Parlament Österreich

 

 

 

IV-118 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Dienstag, 13.  März 2018

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Dienstag, 13. März 2018

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Tagesordnung

 

 

1.    COM(2017) 753 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die   Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (Neufassung)

(9904/EU XXVI.GP)

Hingewiesen wird auf die Stellungnahme des Vorarlberger Landtags gemäß Art. 23g Abs. 3 B-VG vom 28. Februar 2018.

 

2.    COM(2017) 797 final/2

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union

(8760/EU XXVI.GP)

Hingewiesen wird auf die Einheitliche Länderstellungnahme gemäß Art. 23d Abs. 2 B-VG vom 19. Februar 2018.

 

3.    COM(2018) 20 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Mehrwertsteuersätze

(8378/EU XXVI.GP)

 

4.    COM(2017) 569 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG in Bezug auf die Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems und zur Einführung des endgültigen Systems der Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten

(156662/EU XXV.GP)

 

5.    COM(2017) 706 final

Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 904/2010 im Hinblick auf die Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer

(3594/EU XXVI.GP)

 

6.    COM(2018) 21 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in Bezug auf die Sonderregelung für Kleinunternehmen

(8375/EU XXVI.GP)

 

 

Die Tagesordnungspunkte 3 bis 6 (Mehrwertsteuersystem) wurden unter einem verhandelt.

 

 

 

Am Beginn der Sitzung berichtete Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (ÖVP/V) über kürzlich eingegangene Dokumente:

 

Stellungnahmen der Länder

 

·         Stellungnahme des Burgenländischen Landtags zur EU-Kohäsionspolitik,

 

·         Stellungnahme des Vorarlberger Landtags zum Richtlinienvorschlag über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (heute auf der Tagesordnung),

 

·         Gemeinsame Länderstellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch (heute auf der Tagesordnung).

 

·         Einheitliche Länderstellungnahme zum Vorschlag für einen Beschluss über ein Katastrophenschutzverfahren der Union,

 

·         Einheitliche Länderstellungnahme zum Vorschlag für eine Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union (heute auf der Tagesordnung)

 

Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte

 

·         Zwei Vorschläge für Verordnungen zur Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen EU-Informationssystemen im Bereich polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit, Asyl und Migration sowie im Bereich Grenzen und Visa

 

 

 

 

Folgende ExpertInnen standen den Ausschussmitgliedern zur Verfügung:

 

·         Dr. Amire Mahmood (BM für Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz)

·         Dr. Eva-Maria Fehringer (BM für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz

·         Dr. Michael Kuttin (BM für Finanzen)

·         Florian Jezek, MSc (BM für Finanzen)

 

·         Dr. Ulrike Schauer, Amt der NÖ Landesregierung (als gemeinsame Ländervertreterin)

·         Dr. Claudia Anselmi (WKÖ)

·         Dr. Ingomar Stupar (WKÖ)

·         Dipl.-Ing. Iris Strutzmann, Abteilung Umwelt und Verkehr (AK)

·         Mag. Nikolai Soukup, Abteilung Sozialpolitik (AK)

 

 

 

 

 

 

 

 

Trinkwasserrichtlinie

 

 

Zur Novellierung der Trinkwasserrichtlinie beschloss der EU-Ausschuss des Bundesrats eine Subsidiaritätsrüge (begründete Stellungnahme). Auch wenn die Ziele durchaus befürwortet werden, vertritt der Ausschuss die Auffassung, dass die Bestimmungen dem Prinzip der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit widersprechen. Auch die Bundesländer haben zum Richtlinienvorschlag eine kritische gemeinsame Stellungnahme abgegeben.

 

Wie Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (ÖVP/V) zusammenfassend feststellte, sei der Vorschlag überbordend, er verursache zu hohe Kosten und einen zu hohen Verwaltungsaufwand, ein Mehrwert sei jedoch nicht erkennbar. Er erinnerte auch daran, dass der Bundesrat als erste Kammer auf das Recht auf Wasser bestanden und dazu beigetragen habe, dass das Trinkwasser aus der Dienstleistungsrichtlinie herausgenommen wurde. Die BundesrätInnen anerkannten aber, dass die EU-Kommission mit dem vorliegenden Entwurf auf die erste Europäische Bürgerinitiative "Right2Water" reagiert hat.

 

Die SPÖ konnte dem Antrag auf begründete Stellungnahme nicht zustimmen, da diese in ihren Augen nur unzureichend argumentiert wird. Der Beschluss erfolgte daher nur mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen.

 

 

In ihrer Begründung zur Subsidiaritätsrüge unterstreichen ÖVP, FPÖ und Grüne, dass es in den einzelnen Mitgliedsstaaten einen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser gibt. Gleichzeitig räumen sie Gefährdungen vor allem durch den Einsatz von Chemikalien ein, weshalb sie es begrüßen, dass sich die EU-Kommission der Sicherung der Wasserqualität für den menschlichen Gebrauch annimmt und dabei auf Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit setzt. In Österreich nehme dieses Thema einen großen Stellenwert ein, heißt es in dem Antrag.

 

Bezweifelt wird jedoch, dass einige der vorgesehenen Regelungen einen Mehrwert bringen. So bestehen gemäß der Wasserrahmenrichtlinie bereits genaue Regelungen zur Überprüfung des Wassers, weshalb eine Systemänderung auf einen risikobasierten Ansatz als nicht sinnvoll erachtet wird. Dieser Ansatz sieht etwa die Verpflichtung zur Durchführung von Gefahrenbewertungen von Wasserkörpern sowie zur Bewertung der Risiken in Zusammenhang mit Hausinstallationen vor. Was die Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit betrifft, so lassen diese laut LändervertreterInnen einen erhöhten Verwaltungsaufwand befürchten, ohne dabei ressourcenschonende Verfahren zu erzielen. Außerdem führen sie ins Treffen, dass Regelungen zum Schutz der Wasserqualität öffentliche Interessen darstellen und keine subjektiven Rechte begründen, wie dies die EU-Kommission vorsieht.

 

Für Bundesrat Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) greift der Vorschlag somit in nationale Rechte ein. Christoph Längle (FPÖ/V) vermisst einen erkennbaren Mehrwert – auch im Hinblick auf die Europäische Bürgerinitiative, die er befürwortet. Ins gleiche Horn stieß Michael Lindner (SPÖ/O), der herausstrich, Wasser sei ein öffentliches Gut und keine Handelsware.

 

Lindner stimmte auch mit der Kritik in Bezug auf die Verhältnismäßigkeit überein und plädierte dafür, mit der Subsidiaritätsrüge noch abzuwarten und im Vorfeld weitere Gespräche mit den Ländern zu führen. Dem widersprach Längle vehement, da der Bundesrat seiner Meinung nach sofort ein Zeichen setzen müsse.

 

Die Vertreterin der Bundesländer machte darauf aufmerksam, dass einige Parameter nicht auf Österreich zutreffen, da hierzulande Trinkwasser in erster Linie aus Grundwasser und nicht aus Oberflächenwasser bezogen wird. Sie befürchtet zudem durch die Verquickung des risikobasierten Ansatzes mit neuen Parametern und der Verkürzung der Prüfungsintervalle Schwierigkeiten für kleine Betreiber.  

 

Seitens der Arbeiterkammer hält man einen EU-weiten Ansatz in der Frage des Trinkwassers grundsätzlich für positiv, wobei die Arbeiternehmervertretung das Menschenrecht auf Trinkwasser und eine sanitäre Grundversorgung unterstreicht. Die in der Kammer zuständige Expertin vertrat jedoch die Ansicht, dass die vorliegende Richtlinie den falschen Ansatz für Hausinstallationen darstellt und man wesentlich mehr im Bereich des Grundwasserschutzes machen sollte.

 

Auch Bundesrätin Heidelinde Reiter (Grüne/S) hält die Anliegen der Europäischen Bürgerinitiative in dieser Richtlinie für falsch aufgehoben. Die Situation in den europäischen Ländern unterscheide sich stark und diese Problematik müsse man anders lösen als durch Qualitätskriterien, sagte sie. Die Änderung der Parameter hält sie für sinnvoll, meinte jedoch, dass es besser wäre, wenn sich die EU im Vorhinein überläge, welche Stoffe, die eine Gefährdung für das Grundwasser darstellen, zugelassen werden – Stichwort Glyphosat.

 

 

Die aus dem Jahr 1998 stammende Trinkwasser-Richtlinie wurde bereits mehrmals geändert, so in den Jahren 2003, 2009 und 2015. Die nunmehr vorgeschlagene Novelle berücksichtigt unter anderem die Forderungen aus der ersten erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative "Right2Water", die von 1,8 Mio. BürgerInnen unterzeichnet wurde. Im Wesentlichen umfasst der Vorschlag die Qualität des Wassers für den menschlichen Gebrauch, die Gefahrenbewertung von Wasserkörpern, die Risikobewertung von Hausinstallationen und den Zugang zu Wasser.

 

Vor allem soll das Recht auf Zugang zu sauberem, gesundem Wasser garantiert werden. Wie die Kommission unterstreicht, stellt dies einen Teilaspekt zum generellen Recht auf Zugang zu grundlegend qualitativ hochwertigen Diensten dar. Das sei auch einer der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte, die auf dem Gipfel von Göteborg von den Staats- und Regierungschefs einstimmig gebilligt wurden. Der Entwurf enthält darüber hinausgehende Änderungsvorschläge, die laut Kommission der REFIT-Evaluierung Rechnung tragen. (Das REFIT-Programm dient dazu, die EU-Rechtsvorschriften einfach zu halten, unnötigen Verwaltungsaufwand abzubauen und bestehende Rechtsvorschriften ohne Beeinträchtigung ihrer Ziele entsprechend anzupassen.) Berücksichtigt werden zudem die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO.

 

Aufgrund des nun vorliegenden Richtlinienvorschlags werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Zugang zu Trinkwasser für alle Menschen zu verbessern, insbesondere jedoch für schutzbedürftige und ausgegrenzte Bevölkerungsgruppen‚ die derzeit Schwierigkeiten beim Zugang zu Trinkwasser haben. In der Praxis bedeutet dies eine vermehrte Einrichtung von Trinkwasseranlagen in öffentlichen Räumen. Die Verwaltungen und die Betreiber öffentlicher Gebäude werden dazu angehalten, Zugang zu Trinkwasser zu gewähren. Mittels Kampagnen sowie einfachen und benutzerfreundlichen Informationen (auch online) sollen Bürgerinnen und Bürger über die Qualität des Trinkwassers und die Trinkwasserversorgung informiert werden. Sichergestellt soll zudem werden, dass die Wasserversorgungsunternehmen den BürgerInnen genauere Informationen über den Wasserverbrauch, die Kostenstruktur sowie über den Preis pro Liter bereitstellen, der mit dem Preis für Flaschenwasser verglichen werden kann.

 

Die Kommission erwartet sich dadurch auch einen geringeren Verbrauch von Flaschenwasser und damit eine mögliche Einsparung für die Haushalte in der Höhe von mehr als 600 Mio. € pro Jahr. Dies würde auch einen Beitrag dazu leisten, Kunststoffabfälle zu verringern, die durch den Verbrauch von Flaschenwasser entstehen. Somit trage man auch zur Umsetzung der im Jänner 2018 vorgelegten EU-Kunststoffstrategie bei, führt die Kommission ins Treffen.

 

Durch die Neuerungen würde es auch zu einer grundsätzlichen Umstellung im Kontrollsystem durch die Einführung eines risikobasierten Ansatzes kommen. Dieser risikobasierte Sicherheitsansatz werde dazu beitragen, dass bei höheren Risiken gezieltere Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt werden, ist die Kommission überzeugt. Parallel dazu will die Kommission auch die Arbeiten im Bereich der Normung beschleunigen, um sicherzustellen, dass das Trinkwasser nicht durch auf dem EU-Binnenmarkt in der Wasserwirtschaft verwendete Bauprodukte (z. B. Rohre und Tanks) verunreinigt wird.

 

Um eine weitere Verbesserung der Wasserqualität und -sicherheit zu erzielen, sieht der Kommissionsentwurf in der Liste der Kriterien für die Bestimmung der Wassersicherheit zudem Ergänzungen mit neuen und neu auftretenden Stoffen wie Legionellen und Chlorat vor.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ArbeitnehmerInnenschutz – atypische und prekäre Arbeitsverhältnisse

 

Die EU-Kommission nimmt sich nun auch der atypischen und prekären Beschäftigungsverhältnisse an. Im Zeitalter von Uber, Deliveroo und Co entspreche die Richtlinie nicht mehr der veränderten Arbeitsmarktrealität mit den in den letzten Jahren entstandenen neuen Arbeitsformen, argumentiert die Kommission ihren Vorstoß. So habe im Jahr 2016 ein Viertel aller Arbeitsverträge atypische Formen der Beschäftigung betroffen und mehr als die Hälfte der in den letzten zehn Jahren neu geschaffenen Arbeitsplätze seien atypische Beschäftigungen gewesen. Aus diesem Grund hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie über transparente und verlässliche Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union ausgearbeitet, der ebenfalls Diskussionspunkt im EU-Ausschuss des Bundesrats war.

 

Ob die Ziele, die sich die Kommission mit ihrem Vorstoß vorgenommen hat, tatsächlich erreicht werden, stellten die Bundesrätinnen und Bundesräte von ÖVP und FPÖ in Übereinstimmung mit der Wirtschaftskammer weitgehend in Frage. Der Entwurf sei in vielen Bereichen zu detailliert und überschießend, so der Tenor, auch wenn Konsens darüber herrschte, dass atypische und prekäre Arbeitsverhältnisse keine wünschenswerte Entwicklung darstellen. Im Gegensatz dazu sehen die SPÖ und die Arbeiterkammer den EU-Vorschlag durchaus positiv.

 

Seitens des Sozialressorts gab es Befürchtungen, dass sich einige Bestimmungen kontraproduktiv auswirken könnten. So ist zum Beispiel in Österreich ein Null-Stunden-Vertrag und ein Auf-Abruf-Vertrag verboten. Durch den EU-Vorschlag könnten solche Verträge aber legitimiert werden. Was die Mehrfachbeschäftigung betrifft, so verwies die Ressortexpertin auf die Arbeitszeitrichtlinie. Außerdem widerspreche das Recht auf flexible Arbeitszeiten einem anderen Kommissionsvorschlag zur Work-Life-Balance. Da es zu dem gesamten Thema demnächst Gespräche zwischen dem Sozialministerium und den Sozialpartnern gibt, kam man überein, die Materie nochmals auf die Tagesordnung des nächsten EU-Ausschusses zu setzen.

 

 

Der Richtlinienentwurf ist auch als eine Folgemaßnahme zur Umsetzung der am 17. November 2017 in Göteborg von Rat, Europäischem Parlament und Kommission proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte zu sehen. Auch das Europäische Parlament hat in seiner Entschließung vom 4. Juli 2017 zu Arbeitsbedingungen und prekären Beschäftigungsverhältnissen die Überarbeitung der Richtlinie von 1991 bzw. den Erlass einer neuen Rahmenrichtlinie über menschenwürdige Arbeitsbedingungen für alle Formen der Erwerbstätigkeit gefordert.

 

Das übergeordnete Ziel der vorgeschlagenen Richtlinie ist es, sichere und verlässliche Beschäftigung zu fördern und gleichzeitig die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarkts zu erhalten sowie die Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern, unterstreicht die Kommission.

 

Um dieses zu erreichen, will die Kommission den Zugang der ArbeitnehmerInnen zu Informationen, etwa hinsichtlich ihrer Arbeitsbedingungen, erleichtern und die Arbeitsbedingungen vor allem in neuen und atypischen Beschäftigungsverhältnissen verbessern - unter Wahrung eines Spielraums für Anpassungsfähigkeit und Innovation am Arbeitsmarkt, wie die Kommission betont. Auch soll die Durchsetzung der Normen für die Arbeitsbedingungen gewährleistet werden. Angestrebt wird zudem eine größere Transparenz am Arbeitsmarkt.

 

Konkret sieht das Papier etwa die Angleichung des Begriffs ArbeitnehmerIn an die Rechtsprechung des EuGH sowie die Aufnahme neuer Beschäftigungsformen in den Geltungsbereich der Richtlinie vor. Gerade die Begriffsbestimmungen und Definitionen sind unter den Mitgliedstaaten äußerst umstritten, wie es seitens des Sozialministeriums heißt. Es soll auch ein schriftliches, erweitertes und aktualisiertes Informationspaket für die ArbeitnmeherInnen geben – etwa bezüglich der Probezeit, der Kündigung oder der Fortbildung - und zwar gleich ab dem ersten Tag und nicht, wie bisher innerhalb von zwei Monaten ab Beschäftigungsbeginn. Strittig in den Verhandlungen ist auch die Verpflichtung der ArbeitgeberInnen, auf Ersuchen der ArbeitnehmerInnen über das Vorhandensein sicherer und verlässlicher Arbeitsverhältnisse schriftlich zu informieren.

 

ArbeitnehmerInnen sollen sich in Hinkunft auch auf neue Mindestrechte stützen können, darunter unter anderem auf das Recht auf bessere Planbarkeit der Arbeitszeit, das Recht auf Ruhepausen und bezahlten Urlaub sowie das Recht auf verpflichtende Fortbildung ohne Lohnabzug. Die Höchstdauer der Probezeit soll 6 Monate betragen. Auch soll der Arbeitgeber in Hinkunft eine Mehrfachbeschäftigung nicht mehr verbieten dürfen, was im Widerspruch zur Arbeitszeitrichtlinie stehen könnte, gab die Vertreterin des Sozialministeriums zu bedenken.

 

Ein weiterer Aspekt des Vorschlags betrifft die Stärkung des Rechtsschutzes. ArbeitnehmerInnen sollen von den ArbeitgeberInnen verlangen können, schriftliche stichhaltige Gründe für eine Kündigung oder eine vergleichbare Maßnahme anzuführen. Geht es nach der Kommission, wird die Beweislastumkehr gelten.

 

Die Kommission geht davon aus, dass künftig bis zu drei Millionen weitere Erwerbstätige in atypische Beschäftigungsformen, wie z.B. Gelegenheits-, Teilzeit-, Auf-Abruf-, Null-Stunden-Vertrags-, Plattform- oder LeiharbeiterInnen in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Nur ArbeitnehmerInnen mit einem Beschäftigungsverhältnis von weniger als acht Stunden in einem Referenzzeitraum von einem Monat sollen nicht verpflichtend in den Geltungsbereich der Richtlinie fallen.

 

 

In der Debatte kam eine vollkommene Ablehnung des Vorschlags von ÖVP und FPÖ. Das wäre ein Eingriff in das Kollektivvertragsrecht, sagte Sonja Zwazl (ÖVP/N) und verwies dabei auf die gut funktionierende Sozialpartnerschaft. Man habe in Österreich einen weitreichenden ArbeitnehmerInnenschutz, der ein gutes Miteinander ermögliche. Ihrer Ansicht nach richtet sich der Vorschlag vor allem an jene Länder, in denen das nicht so gut funktioniert. Kritisch sieht sie vor allem die Erlaubnis zur Mehrfachbeschäftigung und die Informationspflicht ab dem ersten Tag. Monika Mühlwerth (FPÖ/W) warnte davor, dass zu hohe Standards ArbeitgeberInnen veranlassen könnten, niemanden mehr anzustellen. Sie plädierte dafür, das Miteinander in den Vordergrund zu stellen und nicht das Gegeneinander. In diese Richtlinie würden jedoch ArbeitgeberInnen gegen ArbeitnehmerInnen ausgespielt. Selbstverständlich wolle niemand atypische und prekäre Arbeitsverhältnisse, sagte sie. Sowohl Zwazl als auch Mühlwerth sehen in der Teilzeitarbeit kein nicht verlässliches Arbeitsverhältnis.

 

Bestärkt wurden die beiden Mandatarinnen durch den Befund der Wirtschaftskammer. Diese sieht die Vertragsautonomie zwischen ArbeitgeberIn, ArbeitnehmerIn und Betriebsrat gefährdet. Außerdem wandte sich die Vertreterin der Wirtschaftstreibenden gegen die Beweislastumkehr und kritisierte, dass nicht zwischen fachlichen und persönlichen Anweisungen unterschieden werde. Keine Freude hatte sie auch mit den neuen Regelungen zu den Verwaltungsstrafverfahren und Sanktionen. Ebenso lehnte sie die Informationspflicht ab dem ersten Arbeitstag ab.

 

Völlig anders fiel der Befund der Arbeiterkammer aus. Dessen Vertreter erinnerte an die primärrechtlichen sozialen Ziele der EU und begrüßte den Richtlinienvorschlag als einen Beitrag zu verlässlicheren und sicheren Arbeitsverhältnissen. Den Entwurf enthält er dennoch für zu wenig ambitioniert, da er nicht ausreiche, prekäre Arbeitsverhältnisse zu verhindern. So sprach er sich etwa für ein Verbot von nachverträglichen Konkurrenzklauseln aus, auch sollte Arbeit auf Abruf untersagt werden. Die Arbeiterkammer tritt zudem für einen Rechtsanspruch auf Bildungskarenz ein. Wichtig sind den ArbeitnehmerInnenvertretern Mindeststandards, damit Wettbewerbsverzerrungen und Lohndumping unterbunden werden.

 

Man braucht Antworten auf die Entwicklungen am Arbeitsmarkt, meinte auch Ingrid Winkler (SPÖ/N). Prekäre und atypische Beschäftigungsverhältnisse bezeichnete sie als einen Auswuchs der Gesellschaft. Winkler wies auch darauf hin, dass zum Beispiel Handelsketten keine Vollzeitjobs mehr anbieten, und Teilzeitarbeit daher nicht immer freiwillig sei.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

EU-Mehrwertsteuersystem

 

 

Die EU will das geltende Mehrwertsteuersystem reformieren, um dieses den modernen Bedingungen des Binnenmarkts anzupassen, den grenzüberschreitenden Handel zu erleichtern und mit der digitalen und mobilen Wirtschaft Schritt zu halten. Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist ein Kernelement des Binnenmarkts und soll nun einfacher und unternehmensfreundlicher werden.

 

Die bestehende Regelung, die als Übergangslösung gedacht war, hält die EU-Kommission als zu stark fragmentiert und für grenzüberschreitende Tätigkeiten zu kompliziert. So werden inländische und grenzüberschreitende Umsätze unterschiedlich behandelt, die Kosten für international tätige Unternehmen sind um 11% höher als für jene, die nur im Inland tätig sind. Die EU plant, den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität bei der Festlegung der Mehrwertsteuersätze einzuräumen und das steuerliche Umfeld für kleine Unternehmen zu verbessern. Zukünftig soll das System auf dem Prinzip der Besteuerung im Bestimmungsland der Waren beruhen. Zielrichtung ist überdies eine effizientere Betrugsbekämpfung. Die "Mehrwertsteuerlücke" zwischen den erwarteten und tatsächlichen Einnahmen wird auf 170 Mrd. € geschätzt, der grenzüberschreitende Betrug allein verursacht laut Berechnungen jährliche Steuerausfälle in der Höhe von 50 Mrd. €. 

 

Die EU hat daher im April 2016 einen Aktionsplan im Bereich Mehrwertsteuer (MwSt) vorgelegt, aufgrund dessen sie dann konkrete Gesetzesvorschläge ausgearbeitet hat. Dem EU-Ausschuss des Bundesrats lagen drei Richtlinienvorschläge und ein Entwurf für eine Verordnung vor. Sie wurden weitgehend positiv bewertet, vor allem sämtliche Maßnahmen, die der Betrugsbekämpfung dienen. Die Flexibilisierung bei der Anwendung der ermäßigten Steuersätze stieß jedoch auf heftige Kritik, zumal dies den Steuerwettbewerb zusätzlich anheizen und zu einer Wettbewerbsverzerrung führen würde. Auch die Einführung eines "zertifizierten Steuerpflichtigen" fand keine Zustimmung.

 

 

Konkret zielt der Richtlinienvorschlag hinsichtlich der Mehrwertsteuersätze auf eine sehr flexible Anwendung der ermäßigten Steuersätze ab, was das Finanzministerium mit äußerster Skepsis betrachtet. Dies würde zu einem Lizitieren nach unten führen, warnte im Ausschuss der zuständige Beamte. So können laut Entwurf zwei ermäßigte Sätze von mindestens 5%, ein Nullsatz sowie ein "superreduzierter" Satz zwischen 0 und 5% zur Anwendung kommen. Diese reduzierten MwSt-Sätze dürfen im Wesentlichen auf alle Güter und Dienstleistungen angewendet werden, außer sie scheinen in einer Negativliste auf (z.B. Alkohol, Glücksspiel und Tabak); dazu gehören auch Roh- oder Zwischenprodukte, die üblicherweise nicht an Privatpersonen verkauft werden. Derzeit sind die ermäßigten Sätze nur für jene Güter erlaubt, die explizit in einer Liste (Positivliste) angeführt sind. Zur Sicherstellung der Staatseinnahmen muss der durchschnittliche Mehrwertsteuersatz bei Umsätzen an den Endverbraucher mindestens 12% betragen.

 

Dieser Vorschlag wird laut Information des Finanzministeriums kritisch gesehen, weil ein Auseinanderdriften der Steuersätze und eine Verkomplizierung des innergemeinschaftlichen Handels befürchtet wird, was auch zu Wettbewerbsverzerrungen führen würde, vor allem im Grenzgebiet.

 

Der Vorschlag ließe 135 Steuersätze zu – eine unzumutbare Mehrbelastung für die Anwender, kritisierten Sonja Zwazl (ÖVP/N) und Edgar Mayer (ÖVP/V). Solange es so unterschiedliche Wirtschaftsräume innerhalb der EU gibt, ist es gefährlich, wenn jeder Steuersätze einführen kann, wie er will, ergänzte Georg Schuster (FPÖ/W). Einig war man sich, dass es vielmehr zu einer Harmonisierung kommen sollte, dies ist aber angesichts des europäischen Wettbewerbs nicht einfach zu klären, wie Ingrid Winkler (SPÖ/N) mit Bedauern zu bedenken gab. Auch die Wirtschaftskammer stellt sich vehement gegen die geplante Zerklüftung innerhalb der EU. 

 

Die anderen drei Vorschläge werden von heimischer Seite durchaus positiv gesehen und unterstützt. Das betrifft zunächst die geplante Änderung der Richtlinie zur "Harmonisierung und Vereinfachung bestimmter Regelungen des Mehrwertsteuersystems und zur Einführung des endgültigen Systems der Besteuerung des Handels zwischen Mitgliedstaaten". Darin geht es vor allem darum, im Hinblick auf Konsignationslager und Reihengeschäfte eine EU-weite einheitliche Vorgangsweise im grenzüberschreitenden Handel zu ermöglichen. Außerdem sollen die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von innergemeinschaftlichen Lieferungen neu gefasst werden, um für die Wirtschaftsteilnehmer mehr Klarheit zu schaffen. (Unter Konsignationslager versteht man das Warenlager eines Lieferanten oder Dienstleisters, welches sich in der Nähe des Kunden befindet. Die Ware verbleibt solange im Eigentum des Lieferanten, bis der Kunde sie aus dem Lager entnimmt. Als Reihengeschäft bezeichnet man Lieferungen eines Gegenstandes, bei denen mindestens drei Personen über denselben Gegenstand Umsatzgeschäfte abschließen.)

 

Wenig glücklich ist man aus österreichischer Sicht allerdings mit der Einführung eines "zertifizierten Steuerpflichtigen". Die Vertreterin der Wirtschaftskammer sowie Sonja Zwazl (ÖVP/N) kritisierten, dass man damit zwei Klassen von Unternehmern schaffen würde, denn bei dem neuen System des Bestimmungslandes, muss man in Hinkunft dort Steuern zahlen, wo die Ware geliefert wird. Ist man jedoch als Lieferant dort zertifiziert, bleibt alles beim Alten. Außerdem wäre die Zertifikation für KMUs und Startups eine unzumutbare zusätzliche Belastung.

 

Die Novellierung der Verordnung zur Stärkung der Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer soll die grenzüberschreitende Aufdeckung von Mehrwertsteuerbetrug und grenzüberschreitende Betriebsprüfungen erleichtern. Vorgesehen ist unter anderem ein rascher Austausch von Informationen und gemeinsame Prüfungen durch Steuerbehörden der Mitgliedstaaten sowie die Verarbeitung und Analyse von relevanten Daten im Rahmen von Eurofisc (multinationales Frühwarnsystem zur Bekämpfung des Mehrwertsteuerbetrugs). Zudem soll der Datenaustausch zwischen den Steuerbehörden der Mitgliedstaaten und den Strafverfolgungsbehörden auf EU-Ebene forciert werden. Eine besondere Zielrichtung dient der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug im Zusammenhang mit dem Fahrzeughandel. Das wurde allgemein begrüßt.

 

Schließlich beabsichtigt die EU-Kommission Sonderregelungen für Kleinunternehmen als Option für die Mitgliedstaaten. Die darin festgelegten nationalen Schwellenwerte für die Steuerbefreiung sowie für weitreichende Vereinfachungen (etwa bei der Registrierung, bei Aufzeichnungsvorschriften oder bei der Ausstellung von Rechnungen) sind in den Augen des Finanzministeriums jedoch zu hoch angesetzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf begründete Stellungnahme wurde mehrheitlich mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen angenommen:

 

 

 

 

ANTRAG AUF BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME

gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Christoph Längle

Kolleginnen und Kollegen

betreffend

 

COM (2017) 753 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 13. März 2018

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kann gemäß §13a GO-BR in einer Begründeten Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG i.V.m. Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit darlegen, warum ein Entwurf eines Legislativvorhabens der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar ist. Diese Stellungnahme muss binnen acht Wochen nach Vorliegen des Entwurfes in allen Sprachfassungen erfolgen.

 

Die unterfertigten Bundesräte stellen daher folgenden

 

 

 

Antrag auf Begründete Stellungnahme gemäß Art 23g Abs. 1 B-VG

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

A. Begründete Stellungnahme

 

 

Das gegenständliche Vorhaben ist mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar.

 

 

B. Begründung

 

Ein Großteil der Bevölkerung Europas hat einen sicheren Zugang zu sauberem Trinkwasser, das resultiert auch aus der hervorragenden Trinkwasserbewirtschaftung in den einzelnen Mitgliedstaaten. Natürlich gibt es für sauberes Trinkwasser auch zahlreiche Gefahren, vor allem durch den Einsatz von Chemikalien. Der Bundesrat begrüßt aus diesem Grund grundsätzlich den Fokus der Europäischen Kommission zur Sicherung der Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch. In Österreich – wie mit Sicherheit auch in anderen Mitgliedstaaten – nimmt dieses Thema einen großen Stellenwert ein und die Förderung von Wasser, das ressourceneffizient und nachhaltig aufbereitet wird, ist zu begrüßen.

 

Die Regelungen für Umweltpolitik und Gesundheitspolitik sind laut Artikel 4 Abs. 2 lit e und lit k AEUV im Rahmen einer geteilten Zuständigkeit auszuüben, weshalb die Vorlage auch im Rahmen der Subsidiarität geprüft werden kann. Grundsätzlich sollte der Mehrwert einer Regelung erkennbar sein, in einigen Bereichen dieses Richtlinienvorschlags ist dies jedoch nicht der Fall.

 

In Artikel 8 des Vorschlags wird auf die Gefahrenbewertung von Wasserkörpern, die für die Entnahme von Wasser für den menschlichen Gebrauch genützt werden, eingegangen. Es bestehen gemäß der EU Wasserrahmenrichtlinie bereits jetzt genaue Regelungen zur Überprüfung des Wassers, der zusätzlich Nutzen durch eine Systemänderung auf einen risikobasierten Ansatz ist jedoch nicht sinnvoll.

 

Auch die in Artikel 14 genannten Informationspflichten gegenüber der Öffentlichkeit werden keine ressourcenschonenderen Verfahren zur Folge haben, sondern lässt den Verwaltungsaufwand vielmehr anwachsen.

 

Auch der Hinweis in Artikel 16, dass es sich bei Fragen des Wassers um subjektiv-öffentliche Rechte handelt, ist nicht mit dem österreichischen Rechtssystem vereinbar, da Regelungen zum Schutz der Wasserqualität öffentliche Interessen darstellen und somit keine subjektiven Rechte begründen.

 

Die genannten Artikel widersprechen somit entweder dem Subsidiaritätsprinzip bzw. sind nicht als verhältnismäßig anzusehen.