11669 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Ausschusses für innere Angelegenheiten
über den Beschluss des Nationalrates vom 9. Juli 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Staatsschutz- und Nachrichtendienst-Gesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Telekommunikationsgesetz 2021, das Bundesverwaltungsgerichtsgesetz und das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz geändert werden
Allgemeiner Teil
1. Hauptgesichtspunkte des Beschlusses:
Mit diesem Beschluss soll einerseits für den Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes eine gesonderte Möglichkeit des Aufschubs sicherheitspolizeilichen Einschreitens oder kriminalpolizeilicher Ermittlungen geschaffen werden. Entsprechend der maßgeblichen Bestimmungen in § 23 SPG sowie § 99 Abs. 4 f. StPO soll es den Organisationseinheiten gemäß § 1 Abs. 3 künftig möglich sein, unter Einhaltung sämtlicher dort bereits genannter Voraussetzungen, sicherheitspolizeiliches Einschreiten oder kriminalpolizeiliche Ermittlungen aufzuschieben, soweit ein überwiegendes Interesse an der Erfüllung der Aufgabe nach § 6 Abs. 1 oder 2 besteht.
Andererseits hat die Praxis seit Inkrafttreten des SNG gezeigt, dass die strikte Aufgabenzuweisung der erweiterten Gefahrenerforschung zur Beobachtung einer Gruppierung (§ 6 Abs. 1) zu der für den Aufgabenbereich Nachrichtendienst zuständigen Organisationseinheit der Direktion und des vorbeugenden Schutzes vor verfassungsgefährdenden Angriffen durch Einzelpersonen (§ 6 Abs. 2) zu den für den Aufgabenbereich Staatsschutz zuständigen Organisationseinheiten (§ 1 Abs. 3) trotz Einrichtung einer Informationsschnittstelle eine rasche, zweckmäßige und effiziente Aufgabenerfüllung in gewissen Fallkonstellationen erschweren kann, weshalb eine Rechtsgrundlage geschaffen werden soll, damit der Direktor im Einzelfall unter gesetzlich festgelegten Kriterien den Aufgabenbereich Nachrichtendienst zu der Wahrnehmung einer Aufgabe nach § 6 Abs. 2 ermächtigen kann.
Weiters soll eine Rechtsgrundlage im SNG geschaffen werden, um in bestimmten, gesetzlich klar definierten Fällen die Überwachung von Inhaltsdaten nach dem Vorbild der Regelungen in der StPO zu ermöglichen. Angesichts der – insbesondere im Bereich grenzüberschreitender terroristischer Aktivitäten – erfolgten zunehmenden Verlagerung herkömmlicher, unverschlüsselter Telekommunikation auf internetbasierte, zumeist end-to-end-verschlüsselte Kommunikation (wie etwa über WhatsApp, Skype oder Signal) soll zusätzlich eine Rechtsgrundlage für die Überwachung verschlüsselter Nachrichten zur effektiven Bekämpfung verfassungsschutzrelevanter Bedrohungslagen geschaffen werden, wenn die bestehenden Ermittlungsmaßnahmen zur Vorbeugung des befürchteten verfassungsgefährdenden Angriffs aussichtslos sind.
Im Rahmen des Beschlusses sollen auch Ergänzungen des Deliktskatalogs der verfassungsgefährdenden Angriffe um für den Verfassungsschutz relevante Tatbestände insbesondere des Strafgesetzbuches und des Waffengesetzes vorgenommen werden.
Außerdem handelt es sich um Anpassungen des SPG, durch die einerseits eine verpflichtende Vertrauenswürdigkeitsprüfung des Rechtsschutzbeauftragten, seiner Stellvertreter und sonstigen administrativen Mitarbeiter verankert werden soll. Andererseits soll eine Möglichkeit zur Abberufung des Rechtsschutzbeauftragten bzw. seiner Stellvertreter durch den Bundespräsidenten im Falle grober Pflichtverletzungen oder einer nachträglichen Unvereinbarkeit mit der Funktion geschaffen werden.
Mit den Änderungen des Telekommunikationsgesetzes 2021 (TKG 2021) sollen die für die allfällige Mitwirkung der (Kommunikationsdienste)Anbieter an der Nachrichtenüberwachung erforderlichen Anpassungen vorgenommen werden.
Schließlich soll durch die Anpassungen im Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) und im Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz (RStDG) die Einführung einer Rufbereitschaft, allenfalls eines Journaldienstes beim Bundesverwaltungsgericht ermöglicht werden.
2. Kompetenzgrundlage:
Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines diesem Beschluss entsprechenden Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 1 („Verwaltungsgerichtsbarkeit“), Z 6 („Strafrechtswesen“), Z 7 („Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit“), Z 9 („Post- und Fernmeldewesen“) und Z 16 („Dienstrecht und Personalvertretungsrecht der Bundesbediensteten“) des Bundes-Verfassungsgesetzes – B-VG, BGBl. Nr. 1/1930.
3. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:
Da in den §§ 15a ff die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zur Entscheidung über Anträge in sonstigen Angelegenheiten im Sinne des Art. 130 Abs. 2 Z 4 B-VG vorgesehen wird, darf das vorgeschlagene Bundesgesetz gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. d iVm Abs. 4 letzter Satz B-VG nur mit Zustimmung aller neun Länder kundgemacht werden.
Ein im Zuge der Debatte im Ausschuss des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:
„Zu Z 1 (Artikel 1 Z 16):
Es handelt sich um die Bereinigung eines redaktionellen Versehens.
Zu Z 2 und 3 (Artikel 1 Z 22 und 22a):
Es handelt sich um die Anpassung der Inkrafttretensbestimmung an das Inkrafttreten der Änderungen des BVwGG und RStDG sowie die erforderliche Übergangsbestimmung, um die Mitglieder des Bundesverwaltungsgerichtes, denen Anträge gemäß § 15c Abs. 2 oder § 15a Abs. 1 zugewiesen sind, sowie in diesen Angelegenheiten verwendete Bedienstete des Bundesverwaltungsgerichtes bereits vor Inkrafttreten der Bestimmungen betreffend die Überwachung von Nachrichten einer Vertrauenswürdigkeitsprüfung unterziehen zu können.
Zu Z 4, 5 und 6 (Artikel 2 Z 5, Artikel 4 Z 4 und Artikel 5 Z 2):
Es handelt sich um die Bereinigung von redaktionellen Versehen.“
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 15. Juli 2025 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Christoph Stillebacher.
Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrätin, MMag. Elisabeth Kittl, BA, mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.
An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Günter Pröller, Dominik Reisinger, Mag. Franz Ebner, Barbara Prügl, Sandra Jäckel, Nikolaus Amhof und MMag. Elisabeth Kittl, BA.
Bei der Abstimmung wurde mehrstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben (dafür: V, S, dagegen: F).
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Christoph Stillebacher gewählt.
Der Ausschuss für innere Angelegenheiten stellt nach Beratung der Vorlage mehrstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2025 07 15
Christoph Stillebacher Mag. Harald Himmer
Berichterstatter Vorsitzender