11608 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 20. November 2024 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Sanktionengesetz 2024 erlassen wird und das Sanktionengesetz 2024, das Bankwesengesetz, das E-Geldgesetz 2010, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Verbraucherzahlungskontogesetz, das Devisengesetz 2004, das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz und das Kontenregister- und Konteneinschaugesetz geändert werden (FATF-Prüfungsanpassungsgesetz 2024)

Die Abgeordneten Gabriel Obernosterer, Mag. Nina Tomaselli, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 24. Oktober 2024 im Nationalrat eingebracht und auszugsweise wie folgt begründet:

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Das Bundesgesetz über die Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen (Sanktionengesetz 2010 – SanktG, BGBl. I Nr. 36/2010, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 37/2018) regelt die Durchführung völkerrechtlich verpflichtender Sanktionsmaßnahmen der Vereinten Nationen (VN) oder der Europäischen Union (EU), einschließlich unmittelbar anwendbarer Sanktionsmaßnahmen der EU, soweit diese nicht in einem anderen Bundesgesetz geregelt sind. Andere Bundesgesetze zur Durchführung völkerrechtlich verpflichtender Sanktionsmaßnahmen sind insbesondere das Außenwirtschaftsgesetz 2011 – AußWG 2011, BGBl. I Nr. 26/2011, das Kriegsmaterialgesetz – KMG, BGBl. Nr. 540/1977, und das Sicherheitskontrollgesetz 2013 – SKG 2013, BGBl. I Nr. 42/2013. Diese Bundesgesetze bleiben vom vorliegenden Entwurf unberührt. Sanktionen sind vorläufige administrative Maßnahmen zur Wahrung außen- oder sicherheitspolitischer Interessen, die keine endgültigen Eingriffe in Rechtspositionen darstellen.

Die Financial Action Task Force (FATF) hat anlässlich ihrer Länderprüfung Österreichs 2016 einige Defizite aufgezeigt, die es nun im Hinblick auf die nächste Länderprüfung ab Herbst 2024 zu beseitigen gilt. Mit dem vorliegenden Entwurf sollen daher die Empfehlungen der FATF umgesetzt und auch die Erkenntnisse aus der Anwendungspraxis des Sanktionengesetzes 2010 und des ebenfalls Bestimmungen zur Durchführung von Sanktionen enthaltenden Devisengesetzes 2004, BGBl. I Nr. 123/2003, berücksichtigt werden.

Durch die Novelle soll das Verfahren zur Erlassung innerstaatlicher Durchführungsmaßnahmen völkerrechtlich verpflichtender Sanktionsmaßnahmen beschleunigt werden, sodass eine Umsetzung von VN-Listungen innerhalb von 24 Stunden möglich wird.

Ferner soll eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für Vorschläge österreichischer Behörden geschaffen werden, die zur Aufnahme von Personen oder Einrichtungen in eine Sanktionsliste der VN oder der EU („Listung“) oder zur Streichung aus solchen Listen („Entlistung“) führen können.

Es soll außerdem eine über den Bereich des Kapital- und Zahlungsverkehrs (§§ 3 und 4 des Devisengesetzes 2004) hinausgehende gesetzliche Grundlage für die Verhängung nationaler Sanktionsmaßnahmen geschaffen werden, wenn dies im Zusammenhang mit internationalen Sanktionen bei Gefahr im Verzug oder zum Schutz besonders sensibler Bereiche der internationalen Zusammenarbeit notwendig ist. Ausschließlich nationale Sanktionsmaßnahmen außerhalb einer internationalen Kooperation sind nicht vorgesehen.

Die Voraussetzungen, unter denen Ausnahmegenehmigungen von Sanktionsmaßnahmen erteilt werden können, sollen an die internationale Praxis angepasst werden, die für die EU insbesondere in den „Leitlinien zur Umsetzung und Evaluierung restriktiver Maßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU“, EU-Dokument Nr. 5664/18, festgelegt sind. Außerdem wird eine ex lege Ausnahme für humanitäre Hilfe nach Vorbild der Resolution 2664(2022) des VN-Sicherheitsrates vorgesehen.

Es soll weiters eine umfassende Regelung der Zusammenarbeit und des Informationsaustausches der österreichischen Behörden untereinander bei der Durchführung von Sanktionsmaßnahmen geschaffen werden. Darüber hinaus soll die Übermittlung von Daten an die VN und die EU im Zusammenhang mit völkerrechtlich verpflichtenden Sanktionsmaßnahmen und in bestimmten Bereichen der internationalen Zusammenarbeit ausdrücklich geregelt werden.

Zur Erhöhung der Effizienz soll die Zuständigkeitsverteilung im Sanktionenbereich neu geregelt werden, wobei der Bundesminister für Finanzen und die Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) die bisher auf diesem Gebiet bestehenden Aufgaben der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) übernehmen sollen. Mit der Kompetenzübertragung sollen auch Synergiepotenziale genutzt werden, die sich aus der bereits bestehenden Zuständigkeit der FMA im Bereich der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung ergeben. In diesem Zusammenhang soll gegenüber der geltenden Rechtslage und der Rechtslage während des Übergangszeitraums die Überwachung der Sanktionsmaßnahmen auf sämtliche Kreditinstitute, Finanzinstitute und Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen gemäß § 25 Abs. 1 des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes – FM-GwG, BGBl. I Nr. 118/2016, ausgeweitet werden. Neben den bisher von der OeNB beaufsichtigten Kredit-, Finanz- und Zahlungsinstituten soll die FMA künftig zudem auch die Einhaltung der Sanktionsmaßnahmen durch Versicherungsunternehmen, Wertpapierfirmen, Wertpapierdienstleistungsunternehmen, Alternativen Investmentfonds Managern, E-Geldinstituten und Anbietern von Kryptowerte-Dienstleistungen überwachen. Hinsichtlich der Versicherungsunternehmen ist anzumerken, dass die Aufsicht der FMA zur Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung nach dem FM-GwG nur den Bereich der Lebensversicherung umfasst und nicht auch den der Schadensversicherung. Aufgrund der sanktionenrechtlichen Bedeutung insbesondere des Bereichs der Versicherung von Schiffen sollen sanktionenrechtliche Genehmigungen, Aufsicht und Zuständigkeit für Verwaltungsstrafverfahren auf alle Versicherungszweige erstreckt werden. Ferner sollen erweiterte behördliche Befugnisse und konkrete Aufgaben für die FMA zur Überwachung und Durchsetzung der Einhaltung der Sanktionsmaßnahmen (wie etwa behördliche Ermittlungsverfahren, Aufsichtsmaßnahmen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustands, etc.) vorgesehen und damit die Befugnisse im Bereich Sanktionen an die Befugnisse im Bereich der Prävention von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung angeglichen werden.

Um die notwendigen organisatorischen Vorkehrungen treffen zu können und eine Beeinträchtigung der Überwachung der Sanktionsmaßnahmen zu vermeiden, muss ein angemessener Übergangszeitraum vorgesehen werden. Daher bildet das Sanktionengesetz 2024 in der Fassung des Art. 1 des FATF-Prüfungsanpassungsgesetzes 2024 noch die bestehende Zuständigkeitsverteilung ab. Mit 1.1.2026 (Übertragungszeitpunkt) soll die Änderung des Sanktionengesetzes 2024 in Kraft treten (Art. 2 des FATF-Prüfungsanpassungsgesetzes 2024) und damit die Kompetenzübertragung erfolgen. In der Zwischenzeit kann die FMA die erforderlichen organisatorischen und personellen Vorkehrungen für eine reibungslose Übernahme treffen. Darüber hinaus wird vorgesehen, dass in dieser Zeit die OeNB schrittweise die FMA mit Unterstützungshandlungen beauftragen kann, um den behördenübergreifenden Wissenstransfer – insbesondere im Zusammenhang mit bestehenden vorbildlichen Verfahren im Vollzug des Sanktionenrechts – zu unterstützen.

Insgesamt wird daher folgende Zuständigkeitsverteilung vorgesehen:

–      Bundesminister für Finanzen: Setzung innerstaatlicher Durchführungsmaßnahmen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und dem Bundesminister für Inneres: § 2; Erstellung von Listungs- und Entlistungsvorschlägen an die VN und die EU im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten: § 3; Verhängung, Durchführung und Aufhebung nationaler Sanktionsmaßnahmen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten und dem Bundesminister für Inneres: § 4; und nach dem Übergangszeitraum Erteilung von Ausnahmegenehmigungen in den Fällen, in denen diese Zuständigkeit nicht bei der FMA liegt: § 6 Abs. 1 Z 2 in der Fassung des Art. 2 des FATF-Prüfungsanpassungsgesetzes 2024;

–      Bundesminister für Inneres: Erstellung von Listungs- und Entlistungsvorschlägen an die VN und die EU im Einvernehmen mit dem Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten: § 3; Überwachung der Einhaltung des Sanktionengesetzes 2024, sofern nicht die FMA (bzw. während des Übergangszeitraums die OeNB) zuständig ist: § 12 Abs. 1;

–      Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten: Verkehr mit den VN und der EU: § 3 Abs. 4;

–      Der sachlich zuständige Bundesminister: Erteilung von Ausnahmegenehmigungen: § 6 Abs. 1 Z 3 bis 5 in der Fassung des Art. 2 des FATF-Prüfungsanpassungsgesetzes 2024;

–      FMA: Nach dem Übergangszeitraum ist die FMA gemäß Sanktionengesetz 2024 in der Fassung des Art. 2 des FATF-Prüfungsanpassungsgesetzes 2024 für Kredit- und Finanzinstitute sowie Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen, die gemäß § 25 Abs. 1 FM-GwG von der FMA beaufsichtigt werden, bei Finanzinstituten hinsichtlich der Versicherungsunternehmen aber im Bereich des Betriebs aller Versicherungszweige zuständig. Diese Zuständigkeit umfasst die Überwachung der Einhaltung des Sanktionengesetzes 2024 einschließlich der Verfolgung von Verwaltungsübertretungen: § 12 Abs. 2 sowie § 18 Abs. 5; Erteilung von Ausnahmegenehmigungen: § 6 Abs. 1 Z 1; Entgegennahme von Anzeigen gemäß § 5 Abs. 3; Entgegennahme von Meldungen gemäß § 12 Abs. 8 sowie Ermächtigung zur Erlassung von Verordnungen über die Ausgestaltung dieser Meldepflicht gemäß § 12 Abs. 9.

–      Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes: Mitwirkung an der Beschlagnahme von Vermögenswerten und an der jährlichen Überprüfung der nationalen Sanktionsmaßnahmen: § 12 Abs. 4.

Die in diesem Gesetz verwendeten unionsrechtlichen Begriffe sind im Einklang mit den einschlägigen EU-Rechtsakten und der dazu ergangenen Judikatur des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auszulegen. Für die Auslegung nützliche Hinweise enthalten die „Grundprinzipien für den Einsatz restriktiver Maßnahmen“ (EU-Dokument Nr. 10198/1/04), die „EU-Sanktionsleitlinien“ (EU-Dokument Nr. 5664/18), sowie die „Vorbildlichen Verfahren der EU für die wirksame Umsetzung restriktiver Maßnahmen“ (EU-Dokument Nr. 10572/22).

Kompetenzgrundlage:

Soweit eine Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes nicht bereits nach Art. 10 Abs. 1 Z 2 B-VG („äußere Angelegenheiten“), Art. 10 Abs. 1 Z 3 B-VG („Regelung und Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austrittes aus ihm“), Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG („Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG („Zivilrechtswesen“, „Strafrechtswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“ sowie „Fremdenpolizei“), Art. 10 Abs. 1 Z 11 B-VG (Arbeitsmarktbeschränkungen), Art. 11 Abs. 2 B-VG (Bedarfsgesetzgebungskompetenz des Bundes betreffend allgemeines Verwaltungsstrafrecht und Verwaltungsstrafverfahren) und Art. 14b B-VG („Öffentliches Auftragswesen“) besteht, ergibt sie sich aus der Verfassungsbestimmung des § 1 Abs. 3.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Der Entwurf kann im Hinblick auf die Verfassungsbestimmungen in § 1 Abs. 3 und § 23 Abs. 1 gemäß Art. 44 Abs. 1 B-VG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.

Im Hinblick auf die vorgesehene Einschränkung der Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung bzw. Vollziehung bedarf der Entwurf gemäß Art. 44 Abs. 2 B-VG der Zustimmung des Bundesrates mit erhöhten Quoren.

Ferner bedarf die Festlegung der Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. c B-VG der Zustimmung der Länder zur Kundmachung.

Die Änderung von § 38 Abs. 2 des Bankwesengesetzes – BWG, BGBl. Nr. 532/1993 und von § 4 Abs. 1 des Kontenregister- und Konteneinschaugesetzes – KontRegG, BGBl. I Nr. 116/2015 kann gemäß der Verfassungsbestimmung des § 38 Abs. 5 BWG bzw. des § 4 Abs. 7 KontRegG vom Nationalrat nur in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Abgeordneten und mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen beschlossen werden.“

Ein im Zuge der Debatte im Ausschuss des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

Zu Z 1 und 2: Die Hemmung der Strafbarkeitsverjährung wird an Art. 1 Z 35 FM-GwG-Anpassungsgesetz (1/A der Beilagen XXVIII. GP) betreffend § 36 FM-GwG (Verlängerung der Verjährungsfrist) angeglichen.

 

Dieser Beschluss des Nationalrates ist ein Fall des Artikels 44 Absatz 2 B-VG und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 3. Dezember 2024 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Margit Göll.

An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Ernest Schwindsackl.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen,

1.     gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, G, dagegen: F),

2.     dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Abs. 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen (dafür: V, S, G, dagegen: F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Margit Göll gewählt.

Der Finanzausschuss stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag,

1.     gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2.     dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B-VG die verfassungsmäßige Zustimmung zu erteilen.

Wien, 2024 12 03

                                    Margit Göll                                                                   Christian Fischer

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender