9483 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates
Bericht
des Justizausschusses
über den Beschluss des Nationalrates vom 12. November 2015 betreffend Viertes Zusatzprotokoll zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen
Der vorliegende Beschluss des Nationalrates hat die Vereinfachung und Beschleunigung des Auslieferungsverfahrens auch gegenüber Nicht-Mitgliedstaaten der EU zum Ziel.
Der gegenständliche Beschluss umfasst daher hauptsächlich folgende Maßnahmen:
Ratifikation des 4. Zusatzprotokolls zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen
Im Rahmen des Europarats wurde das 4. Zusatzprotokoll (in der Folge: 4. ZP) zum Europäischen Auslieferungsübereinkommen vom 10.11.2010 erarbeitet, das von Ö bisher zwar unterzeichnet aber noch nicht ratifiziert wurde.
Es orientiert sich weitestgehend an den entsprechenden, im Rahmen der EU erarbeiteten Rechtsinstrumenten (s. unten unter „Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der EU“) und sieht im Wesentlichen vor, dass die Auslieferung mit Zustimmung der auszuliefernden Person bereits auf der Grundlage des Fahndungsersuchens bewilligt werden kann. Eine derartige Möglichkeit besteht nach ö Recht bereits gemäß § 32 Abs. 1 des Auslieferungs- und Rechtshilfegesetzes (ARHG).
Mit der Zustimmung zur Auslieferung kann - abhängig von der Erklärung der Vertragsstaaten - ein automatischer Verzicht der gesuchten Person auf die Spezialität oder die Möglichkeit eines weiteren ausdrücklichen Verzichts auf die Spezialität verbunden werden.
Daneben wird die Durchführung des Auslieferungsverfahrens und die Übergabe der gesuchten Person an den ersuchenden Staat an kurze Fristen gebunden, wodurch die Dauer der Auslieferungshaft verringert werden kann.
Der gegenständliche Staatsvertrag ist gesetzändernd und gesetzesergänzend.
Eine Zustimmung des Bundesrates gemäß Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 2 B-VG ist nicht erforderlich, da keine Angelegenheiten, die den selbständigen Wirkungsbereich der Länder betreffen, geregelt werden.
Dem Nationalrat erschien bei der Genehmigung des Abschlusses des vorliegenden Staatsvertrages die Erlassung von besonderen Bundesgesetzen gemäß Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 4 B-VG zur Überführung des Vertragsinhaltes in die innerstaatliche Rechtsordnung nicht erforderlich.
Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 17. November 2015 in Verhandlung genommen.
Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Martin Weber.
Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Martin Weber gewählt.
Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 17. November 2015 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Wien, 2015 11 17
Martin Weber Dr. Magnus Brunner
Berichterstatter Stv. Vorsitzender