8309 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus

über den Antrag der Bundesräte Gottfried Kneifel, Albrecht Konecny, Peter Mitterer, Stefan Schennach, Stefan Zangerl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrags von Lissabon das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle) (180/A-BR/2010)

Die Bundesräte Gottfried Kneifel, Albrecht Konecny, Peter Mitterer, Mag. Harald Himmer, Mag.a Susanne Neuwirth, Georg Keuschnigg, Stefan Schennach und Stefan Zangerl haben am 4. Mai 2010 den Antrag betreffend ein Bundesverfassungsgesetz, mit dem zur Durchführung des Vertrags von Lissabon das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesverfassungsgesetz, mit dem besondere Bestimmungen für die Neuermittlung der Verteilung von nach der Wahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments 2009 zu vergebenden Mandaten durch die Bundeswahlbehörde erlassen werden, geändert werden (Lissabon-Begleitnovelle) eingebracht und wie folgt begründet:

 

„1.           Zu Artikel 23e Abs. 3

Mit der gegenständlichen Ergänzung wird die Bindungswirkung von „bindenden“ Stellungnahmen des Bundesrates zu Vorhaben im Rahmen der Europäischen Union im Sinne des Artikel 23e Abs. 3 jener von „bindenden“ Stellungnahmen des Nationalrates gleichgestellt. Sollte also der Bundesrat eine solche „bindende“ Stellungnahme beschließen, so darf der zuständige Bundesminister bei Verhandlungen und Abstimmungen in der Europäischen Union nur aus zwingenden integrations- und außenpolitischen Gründen von dieser Stellungnahme abweichen. Nunmehr wird ergänzt, dass eine Abweichung jedenfalls nur dann zulässig ist, wenn ihr der Bundesrat innerhalb angemessener Frist nicht widerspricht. Der zuständige Bundesminister hat dem Bundesrat nach der Abstimmung in der Europäischen Union unverzüglich Bericht zu erstatten und ihm gegebenenfalls die Gründe mitzuteilen, aus denen er von der Stellungnahme abgewichen ist.

 

2.             Zu Artikel 23g Abs. 3

Mit dieser Ergänzung in Artikel 23g Abs. 3 wird den Wünschen der Länder, die im Rahmen der Ausschussbegutachtung durch den Verfassungsausschuss des Nationalrates geäußert wurden, Rechnung getragen. Es wird nun ausdrücklich festgehalten, dass der Bundesrat bei einer Beschlussfassung einer Subsidiaritätsrüge die Stellungnahmen der Länder zu erwägen und die Landtage über die von ihm gefassten Beschlüsse betreffend eine Subsidiaritätsrüge zu unterrichten hat. In Abweichung zum Vorentwurf wurde das Wort „berücksichtigen“ durch das Wort „erwägen“ ersetzt, da diese Bestimmung sonst in einem ungeklärten Spannungsverhältnis zu Artikel 56 Abs. 1 B-VG betreffend das freie Mandat der Mitglieder des Bundesrates gestanden wäre.

 

 

 

3.             Zu Artikel 23h

Im Entwurf der Lissabon-Begleitnovelle 978/A (NR) wurde das Recht des Bundesrates, eine Subsidiaritätsklage zu erheben, weit eingeschänkt. Antrag 978/A schränkt das Recht des Bundesrates auf Erhebung einer Subsidiaritätsklage auf jene Gesetzgebungsakte im Rahmen der Europäischen Union ein, deren Durchführung die Erlassung bundesverfassungsgesetzlicher Bestimmungen erfordert, durch die die Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung oder Vollziehung gemäß Art. 44 Abs. 2 eingeschränkt wird, oder gegen einen unmittelbar anwendbaren Rechtsakt, der Regelungen enthält, die durch solche bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen getroffen werden müssten, beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage wegen Verstoßes gegen das Subsidiaritätsprinzip erheben. Dieser Teil des Gesetzentwurfes wurde ebenfalls in den Stellungnahmen der Länder kritisiert. Durch die Neuformulierung von Artikel 23h im gegenständlichen Antrag wird der Bundesrat bei der Erhebung einer Subsidiaritätsklage dem Nationalrat voll gleichgestellt. Der Bundesrat soll also zu jedem Gesetzgebungsakt im Rahmen der Europäischen Union beim Gerichtshof der Europäischen Union Klage erheben können.

 

Damit wird es dem Bundesrat ermöglicht, die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips – auch im Interesse der Länder – effektiv durchsetzen zu können.

 

Ebenfalls kann dadurch die komplizierte Bestimmung im Antrag 978/A (NR) betreffend Artikel 23h Abs. 2 zur Gänze entfallen. Die Rechtsnorm wird dadurch übersichtlicher, komplizierte Kompetenzfeststellungen entfallen. Schließlich erfährt der Bundesrat durch die Gleichstellung mit dem Nationalrat im Bereich der Subsidiaritätsklage eine deutliche Aufwertung im Verfassungsgefüge und im Rahmen der Mitwirkungsrechte der nationalen Parlamente bei der europäischen Gesetzgebung im Sinne des Vertrages von Lissabon.“

 

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Antrag in seiner Sitzung am 4. Mai 2010 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Georg Keuschnigg.

An der Debatte beteiligten sich die Bundesräte Dr. Franz Eduard Kühnel, Albrecht Konecny und Franz Perhab.

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, dem Hohen Haus die Annahme des gegenständlichen Antrages zu empfehlen.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Georg Keuschnigg gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus somit den Antrag, der Bundesrat wolle gemäß Artikel 41 Absatz 1 B-VG dem Nationalrat den angeschlossenen Gesetzesvorschlag zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung unterbreiten.

Wien, 2010 05 04

                              Georg Keuschnigg                                                                 Edgar Mayer

                                   Berichterstatter                                                                       Vorsitzender