6420 der Beilagen zu den
Stenographischen Protokollen des Bundesrates
B e r i
c h t
des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus
über den Beschluss des Nationalrates
vom 5. Juli 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die
Aufgaben und Einrichtung des Österreichischen Rundfunks (Rundfunkgesetz - RFG)
und das Arbeitsverfassungsgesetz 1974 geändert werden
Mit der vorliegenden Novelle zum Rundfunkgesetz soll der ORF per 31. Dezember 2001 in eine Stiftung nach öffentlichem Recht umgewandelt werden. Der Stiftungszweck liegt in der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrages, der in den öffentlich-rechtlichen Programmen (§ 3) des ORF umzusetzen ist. Die Stiftung hat keinen Eigentümer – begünstigt ist die Allgemeinheit. Es werden bei dieser Stiftung im Gegensatz zu anderen gesellschaftsrechtlich möglichen Unternehmensformen keinerlei Anteile von Bund oder Ländern gehalten, wodurch die Unabhängigkeit garantiert bleibt.
Im Protokoll (Nr. 32) über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Amsterdamer Vertrag wurde festgehalten, dass allein die Mitgliedstaaten berechtigt sind, den öffentlich-rechtlichen Auftrag bzw. dessen Finanzierung festzulegen, dennoch wurde die Finanzierung durch Rundfunkgebühren von der Europäischen Kommission bisher als Beihilfe angesehen.
Der gegenständliche Beschluss bezweckt daher eine präzise Trennung zwischen öffentlich-rechtlichen Aufgaben und anderen (kommerziellen) Aktivitäten des ORF, ein Erfordernis, das vor dem Hintergrund der Diskussion zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf europäischer Ebene von vorrangiger Bedeutung ist.
Neben den klassischen öffentlich-rechtlichen Aktivitäten soll dem ORF ermöglicht werden, dass er kommerzielle, gewinnorientierte Aktivitäten setzt (zB Spartenprogramme), die organisatorisch und rechnerisch getrennt vom öffentlich-rechtlichen Auftrag durchzuführen sind. Für die Durchführung dieser kommerziellen Aktivitäten, die der Genehmigung durch den Stiftungsrat bedürfen, kann der ORF Tochtergesellschaften gründen. Da diese kommerziellen Aktivitäten losgelöst vom öffentlich-rechtlichen Auftrag zu veranstalten sind, darf der ORF hierfür keine Programmentgelte verwenden.
Mit dieser klaren und transparenten Trennung in öffentlich-rechtliche und kommerzielle Aktivitäten werden für den ORF adäquate, an den Erfordernissen eines konvergenten wettbewerbsorientierten Medienumfelds orientierte Rahmenbedingungen geschaffen, die ihn im nationalen und internationalen Wettbewerb auch für die Zukunft als starken Teilnehmer positionieren sollen. Die klare Trennung von öffentlich-rechtlichem Auftrag und darüber hinausgehenden kommerziellen Aktivitäten ist notwendig, um allfälliger widmungswidriger Verwendung von Programmentgelten zur Finanzierung kommerzieller Aktivitäten und damit zur Verschaffung von Wettbewerbsvorteilen zu begegnen und EG-rechtlichen Bedenken hinsichtlich der Finanzierungsmodalitäten des ORF entgegenzuwirken.
Im Gesetzesbeschluss findet sich auch der an den ORF gerichtete Auftrag, für eine digital terrestrische Verbreitung seiner Programme zu sorgen. Die Umstellung auf die digitale Verbreitung wird sich an dem nach dem Privatfernsehgesetz zu erstellenden Digitalisierungskonzept zu orientieren haben. Nach dem Gesetzesbeschluss für ein Privatfernsehgesetz soll eine Arbeitsgemeinschaft „Digitale Plattform Austria“ eingerichtet werden, an der sich auch der ORF beteiligen kann und die in Zusammenarbeit mit der KommAustria wesentliche Vorarbeiten in Bezug auf die Einführung von digitalem terrestrischen Fernsehen und digitalen Zusatzdiensten in Österreich bis zum Jahr 2003 leisten soll.
Überdies bezweckt der Beschluss des Nationalrates auch eine deutliche Abgrenzung der für den ORF erlaubten und nicht-erlaubten Tätigkeiten im Zusammenhang mit Werbung und Sponsoring. Durch die neue Rechtslage werden zumindest die ökonomischen Rahmenbedingungen für die Etablierung privaten Rundfunks und somit ein Ausgleich zwischen öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk innerhalb des dualen Rundfunksystems in Österreich geschaffen.
Die Neuformulierung des öffentlich-rechtlichen Auftrages soll weiterhin die hohe Qualität der ORF-Programmangebote gewährleisten. Hervorzuheben sind auch die verstärkten Anforderungen, die autochthonen Volksgruppen zu berücksichtigen. Hier soll der ORF auch in Zusammenarbeit mit privaten Hörfunkveranstaltern (Volksgruppenradios) spezielle öffentlich-rechtliche Programmangebote anbieten.
Eine weitere zentrale Änderung zur bisherigen Rechtslage ist die Neugestaltung der Unvereinbarkeitsbestimmungen für alle Organe des ORF. Der Gesetzesbeschluss sieht insbesondere vor, dass politische Mandatare und Funktionsträger der Gebietskörperschaften bzw. Angestellte von politischen Parteien, Klubs und Bildungseinrichtungen der politischen Parteien sowie Mitarbeiter in Ministerbüros in Hinkunft nicht mehr in Organen des ORF vertreten sein dürfen.
Ebenso enthält der vorliegende Gesetzesbeschluss neue Regelungen zur Geschäftsführung des ORF, insbesondere mit einem Weisungsrecht des Generaldirektors.
Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 17. Juli 2001 mit Stimmenmehrheit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2001 07 17
Gottfried KNEIFEL Dipl.-Ing. Hannes Missethon
Berichterstatter Vorsitzender
DER BUNDESRAT HAT BESCHLOSSEN:
Gegen den Beschluss des Nationalrates vom 5. Juli 2001 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Aufgaben und Einrichtung des Österreichischen Rundfunks (Rundfunkgesetz - RFG) und das Arbeitsverfassungsgesetz 1974 geändert werden, keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2001 07 19
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SCHRIFTFÜHRUNG PRÄSIDENT DES BUNDESRATES