9707 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Beschluss des Nationalrates vom 15. Dezember 2016 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Strafprozessordnung 1975, das Geschworenen- und Schöffengesetz 1990, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz (ARHG) und das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) geändert werden (Strafprozessrechtsänderungsgesetz II 2016)

Der vorliegende Beschluss des Nationalrates hat folgendes zum Ziel:

1. Vollumsetzung der RL Rechtsbeistand.

2. Ermöglichung der Ergreifung sitzungspolizeilicher Maßnahmen auch außerhalb erstinstanzlicher Hauptverhandlungen im Rechtsmittelverfahren und in Haftverhandlungen.

3. Zulässigkeit der Diversion im Erwachsenenstrafrecht unter bestimmten Umständen auch bei Vorliegen einer Todesfolge.

4. Neugestaltung der „Kronzeugenregelung“ nach den §§ 209a und 209b StPO unter Klarstellung des Anwendungsbereichs und des Verfahrensablaufs unter Berücksichtigung bisheriger Erfahrungswerte und den Beratungen einer Expertengruppe sowie Verlängerung der Geltung um weitere fünf Jahre.

5. Möglichkeit der Korrektur einer fehlerhaften Entscheidung der Staatsanwaltschaft über die nachträgliche Fortsetzung nach vorläufigem Rücktritt von der Verfolgung (Diversion).

6. Vermeidung verfahrensunökonomischer Einbeziehungen im Fall einer Zuständigkeit kraft Zusammenhangs.

7. Klarstellung der Eigenschaft der Kosten einer Überstellung von Strafgefangenen zur weiteren Strafvollstreckung in das In- oder Ausland als Kosten des Strafverfahrens.

8. Vermeidung des Ausschlusses vom Amt als Schöffe oder Geschworener bei einer bloß unkonkreten und noch zu bestimmenden Verdachtslage.

 

Der gegenständliche Beschluss umfasst hauptsächlich folgende Maßnahmen:

1. Möglichkeit des Beschuldigten, vor seiner Vernehmung einen Verteidiger zu verständigen, beizuziehen und zu bevollmächtigen. Gesetzliche Verankerung und Ausbau des (bislang auf vertraglicher Basis mit dem ÖRAK betriebenen) Rechtsanwaltlichen Journaldienstes. Teilnahme eines Verteidigers auch bei der Vernehmung zu den Voraussetzungen der Untersuchungshaft. Klarstellung, dass eine aufgrund eines Europäischen Haftbefehls festgenommene Person das Recht hat, auch im Ausstellungsstaat desselben einen Verteidiger zu bevollmächtigen.

2. Zulässigkeit sitzungspolizeilicher Maßnahmen im Rahmen des Gerichtstags zur öffentlichen Verhandlung vor dem OGH, der Berufungsverhandlung vor dem jeweiligen Rechtsmittelgericht und der Haftverhandlung im Hauptverfahren.

3. Zulässigkeit der Diversion im Erwachsenenstrafrecht dann, wenn ein Angehöriger des Beschuldigten fahrlässig getötet wurde und eine Bestrafung im Hinblick auf die durch den Tod des Angehörigen beim Beschuldigten verursachte schwere psychische Belastung nicht geboten erscheint.

4. Klarstellung des Anwendungsbereichs der Kronzeugenregelung durch Regelung des Verhältnisses zwischen Kronzeugentat und aufzuklärenden Taten, Rechtssicherheit für den Kronzeugen (raschere Entscheidung und Rechtsanspruch bei Vorliegen aller Voraussetzungen), Harmonisierung mit § 41a StGB und Erfordernis des aktiven Herantretens des Kronzeugen an die Staatsanwaltschaft. Präzisierung, dass das Verfahren gegen den Kronzeugen wiederaufzunehmen ist, wenn seine Informationen keinen wesentlichen Beitrag zur Aufklärung der Straftat geliefert haben. Neuerliche Befristung der §§ 199, 209a und 209b StPO bis 31. Dezember 2021.

5. Schaffung eines zusätzlichen Einspruchsgrundes gegen die Anklageschrift bzw. Zurückweisungsgrundes des Strafantrags.

6. Abstellen auf den Zeitpunkt des Vorliegens einer rechtswirksamen Anklage in bestimmten Fällen der Zuständigkeit kraft Zusammenhangs.

7. Ausdrückliche Anführung der Kosten der Überstellung von Strafgefangenen in den in- oder ausländischen Strafvollzug in § 381 StPO.

8. Klarstellung, dass für den Ausschluss von der Ausübung des Amts als Schöffe oder Geschworener auf eine konkrete Beschuldigung abzustellen ist.

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Beschluss des Nationalrates in seiner Sitzung am 19. Dezember 2016 in Verhandlung genommen.

Berichterstatter im Ausschuss war Bundesrat Stefan Schennach.

An der Debatte beteiligten sich die Mitglieder des Bundesrates Mag. Klaus Fürlinger, Ingrid Winkler und Stefan Schennach.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Bundesrat Stefan Schennach gewählt.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 19. Dezember 2016 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

Wien, 2016 12 19

                               Stefan Schennach                                                            Mag. Susanne Kurz

                                   Berichterstatter                                                                        Vorsitzende