11601 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Unterrichtsausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 3. Juli 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, Kollegs und Vorbereitungslehrgänge, das Bildungsdokumentationsgesetz 2020 und das Schulpflichtgesetz 1985 geändert werden
Die Abgeordneten Mag. Dr. Rudolf Taschner, Mag. Sibylle Hamann, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 13. Juni 2024 im Nationalrat eingebracht und – auszugsweise – wie folgt begründet:
„Hauptgesichtspunkte des Entwurfs
Mit dem vorliegenden Entwurf soll einer zentralen Forderung des Regierungsprogramms 2020-2024 nach einem zeitgemäßen Ausbau der digitalen staatlichen Verwaltung nachgekommen werden, bei der die Bürgerinnen und Bürgern im Mittelpunkt stehen. So werden Schulzeugnisse digitalisiert und auch über das Ende der Schulzeit hinaus den Bürgerinnen und Bürgern digital zur Verfügung stehen, sodass jederzeit das Zeugnis qualitativ hochwertig zur Verfügung steht. Außerdem wird der bewährte Pilot Digitaler Schülerausweis gesetzlich verankert.
Mit den vorgeschlagenen Regelungen sollen weiteres Datenverarbeitungen, die zu einem Großteil bereits schulrechtlich vorgesehen sind, in die gesamtstaatlich entwickelten E‑Governmentstandards und IT-Services gemäß E‑Government-Gesetz, eingebunden werden.
Die Änderungen dieses Gesetzes zielen auf eine zeitgemäße Verwaltung und Interaktion zwischen Schulen, Schülerinnen und Schülern und deren Erziehungsberechtigten ab. Sie sollen zu einer Reduktion des Aufwands an Schulen und für Bürgerinnen und Bürger führen und einen IKT-gestützten Unterricht fördern. Die Regelungen umfassen im Wesentlichen:
1. die Einführung der Amtssignatur gemäß § 19 des E‑Governmentgesetzes – E-GovG, BGBl. I Nr. 10/2004, für Ausfertigungen der Schule in ihrem hoheitlichen Bereich, zB Zeugnisse oder Entscheidungen, womit Zeugnisse auch jederzeit in Behördenqualität vorgelegt werden können ohne die Schule befassen zu müssen,
2. die Einführung des Angebotes der digitalen Schülerkarte „edu.digicard“ als elektronisches Zertifikat zum Nachweis der Schülereigenschaft,
3. die Einführung der Möglichkeit der elektronischen Zustellung über das Kommunikationssystem „Bildungsportal“,
4. die Ausweitung der Funktionalitäten des Datenverbunds der Schulen zur Umsetzung eines einfacheren und weniger fehleranfälligen Datenaustausches zwischen Schulen untereinander und Schulen und anderen öffentlichen Stellen,
5. die Verankerung des Bildungsstammportals, des Bildungsportals und des Bildungsportalverbundes auf gesetzlicher Ebene sowie
6. die Verankerung der nötigen Datenverarbeitungen für die Organisation und Durchführung der Sommerschule.
Zum Datenverbund der Schulen: Das Regierungsprogramm sieht unter dem Punkt „Österreichs Schulbildung digitalisieren“ die Entwicklung des Serviceportals „Digitale Schule“ vor. Dieses zentrale Bildungsportal soll mittels Single Sign-on eine vereinfachte Interaktion zwischen Lehrpersonen, Schülerinnen und Schülern sowie Erziehungsberechtigten ermöglichen und administrative und unterrichtsbezogene Abläufe vereinfachen. Wurden bisher etwa die Stammdaten der Schülerinnen und Schüler und deren Erziehungsberechtigten im Zuge der Schülerleinschreibung von der beigebrachten Meldebestätigung abgetippt, so sollen nunmehr die nötigen Daten aus dem Zentralen Melderegister (ZMR) und dem Stammzahlenregister an den Datenverbund der Schulen übermittelt werden, was den Schulen Aufwand spart und die sichere Übermittlung von korrekten Daten gewährleistet.
Auch hinsichtlich der erforderlichen Datensicherheit im technischen Sinn gemäß Art. 32 DSGVO ist erwiesenermaßen eine hochsichere Datenverarbeitung an einem geschützten Ort (BRZ-GmbH) deutlich besser als die lokale Datenhaltung an bis zu 6000 Schulstandorten. Wie die bisherigen Erfahrungen gezeigt haben, konnten einerseits alle bisherigen Einbruchsversuche (Hacking) in zentrale Datenbanken der BRZ-GmbH erfolgreich unterbunden werden. Andererseits waren in den letzten Jahren Einbruchsversuche (Ransomware attack, Erpressungstrojaner) in schulbetriebene Server vereinzelt erfolgreich. Diese wurden jeweils durch BMBWF, Schulerhalter und IT-Forensiker analysiert und es wurde empfohlen, standortbezogene Datenbanken in sichere Rechenzentren (BRZ-GmbH) zu überführen und ausschließlich webbasierte Zugriffe durch die einzelnen Dienststellen zuzulassen.
Zum Bildungsportal: Mit der Aufnahme der Regelung zum Bildungsstammportal, die bis dato in der IKT-Schulverordnung verortet war, in das Bildungsdokumentationsgesetz 2020 wird einer diesbezüglichen Anregung des Datenschutzrates entsprochen. Sobald die Verfügbarkeit der bereichsspezifischen Personenkennzeichen im Bildungsbereich gewährleistet ist, können bewährte E‑Government Services wie amtssignierte Urkunden nun auch für elektronische Zeugnisse eingesetzt werden. Eine Zustellung von Zeugnissen an die Schülerinnen und Schüler, aber auch die elektronische Übermittlung der Zeugnisse, etwa zu Zwecken eines elektronischen Immatrikulationsverfahrens an eine Universität oder Fachhochschule, soll damit als zeitgemäßes E‑Government Service im Bildungsbereich künftig ermöglicht werden.
Zur elektronischen Schülerkarte: Weiters soll auf Basis eines ID-Austria Logins auch die Bereitstellung elektronischer Schülerkarten (edu.digicard) im Selbstbedienungsverfahren für Schülerinnen und Schüler ermöglicht werden. Die edu.digicard erfüllt alle Anforderungen der Ausweisplattform des Bundes und soll mittelfristig in diese integriert werden. Erstmalig wird damit auch ein Konzept entwickelt, um mit Zustimmung der Erziehungsberechtigten auch unter Vierzehnjährigen elektronische Ausweise zur Verfügung zu stellen. Dies ist aus dem Grund so innovativ, da insbesondere jüngere Schülerinnen und Schüler im Alltag für gewöhnlich nur den Schülerausweis mit sich führen.
Zum Datenausaustausch mit Behörden: Mit der Bereitstellung von elektronischen Schulbesuchsbestätigungen für das elektronische Familienbeihilfeverfahren (FABIAN) entfällt der Aufwand für Schulverwaltung und Erziehungsberechtigte, papierbasierte Schulbesuchsbestätigungen bereit zu stellen und manuell durch Erziehungsberechtigte an das Finanzamt Österreich und die Sozialversicherungsträger zu senden. Ein solcher Datenaustausch soll künftig durch den Datenverbund der Schulen ermöglicht werden, auch für andere (öffentliche) Stellen nach Maßgabe einer rechtlichen Grundlage.
Zum Datenverbund der Schulen, Bildungsportal und die daran angebundenen E‑Government-Services: Diese sollen künftig zentral im Auftrag und in Verantwortung der Bundesministerin oder des Bundesministers für Bildung, Wissenschaft und Forschung durch die BRZ GmbH betrieben werden. Dieses umfangreiche Service wird allen Schulerhaltern und damit den Schülerinnen, Schülern und deren Erziehungsberechtigten an allen ca. 6.000 österreichischen Schulen kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Über den Bereich der digitalen Verwaltung hinaus sollen auch im Bereich des Schulorganisations- und Schulunterrichtsgesetzes ein paar Änderungen entsprechend der Anforderungen der Praxis vorgenommen werden, etwa zur Verlängerung der Dauer von Schulversuchen oder zur Harmonisierung des Mindestalters bei der Studienberechtigungsprüfung mit den Bestimmungen des Hochschulrechts. .
Datenschutzfolgeabschätzung
Grundsätzlich wurde für das Bildungsdokumentationsgesetz 2020 eine umfangreiche Datenschutzfolgeabschätzung erstellt und auf der Webseite des BMBWF veröffentlicht. Da durch diesen Entwurf weder Art und Umfang der zu verarbeitenden personenbezogenen Schülerdaten erweitert werden, noch neue Verarbeitungszwecke eingeführt werden oder der Kreis der zugriffsberechtigten Vollzugsorgane erweitert wird, bleiben weite Teile der bestehenden DSFA weiterhin aktuell. Die seit 2022 in der IKT-Schulverordnung festgelegten hohen Standards für technische und organisatorische Maßnahmen im Bereich der Datensicherheit nach Art. 32 DSGVO werden durch die nunmehrigen Regelungen des Entwurfs weiter ausgebaut. Da die technische Realisierung der im Entwurf vorgesehenen Maßnahmen erst nach Inkrafttreten umzusetzen ist, kann erst danach eine Aktualisierung der bestehenden DSFA zum BilDokG 2020 vorgenommen werden. Die aktualisierte Version wird voraussichtlich 6 bis 9 Monate nach Kundmachung an selber Stelle auf den Webseiten des Ressorts veröffentlicht werden.“
Ein im Zuge der Debatte im Plenum des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde – auszugsweise – wie folgt begründet:
„Die Schule ist ein wesentliches Element im Leben von Kindern und Jugendlichen und bereitet auf das Erwachsenensein vor. Der Abschluss der Schullaufbahn ist ein Meilenstein für die Schülerinnen und Schüler und die Gestaltung dieses Abschlusses muss mit Veränderungen in der Gesellschaft und der Lebensrealität der jungen Menschen mithalten. Neben den 21st Century Skills (Kritisches Denken, Kollaboration, Kommunikation und Kreativität) sind auch fächerübergreifendes Denken, Recherche- und Medienkompetenz, Umgang mit modernen Technologien sowie das Erkennen und Reflektieren individueller Stärken und Schlüsselkompetenzen der Zukunft gefragt. Die 2012 als fixer Bestandteil der Reifeprüfung eingeführte „abschließende Arbeit“ wird diesen Erfordernissen nur noch teilweise gerecht. Daher werden mit dieser Reform nun neue Wege beschritten.
Die abschließende Arbeit an den allgemein bildenden höheren Schulen soll in einer Form weiterentwickelt werden, die die eigenständige Beschäftigung mit einem frei gewählten Thema in den Mittelpunkt stellt und neue Medienformate beinhalten kann. Die Diplomarbeit an den berufsbildenden höheren Schulen hat sich bewährt und bleibt erhalten. Die Abschlussarbeit in berufsbildenden mittleren Schulen soll entfallen; die praktischen Fähigkeiten werden im Rahmen des Unterrichts (zB der Übungsfirmen) gelehrt und aufgebaut und im Rahmen der Leistungsbeurteilung bewertet.
Darüber hinaus werden im vorliegenden Abänderungsantrag notwendige Änderungen aufgenommen, die im Zuge des Begutachtungsverfahrens angeregt wurden.“
Der Unterrichtsausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 9. Juli 2024 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Philipp Kohl.
Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrätin Dr. Manuela-Anna Sumah-Vospernik mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.
An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Daniela Gruber-Pruner, Doris Hahn, MEd MA, Barbara Prügl und Christoph Steiner.
Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, G, dagegen: S, F).
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Philipp Kohl gewählt.
Der Unterrichtsausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2024 07 09
Philipp Kohl Christoph Steiner
Berichterstatter Vorsitzender