8757 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Ausschusses für Verfassung und Föderalismus

über den Beschluss des Nationalrates vom 4. Juli 2012 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz geändert werden (ESM-Begleitnovelle)

Der gegenständliche Beschluss des Nationalrates wurde als Initiativantrag der Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Peter Wittmann, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen eingebracht und steht im Zusammenhang mit der Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes und das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes.

Es wird in die Verfassung ein Passus eingefügt, wonach der Nationalrat in Angelegenheiten des Europäischen Stabilitätsmechanismus mitwirkt. Dabei muss die Regierung bzw. die Finanzministerin insbesondere in drei Fällen die Genehmigung des Nationalrats bei Entscheidungen der ESM-Organe – Gouverneursrat und Direktorium – einholen: für Grundsatzbeschlüsse, einem EU-Mitgliedsstaat Finanzhilfe zu gewähren, bei einer Änderung der Finanzhilfeinstrumente sowie bei einer Veränderung des genehmigten Stammkapitals, einer Anpassung des maximalen Darlehensvolumens und bei Abruf von genehmigtem nicht eingezahlten Stammkapital. Darüber hinaus werden die Abgeordneten auch beabsichtigte Sekundärmarktinterventionen ablehnen können und die Möglichkeit erhalten, Stellungnahmen zu allen ESM-Angelegenheiten abzugeben.

Um eine rasche und flexible Abwicklung des parlamentarischen Mitwirkungsverfahrens zu ermöglichen, werden analog zum EU-Unterausschuss, zwei Ständige Unterausschüsse des Budgetausschusses eingerichtet, denen die Mitwirkungsrechte des Nationalrats übertragen werden. Einer dieser beiden Ausschüsse wird sich ausschließlich mit sekundärmarktrelevanten Maßnahmen, etwa den Aufkauf von Staatsanleihen, befassen und damit in einem kleinen Kreis die parlamentarische Beteiligung an vertraulichen Maßnahmen im Rahmen des ESM gewährleisten. Für die Beratungen der beiden Ständigen Unterausschüsse ist grundsätzlich Vertraulichkeit vorgesehen, Beschlüsse sollen in der Regel jedoch, gegebenenfalls zeitversetzt, verlautbart werden. Die österreichischen Mitglieder der ESM-Organe sind berechtigt, an den Sitzungen der beiden Unterausschüsse teilzunehmen.

Zentrale Entscheidungen, insbesondere der Beschluss, einem EU-Mitgliedstaat grundsätzlich Finanzhilfe zu gewähren, sowie eine Änderung der Finanzhilfeinstrumente, wird dem Plenum des Nationalrats vorbehalten bleiben. Nur bei besonderer Dringlichkeit ist ein Einspringen des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten vorgesehen. In solchen Fällen muss die Regierung das Plenum des Nationalrats jedoch im Nachhinein in Form einer Erklärung informieren, um eine öffentliche Debatte über die gesetzten Maßnahmen und deren Auswirkungen auf Österreich sicherzustellen.

Die Finanzministerin ist verpflichtet, dem Nationalrat regelmäßig über sämtliche im Rahmen des Euro-Schutzschirms getroffenen Maßnahmen zu berichten. Im Hinblick auf die zum Teil notwendige Wahrung der Vertraulichkeit gibt es besondere Vervielfältigungs- und Verteilungsregeln.

Die Berichte des Finanzministeriums gemäß Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz werden dem Budgetausschuss des Nationalrats, und nicht wie bisher dem Hauptausschuss, vorgelegt.

Dieser Beschluss des Nationalrates ist ein Fall des Artikel 44 Absatz 2 B‑VG und bedarf daher der in Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder und einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen zu erteilenden Zustimmung des Bundesrates.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 5. Juli 2012 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Josef Saller.

An der Debatte beteiligten sich die Bundesräte Hermann Brückl, Franz Perhab, Stefan Schennach, Mag. Gerald Klug, Gottfried Kneifel und Dr. Angelika Winzig sowie mit beratender Stimme die Bundesräte Marco Schreuder und Elisabeth Kerschbaum.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Josef Saller gewählt.

Der Ausschuss für Verfassung und Föderalismus stellt nach Beratung der Vorlage am 5. Juli 2012 mit Stimmenmehrheit den Antrag,

1.      gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben,

2.      dem vorliegenden Beschluss des Nationalrates gemäß Artikel 44 Absatz 2 B VG die verfassungs-mäßige Zustimmung zu erteilen.

Wien, 2012 07 05

                                    Josef Saller                                                                   Mag. Gerald Klug

                                   Berichterstatter                                                                    Stv. Vorsitzender