Parlament Österreich

 

 

 

IV-100 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 29.  Juni 2016

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 29. Juni 2016

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Tagesordnung

 

 

 

 

1.    COM(2016) 283 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden

(105209/EU XXV.GP)

 

2.    COM(2016) 289 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Maßnahmen gegen Geoblocking und andere Formen der Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder des Ortes der Niederlassung des Kunden innerhalb des Binnenmarkts sowie zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG

(105183/EU XXV.GP)

 

3.    COM(2016) 384 final

Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1370/2013 mit Maßnahmen zur Festsetzung bestimmter Beihilfen und Erstattungen im Zusammenhang mit der gemeinsamen Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse hinsichtlich der mengenmäßigen Beschränkung für den Ankauf von Magermilchpulver

(107334/EU XXV.GP)

 

4.    COM(2016) 399 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 in Bezug auf Vorschriften für Roamingvorleistungsmärkte

(108001/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

Vor Eingang in die Tagesordnung berichtete Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) über aktuelle Entwicklungen:

 

Seit dem letzten Ausschuss ist folgendes Antwortschreiben der EU-Kommission auf Beschlüsse des EU-Ausschusses eingegangen:

 

·         Antwortschreiben der Europäischen Kommission zur begründeten Stellungnahme des Bundesrates vom 30. März 2016 zur Verordnung zur sicheren Gasversorgung sowie zum Mechanismus für den Informationsaustausch im Energiebereich.

 

Folgende Stellungnahmen der Länder sind eingegangen:

 

·         Stellungnahme des Vorarlberger Landtags betreffend die Entsenderichtlinie

 

·         Stellungnahme des Steiermärkischen Landtags betreffend die Öffentliche Konsultation zu einem Vorschlag für ein verbindliches Transparenzregister.

 

 

Darüber hinaus sind folgende Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte eingegangen:

 

·         Vorschlag für eine Verordnung zur Erhöhung der Beteiligung von Verbrauchern an der Gestaltung der Unionspolitik im Bereich Finanzdienstleistungen für den Zeitraum 2017-2020

 

·         Paket zu Fahrgastschiffen

 

 

 

 

 

 

Als ExpertInnen standen dem Ausschuss zur Verfügung:

 

·         Mag. Iris Podbelsek-Auer (BM f. Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz)

·         Mag. Erika Ummenberger-Zierler (BM f. Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft)

·         MR Erich Ruetz (BM f. Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft)

·         Mag. Huberta Maitz-Straßnig (WKÖ)

·         Dr. Artur Schuschnigg (WKÖ)

 

 

 

 

 

 

 

Bundesrat Stefan Schennach (S/W) berichtete über die letzte Sitzung der COSAC:

 

·         Österreich und Deutschland haben darauf gedrängt, das Thema Flüchtlingsbewegung und Migration zu erörtern.

·         Hauptthema war die Digitalisierung als  d i e  Herausforderung in vielen Bereichen

·         Weiteres Thema: Erneuerbare Energie

 

 

 

CETA

 

Bevor die Debatte zu den einzelnen Tagesordnungspunkten begann, gingen die Ausschussmitglieder kritisch auf die Aussage der EU-Kommission ein, CETA, das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, als eine reine EU-Angelegenheit und damit nicht als gemischtes Abkommen zu qualifizieren. Allgemeiner Tenor war: "So kann man mit den Mitgliedstaaten nicht umgehen!" Wenn man mit einer derartigen Arroganz vorgeht, werde man die Akzeptanz der EU durch die Bevölkerung nicht erhöhen, und das sei vor allem nach der "Brexit"-Entscheidung der Briten umso unverständlicher. Damit versuche die Kommission, die Mitsprache der nationalen Parlamente auszuschalten, so die Kritik.

 

Niemand im Ausschuss konnte die Einschätzung nachvollziehen, dass es sich bei CETA um ein reines Handelsabkommen handeln soll. Das sei "reine Augenauswischerei", sagte Stefan Schennach (S/W), denn darin seien auch die Dienstleistungen inkludiert. Außerdem müsse man CETA und TTIP als Zwillinge betrachten. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) sprach in diesem Zusammenhang von einem "Husarenstück" der EU-Kommission. Im Ausschuss erinnerte man auch daran, dass der Bundesrat zu diesem Thema bereits zwei Mal eine Stellungnahme beschlossen hat, in der er darauf drängte, CETA und TTIP als gemischte Abkommen zu bewerten

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Verbraucherschutz

 

 

Kritisch bis ablehnend waren die Reaktionen im EU-Ausschuss des Bundesrats auf das Vorhaben der EU-Kommission, die bestehende grenzüberschreitende Zusammenarbeit der zuständigen nationalen Behörden zur Durchsetzung des Verbraucherschutzes neu zu regeln. Die Kommission begründet ihren Vorstoß für den aktuellen Verordnungsvorschlag damit, dass die derzeit geltenden diesbezüglichen Bestimmungen (CPC-Verordnung) zwar zu Verbesserungen geführt hätten, jedoch bestehe weiterhin ein hohes Maß an Verstößen gegen grundlegende Verbrauchergesetze. Diese beträfen vor allem den Internet-Handel. Das gehe aus einer 2012 begonnenen externen Bewertung und aus einer öffentlichen Konsultation hervor.

 

Während das Sozialministerium weitgehend hinter dem Vorschlag steht, hagelte es seitens des Wirtschaftsressorts und der Wirtschaftskammer harte Kritik. Das Vorhaben sei überschießend, greife tief in nationale Belange ein und trete den Rechtsstaat mit Füßen, so die Bewertung der Wirtschaft. Auch die Bundesrätinnen und Bundesräte äußerten teilweise gravierende Bedenken, wobei sie durchaus Verständnis für einen verbesserten Schutz der KonsumentInnen, vor allem im Bereich des Internethandels, zeigten. Für Ärger sorgten bei allen auch die zahlreich ins Auge gefassten delegierten Rechtsakte, die bei näherer Ausgestaltung der Verordnung das Mitspracherecht der Mitgliedsländer unterminieren. Man kam daher überein, die Frage abermals auf die Tagesordnung des nächsten Ausschusses am 13.Juli 2016 zu setzen.

 

 

Die geltende CPC-Verordnung hat ein Netzwerk von Behörden ins Leben gerufen, die für die Überwachung der Durchsetzung der Gesetze zum Verbraucherschutz zuständig sind. Sie greift ausschließlich bei Verstößen, die innerhalb der EU begangen werden, und zielt darauf ab, die Verletzung von Verbraucherschutzregeln zu vermeiden, falls VerkäuferInnen und KundInnen in verschiedenen Ländern angesiedelt sind. Jedes EU-Land benennt die Behörden, die für die Durchsetzung von Verbraucherschutzgesetzen zuständig sind und sich zu einem Netzwerk der gegenseitigen Unterstützung zusammenfinden. In jedem Land stellt eine zentrale Verbindungsstelle die Koordinierung unter den nationalen Behörden sicher. Das Netzwerk ermöglicht es den nationalen Behörden, Informationen auszutauschen und mit ihren KollegInnen in anderen EU-Ländern zusammenzuarbeiten.

 

Diese Zusammenarbeit bezieht sich auf Verbraucherschutzregelungen, die eine ganze Reihe von Aspekten abdecken, wie beispielsweise unlautere Geschäftspraktiken, missbräuchliche Vertragsklauseln, elektronischer Handel, vergleichende Werbung, Pauschalreisen, Teilzeitnutzungsrechte, Fernabsatzgeschäfte und Rechte von Reisenden.

 

Um Verstöße zu unterbinden, die gleichzeitig in mehreren oder allen EU-Ländern auftreten, ist es den Behörden erlaubt, gemeinsame Maßnahmen zu ergreifen, wie z. B. sogenannte "Sweep"-Untersuchungen, die das EU-weite Sichten von Internetseiten eines bestimmten Sektors (Flugscheine, herunterladbarer digitaler Inhalt usw.) im Rahmen einer jährlichen Aktion unter Führung der Europäischen Kommission beinhalten.

 

Um die grenzüberschreitende Durchsetzung der Verbraucherrechte effizienter zu gestalten - insbesondere auch im Hinblick auf neue Herausforderungen im digitalen Bereich - regt die Kommission eine Überarbeitung der bestehenden Rechtsvorschriften an. So wird beispielsweise der Anwendungsbereich ausgedehnt und sämtliche Passagierrechteverordnungen erfasst. Ebenso sollen die unionsrechtlichen Vorschriften zu Wohnimmobilienkreditverträgen und Zahlungskonten von den neuen Bestimmungen berührt sein. Zudem beabsichtigt man, das Diskriminierungsverbot gemäß der Dienstleistungsrichtlinie aufzunehmen.

 

Nun sollen die Behörden weitergehende Mindestbefugnisse erhalten. Das betrifft Zugangsrechte zu Daten und Dokumenten, die auch durch Hausdurchsuchungen erzwungen werden können. Erlaubt sein soll auch Mystery Shopping sowie die Sperre von Webseiten im Fall betrügerischer Praktiken. Die Behörden sollen zudem Sanktionen, einschließlich Geldbußen und Zwangsgelder, verhängen können.

 

 

Die Kritik richtete sich vor allem gegen diese Ausdehnung der Mindestbefugnisse. Geldbußen und Hausdurchsuchungen gehen tief in das Strafrecht und damit in nationales Recht hinein, merkte etwa Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) an, der damit das Subsidiaritätsprinzip verletzt sieht. Die Expertin des Wirtschaftsministeriums sprach von gravierenden Eingriffen in das österreichische Behördensystem, womit die Kommission die Grenze weit überschreite. Das Ganze passe nicht zum heimischen Vollziehungssystem, die Kommission wolle den Nationalstaaten Kompetenzen wegnehmen und für sich mehr Machtbefugnisse einräumen, fasste sie ihre Ablehnung zusammen. Auch das Justizministerium hege große Bedenken gegen den Vorschlag, sagte sie und zeigte sich zudem skeptisch, dass man mit dem Vorschlag der Abzocke Herr werde.

 

Völlige Ablehnung kam auch von der Wirtschaftskammer. Über den Umweg einer technischen Verordnung würden materiellrechtliche Änderungen vorgenommen, die nationale Kompetenzen betreffen, sagte der Wirtschaftsvertreter. Auch er hält es für inakzeptabel, dass die EU-Kommission in das nationale Strafrecht eingreifen möchte, und ortete einen Tendenz, dass nur die KosnumentInnen Recht bekommen sollen. Er warnte davor, dass die Kommission in Zukunft eine Behörde eines anderen EU-Landes bestimmen könne, in Österreich tätig zu werden. Selbstverständlich müssten betrügerische Handlungen geahndet werden, das sei aber Sache der Mitgliedstaaten, betonte er. Außerdem gebe es einen Unterschied zwischen einer betrügerischen Handlung und einer kleinen Verletzung einer Informationspflicht. Er widersprach auch dem Sozialministerium und meinte, für Unternehmen gebe es neue Hürden. Die Verordnung stelle nämlich nicht nur auf den Internethandel ab. Die Verhältnismäßigkeit ist seiner Meinung nach nicht gewahrt, der Rechtsstaat werde mit Füßen getreten.

 

Ganz anders die Einschätzung der Vertreterin des Sozialministeriums, die gegenüber der vorgebrachten Kritik in Abrede stellte, dass die Kommission Durchsetzungsbefugnisse bekomme. Diese bleiben ihr zufolge bei den nationalen Behörden, die EU-Kommission habe nur eine Koordinierungsfunktion. Es liege nach wie vor im Ermessen der Behörde, welche Maßnahmen sie ergreift, warb die Beamtin des Sozialressorts für die positivere Beurteilung der Vorlage. Sie hält es für notwendig, gemeinsam gegen grenzüberschreitende Parallelverstöße vorzugehen. Einzelstaaten hätten keine Handhabe dagegen.

 

 

Verständnis für die Intention der Kommission zeigten Stefan Schennach (S/W) und Heidelinde Reiter (G/S). Gerade beim Internethandel, der rasch wachse, ende die Oberhoheit nationaler Behörden, sagte Schennach. Dennoch hielt er viele Gegenargumente zum Entwurf für schwerwiegend. Reiter wies darauf hin, dass gerade beim Internethandel die Verstöße gegen das Verbraucherrecht über 32% liegen, und das sei "nicht nichts". Sie sieht daher Handlungsbedarf.

 

Martin Preineder (V/N) zweifelte daran, dass die geplanten Maßnahmen mehr Rechtssicherheit für die KonsumentInnen bringen. Sicherlich bringen sie aber eine zusätzliche Belastung der Klein- und Mittelbetriebe, die man so nicht hinnehmen dürfe. Er wandte sich auch gegen eine Ausweitung der Kompetenzen für die Kommission. Wo Kriminalität im Spiel ist, sei es notwendig, entsprechend vorzugehen, es gehe aber nicht an, den Rechtsstaat auszuhebeln, meinte Bernhard Rösch (F/W). Monika Mühlwerth (F/W) brachte die Eigenverantwortung ins Spiel und warnte davor, die VerbraucherInnen vor sich selbst zu schützen. BürgerInnen sein auch selbst verantwortlich und mündige BürgerInnen müssten auch mündige KonsumentInnen sein. Den Kommissionsvorschlag hält sie daher bei aller Sympathie für den Verbraucherschutz für überschießend. Derartige Schritte würden die Menschen nur in ihrer Auffassung bestärken, dass sich die EU in alles einmischt, anstatt sich um große Dinge zu kümmern. Sie schlug daher vor, beim nächsten Mal dazu eine Mitteilung zu verabschieden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geoblocking

 

 

Auf große Skepsis stieß ebenfalls der Vorschlag der EU-Kommission zur Vermeidung von  ungerechtfertigtem "Geoblocking". Unter diesem Begriff versteht man die im Internet eingesetzte Technik zur regionalen Sperrung von Internetinhalten durch den Anbieter. Die heimische Einschätzung dazu ist von Skepsis geprägt, Nachteile sowohl für die kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) sowie für die KonsumentInnen werden nicht ausgeschlossen. Im Ausschuss war von Verletzung des Subsidiaritätsprinzips die Rede. Bundesrat Ferdinand Tiefnig (V/O) äußerte Sorge hinsichtlich tiefer Eingriffe in die unternehmerische Freiheit der KMU und befürchtete, die EU gehe immer weiter in Richtung amerikanisches System. Dahin deute auch TTIP, sagte er. Der Ausschuss wird sich daher abermals mit der Materie in seiner Juli-Sitzung befassen.

 

Der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zielt darauf ab, umfassend gegen eine direkte oder indirekte Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnsitzes und damit gegen eine künstliche Segmentierung des Marktes vorzugehen. Anbieter dürfen laut Gesetzesentwurf in Hinkunft den Zugang zu Websites und anderen Online-Schnittstellen nicht mehr aus Gründen des Wohnsitzes sperren oder beschränken und auch Kundinnen und Kunden nicht von einer Länderversion auf eine andere weiterleiten. Somit sollte künftig jeder Europäer und jede Europäerin in der EU digital überall zu gleichen Bedingungen kaufen können. Eine Diskriminierung von Kundinnen und Kunden, die Dienstleistungen oder Waren in einem anderen Mitgliedstaat online oder vor Ort erwerben wollen - sei es durch unterschiedliche Preise, Verkaufs- oder Zahlungsbedingungen – ist demnach verboten. Vorgesehen sind Verkaufspflichten bei Waren, wenn die KäuferInnen die Waren übernehmen, bei Dienstleistungen, wenn sie vor Ort konsumiert werden.

 

Seitens des Wirtschaftsministeriums und der Wirtschaftskammer warnte man vor einem massiven Eingriff in die Vertragsfreiheit durch den Kontrahierungszwang - darunter versteht man die rechtliche Verpflichtung, mit einem anderen ein Rechtsverhältnis zu begründen, das heißt in der Regel, einen Vertrag zu schließen.

 

Gerade die KMU seien überfordert, sämtliche Konsumentenschutzrechte, die in den EU-Mitgliedstaaten unterschiedlich ausgeprägt sind, zu beachten, argumentiert man die Ablehnung des Entwurfs durch die Wirtschaft. Um sich daher nicht in Gefahr einer teuren Abmahnung zu begeben, können die Unternehmen derzeit angeben, an welches Publikum sie sich wenden und welche Lieferbeschränkungen es gibt. Daher befürchtet man – sollte die Verordnung in Kraft treten - zusätzliche Bürokratie und eine übermäßige Auferlegung von Pflichten für die KMU, vor allem in Bezug auf unterschiedliche Garantie- und Gewährleistungsansprüche bzw. sonstige Rechtsvorschriften für KonsumentInnen. Es könnte auch sein, dass das in Österreich beliebte Zahlungsmodell "Zahlung auf Rechnung" nicht mehr angeboten werden könnte, weil ein KMU nicht das Risiko eingehen wird, in einem anderen Land Zahlung auf Rechnung anzubieten, gibt das Wirtschaftsministerium zu bedenken. Die KMU könnten infolgedessen davon abgehalten werden, Web-shops einzurichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Milchmarkt

 

 

"Kritische Zustimmung" gab es von den Mitgliedern des EU-Ausschusses des Bundesrats zum Verordnungsvorschlag der EU-Kommission, die mengenmäßige Beschränkung für den Ankauf von Magermilchpulver zum Fixpreis in die öffentliche Intervention von derzeit 218.000 t auf 350.000 t anzuheben.

 

Die Maßnahme wird von der EU Kommission mit der Diskrepanz zwischen Milcherzeugung und Milchmarkt begründet. "Die weltweite Nachfrage nach Milch und Milcherzeugnissen hat sich im Laufe des Jahres 2015 insbesondere aufgrund der Verhängung und Verlängerung des russischen Einfuhrverbots und des Rückgangs der Exporte nach China, dem weltweit größten Importeur von Milcherzeugnissen, verschlechtert. Gleichzeitig ist das Angebot an Milch in den wichtigsten Milchausfuhrgebieten allgemein gestiegen", skizziert die Kommission in der Begründung für die Verordnung die prekäre Milchmarktlage. Dazu kommt, dass nach Auslaufen der Milchquotenregelung die Milcherzeugung in der EU zugenommen hat. Die erzeugten Überschussmengen von Milch müssen zu langfristig lagerfähigen Erzeugnissen - wie z. B. Butter und Magermilchpulver - verarbeitet werden. Im Jahr 2015 hat die Erzeugung von Magermilchpulver um 8,1% und jene von Butter um 4,7% zugenommen, rechnet die Kommission vor. Man schätzt, dass 2016 in der EU mit einem weiteren Anstieg der Milchanlieferungen um 1,4% zu rechnen ist. Infolgedessen sind auch die Preise für Magermilchpulver zurückgegangen, auch bei Butter ist ein Abwärtstrend festzustellen.

 

Die Verordnung aus dem Jahr 2013 ermöglicht es nun, mengenmäßige

Beschränkungen für den Ankauf von Butter und Magermilchpulver zum Festpreis festzusetzen (ursprünglich 50.000 Tonnen für Butter und 109.000 Tonnen für Magermilchpulver). Sobald diese Grenzen erreicht sind, erfolgt der Ankauf im Wege eines Ausschreibungsverfahrens zur Festsetzung des Höchstankaufspreises. Aufgrund der problematischen Marktlage im Milchbereich wurde bereits heuer die Höchstgrenze für den Ankauf von Butter und Magermilchpulver zum Festpreis auf das Doppelte angehoben.

 

Die ursprüngliche Beschränkung für Magermilchpulver von 109.000 Tonnen war bereits am 31. März 2016 erreicht worden. Nach der erfolgten Anhebung lagen dann die wöchentlich angekauften Mengen an Magermilchpulver wesentlich höher als zu Beginn des Jahres, sodass aller Wahrscheinlichkeit nach die neue Obergrenze schnell erreicht sein wird, prognostiziert die Kommission. Daher soll nun die mengenmäßige Beschränkung für den Ankauf von Magermilchpulver zum Festpreis abermals hinaufgesetzt werden. Für Butter ist eine solche nicht vorgesehen.

 

 

Grundsätzlich stieß die Maßnahme auf breite Zustimmung, da sie hilft, die Preise zu stabilisieren. Man war sich jedoch weitgehend darüber einig, dass man auf die Dauer nicht so weiter machen könne. Die Bundesräte Ewald Lindinger (S/O) und Bernhard Rösch (F/W) führten ins Treffen, dass sich die Marktsituation kaum ändern werde und man daher mit Interventionsankäufen langfristig nicht das Auslangen werde finden können. Außerdem machte Rösch auf die negativen umweltpolitischen Aspekte der Magermilchproduktion aufmerksam: Sie verursache einerseits hohe Energiekosten und entziehe durch den Billigexport in afrikanische Länder der dortigen bäuerlichen Bevölkerung die Existenzgrundlage.

 

Ebenso unterzog Heidelinde Reiter (G/S) die Politik auf dem Milchsektor im Speziellen und die Agrarpolitik generell einer Kritik. Seit Jahrzehnten laufe die Entwicklung in eine falsche Richtung ungebremst weiter, die Katastrophe habe man schon lange kommen gesehen, die Politik habe jedoch in keiner Weise gegengesteuert, fasste Reiter ihren Standpunkt zusammen. Die Lebensmittelproduktion könne man selbstverständlich nicht mit anderen Produktionsbereichen vergleichen, die Massenproduktion sei weit davon entfernt, was man von einer artgerechten Haltung und einer ökologischen Landwirtschaft erwartet. Auch in Österreich gehe die Lebensmittelproduktion in Richtung Masse, die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft könne sich derzeit schon kaum mehr halten, so der sorgenvolle Befund Reiters. Was man damit verliert, sei unschätzbar.

 

Diese Sicht der Dinge teilten auch die beiden Bundesräte Martin Preineder (V/N) und Ferdinand Tiefnig (V/O). Der Interventionsankauf von Magermilchpulver könne nur eine temporäre Maßnahme darstellen, meinten beide, man müsse vor allem die Bergbauern unterstützen, die durch die derzeitige große Überproduktion vor existenzielle Probleme gestellt seien. Nach dem Wegfall der Milchquote sei der Milchpreis gefallen, da vor allem Irland und die Niederlande ihre Produktion stark gesteigert haben. Es sei daher notwendig, die Problematik in den Griff zu bekommen, denn Österreich produziere zu anderen Konditionen, sagte Tiefnig, der in diesem Zusammenhang anregte, über internationale Marktschranken im Lebensmittelbereich nachzudenken. Dabei hat er vor allem auch die Verdrängung von Palmöl im Visier.  Preineder forderte zudem nationale Hilfsmaßnahmen ein, insbesondere zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der bäuerlichen Betriebe sowie zur Unterstützung, um die Milchproduktion zu modernisieren. Mit Modernisierung sei selbstverständlich nicht "mehr und größer" gemeint, reagierte Preineder auf einen Einwurf von Bundesrätin Reiter, sondern artgerechter und kundengerechter.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Roamimg

 

 

Roamingaufschläge innerhalb der EU sollen ab 15. Juni 2017 der Vergangenheit angehören. So sieht es jedenfalls der Plan der EU vor. Das bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt den KundInnen, sollten sie die Dienste im EU-Ausland in Anspruch nehmen, diese zum nationalen Preis verrechnet werden. Eine Einschränkung ist insofern vorgesehen, als eine "angemessene Nutzung", die so genannte "Fair Use Policy", vorausgesetzt wird. Wie diese genau ausgestaltet sein soll, will die EU-Kommission in einem Gesetzgebungsakt bis zum 15. Dezember 2016 festsetzen. Erste Schritte zur Abschaffung der Endkundenroamingaufschläge gibt es in einer Art Übergangsphase seit dem 30. April dieses Jahres. Während dieser Zeit darf der Betreiber zusätzlich zum inländischen Endkundenpreis einen Roamingaufschlag verrechnen, dabei ist jedoch eine Obergrenze gesetzt.

 

Voraussetzung für die gänzliche Abschaffung der Roamingaufschläge sind aber weitere flankierende Maßnahmen, damit es zu keiner Verfälschung der Wettbewerbsbedingungen auf den Inlandsmärkten kommt. Daher müssen die nationalen Roamingvorleistungsmärkte – das ist der physische Zugang zur Netzinfrastruktur – vom Wettbewerb geprägt sein und keine überhöhten Entgelte verlangen, damit die Betreiber die Roamingdienste für die Endkunden auch ohne Aufschläge anbieten können.

 

Diesen Wünschen Österreichs ist man mit einem entsprechenden Verordnungsvorschlag nachgekommen, wie die Vertreterin des Infrastrukturministeriums gegenüber dem EU-Ausschuss des Bundesrats betonte. Unter anderem wird den Parteien einer Vorleistungsvereinbarung die Möglichkeit eingeräumt, von den vorgeschriebenen Obergrenzen für Roamingvorleistungsentgelte abzuweichen. Auch werden Änderungen an den bestehenden Bestimmungen zur Festsetzung der durchschnittlichen Höchstbeträge der Roamingvorleistungsentgelte für Anrufe, SMS  und Datenverkehr vorgenommen und die betreffenden Werte geändert. Bei Streitigkeiten über Leistungen, die zur Bereitstellung regulierter Roamingvorleistungsdienste erforderlich sind, soll das GEREK (Gremium europäischer Regulierungsbehörden für elektronische Kommunikation) konsultiert werden. Schließlich sind Änderungen an der Überprüfungsklausel vorgesehen, um die Kohärenz nach dem Inkrafttreten des Roamings zu Inlandspreisen zu gewährleisten und um die Datenerfassungsbefugnisse des GEREK im Hinblick auf die Überprüfung klarzustellen.

 

Auch wenn das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie den Vorschlag grundsätzlich begrüßte, ortet man dennoch weiteren Spielraum für Absenkungen, wie die Erläuterungen des Ressorts festhalten. Kritisch äußert sich das Ministerium auch im Hinblick darauf, dass der EU-Gesetzesentwurf auch andere Umsetzungsrechtsakte vorsieht, wie Regelungen zur "fairen Nutzung der Roamingdienste" und zur "Bewertung der Tragfähigkeit der Abschaffung der Roamingaufschläge". Diese Umsetzungsrechtsakte werden von der Europäischen Kommission aber erst gegen Ende des Jahres vorgelegt, sie beinhalten allerdings sehr wichtige Parameter, die eigentlich zur umfassenden Beurteilung der Tragfähigkeit der nun vorliegenden Verordnung relevant wären, wird betont. Österreich fehlt zudem die Einbeziehung der mobilen virtuellen Netzbetreiber, die sich auf die Preisentwicklung positiv ausgewirkt hätten.

 

Die Mitglieder des Ausschusses schlossen sich der grundsätzlich positiven Beurteilung des Entwurfs an. Europa sei als ein Roamingmarkt zu verstehen, sagte etwa Stefan Schennach (S/W).