11600 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Ausschusses für innere Angelegenheiten
über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2024 betreffend ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und Georgien über die gegenseitige Hilfeleistung bei Naturkatastrophen oder technischen Katastrophen und die Zusammenarbeit bei deren Prävention
Österreich hat mit allen Nachbarländern (mit Ausnahme von Italien) sowie mit einer Reihe anderer Staaten (Albanien, Jordanien, Kroatien, Marokko, Moldau, Russische Föderation) Katastrophenhilfeabkommen abgeschlossen. Diese Abkommen bewähren sich sehr gut, da sie eine Rechtsgrundlage für die rasche und unbürokratische Hilfeleistung im Katastrophenfall bieten. Daher liegt der Abschluss eines derartigen Abkommens auch mit Georgien als einem wichtigen Partner Österreichs in der internationalen Zusammenarbeit im Interesse Österreichs.
Am 26. April 2016 erteilte der Ministerrat seine Zustimmung zur Aufnahme der Verhandlungen mit Georgien (sh. Pkt. 10 des Beschl.Prot. Nr. 99). Nach mehrmaliger Korrespondenz auf schriftlichem Weg konnte im Jänner 2020 Einigung über den Abkommenstext erzielt werden und dieser bei einem letzten Sprachabgleich im September 2020 finalisiert werden.
Das Abkommen regelt die Zusammenarbeit der Vertragsparteien zur Vorbeugung möglicher und zur Bekämpfung eingetretener Katastrophen, insbesondere durch die Festlegung der Ansprechstellen, die Erleichterung des Grenzübertritts von Personen im Dienste der Katastrophenbekämpfung und der Ein- und Ausfuhr von Hilfsgütern und Ausrüstungsgegenständen, die Regelung von Schadensfällen, den grundsätzlichen Verzicht auf gegenseitige Kostenerstattung sowie die Verstärkung des einschlägigen wissenschaftlich-technischen Informationsaustausches und die Durchführung gemeinsamer Übungen zur Vorbereitung auf den Ernstfall.
Die aus der Durchführung des Abkommens entstehenden Kosten lassen sich in Hinblick auf die Nichtvorhersehbarkeit des Eintritts einer Katastrophe und des damit verbundenen Schadensausmaßes nicht beziffern. Soweit solche Kosten dennoch anfallen, sind sie aus dem veranschlagten Budget des jeweils zuständigen Ressorts zu bedecken.
Das Abkommen hat folgende Regelungsschwerpunkte:
– Festlegung von zuständigen Behörden für die Stellung und die Entgegennahme von Hilfeersuchen,
– Festlegung von Art und Umfang der Hilfeleistung im Einzelfall,
– Erleichterung des Grenzübertritts für die bei Hilfeleistungen notwendigen Ausrüstungsgegenstände und Hilfsgüter,
– Einsatz von Luftfahrzeugen für Hilfseinsätze,
– Koordination und Gesamtleitung der Rettungs- und Hilfsmaßnahmen durch die Behörden der hilfeersuchenden Vertragspartei,
– Regelung der Einsatzkosten,
– Regelung des Schadenersatzes und der Entschädigung,
– Notwendige Maßnahmen durch die zuständigen Behörden zur Gewährleistung sicherer Fernmeldeverbindungen zu den Hilfsmannschaften am Einsatzort,
– demonstrative Aufzählung von weiteren Formen der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit (etwa im Bereich des Experten- und Informationsaustausches).
Das Abkommen normiert zunächst, dass die Hilfeleistung bzw. Einsätze im Falle einer Naturkatastrophe oder technischen Katastrophe seitens österreichischer Kräfte grundsätzlich freiwillig erfolgen (Art. 1). Es steht somit jedem innerstaatlich zuständigen Rechtsträger, der über zur Hilfeleistung im konkreten Fall geeignete Personal- und Sachressourcen verfügt, frei, seine Hilfskräfte auf Ersuchen des Bundesministers für Inneres zur Durchführung der Hilfsaktionen im Ausland zur Verfügung zu stellen. Der Bundesminister für Inneres wird daher einem Hilfeersuchen Georgiens nur dann entsprechen können, wenn seitens der maßgeblichen Trägerorganisationen (z.B. Feuerwehren und deren Verbände, Österreichisches Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariterbund, Rettungsflugorganisationen) und der hiefür politisch und rechtlich Verantwortlichen die Bereitschaft zur Erbringung von Hilfeleistungen besteht.
Zweck des Abkommens ist es, rasch und unbürokratisch Hilfeleistungen zu ermöglichen; dieses Prinzip gilt auch für den Bereich des Ausgleiches für während der Einsätze rechtmäßig oder rechtswidrig zugefügte Schäden (Art. 10). Einsätze im Partnerstaat sollen nicht durch langwierige gegenseitige Abrechnungen nach ihrem Abschluss erschwert werden. Hingegen sollen die freiwilligen Helfer, die für den anderen Staat und dessen Angehörige beträchtliches Risiko an Leib, Leben, Gesundheit und Arbeitsfähigkeit auf sich nehmen, vor Ansprüchen der hilfeersuchenden Vertragspartei wie auch solchen Dritter geschützt werden (Art. 10 Abs. 1 bis 4).
Das Abkommen geht davon aus, dass die Hilfeleistung kostenlos erfolgt. Ausgangspunkt für die Beurteilung der innerstaatlichen Kostenfrage ist die Tatsache, dass die Hilfeleistungen bzw. Einsätze seitens österreichischer Kräfte grundsätzlich freiwillig erfolgen (Art. 1). Dies gilt sowohl für die Zusage von Hilfeleistungen durch die zuständigen österreichischen Behörden gegenüber Georgien als auch für die Bereitschaft österreichischer Stellen, an einem Hilfseinsatz in Georgien mitzuwirken.
Für österreichische staatliche Stellen besteht somit keine rechtliche Möglichkeit, unmittelbar auf Grund dieses Vertrages andere Rechtsträger zur Teilnahme an Hilfseinsätzen zu verpflichten; dies gilt insbesondere für die Beziehungen des Bundes zu den Ländern. Eine unmittelbare Entsendung von Hilfskräften durch den Bundesminister für Inneres ist nur in jenen Fällen möglich, in denen die entsendende Behörde auf Grund österreichischer Rechtsvorschriften über eigene Hilfskräfte verfügt. Die Zusage von Hilfeleistungen im konkreten Anlassfall setzt voraus, dass die Tragung der mit dem Hilfseinsatz verbundenen Kosten jeweils im Vorhinein geklärt wird.
Für die Tragung der Kosten der auf österreichischem Staatsgebiet von georgischen Organisationen erbrachten Hilfseinsätze gilt der Kostentragungsgrundsatz gemäß § 2 F-VG 1948. Dies bedeutet im gegebenen Zusammenhang, dass die auf Grund dieses Vertrages den Körperschaften erwachsenden Kosten für die Leistung von Entschädigungen oder Ersätzen sowie die Kosten bestimmter Unterstützungsleistungen (etwa gemäß Art. 9) von jener Gebietskörperschaft zu tragen sind, deren Vollziehungsbereich die jeweils konkret gesetzte Maßnahme zur Bekämpfung der Katastrophe im Einzelfall zuzuordnen ist.
Bei konkreten Rettungs- und Hilfsmaßnahmen, die wegen ihres freiwilligen Charakters jeweils auf Grund einer ihr vorausgehenden ausdrücklichen politischen Entscheidung der in Art. 3 Abs. 1 genannten zuständigen Behörden erfolgen, ist in jedem Fall mit Kosten zu rechnen, deren Höhe nach den zugrunde gelegten Szenarien variiert; in der hier erforderlichen politischen Entscheidung werden sich die zuständigen Behörden demgemäß – wie bereits erwähnt – auch mit der Frage der Aufbringung der notwendigen finanziellen Mittel auseinander setzen müssen.
Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzesändernd bzw. gesetzesergänzend. Da auch Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, ist eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 2 B-VG erforderlich.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Juli 2024 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Markus Stotter, BA.
An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Mag. Claudia Arpa.
Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen,
1. gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Abs. 2 Ziffer 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Markus Stotter, BA gewählt.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag,
1. gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,
2. dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.
Wien, 2024 07 09
Markus Stotter, BA Mag. Harald Himmer
Berichterstatter Vorsitzender