9902 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

Erstellt am 17.10.2017

Mit sichtbar gemachten Abänderungen bzw. Druckfehlerberichtigungen,

die im Plenum des Nationalrates beschlossen wurden

der Abgeordneten Angela Lueger,

Kolleginnen und Kollegen

 

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherzahlungskontogesetz geändert wird

 

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Verbraucherzahlungskontogesetz geändert wird

 

Der Nationalrat hat beschlossen:

 

Das Verbraucherzahlungskontogesetz – VZKG, BGBl. I  Nr.  35/2016, zuletzt geändert durch das

Bundesgesetz BGBl.  I Nr.  118/2016, wird wie folgt geändert:

 

1. Im Inhaltsverzeichnis wird nach dem Eintrag zu §  4 folgender Eintrag eingefügt:

       „§ „§ 4a                Entgeltansprüche unabhängiger Betreiber von Geldautomaten“

2. Dem §  4 wird folgender Abs.  2 angefügt:

„(2) Eine Vereinbarung, nach welcher der Verbraucher ein Entgelt für einzelne Bargeldabhebungen von seinem Zahlungskonto an Geldautomaten mit einer vom kontoführenden Zahlungsdienstleister zum Zahlungskonto ausgegebenen Zahlungskarte zu zahlen hat, ist unwirksam, es sei denn der Zahlungsdienstleister beweist, dass die Vertragsbestimmung mit dem Verbraucher im Einzelnen ausgehandelt worden ist.“

3. Nach § 4 wird folgender § 4a eingefügt:

Entgeltansprüche unabhängiger Betreiber von Geldautomaten

§ „§ 4a. Der Zahlungsdienstleister hat den Verbraucher von der Zahlung von Entgelten zu befreien, die ein Dienstleister gemäß §  2 Abs.  3 Z  15 ZaDiG vom Verbraucher für Bargeldabhebungen mit der zum Zahlungskonto des Verbrauchers ausgegebenen Zahlungskarte beansprucht.“

4. Dem § 36 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(43) Die §§ 4 Abs. 2 und 4a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2017 und die Änderung im Inhaltsverzeichnis treten mit 13. Jänner 2018 in Kraft.“

 

 

 

 

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf eine Erste Lesung, dem

Konsumentenschutzausschuss zuzuweisen.

Begründung

Allgemeiner Teil

 

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

In jüngster Zeit haben einzelne unabhängige Geldautomatenbetreiber damit begonnen, Verbrauchern für Bargeldabhebungen von ihrem Zahlungskonto mit der zu diesem Konto ausgegebenen Bankomatkarte Entgelte in Rechnung zu stellen, die in der Folge vom kontoführenden Kreditinstitut vom Zahlungskonto des Verbrauchers abgebucht werden. Das hat zu massiven Beschwerden der betroffenen Verbraucher geführt.

Außerdem gehen immer mehr Kreditinstitute dazu über, mit dem Verbraucher im Zahlungskonto- oder Zahlungskarten-Rahmenvertrag neben dem Kontoführungsentgelt und einem allfälligen Kartenentgelt auch Entgelte für einzelne Bargeldabhebungen mit der Bankomatkarte zu vereinbaren.

Eine derartige Praxis schränkt den Zugang des Verbrauchers zu Bargeld ein. Der Verbraucher kann sein auf dem Zahlungskonto befindliches, faktisch unverzinsliches Buchgeld nicht mehr bei Bedarf jederzeit in Bargeld umwandeln, ohne dem Zahlungsdienstleister dafür neben dem Kontoführungsentgelt oder dem Entgelt für die Ausstellung der Bankomatkarte ein gesondertes zusätzliches Entgelt zahlen zu müssen. Gleichzeitig ist aber anzuerkennen, dass Bargeldabhebungen an Geldautomaten Kosten verursachen, die letztendlich durch die vom Verbraucher im Zusammenhang mit dem Zahlungskonto zu zahlenden Entgelte abgedeckt werden müssen.

Um einen fairen Ausgleich dieser unterschiedlichen Interessen zu gewährleisten, soll in Zukunft die Vereinbarung von Entgelten für einzelne Geldabhebungen vom Zahlungskonto des Verbrauchers an Geldautomaten mit einer vom kontoführenden Kreditinstitut zum Konto ausgegebenen Bankomatkarte nur mehr dann zulässig sein, wenn

·            dem Verbraucher als Alternative auch ein Zahlungskonto zu einem Pauschalentgelt angeboten wird, bei dem mit diesem Entgelt auch alle Bargeldabhebungen abgegolten sind, und

·            der Verbraucher frei zwischen – zumindest diesen beiden - Kontotarifen wählen kann.

Dadurch können Verbraucher je nachdem, ob sie ihre Bankomatkarte häufig für Bargeldabhebungen an Geldautomaten verwenden oder nicht, den für ihre persönlichen Bedürfnisse jeweils passenden Kontotarif auswählen.

Um den Verbraucher auch vor Entgelten zu schützen, die unabhängige Betreiber von Geldautomaten für Abhebungen mit der Bankomatkarte beanspruchen, soll der kontoführende und kartenausgebende Zahlungsdienstleister verpflichtet werden, den Verbraucher von der Zahlung solcher Entgelte zu befreien.

 

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 (Geld- und Bankwesen), Z 6 (Zivilrechtswesen) und Z 16 B-VG (Einrichtung der Bundesbehörden und sonstigen Bundesämter).

 

Besonderer Teil

Zu § 4 Abs. 2:

Die Bestimmung betrifft nur Bargeldabhebungen mit der vom kontoführenden Zahlungsdienstleister zum Zahlungskonto ausgegebenen Debitkarte (Bankomatkarte), nicht aber Bargeldabhebungen mit einer Kreditkarte.

§ 4 Abs. 2 soll im Grundsatz gewährleisten, dass der Verbraucher sein auf dem Zahlungskonto befindliches Buchgeld bei Bedarf jederzeit in Bargeld umwandeln kann, ohne dem Zahlungsdienstleister dafür neben dem Kontoführungsentgelt oder dem Entgelt für die Ausstellung der Bankomatkarte ein gesondertes zusätzliches Entgelt zahlen zu müssen. Es wäre unangemessen, wenn der Verbraucher eine zusätzliche Vergütung dafür schuldete, dass er sein eigenes auf dem Zahlungskonto befindliches, in der Regel unverzinsliches Sichteinlagenkapital dem Zahlungsdienstleister nicht weiter belässt, sondern es zurückfordert.

Unberührt bleibt jedoch in jedem Fall die Möglichkeit, im Rahmenvertrag mit dem Verbraucher für die Ausstellung der Zahlungskarte ein Entgelt zu vereinbaren oder die zu erwartenden Kosten der Bargeldabhebungen bei der Kalkulation des mit dem Verbraucher vereinbarten Entgelts für die Kontoführung zu berücksichtigen. § 4 Abs. 2 dient daher auch der Preistransparenz, indem die

Bestimmung den Zahlungsdienstleister grundsätzlich dazu zwingt, die Kosten der Bargeldabhebungen des Verbrauchers bereits bei der Kalkulation des Entgelts für die Kontoführung und/oder die Ausstellung der Bankomatkarte pauschal zu berücksichtigen.

Die Vereinbarung eines gesondertes Entgelts für Bargeldabhebungen soll jedoch dann wirksam sein, wenn die Vereinbarung mit dem Verbraucher im Sinne des § 6 Abs. 2 KSchG im Einzelnen ausgehandelt wird und der Verbraucher daher bei Abschluss des Rahmenvertrags die Möglichkeit hat, auch einen anderen Zahlungskontotarif zu wählen, der keine gesonderten Entgelte für Bargeldabhebungen mit der Bankomatkarte vorsieht, der Verbraucher sich aber freiwillig für den Tarif mit gesonderten Entgelten entscheidet. Von einem „im Einzelnen Aushandeln“ kann aber nur dann die Rede sein, wenn der Verbraucher nicht nur eine scheinbare Wahlmöglichkeit hat, sondern er zwischen zwei grundsätzlich gleich guten Tarifmodellen wählen kann, bei denen es vom jeweiligen Nutzungsverhalten des Verbrauchers abhängt, welches der beiden Modelle für ihn letztendlich günstiger sein wird.

§ 4 Abs. 2 berührt nicht andere gesetzliche Bestimmungen, welche die Zulässigkeit der Vereinbarung oder Verrechnung von Entgelten für Zahlungsdienste betreffen, wie insbesondere § 27 Abs. 2 ZaDiG oder § 6 Abs. 3 KSchG. Diese anderen Bestimmungen bleiben daher neben § 4 Abs. 2 weiterhin uneingeschränkt maßgeblich.

Zu § 4a:

Unabhängige Geldautomatenbetreiber gemäß § 2 Abs. 3 Z 15 ZaDiG haben in letzter Zeit in vielen Mitgliedstaaten insbesondere in dünn besiedelten Gebieten, aber auch an stark frequentierten Stellen wie Flughäfen oder touristischen Hotspots an Bedeutung gewonnen (Erwägungsgrund 18 der Richtlinie (EU) 2015/2366). Auch in Österreich ist ihr Marktanteil gestiegen. Seit Sommer 2016 machen solche Dienstleister Bargeldabhebungen teilweise von der Vereinbarung eines Entgelts in der Höhe von derzeit 1,95 Euro abhängig.

Diese Praxis ist aus der Sicht des Verbraucherschutzes nicht nur aus den Gründen problematisch, wegen der die Vereinbarung von Behebungsgebühren in einem Rahmenvertrag gemäß § 4 Abs. 2 nur mehr eingeschränkt möglich sein soll. Es besteht auch die Gefahr, dass in Zukunft Verbraucher, die hauptsächlich auf Geldautomaten unabhängiger Betreiber angewiesen sind, weil sich in der Nähe ihres Wohnorts keine anderen Geldautomaten mehr befinden, letztendlich höhere Entgelte für die Nutzung ihrer Bankomatkarte zahlen müssen.

Mit der dem kontoführenden und kartenausgebenden Zahlungsdienstleister in § 4a auferlegten Verpflichtung, den Verbraucher von allfälligen Entgeltansprüchen unabhängiger Dienstleister gemäß § 2 Abs. 3 Z 15 ZaDiG zu befreien, soll daher auch gewährleistet werden, dass die Kosten des Bargeldbezugs nicht vom Wohnort des Verbrauchers abhängen. Gleichzeitig hat der unabhängige Dienstleister weiterhin die Möglichkeit, bei Bedarf Entgelte zu vereinbaren. Damit besteht auch nicht die Gefahr einer Aufgabe von Bankomatstandorten, die ohne solche Entgelte nicht kostendeckend aufrechterhalten werden könnten.

§ 4a hindert den Zahlungsdienstleister selbstverständlich nicht daran, den Verbraucher für Bargeldabhebungen an Automaten unabhängiger Betreiber Entgelte zu verrechnen, die im Rahmenvertrag gemäß § 4 Abs. 2 wirksam vereinbart worden sind und die unabhängig davon anfallen, an welchem Geldautomaten die Abhebung erfolgt.

Zu § 36 Abs. 3:

Die §§ 4 Abs. 2 und 4a sollen mit 13. Jänner 2018 in Kraft treten.