Parlament Österreich

 

 

 

IV-107 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 15.  Februar 2017

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 15. Februar 2017

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Tagesordnung

 

 

 

1.    COM(2016) 759 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Governance-System der Energieunion zur Änderung der Richtlinie 94/22/EG, der Richtlinie 98/70/EG, der Richtlinie 2009/31/EG, der Verordnung (EG) Nr. 663/2009, der Verordnung (EG) Nr. 715/2009, der Richtlinie 2009/73/EG, der Richtlinie 2009/119/EG des Rates, der Richtlinie 2010/31/EU, der Richtlinie 2012/27/EU, der Richtlinie 2013/30/EU und der Richtlinie (EU) 2015/652 des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 525/2013

(128260/EU XXV.GP)

 

2.    COM(2016) 862 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/89/EG (128259/EU XXV.GP)

 

3.    COM(2016) 863 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Gründung einer Agentur der Europäischen Union für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden

(129029/EU XXV.GP)

 

4.    COM(2016) 750 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Begriffsbestimmung, Aufmachung und Kennzeichnung von Spirituosen, die Verwendung der Namen von Spirituosen bei der Aufmachung und Kennzeichnung von anderen Lebensmitteln sowie den Schutz geografischer Angaben für Spirituosen

(125016/EU XXV.GP)

 

5.    COM(2017) 14 final

Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über eine Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau

(128827/EU XXV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats befasste sich in seiner Sitzung vom 15. Februar 2017 mit Verordnungsvorschlägen zur Energieunion. Sie betrafen ein Governance-System, ferner die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und die EU-Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden.

Themen waren zudem die Kennzeichnung von Spirituosen und eine Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau.

 

 

 

Dem Ausschuss standen folgende Expertinnen und Experten zur Verfügung:

 

·         Sektionschef Dr. Michael Losch (BM für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft)

·         Dr. Beate Sternig (BM für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft)

·         Mag. Karl Pisek (BM für Gesundheit und Frauen)

·         Mag. Matthias Gruber (BM für Finanzen)

·         Dr. Leander Treppel (BM für Finanzen)

·         MMag. Verena Gartner (Wirtschaftskammer Österreich)

·         Mag. Katharina Koßdorff (Wirtschaftskammer Österreich)

·         DI Kasimir Nemestothy (Landwirtschaftskammer)

 

 

 

Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) berichtete am Beginn der Sitzung kurz über aktuelle Entwicklungen:

 

Seit dem letzten Ausschuss sind folgende Dokumente eingegangen:

 

Stellungnahmen der Länder

 

·         Vorschlag von Kärnten für eine einheitliche Stellungnahme der Länder betreffend den Vorschlag für eine Verordnung zur Anpassung des in einer Reihe von Rechtsakten vorgesehenen Regelungsverfahrens mit Kontrolle an die Art. 290 und 291 des AEUV

 

·         Einheitliche Länderstellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden

 

·         Einheitliche Länderstellungnahme zum "Winterpaket zur Energieunion"

 

·         Stellungnahme des Vorarlberger Landtags betreffend den Vorschlag für eine Richtlinie zur Energieeffizienz und den Vorschlag für eine Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Teile des Winterpakets zur Energieunion).

 

·         Aktenvermerk des Amtes der Vorarlberger Landesregierung über das Prüfergebnis im Hinblick auf Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit für Teile des Winterpakets zur Energieunion.

 

Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte

 

·         Teile des Legislativpakets der Kommission zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung

 

·         Teile eines Legislativpakets der Kommission zur weiteren Stärkung der Widerstandsfähigkeit der EU-Banken

 

Energieunion

 

 

Die EU arbeitet intensiv an der Verwirklichung der Energieunion. Die Rahmenstrategie dafür wurde im Februar 2015 beschlossen, sie stellt einen mehrere Politikfelder übergreifenden, strategischen Rahmen für die Neuausrichtung der Energiepolitik dar. Grundlage für die Energieunion ist eine integrierte Lenkung und Überwachung, damit alle Maßnahmen zur Erreichung der Ziele der Energieunion beitragen. Es bedarf aber darüber hinaus auch einer koordinierten Krisenprävention, -vorsorge und –bewältigung, die aufgrund der unterschiedlichen Bestimmungen in den Mitgliedstaaten fehlt. Dem EU-Ausschuss des Bundesrats lagen in diesem Zusammenhang drei Verordnungsvorschläge vor. Diese betreffen das Governance-System der Energieunion, die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor und die Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, um deren Aufgaben an die Realität des heutigen Strommarktes anzupassen. Die Legislativvorschläge zur Energieunion werden die EU in den kommenden zwei Jahren beschäftigen, das heißt, auch unter der österreichischen Ratspräsidentschaft.

 

Die LändervertreterInnen konnten dem Paket zwar Positives abgewinnen, zumal die Europäisierung in diesem Bereich gerade für einen kleinen Staat einen wichtigen Aspekt darstellt, dennoch sahen sie noch größere Problembereiche. Die Bedenken richteten sich vor allem gegen einen unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand und gegen die Einengung regionaler und nationaler Gestaltungsspielräume. Einige Bundesländer sehen das Subsidiaritäts- und das Verhältnismäßigkeitsprinzip verletzt und haben dies auch in Stellungnahmen gegenüber dem Ausschuss festgehalten. Ähnlich kritisch äußerte sich auch die Wirtschaftskammer.

 

Es gelte, hier die richtige Balance zu finden, und darum werde man sich in den kommenden Ratsarbeitsgruppen bemühen, hieß es dazu aus dem Wirtschaftsressort. Im Ausschuss kam man überein, die drei Punkte zu vertagen und bei einer der nächsten Sitzungen eventuell eine Mitteilung zu verabschieden.

 

 

 

Mit der Verordnung über das Governance-System für die Energieunion – eine wichtige Schnittstelle zu den Richtlinien in Bezug auf Erneuerbare Energien und Energieeffizienz - soll ein Rechtsrahmen festgelegt werden, der zwei Ziele verfolgt und damit die Umsetzung der Energieunion, insbesondere auch deren energie- und klimapolitischen Ziele gewährleisten soll: Einerseits will die EU die geltenden Planungs-, Berichtserstattungs- und Überwachungsvorschriften in den Bereichen Energie und Klima  straffen und konsequenter aufeinander abstimmen. Die genannten Vorschriften sind derzeit in zahlreichen Einzelrechtsakten festgeschrieben, was teilweise zu Überschneidungen und Inkohärenz führt. Sie werden nun zusammengeführt, Häufigkeit und Zeitplan angeglichen. Dadurch soll die Transparenz und Zusammenarbeit erhöht werden. Andererseits zielt die Regelung auf einen - wie in den Erläuterungen formuliert – "robusten politischen Prozess" zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission ab, was insbesondere der Verwirklichung der Energieunion und den Energie- und Klimazielen dienen soll.

 

Wie das zuständige Wirtschaftsministerium ausführt, orientiert sich der Vorschlag an den fünf Dimensionen der Energieunion: Sicherheit der Energieversorgung, Solidarität und Vertrauen; ein vollständig integrierter europäischer Energiemarkt; Energieeffizienz als Beitrag zur Senkung der Nachfrage; Verringerung der CO2-Emissionen der Wirtschaft und schließlich Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.

 

Die Mitgliedstaaten sind gemäß Verordnungsvorschlag aufgerufen, in den integrierten nationalen Energie- und Klimaplänen für alle fünf Dimensionen der Energieunion ihre nationalen Ziele bzw. Beiträge, ihre Strategien und Maßnahmen zu erläutern, um diese Ziele zu erreichen. Zudem müssen sie die aktuelle Lage und Prognose mit derzeitigen Strategien und Maßnahmen beschreiben und für die von ihnen geplanten Strategien und Maßnahmen eine Folgenabschätzung (impact assessment) durchführen.

 

Wie der zuständige Sektionschef des Wirtschaftsministeriums unterstrich, gibt die Kommission den Mitgliedstaaten die konkreten Ziele zur CO2-Reduktion, Energieeffizienz und erneuerbaren Energien nicht vor, diese müssen sich die einzelnen Staaten selber setzen. Aufgrund dieses offenen flexibleren Prozesses sei es aber nötig, dem Ganzen einen stringenteren Rahmen zu geben. Sollten die Ziele dann nicht erreicht werden oder keine Kohärenz mit den europäischen Zielen aufweisen, dann werde gegengesteuert. Wichtig sei es, dass dabei die Vorleistungen, die einzelne Länder bereits erbracht haben, berücksichtigt werden, sagte er in Übereinstimmung mit dem Mitgliedern des Ausschusses.

 

Die nationalen Energie- und Klimapläne beziehen sich jeweils auf einen Zehnjahreszeitraum (1. Bericht 2021-2030). Sie sind erstmals nach fünf Jahren zu aktualisieren, in der Folge nur mehr alle zehn Jahre. Zweijährige Fortschrittsberichte über den Stand der Durchführung sollen die Umsetzung der darin vorgesehenen Strategien und Maßnahmen sicherstellen.

 

Österreich will seine nationale Energie- und Klimastrategie bis Juni 2017 vorlegen, wobei die Länderkompetenzen berücksichtigt werden, sicherte man seitens des Wirtschaftsressorts zu.

 

 

Mangelnde Zusammenarbeit aufgrund unterschiedlicher nationaler Ansätze in den EU-Mitgliedstaaten ortet die EU-Kommission vor allem im Hinblick auf Krisenprävention, -vorsorge und –bewältigung. Es mangle an Information und Transparenz, die Risiken würden unterschiedlich bewertet, unterschiedliche Maßnahmen würden zu unterschiedlichen Zeitpunkten gesetzt, Aufgaben und Zuständigkeiten würden uneinheitlich sein und es gebe keine gemeinsame Definition von Krisensituationen – so die Bestandsaufnahme der EU-Kommission. Das spiegle die Realität des heutigen vernetzten Strommarktes nicht mehr wider.

 

Die vorgeschlagene Verordnung über die Risikovorsorge im Elektrizitätssektor enthält nun für all diese Fragen einheitliche Vorgaben, um durch koordiniertes Vorgehen, gemeinsame Methoden und Zusammenarbeit Krisensituationen zu verhindern und zu bewältigen. In diesem Rechtsakt geht es vor allem darum, Strukturen aufzubauen. Eine größere Vergleichbarkeit und Transparenz soll dazu führen, dass während einer Krise Strom dorthin geliefert wird, wo er am dringendsten benötigt wird. Der Text stehe auch im Einklang mit den vorhandenen Rechtsvorschriften zur Cybersicherheit und zu kritischen Infrastrukturen, so die EU-Kommission.

 

Der Gesetzesvorschlag enthält keine zwingende Solidaritätsklausel wie sie es etwa im Gasbereich gibt, unterstrich der zuständige Sektionschef. Die österreichische Verhandlungsposition sei darauf bedacht, dass die Investitionen, die einzelne Staaten im Vorfeld geleistet haben, auch anerkannt werden. Jedenfalls sollten Solidaritätsleistungen nicht gratis sein.

 

 

Schließlich sollen per EU-Verordnung auch die Aufgaben und Kompetenzen von ACER, der Agentur der EU für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden an die Realitäten des heutigen Strommarktes angepasst werden.

 

ACER wurde 2010 gegründet und hat seinen Sitz in Ljubljana. Die Agentur soll die Arbeit der nationalen Energieregulierungsbehörden ergänzen und koordinieren, bei der Erstellung europäischer Netzvorschriften mitwirken, verbindliche Einzelentscheidungen zu den Bestimmungen für den Zugang zu grenzübergreifenden Infrastrukturen und deren Betriebssicherheit treffen, die EU-Organe in Energiefragen beraten und die Entwicklungen auf den Energiemärkten überwachen und darüber berichten.

 

Im Hinblick auf die Energieunion hält die Kommission die Stärkung von ACER durch neue Aufgaben für notwendig, vor allem im Zusammenhang mit der Entwicklung und Umsetzung von Netzkodizes und Leitlinien. ACER soll in Zukunft auch gegenüber regionalen Betriebszentren (ROCs) sowie nominierten Strommarktbetreibern (NEMOs) Stellungnahmen und Empfehlungen abgeben können und hat auch neue Kompetenzen hinsichtlich der Angemessenheit der Stromerzeugung und der Risikovorsorge.

 

Die Kommission begründet ihren Vorstoß damit, dass sich der europäische Energiemarkt mit grundlegenden Änderungen konfrontiert sieht. Die EU hat sich vor allem der Energieeffizienz verschrieben. Der Anteil des aus erneuerbaren Energiequellen erzeugten Stroms ist stark angestiegen, die physikalischen Eigenschaften von regenerativ erzeugtem Strom machen es notwendig, die Marktregeln und die Vorschriften für den Netzbetrieb flexibler zu gestalten. Die noch immer stark unterschiedlichen und wenig koordinierten Vorgangsweisen und Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten führen zu Verzerrungen auf dem Stromgroßhandelsmarkt, was sich negativ auf den grenzüberschreitenden Handel und die Investitionen auswirkt, führt die Kommission ins Treffen. Auch auf technologischer Seite finden signifikante Veränderungen statt, insbesondere infolge der Digitalisierung. Der Strommarkt der nächsten zehn Jahre werde gekennzeichnet sein durch eine variablere und dezentralere Stromerzeugung, eine zunehmende Abhängigkeit zwischen den Mitgliedstaaten sowie neue technologische Möglichkeiten für die KonsumentInnen, ihre Energiekosten zu verringern und mittels Laststeuerung, Eigenverbrauch oder Speicherung aktiv an den Strommärkten teilzunehmen, argumentiert die EU-Kommission ihre Initiativen zu einer Neugestaltung des Strommarktes. Strom soll jederzeit ohne Einschränkungen durch unverzerrte Preissignale dahin gelangen, wo er am meisten benötigt wird, und die Position der KonsumentInnen gleichzeitig gestärkt werden, so das formulierte Ziel der Kommission.

 

 

 

Die drei Gesetzesentwürfe riefen bei den Bundesrätinnen und Bundesräten eher gemischte Gefühle hervor. So äußerte Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) große Vorbehalte im Hinblick auf unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwand im Zusammenhang mit den Berichtspflichten und stellte auch den Kompetenzzuwachs bei ACER in Frage. Ähnlich äußerte sich Stefan Schennach (S/W), der die regionale und nationale Gestaltungsfreiheit gefährdet sieht. "Strom und Energie gehören zu jenen Bereichen, wo der Staat mitlenken muss" so Schennach, diese könne man nicht dem freien Spiel der Kräfte überlassen. Grundsätzlich hält er aber das Governance-System mit der Straffung der Berichte sowie Solidarität im Krisenfall für den richtigen Weg, auch im Sinne der von der EU angestrebten Energiesicherheit und Energieautarkie.

 

Den Aspekt der Energiesicherheit stellte auch Monika Mühlwerth (F/W) in den Vordergrund und betrachtete in diesem Sinne die Gesetzesvorschläge der EU durchaus positiv. Einen bejahenden Zugang hat auch Heidelinde Reiter von den Grünen (G/S). "Daraus kann etwas Gutes werden", meinte sie, das Governance-System ermögliche eine Vergleichbarkeit. Der Strommarkt sei heute enorm komplex, weshalb nicht nur eine enge Zusammenarbeit notwendig sei, sondern auch eine übernationale Regelung. Reiter begrüßte es zudem, dass sich die Mitgliedstaaten ihre Ziele selbst setzen können, was Gestaltungsmöglichkeit und Flexibilität mit sich bringe.

 

In Bezug auf die Befürchtungen, das Governance-System bringe einen unzulässigen bürokratischen Aufwand mit sich, meinte der Sektionschef des Wirtschaftsministeriums, es sei hier wichtig, die richtige Balance zu finden. Gemeinsame Berichtspflichten können auch die Grundlage dafür sein, voneinander zu lernen und eine fairen Austausch von Best-Practice Modellen zu ermöglichen. Nachdem von den BundesrätInnen auch die Frage aufgeworfen war, ob für das Governance-System statt einer direkt anzuwendenden Verordnung nicht auch eine Richtlinie genügen würde, wies er darauf hin, dass die Bereiche Energieeffizienz und Erneuerbare Energien in Form einer Richtlinie geregelt seien. Für gemeinsame Formate im Rahmen der Berichtspflicht sei es daher naheliegend, direkt anwendbare Vorgaben zu schaffen.

 

Strittig sind auch mögliche Sanktionen bei Nichteinhaltung der gesetzten Ziele. Ohne Druck werde es nicht gehen, meinte etwa Stefan Schennach (S/W). Monika Mühlwerth (F/W) hingegen wies auf unterschiedliche geografische und geologische Voraussetzungen in den Mitgliedstaaten hin, wodurch einzelne Länder in nur unterschiedlicher Weise erneuerbare Energien einsetzen können. Sanktionen hält sie daher für fraglich, besser wäre für sie Hilfe zur Selbsthilfe. Dass dies ein heikles Thema darstellt, bestätigte man auch seitens des Wirtschaftsressorts.

 

Einen breiten Raum in der Diskussion nahmen die Strompreiszonen und  die mögliche Abkoppelung vom Süddeutschen Strommarkt ein. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) und Christoph Längle (F/V) unterstrichen vor allem die Problematik, sollte Vorarlberg vom nachbarlichen Markt getrennt werden. Ein ähnliches Problem ortete Ferdinand Tiefnig (V/O) aus oberösterreichischer Sicht. Aus diesem Grund wurde auch der Kompetenzzuwachs von ACER im Rahmen des Strommarktdesigns kritisch gesehen.

 

Wie der Experte des Wirtschaftsressorts feststellte, hat Österreich in dieser Frage eine eher schwache Verhandlungsposition gegenüber Deutschland, da es kein Abkommen gebe und Deutschland die Trennung einseitig vollziehen könne. Es gebe auch keine europäische Rückendeckung, sagte er und betonte mehrmals die Sensibilität dieser Frage.

 

Hinsichtlich der Regionalisierung müsse man sehr wachsam sein, damit es nicht zu unsachlichen Entscheidungen kommt, betonte er, außerdem könne man Gas und Strom nicht über einen Kamm scheren. Diese Frage zähle jedenfalls zu einer der wichtigsten im Verhandlungsprozess. Essentiell sei, dass die Festlegung der Strompreiszonen, die im Rahmen der sogenannten "Bidding Zone Review" Ende 2017 und 2018 in eine entscheidende Phase kommt, nicht als technische Angelegenheit, sondern als politisch wesentliche Entscheidung der EU-Kommission und der Mitgliedstaaten erkannt wird.

 

Wenn die Verlagerung von Kompetenzen auf ACER auch grundsätzlich kritisch gesehen wird, sei eine Europäisierung nicht völlig negativ zu betrachten. Man sei nur gefordert, die richtige Balance zu finden. Dem schloss sich Heidelinde Reiter (G/S) an, zumal sie die Rolle der Regulierungsbehörde als außerordentlich wichtig einstufte. Diese agiere auch nicht losgelöst von der Politik, argumentierte sie gegenüber Stefan Schennach (S/W), der die Rolle von ACER weitaus kritischer bewertete.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kennzeichnung von Spirituosen

 

 

Debattiert wurde in der Sitzung des EU-Ausschusses auch eine geplante Erneuerung der Spirituosenverordnung mit Begriffsbestimmungen und Kennzeichnungsregeln. Der bestehende Rechtsrahmen soll laut Kommission dabei nicht geändert werden. Demnach geht es lediglich um technische Anpassungen, einige Änderungen an Struktur und Wortlaut und um die Ermächtigung zum Erlass von delegierten Rechtsakten und Durchführungsrechtsakten. Insgesamt sollen Mängel bei der Durchführung der Verordnung behoben und die Vorschriften an neue Rechtsinstrumente angeglichen werden.

 

Für geografische Angaben bringe der Vorschlag die Eintragungsverfahren mit den geltenden Regelungen für andere Lebensmittel in Einklang, lasse aber die Besonderheiten der Regelung für Spirituosen unberührt, so die Kommission. Durch eine ergänzte Bestimmung werde der Tatsache Rechnung getragen, dass der für die Herstellung von Spirituosen und anderen alkoholischen Getränken verwendete Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs sein muss. Damit werde eine Absatzmöglichkeit für landwirtschaftliche Grunderzeugnisse gewährleistet, wodurch deutlich eine Verknüpfung mit dem Agrarsektor zum Ausdruck komme, ist dem Vorschlag der Kommission zu entnehmen.

 

Aus Sicht des Gesundheitsministeriums sind die Kernaspekte des Vorschlags die Anpassung an den Vertrag über die Arbeitsweise der EU und die technische Einbeziehung der Verfahren zu den geografischen Angaben. Da in der festgesetzten Frist keine abschließende Prüfung des Vorschlags möglich war, wurde ein genereller Prüfvorbehalt eingelegt, es werde weitere Diskussionen geben. Problematisch könnten in der Frage der Mitentscheidung die delegierten Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte werden, das Ministerium habe auch bereits die Ausdehnung auf "unbestimmte Zeit" - statt wie bisher auf 5 Jahre eingeschränkt - kritisiert. Für ebenso problematisch erachte man, dass die Rechtsakte nicht im Basisrecht enthalten seien, sondern mittels Anhang Änderungen ermöglicht werden sollen. Betreffend die geplanten Änderungen zu geografischen und traditionsbezogenen Angaben seien aber derzeit geschützte Bezeichnungen nicht gefährdet.

 

 

Von den Bundesräten Stefan Schennach (S/W) und Bernhard Rösch (F/W) wurde thematisiert, ob es sich bei den geografischen Bezeichnungen zugleich um Ursprungslandkennzeichnungen handelt bzw. wo die Unterschiede seien. Rösch sieht diesbezüglich Misstrauen in der Bevölkerung, ob das jeweilige Produkt tatsächlich aus der jeweiligen Region stammt. Dass Marken geschützt werden, sei schon in Ordnung, betreffend die Regionsbezeichnungen gebe es aber Unverständnis. Zwischen geschützten geografischen Bezeichnungen und Ursprungskennzeichnung müsse man auch klar unterscheiden, wurde der Sachverhalt vom Experten des Gesundheitsministeriums erklärt. So sollen die Ursprungsangaben aus dem allgemeinen Kennzeichnungs- und Lebensmittelrecht eine Irreführung der KonsumentInnen verhindern, während es sich bei den geschützten geografischen Bezeichnungen im vorliegenden Vorschlag um einen besonderer Schutz als geistiges Eigentum bzw. "Markennamen" handelt. Es reiche für diese Namen aus, dass entweder die Rohprodukte aus dem Gebiet stammen oder auch bloß dort verarbeitet wurden – nötig sei nicht, dass beides zutrifft. In vielen Fällen seien diese Bezeichnungen aber auch in der Darstellung der eigenen Wirtschaftsleistung ein Faktor, so der Experte, und es gebe bei solchen Erzeugnissen auch den Wunsch der Unternehmer, dass die Produkte besonderen Schutz in dieser Form genießen.

 

 

 

 

 

 

Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau

 

 

Zur Diskussion im EU-Ausschuss des Bundesrats stand auch ein Vorschlag der EU-Kommission über eine Makrofinanzhilfe für die Republik Moldau. Die Republik Moldau hat in den vergangenen Jahren schwierige Zeiten mit politischer und wirtschaftlicher Instabilität durchlebt. Das Land befand sich unter anderem seit 1993 wiederholt in Programmen des Internationalen Währungsfonds (IWF) und hat in den Jahren 2010 bis 2012 etwa auch bereits eine EU-Makrofinanzhilfe in Höhe von 90 Mio. € erhalten. Die Zahlungsbilanz und Haushaltslage verschlechterte sich nach einem Bankenbetrugsskandal im Jahr 2014, der auch erhebliche Probleme im Bereich des staatlichen Handelns aufzeigte. Die wichtigsten regionalen Handelspartner - neben Russland noch Ukraine und Weißrussland - leiden zudem selbst unter einer längeren Rezession. Eine Intensivierung des Handels mit der EU infolge eines Assoziierungsabkommens, das im Jahr 2014 unterzeichnet wurde, konnte einen Rückgang der Exporte nur zum Teil aufwiegen. Insgesamt haben die EU und die Republik Moldau im Lauf der Jahre aber enge politische und wirtschaftliche Beziehungen zueinander aufgebaut, so die Kommission in ihren Erläuterungen.

 

Um einen Teil des Außenfinanzierungsbedarfs des Landes im Zeitraum 2016 bis 2018 zu decken, schlägt die Kommission daher konkret eine Makrofinanzhilfe in der Höhe von bis zu 100 Mio. € vor. Von diesem Betrag würden 60 Mio. € in Form von Darlehen und 40 Mio. € in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen gewährt werden. Die moldauische Regierung hatte zuvor die EU um eine solche Finanzhilfe ersucht.

 

 

Die Kommission sieht die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Makrofinanzhilfe erfüllt - Länder, die unter die Europäische Nachbarschaftspolitik fallen, kommen dafür in Frage. Die Maßnahme würde die Finanzhilfen aus anderen EU-Programmen sowie die vorgesehenen Auflagen ergänzen, die Handelsbilanz- und Haushaltsrisiken für das Land mindern, die moldauischen Behörden auf dem Weg zu Strukturreformen unterstützen und damit Mehrwert und Wirksamkeit der erfolgenden Finanzierungsmaßnahmen der EU insgesamt erhöhen. Die Makrofinanzhilfe ist ein in Ausnahmefällen zum Einsatz kommendes Notfallinstrument, mit dem ernste Zahlungsbilanzschwierigkeiten in Drittländern angegangen werden.

 

Dabei bleibe die Umsetzung wichtiger Reformen in der Republik Moldau unerlässlich und werde genauestens beobachtet werden, die Auszahlungen sollen an strenge Auflagen geknüpft sein. Einige der grundlegenden Schwächen, die sich im Laufe der Jahre in der Wirtschaft und dem System der wirtschaftspolitischen Steuerung Moldaus manifestiert haben, sollten angegangen werden – wie etwa in Form einer Stärkung des Ordnungsrahmens im Finanzsektor, in der Verwaltung der öffentlichen Finanzen sowie mit einer Reform des Energiesektors.

 

Mit einer aktualisierten Bewertung des Außenfinanzierungsbedarfs des Landes, unter Berücksichtigung eines 2016 neu vereinbarten Programms mit dem IWF, des Lastenverteilungskonzepts und des im EU-Haushalt vorhandenen Spielraums sei der vorgeschlagene Betrag gerechtfertigt. Außerdem würde das abgeschlossene Assoziierungsabkommen, das das frühere Partnerschafts- und Kooperationsabkommen ersetzt, den weiteren Weg für eine politische Assoziierung und wirtschaftliche Integration Moldaus mit der EU ebnen. Mit einem Anteil von 62 % war die Union schon zuletzt im Jahr 2016 der größte Handelspartner Moldaus, so die Kommission.

 

In eine ähnliche Richtung geht die Argumentation des Finanzministeriums. Grundsätzlich sei ein Programm für die Republik Moldau im Rahmen der Makrofinanzhilfe denkbar. Dieses sei auch unter einem Entwicklungsaspekt zu sehen, es soll ein Reformprogramm der lokalen Behörden unterstützt, Investorenvertrauen gestärkt sowie nachhaltiges Wirtschaftswachstum ermöglicht werden. Zugleich müsse auf Risikofaktoren bezüglich Rechtsstaatlichkeit und Korruption, Umsetzungskapazität der Verwaltung und politische Instabilität hingewiesen werden. Diese seien im Rahmen der wirtschaftspolitischen Auflagen genauestens zu adressieren, so das Ministerium in den Informationen zum Vorschlag.

 

 

Insgesamt schließe sich die EU mit dem Vorschlag zur Makrofinanzhilfe an den IWF und an die langjährigen internationalen und europäischen Geber an, unterstrichen die Experten des Ministeriums. Zusätzlich zu den neuen Finanzierungsplänen würde die vorgeschlagene Makrofinanzhilfe auch dabei unterstützen, die Organisationen wie etwa die Weltbank im Land zu halten. Auch seitens österreichischer Unternehmen, die vor Ort sind, gebe es Interesse an weiteren Maßnahmen. Der Vorschlag stehe jedoch noch ganz am Anfang und sei mehr oder weniger im Vorbereitungsstadium, erfuhren die BundesrätInnen. Zur Diskussion stehe auch noch das Verhältnis von 60 zu 40 zwischen Darlehen und Zuschüssen. Die Befürwortung knüpfe jedenfalls stark an das Pro-Kopf-Einkommen an, dieses sei in Moldau das geringste von allen Nachbarländern. Insgesamt seien jedoch konkrete wirtschaftspolitische Auflagen die Voraussetzung für die Finanzhilfe. Auf die Frage von Eduard Köck (V/N), welchen Anteil der Finanzhilfe Österreich übernehme, stellte der Vertreter des Ministeriums klar, dass die Mittel direkt über den allgemeinen EU-Haushalt abgewickelt werde. Es gebe keine direkte Haftung Österreichs.

 

Die Republik Moldau sei schwer geteilt in pro-russische und pro-europäische Kräfte, hielt Stefan Schennach (S/W) fest, auch wenn die Vorgängerregierung und die derzeitige pro-europäisch seien. Schennach hält es auch für hoch fahrlässig, zu unterstützen, solange der Bankenskandal nicht aufgeklärt ist. Ebenso sei in den Verhandlungen darauf zu achten, dass die Mittel in Bildung und Ausbildung investiert würden und nicht nur Budgethilfe bleiben. Man müsse einen Schwerpunkt auf die Finanzierung der Ausbildung der jungen Leute vor Ort legen und diese ausbauen.