11658 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus

über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz 2012 geändert wird

Die Abgeordneten Andreas Ottenschläger, Klaus Seltenheim, Douglas Hoyos-Trauttmansdorff, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 18. Juni 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu den Z 1 und 3:

Das Parteiengesetz 2012 (PartG) hat bisher auf internationale Parteienvereinigungen sowie die besondere Situation der Fraktionen im Europäischen Parlament keine Rücksicht genommen:

Internationale bzw. europäische Parteienvereinigungen wie etwa die Europäische Volkspartei (EVP) oder die Sozialdemokratische Partei Europas (SPE) können bei strenger Interpretation des PartG unter den Begriff der „nahestehenden Organisation“ fallen, weil die nationalen Parteien in diesen internationalen Strukturen Sitz und Stimme, also statutarisch vorgesehene Mitwirkungsrechte (§ 2 Z 3 PartG) haben. Tatsächlich handelt es sich bei diesen internationalen bzw. europäischen Parteiorganisationen oft um Vereine oder vergleichbare juristische Personenvereinigungen nach dem Recht eines Landes, ihre Tätigkeit erstreckt sich aber definitionsgemäß nicht (nur) auf Österreich. Eine vergleichbare Problemstellung ergibt sich, wenn Teilorganisationen einer politischen Partei oder nahestehende Organisationen Mitglied in einer internationalen oder europäischen Vereinigung sind. Diese internationalen oder europäischen Vereinigungen politischer Parteien oder nahestehender Organisationen unterliegen daher formal den Rechenschaftspflichten des PartG. Tatsächlich wurde dies in den vergangenen Jahren aber weder von den rechenschaftspflichtigen Parteien noch von Rechnungshof oder UPTS aufgegriffen. Da internationale oder europäische Parteienvereinigungen ihre Tätigkeit nicht auf Österreich ausrichten, sollen sie daher von der Anwendbarkeit des PartG ausdrücklich ausgenommen werden.

Noch deutlicher wird diese Problemstellung in Hinblick auf die Fraktionen im Europäischen Parlament: Für diese existiert, anders als für die Klubs in National- und Bundesrat sowie in den Landtagen, keine Ausnahmebestimmung im PartG; auch diese wären daher unter Umständen als „nahestehende Organisationen“ anzusehen. Eine Aufnahme dieser Aktivitäten in die Wahlkampfrechenschaftsberichte der österreichischen politischen Parteien erfolgte – soweit erkennbar – bisher nicht. Würden diese Aktivitäten auch als Spenden Dritter eingestuft, wäre regelmäßig die Spendenobergrenze des § 6 Abs 5 überschritten. Da diese Aktivitäten aber auf Ebene der Europäischen Union geregelt werden, besteht kein nationaler Handlungsbedarf, was mit der Novelle klargestellt werden soll.

Folgende Maßnahmen sollen gesetzt werden, wobei in diesem Zusammenhang der letzte Satz des § 2 Abs. 3 der leichteren Lesbarkeit halber neu formuliert wird:

-        Herausnahme der internationalen und europäischen Vereinigungen von politischen Parteien oder nahestehenden Organisationen sowie der Fraktionen im Europäischen Parlament (EP) aus dem Begriff der „politischen Partei“ oder „nahestehende Organisation“, um eine Einbeziehung dieser internationalen oder europäischen Vereinigungen in das strikte System der Rechenschaftspflicht des nationalen PartG zu vermeiden;

-        Herausnahme von Aufwendungen für politische Tätigkeiten und Informationstätigkeiten der Fraktionen zum EP aus dem Spendenbegriff.

-        Keine Rechenschaftspflicht der österreichischen politischen Parteien für Aufwendungen für politische Tätigkeiten und Informationstätigkeiten der Fraktionen im Europäischen Parlament.

Zur Z 2:

Öffentliche Kommunikation durch die Bundesregierung bzw. einzelne Regierungsmitglieder ist im Lichte des demokratischen Grundprinzips der österreichischen Bundesverfassung ein wesentliches Element zur Ermöglichung informierter Meinungsbildung einer möglichst großen Zahl von Bürgern, dem demokratischen Souverän. Demgemäß zählt Öffentlichkeitsarbeit zu wesentlichen Aufgaben der Bundesregierung bzw. einzelner Ministerien (z.B. siehe Teil 1 Z 10 und Teil 2 Abschnitt A, Z 2 der Anlagen zu § 2 Bundesministeriengesetz 1986).

Als zeitgemäße Form öffentlicher Massenkommunikation ermöglicht die direkte kommunikative Kontaktaufnahme über Online-Plattformen (umgangssprachlich Social Media, vgl. zum Begriff Artikel 3 lit. i VO [EU] 2022/2065 [Gesetz über digitale Dienste]) eine schnelle Informationsverbreitung an eine Vielzahl von Bürgern mit personalisierten und persönlichen Botschaften und Informationen und der Möglichkeit zu vertiefendem Meinungsaustausch (Kommentarfunktion), wobei hierfür der personalisierten und persönlichen Absenderfunktion eines Regierungsmitglieds (Name) als erkennbarer Kommunikationspartner für die Akzeptanz und Rezeption der verbreiteten Information besondere Bedeutung zukommt, was in der Regel durch Bezeichnung des jeweiligen Social-Media-Kanals/Auftritt auf der Online-Plattform mit dem persönlichen Namen des jeweiligen Regierungsmitglieds ermöglicht wird.

An diesem Namen als Bezeichnung eines Social-Media-Kanals/Auftritt auf der Online-Plattform, der naturgemäß nicht an eine Organfunktion als Regierungsmitglied gebunden ist, steht aber ausschließlich der konkreten Person das Namensrecht zu (§ 43 ABGB), wobei dieser Name und eine solche Bezeichnung – was im alleinigen Dispositionsrecht des Namensinhabers steht – naturgemäß auch regelmäßig als Absender für parteipolitische Kommunikation (auch über Social Media/Online-Plattform) und Parteiwerbung herangezogen wird. Zur Nutzbarmachung der Namensbezeichnung der Regierungsmitglieder für Regierungskommunikation trotz oder entsprechenden Parteiinteressen sind Rahmenbedingungen für die ressourcenschonende und transparente Nutzung entsprechender Social-Media-Accounts/Auftritte auf der Online-Plattform der Regierungsmitglieder (ungeachtet ob deren Medieninhaber nun das Regierungsmitglied selbst, die politische Partei, der das Regierungsmitglied angehört oder eine Gliederung oder nahestehende Organisation dieser Partei ist) zu schaffen.

Diese Problemstellungen treffen Regierungsmitglieder auf Landesebene in gleicher, Klubobleute auf Bundes- und Landesebene in ähnlicher Form. Darüber hinaus sind auch Abgeordnete zum National- oder Bundesrat oder eines Landtages damit konfrontiert, soweit sie ihre parlamentarischen oder sonstigen Klubmitarbeiter dafür heranziehen.

Die Kommunikation über Online-Plattformen hat sich in den vergangenen Jahren auch im politischen Bereich etabliert. Der persönliche Austausch mit öffentlichen Amtsträgerinnen und Amtsträgern fördert die Beteiligung an der öffentlichen, demokratischen Debatte und liegt daher grundsätzlich im öffentlichen Interesse. Die Gestaltung einzelner Beiträge auf diesen unter dem Namen eines Regierungsmitglieds oder Abgeordneten veröffentlichten Accounts auf Online-Plattformen/Social Media ist daher im Sinne einer offenen Debatte wünschenswert und stellt keinen monetären Vorteil dar, wenn diese Inhalte sachbezogen sind und keine vornehmlich parteipolitische Stellungnahme darstellen. Der potentielle Vorteil des Account-Inhabers wird dann durch die im Interesse der Öffentlichkeit gelegene Möglichkeit der Nutzung des privaten „Kanals“ zur Informationsweiterverbreitung aufgewogen.

Dazu sind einige Hinweise des Rechnungshofes in seinem Bericht zu Social-Media-Accounts von Regierungsmitgliedern (Bericht Reihe Bund 2024/13; Prüfzeitraum 2020-2022) zu beachten, worin u.a. auf das Erfordernis der Schaffung entsprechender Richtlinien, schriftlicher Regelungen, klarer Trennung und Erkennbarkeit von Regierungs- und Parteiarbeit, leichte Auffindbarkeit des Impressums und auch erforderliche Klärung der Ressourcenverwendung (Mitwirkung von Regierungsmitarbeitern an der Gestaltung von Social-Media-Accounts/Auftritt auf der Online-Plattform, die nicht in der Medieninhaberschaft der Bundesregierung stehen) hingewiesen hat.

Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen:

-     Die Mitwirkung von Mitarbeitern von Regierungsmitgliedern an der Gestaltung von solchen Social-Media-Accounts/Auftritten auf der Online-Plattform, die mit dessen Zustimmung den Namen eines Regierungsmitglieds tragen, jedoch nicht in der Medieninhaberschaft der Bundesregierung stehen, ist unter folgenden Bedingungen rechtlich unbedenklich:

o       Die Mitwirkung an der Gestaltung der Auftritte auf der Online-Plattform der Regierungsmitglieder erfolgt ausschließlich durch Kabinetts- bzw. Büromitarbeiter des betreffenden Regierungsmitglieds.

o       Die von Kabinettsmitarbeitern gestalteten Inhalte (Beiträge) der Auftritte auf der Online-Plattform der Regierungsmitglieder haben sich sachbezogen auf die Regierungsarbeit und Regierungskommunikation zu beschränken, parteipolitische Werbung ist dabei ausgeschlossen.

o       Die von Kabinettsmitarbeitern gestalteten Inhalte (Beiträge) der Auftritte auf der Online-Plattform der Regierungsmitglieder sind inhaltlich und optisch klar von anderen Inhalten dieser Accounts (insbesondere von parteipolitischen Inhalten) abzugrenzen und diese Abgrenzung auch kenntlich zu machen (etwa durch ein besonderes Zeichen oder eine Abkürzung, worauf im Impressum ausdrücklich hinzuweisen ist).

o       Das Impressum dieser Auftritte auf der Online-Plattform ist leicht auffindbar zu gestalten. Darin ist auf die Zusammenarbeit mit dem Mitglied der Regierung ausdrücklich hinzuweisen und insbesondere darauf, dass einzelne Beiträge von Kabinetts- bzw. Büromitarbeitern des Regierungsmitglieds gestaltet werden und wie diese erkennbar sind.

o       Über die Mitwirkung von Mitarbeitern von Regierungsmitgliedern an der Gestaltung von solchen Auftritten auf der Online-Plattform, die mit dessen Zustimmung den Namen eines Regierungsmitglieds tragen, jedoch nicht in der Medieninhaberschaft des Mitglieds der Regierung stehen, ist mit den Medieninhabern eine schriftliche Vereinbarung abzuschließen.

o       Als Medieninhaber von Auftritten auf der Online-Plattform, die mit dessen Zustimmung den Namen eines Regierungsmitglieds tragen, jedoch nicht in der Medieninhaberschaft des Regierungsmitglieds stehen und an denen im Sinne der dargestellten Regelungen Mitarbeiter des Regierungsmitglieds an der Gestaltung mitwirken, kommen ausschließlich das Regierungsmitglied selbst, die politische Partei, der das Regierungsmitglied angehört oder eine Gliederung oder nahestehende Organisation dieser Partei infrage.

-     Die entsprechend den obigen Voraussetzungen und Bedingungen erfolgende Mitwirkung von Mitarbeitern der Regierungsmitglieder an der Gestaltung von solchen Auftritten auf der Online-Plattform, die mit dessen Zustimmung den Namen eines Regierungsmitglieds tragen, jedoch nicht in der Medieninhaberschaft des Regierungsmitglieds stehen, wird ausdrücklich vom Spendenbegriff des PartG ausgenommen, weil die Mitwirkung von Mitarbeitern an der Gestaltung durch die Bereitstellung des privaten Distributionskanals aufgewogen wird.

-     Sinngemäß wären diese Überlegungen auf die Klubobleute bzw. Klubs oder Fraktionen und auf Abgeordnete bzw. parlamentarische Mitarbeiter bzw. Klubmitarbeiter anzuwenden.

Zu Z 4:

Die Bestimmung regelt das Inkrafttreten.“

Ein im Zuge der Debatte im Ausschuss des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

„Redaktionelle Versehen werden beseitigt.“

Ein im Zuge der Debatte im Plenum des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

„Redaktionelle Versehen sollen beseitigt und die neue Rechtslage soll nicht auf Verfahren angewendet werden, die bereits vom Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat entschieden wurden, auch wenn diese Entscheidungen noch nicht rechtskräftig sind.“

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 15. Juli 2025 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Sandra Lassnig.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrätin MMag. Elisabeth Kittl, BA mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, dagegen: F).

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Sandra Lassnig gewählt.


Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2025 07 15

                                 Sandra Lassnig                                                              Mag. Franz Ebner

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender