigen sachlich zuständigen Landeshauptmann jenes Bundeslandes, in dem der Sitz des (antragstellenden) Herstellers solcher Schienenfahrzeuge und der eisenbahnsicherungstechnischen Einrichtungen liegt;

-       Entfall der Prüfung der Konzessionsvoraussetzungen im Falle des Erwerbes einer öffentlichen Eisenbahn;

-       Zuerkennung der dinglichen Wirkung des Bescheides, mit dem die Genehmigung zum Bau und zum Betrieb von sowie zur Erbringung von Eisenbahnverkehrsdiensten auf nicht-öffentlichen Eisenbahnen erteilt wird;

-       Etablierung eines Anschlussbahnverzeichnisses;

-       Erweiterung des Kreises derjenigen, die zur Durchführung von Prüfungen nach § 19a EisbG berechtigt sind, auf Anstalten des Bundes oder Bundesländer, auf benannte Stellen und auf Personen, die zur Erstattung von Gutachten im Allgemeinen beeidet sind;

-       Entfall der Verpflichtung zur Bestellung eines Betriebsleiters für solche Eisenbahnunternehmen, die ein dem EisbG entsprechendes Sicherheitsmanagementsystem eingeführt haben;

-       Neufestlegung der Zuständigkeit für die Durchführung des Auflassungsverfahrens für Eisenbahnen und der Verfahren nach den §§ 40a Abs. 3, 44 sowie 45 in der Form, dass die Durchführung dieser Verfahren nunmehr der für die Eisenbahn zuständigen Behörde obliegt;

-       Keine ergänzende Bauartgenehmigung für Fahrten bauartgenehmigter Schienenfahrzeuge für Anschlussbahnen zur Wagenübernahme und -übergabestelle, die sich auf einer anderen Eisenbahn befindet;

-       Einführung von neuen Regelungen über die Erteilung der Bauartgenehmigung für gebrauchte inländische Schienenfahrzeuge, die auf anderen als in der bisherigen Bauartgenehmigung angeführten Eisenbahnen eingesetzt werden sollen;

-       Aufhebung der zwingenden Befassung der Sachverständigenkommission im Verfahren über die Aufteilung der Kosten zwischen Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast, die infolge einer baulichen Umgestaltung der Verkehrswege im Bereich einer Eisenbahnkreuzung oder infolge einer Auflassung oder Sicherung eines schienengleichen Eisenbahnüberganges entstanden sind;

-       Zulässigkeit der automationsunterstützenden Feststellung der Missachtung des Vorschriftszeichens „Halt“ im Bereich schienengleicher Eisenbahnübergänge mittels bildverarbeitender Einrichtungen;

-       Einschränkung der auf mehrere Eisenbahninfrastrukturunternehmen übertragbaren Funktionen auf die Funktionen „Zuweisungsstelle“, „entgelterhebende Stelle“ und „Verkehrsmanagement“;

-       Reduzierung des Kataloges der auf österreichische Eisenbahninfrastruktur Zugangsberechtigten um Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz in der Schweizerischen Eidgenossenschaft;

-       Ausdrückliche Festlegung, dass das geographische Tätigkeitsgebiet auch dann in Österreich liegt, wenn von Österreich aus bis zu Grenzbahnhöfen benachbarter Staaten gefahren werden soll;

-       Erweiterung der Straftatbestände.

Mit der vorliegenden Anpassung des Eisenbahngesetzes sollen darüber hinaus zwei Ziele erreicht werden:

Erstens soll im Fall von hoher Auslastung der Eisenbahninfrastruktur schneller und gezielter gehandelt werden können um die Auswirkungen auf Bevölkerung und Wirtschaft so gering wie möglich zu halten und auch weiterhin qualitative und verlässliche Schienenverkehre zur Verfügung stellen zu können. Dieser Handlungsbedarf ergibt sich u.a. mit hoher Dringlichkeit aufgrund von erwartbaren mehr­monatigen Streckensperren, die vom deutschen Eisenbahninfrastrukturbetreiber (DB InfraGO) für die Jahre 2026 und 2027 abwechselnd für die aus österreichischer Sicht höchst kritischen Streckenabschnitte Passau – Obertraubling und Regensburg – Nürnberg sowie Freilassing – Rosenheim und Rosenheim – München angekündigt wurden. Diese im Ausland gelegenen und von Österreich nicht unmittelbar beeinflussbaren Streckensperren bewirken, dass innerhalb des österreichischen Streckennetzes die zu den jeweils benachbarten Grenzübergängen führenden Strecken hoch ausgelastet sein werden, während Kapazität der Strecken zu und von den von der jeweiligen Sperre betroffenen Grenzübergängen nicht genutzt werden können.

Zweitens sollen die Anschlüsse in Knotenbahnhöfen, auf die der Ausbau der Eisenbahninfrastruktur über Jahrzehnte konzipiert wurde (integraler Taktfahrplan), zuverlässiger im jeweiligen Jahresfahrplan umgesetzt werden, auch wenn die für die Anschlüsse erforderlichen Fahrplantrassen von Trassen­konflikten betroffen sind (Unvereinbarkeiten zwischen verschiedenen Begehren von Fahrwegkapazitätsberechtigten auf Zuweisung von Fahrwegkapazitäten). Bereits vorhandene Regelungen zum Schutz des integralen Taktfahrplans (§ 55a (2), § 63 (2), § 65c (3) Z 1)) haben sich in der Vergangenheit als weitgehend unwirksam erwiesen. Eine wirksamere Absicherung des integralen Taktfahrplans im Trassenzuweisungsprozess ist von besonderer Dringlichkeit, weil mit dem fort Ausbau der Südachse (Inbetriebnahme der Koralmbahn mit Dezember 2025 und Semmeringbasistunnel voraussichtlich mit Dezember 2030) auch diese Route für den Markteintritt weiterer Eisen­bahn­verkehrsunternehmen interessant wird („Open Access“-Verkehre ohne gemeinwirtschaftliche Beauftragung). Nachdem die Südachse im Gegensatz zur Westachse weiterhin überwiegend zweigleisig bleibt, ist hier mit wesentlich gravierenderen Trassenkonflikten zu rechnen als entlang der Westachse, wo bisher nur vereinzelt Anschlussverbindungen aufgrund von Trassenkonflikten verloren gegangen sind. Ohne eine entsprechende Regelung, die den Markteintritt weiterer Eisenbahnverkehrsunternehmen ermöglicht, aber soweit strukturierend eingreift, dass die systematischen Anschlüsse des integralen Taktfahrplans gewahrt bleiben, besteht die Gefahr, dass die großen Investitionen in die Eisenbahn­infrastruktur der Südstrecke nicht ihren vollen Nutzen entfalten, insbesondere für die Städte und Regionen an den Seitenstrecken.

Ein im Zuge der Debatte im Plenum des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

„Auch wenn mit der Neufassung der Novellierungsanordnung nach dem Begutachtungsverfahren die Bedenken der Gemeinden zu der konkreten Regelung ausgeräumt werden konnten, sehen diese in der Frage der Kostenteilung grundsätzlichen Diskussionsbedarf. Im Sinne einer umfassenden Behandlung dieser Frage erscheint es daher zielführend von einer Änderung dieser Bestimmung in Ziffer 35 Abstand zu nehmen und in vertiefende fachliche Gespräche einzutreten.“

Der Ausschuss für Verkehr hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Juli 2024 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Barbara Prügl.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross und Mag. Claudia Arpa.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Barbara Prügl gewählt.

Der Ausschuss für Verkehr stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2024 07 09

                                  Barbara Prügl                                                          Dipl.-Ing. Dr. Adi Gross

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender