11749 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

über den Beschluss des Nationalrates vom 11. Dezember 2025 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz und das Opferfürsorgegesetz geändert werden

Die Abgeordneten Mag. Michael Hammer, Josef Muchitsch, Fiona Fiedler, BEd, Dr. Dagmar Belakowitsch, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen haben den dem gegenständlichen Beschluss des Nationalrates zugrundeliegenden Initiativantrag am 19. November 2025 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Zu Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes):

Der Ausgleich von sozialversicherungsrechtlichen Nachteilen von Personen, die aufgrund politischer oder religiöser Gründe oder aus Gründen der Abstammung ausgewandert sind, wird im Pensionsversicherungsrecht durch Begünstigungsbestimmungen geregelt.

So beinhaltet § 502 Abs. 4 ASVG einen begünstigten Nachkauf von Pensionsversicherungszeiten für Personen, die in der Zeit vom 4. März 1933 bis 9. Mai 1945 aus politischen Gründen – außer wegen nationalsozialistischer Betätigung – oder religiösen Gründen oder aus Gründen der Abstammung ausgewandert sind. Die nachzuentrichtenden Beiträge belaufen sich für jeden Monat der Auswanderung auf 44,22 € (Wert 2025 – BGBl. II Nr. 417/2024).

§ 502 Abs. 5 ASVG erstreckt diese Begünstigung auch auf Personen, denen die Auswanderung aus Gründen, auf die sie keinen Einfluss hatten, nicht früher möglich war, wenn sie jedenfalls nicht später als am 31. Dezember 1949 erfolgt ist. Die Bestimmung erfasst damit Spätmigrant:innen, also Personen, die erst nach dem 9. Mai 1945 endgültig aus Österreich auswandern konnten, und somit vor allem jene Personen, die nach ihrer Befreiung aus den Konzentrationslagern nach Österreich zurückgekehrt sind, um hier bis zur endgültigen Auswanderung in das Bestimmungsland ihren Aufenthalt zu nehmen (vgl. Mosler/Müller/Pfeil, Der SV-Komm, § 502 ASVG Rz 21,22,23).

Das Zentralkomitee der Juden aus Österreich in Israel hat darauf hingewiesen, dass eine nicht unbeträchtliche Zahl der Holocaust-Überlebenden erst zu Beginn der 1950er Jahre aus Österreich auswanderte. Obwohl auch diese Personengruppe Österreich im direkten und kausalen Zusammenhang mit dem Holocaust verlassen hätten, sei § 502 Abs. 5 ASVG hier nicht anwendbar und diese Personengruppe dadurch gegenüber jenen Personen benachteiligt, die Österreich in der Zeit vom 4. März 1933 bis 9. Mai 1945 verlassen haben und nach Kriegsende nicht mehr nach Österreich zurückgekehrt sind.

In Herstellung eines Gleichklanges mit § 58c Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 – StbG, BGBl. Nr. 311/1985, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 96/2019 soll ein begünstigter Nachkauf von Pensionsversicherungszeiten demnach nunmehr erfolgen können, wenn die Auswanderung bis zum 15. Mai 1955 (Datum der Unterzeichnung des Staatsvertrages) erfolgt ist. Die zeitliche Ausweitung der Begünstigungsbestimmungen soll ausdrücklich auch für Personen gelten, die erst auf Grund dieser einen Leistungsanspruch erhalten, sowie ferner für Personen, für die ein Leistungsanspruch bereits besteht.

Die Änderung soll mit 1. Jänner 2026 in Kraft treten.

Zu Art. 2 (Änderung des Opferfürsorgegesetzes):

Zu Z 1 (§ 5a Abs. 3 OFG):

Auch im Sozialentschädigungsrecht kommt eine Begünstigungsbestimmung zur Anwendung. § 5a Abs. 2 OFG ermöglicht als Öffnungsklausel Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland unter den sonstigen Voraussetzungen den Zugang zum Pflegegeld, da er eine Ausnahme vom Inlandswohnsitzerfordernis des § 3 des Bundespflegegeldgesetzes begründet. Bedingung für eine solche Anspruchsberechtigung ist, dass der Auslandswohnsitz auf eine Auswanderung zurückgeht, die aus den in § 500 ASVG angeführten Verfolgungsgründen bis spätestens am 9. Mai 1945 erfolgte.

Um den spezifischen Umständen einer Spätmigration (Auswanderung nach dem 9. Mai 1945) Rechnung zu tragen, soll der Bezug von Pflegegeld im Gleichklang mit der entsprechenden Begünstigungsbestimmung des Pensionsversicherungsrechts nunmehr auch für im Ausland wohnhafte iSd § 500 ASVG verfolgte Personen möglich sein, welche die in § 502 Abs. 5 ASVG angeführten zeitlichen und sachlichen Kriterien einer Auswanderung erfüllen.

Zu Z 2 (§ 19 Abs. 20 OFG):

Die vorgeschlagene Änderung soll mit Wirkung vom 1. Jänner 2026 in Kraft treten.

In formeller Hinsicht wird beantragt, diesen Antrag dem Ausschuss für Arbeit und Soziales zuzuweisen.“

Ein im Zuge der Debatte im Plenum des Nationalrates eingebrachter und beschlossener Abänderungsantrag wurde wie folgt begründet:

„Mit den vorgeschlagenen Änderungen soll eine Pensionsleistung, die erst auf Grund der Ausweitung des § 502 Abs. 5 ASVG beansprucht werden kann, bereits ab 1. Jänner 2025 gebühren, wenn der Antrag bis zum 31. Dezember 2026 gestellt wird. Entsprechendes gilt auch für Personen, für die ein Leistungsanspruch bereits besteht.

Dies erscheint insbesondere vor dem Hintergrund geboten, den mittlerweile in hohem Lebensalter stehenden Anspruchsberechtigten im Hinblick auf die für den Leistungsanspruch zu entrichtenden Beiträge auch eine adäquate Leistung in Aussicht zu stellen.“

 

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 16. Dezember 2025 in Verhandlung genommen.

Berichterstatterin im Ausschuss war Bundesrätin Mag. Claudia Arpa.

Gemäß § 30 Abs. 2 GO-BR wurde beschlossen, Bundesrätin Simone Jagl mit beratender Stimme an den Verhandlungen teilnehmen zu lassen.

An der Debatte beteiligte sich das Mitglied des Bundesrates Dr. Andrea Eder-Gitschthaler.

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Bundesrätin Mag. Claudia Arpa gewählt.

Der Ausschuss für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz stellt nach Beratung der Vorlage einstimmig den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2025 12 16

                             Mag. Claudia Arpa                                                                Sandro Beer

                                  Berichterstatterin                                                                      Vorsitzender