Parlament Österreich

 

 

 

IV-62 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Bundesrates

 

 

Bild des Parlamentsgebäudes

 

Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

Mittwoch, 13. März 2013

 


Beratungen des EU-Ausschusses

des Bundesrates

 

(Auszugsweise Darstellung)

 

 


 

 

 

 

Mittwoch, 13. März 2013

__________________________________________________________

 

 

 

Tagesordnung

 

 

 

 

 

1.    COM(2012) 788 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen

(102458/EU XXIV.GP)

 

2.    RAT 6644/13

Mislabelling of beef products

(106881/EU XXIV.GP)

 

3.    COM(2013) 26 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1192/69 des Rates über gemeinsame Regeln für die Normalisierung der Konten der Eisenbahnunternehmen

(105001/EU XXIV.GP)

 

4.    COM(2013) 27 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Eisenbahnagentur der Europäischen Union und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 881/2004

(104994/EU XXIV.GP)

 

5.    COM(2013) 28 final

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste

(104976/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

6.    COM(2013) 29 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums bezüglich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste und der Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur

(104983/EU XXIV.GP)

 

7.    COM(2013) 30 final

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Interoperabilität des Eisenbahnsystems in der Europäischen Union (Neufassung) (104997/EU XXIV.GP)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Beginn der Sitzung berichtete Ausschussobmann Bundesrat Edgar Mayer über eingelangte Stellungnahmen und Vorschläge der Kommission:

 

Eingelangte Stellungnahmen der Bundesländer:

 

·         Gemeinsame Länderstellungnahme zum Vierten Eisenbahnpaket (auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung)

·         Stellungnahme des Wiener Landtags zum Verordnungsvorschlag betreffend die Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste (auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung)

·         Einheitliche Länderstellungnahme zur Mitteilung der Kommission „Ein Blueprint für den Schutz der europäischen Wasserressourcen“

·         Stellungnahme des Europa-Ausschusses des Vorarlberger Landtags zur Mitteilung der Kommission „Ein Blueprint für den Schutz der europäischen Wasserressourcen“

·         Stellungnahme des Europa-Ausschusses des Vorarlberger Landtags zur Mitteilung der Kommission „Ein funktionierender Energiebinnenmarkt“

 

Eingelangte Vorschläge der Kommission:

 

·         Legislativpaket bestehend aus drei Verordnungsvorschlägen zur Einführung eines Registrierungsprogramms für Reisende und eines Systems zur Erfassung der Ein- und Ausreisedaten von Drittstaatsangehörigen an den Außengrenzen der Union

·         Produktsicherheits- und Marktüberwachungspaket bestehend aus zwei Verordnungsvorschlägen

·         Vorschlag für Netz- und Informationssicherheits-Richtlinie

·         Legislativpaket zur Änderung der Geldwäsche-Richtlinie sowie zur Änderung der Geldtransferverordnung

 

 

 

 

 

Folgende Auskunftspersonen waren geladen:

 

·         Doris Unfried (AK: Abteilung Umwelt & Verkehr)

 

·         Gregor Lahounik (AK: Abteilung Umwelt & Verkehr)

 

Seitens der Bundesministerien standen den Bundesrätinnen und Bundesräten folgende Personen zur Verfügung:

 

·         Dr. Carolin Krejci  (BMG)

 

·         Mag. Alice Schogger (BMG)

 

·         Karin Guggenberger (BMVIT)

 

·         Wolfgang Strohofer (BMVIT

 

·         Christian Schimanofsky (BMVIT

 

 

 

 

 

Tabakprodukterichtlinie

 

 

Mit einer neuen Tabakrichtlinie will die EU verstärkt gegen das Rauchen mobil machen. Wie schon bei seiner Diskussion über den ersten Kommissionsvorschlag zur geänderten Tabakprodukterichtlinie bezweifelte der EU-Ausschuss des Bundesrats auch diesmal, dass die im Richtlinienentwurf vorgesehenen Maßnahmen ausreichend zur Reduktion des Tabakkonsums beitragen. Festgehalten wurden die Bedenken bezüglich der Verhältnismäßigkeit des Richtlinienvorschlags in einer mehrheitlich beschlossenen Mitteilung an die EU. In ihrem Schreiben an Brüssel fordern die BundesrätInnen empirische Erhebungen, ob die vorgeschlagenen verpflichtenden Warnhinweise auf Tabakwaren tatsächlich den Konsum der Produkte zurückgehen lassen und sie sprechen die Gefahr der Produktfälschung bei relativ einheitlichen Verpackungen an.

 

Bundesrat Stefan Schennach (S/W) stellte fest, er sei keineswegs gegen Rauchprävention, aber dass der Richtlinienvorschlag mit Gesundheitsaspekten "behübscht" werde, sei schon aus subsidiaritätsrechtlichen Gründen nicht zu begrüßen, immerhin obliege der Gesundheitsschutz von BürgerInnen den Nationalstaaten. Damit ging er auf die Information der Vertreterin des Gesundheitsministeriums ein, das Hauptziel der Richtlinie sei die Harmonisierung der Rechtsvorschiften zum Tabakhandel im EU-Binnenmarkt. Am grundsätzlichen Eingreifen der EU in persönliche Entscheidungen, wie es auch der vorliegende Legislativentwurf zur Tabakrichtlinie vorsehe, stieß sich Bundesrätin Monika Mühlwerth (F/W). Sie wandte sich daher namens ihrer Fraktion konkret gegen eine Formulierung in der Ausschussmitteilung, wonach man grundsätzlich die Ziele des Kommissionsvorschlags im Sinne des Gesundheitsschutzes unterstütze, und äußerte sich skeptisch, ob die Richtlinie in der Bevölkerung tatsächlich zu weniger Tabakkonsum führen werde.

 

Den Beginn des Tabakkonsums in Jugendjahren zu unterbinden, ist laut gegenständlichem Legislativentwurf das Kernziel der geplanten Tabakrichtlinie. Aufgezeigt wird darin, dass 70% der RaucherInnen bereits vor ihrem 18. Lebensjahr zur Zigarette greifen, 94% bevor sie 25 Jahre alt sind. Nicht zuletzt im Sinne geringerer Gesundheitskosten für die Allgemeinheit sind der Rauchstopp bei Erwachsenen und der KonsumentInnenschutz weitere wichtige gesundheitliche Aspekte des Entwurfs. Die Kommission strebt daher an, mit obligatorischen Warnhinweisen, einer Kombination aus Text und abschreckenden Bildern auf Zigarettenschachteln, KonsumentInnen vom Kauf der gesundheitsschädlichen Erzeugnisse abzuhalten. Jede Art von Werbung auf Tabakwaren soll verboten werden. Informationen über Raucherentwöhnungsangebote wie das Rauchertelefon müssen dagegen auf sämtlichen Zigaretten- und Feinschnittpackungen aufgedruckt sein. Ausschussvorsitzender Edgar Mayer (V/V) betonte dazu, jedenfalls seien der Herstellerschutz beziehungsweise die Wahrung der Marken- und Urheberrechte zu beachten, daher sehe er vereinheitlichte Bestimmungen zur Verpackungsgestaltung kritisch.

 

Der Geltungsbereich des Legislativvorschlags umfasst auch den grenzüberschreitenden Fernabsatz sowie neue und rauchlose Tabakprodukte. In die Richtlinie würden zukünftig etwa Slim-Zigaretten, Menthol-Zigaretten, Wasserpfeifen aber auch E-Zigaretten fallen. Festgelegt wird im Richtlinienvorschlag weiters die Meldepflicht der Tabakwarenhersteller- und Importeure über Inhaltsstoffe und Emissionen ihrer Waren. Im Datenerfassungssystem EMTOC (Electronic Model Tobacco Control), das Österreich maßgeblich mitentwickelt und als erstes EU-Mitglied rechtsverbindlich eingeführt hat, werden die erhobenen Informationen gespeichert.

 

Durch eine einheitliche Regelung der Kennzeichnung auf Zigarettenpackungen sowie des maximalen Teer-, Nikotin- und Kohlenmonoxid-Gehalts der Tabakprodukte und zulässiger Inhaltsstoffe will die EU-Kommission ein länderübergreifendes Vorgehen in der Eindämmung des Nikotinkonsums ermöglichen und zudem Behinderungen im freien Warenverkehr – etwa durch unterschiedliche Kennzeichnung der Produkte - beseitigen. Der illegale Handel mit Tabakwaren soll eingedämmt werden. Verboten sind laut Richtlinienentwurf Tabakerzeugnisse mit einem charakteristischen Aroma, wie Frucht- oder Schokoladengeschmack, vorgeblich gesundheitsfördernde Vitaminbeimengungen oder Zusatzstoffe mit stimulierender Wirkung, etwa Koffein oder Taurin. Die Expertin des Gesundheitsministeriums unterstrich, in der EU-Grundrechtecharta ist ein möglichst hohes Gesundheits- und Verbraucherschutzniveau in der Union vorgesehen, schon aus diesem Grund wolle die Kommission beispielsweise attraktiv gestaltete Tabakprodukte wie die kleinen Packungen mit "Candy Cigarettes" verbieten.

 

Die gesetzlichen Maßnahmen auf Unionsebene sollen auch dem WHO-Rahmenübereinkommen vom Mai 2003 zur Reduktion des Tabakgebrauchs Rechnung tragen, so die Kommission. Mit der Harmonisierung der betreffenden Rechtsvorschriften in der EU werden schließlich Einsparungen im Verwaltungsaufwand von Wirtschaftsakteuren und Behörden erhofft. Die Einführung von Einheitsgrößen für Zigarettenpackungen ("Plain Packaging") ist im aktuellen Richtlinienentwurf allerdings nicht mehr enthalten, die Kommission überlässt es den Mitgliedsländern, eigene Vorschriften darüber zu erstellen. Nach Abschluss der Verhandlungen in der Ratsarbeitsgruppe Gesundheit sowie der Verfahren im Europäischen Parlament beziehungsweise im Rat wird die Umsetzung der Richtlinie ab 2015 oder 2016 erwartet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Viertes Eisenbahnpaket

 

 

Neben den angestrebten unionsweiten Vorschriften für Tabakwaren befasste sich der EU-Ausschuss des Bundesrats intensiv mit dem einheitlichen europäischen Eisenbahnraum, den die EU-Kommission auf Schiene bringen will. Kritisch sahen mehrere BundesrätInnen die von der EU angepeilte Ausschreibungspflicht im gesamten innerstaatlichen Schienenpersonenverkehr und den dazu vorgeschlagenen Wegfall der Wahlfreiheit von Gebietskörperschaften, Personenverkehrsdienste im Wettbewerbsverfahren oder direkt zu vergeben. Neben diesen Kritikpunkten bemängeln die Ausschussmitglieder einstimmig in einer begründeten Stellungnahme auch, die regionale und lokale Selbstverwaltung bei der Daseinsvorsorge, wie sie der Vertrag von Lissabon vorsieht, werde mit den geänderten Bestimmungen umgangen.  

 

 

Das "Vierte Eisenbahnpaket" der Kommission zielt darauf ab, den gesamten inländischen Schienenpersonenverkehr in den EU-Mitgliedsstaaten ab 3. Dezember 2019 für neue Marktteilnehmer und Dienste zu öffnen, sodass nationale Monopole in diesem Bereich der Vergangenheit angehören. Das Kommissionsvorhaben umfasst Legislativvorschläge, mit denen im Sinne des Binnenmarkts Eisenbahnunternehmen EU-weit zu gleichen Bedingungen operieren können. Dazu will die EU sämtliche technische oder administrative Markteintrittshindernisse für neue Unternehmen beseitigen und hofft auf Qualitäts- und Effizienzsteigerungen durch den entstehenden Wettbewerb.

 

Nach den Vorstellungen der Kommission soll aus Wettbewerbsgründen auch für öffentliche, sogenannte gemeinwirtschaftliche Leistungen im Schienenpersonenverkehr Ausschreibungspflicht bestehen. Derzeit können Mitgliedsstaaten wählen, ob öffentliche Dienstleistungen des Schienenverkehrs außerhalb des städtischen Ballungsraumes, etwa S-Bahnen und Regionalzüge, per Ausschreibungsverfahren oder direkt vergeben werden. Ginge ein Eisenbahnunternehmen bei einer Ausschreibung allerdings leer aus, hätte laut EU-Vorschlag die zuständige Behörde das Restwertrisiko für die nicht benötigten Waggons und Lokomotiven zu tragen, müsste diese also auf Kosten der Allgemeinheit erwerben, machten die anwesende Arbeiterkammer-Expertin und ein Vertreter des Verkehrsministeriums geltend. Diesen Punkt im EU-Eisenbahnpaket bemängelte die Vorarlberger FPÖ-Bundesrätin Cornelia Michalke, obwohl sie den vermehrten Wettbewerb im Eisenbahnsektor generell positiv sah. Völlig werde man verstärkten Wettbewerb im Schienenverkehr zwar nicht aufhalten können, waren sich die Bundesrätinnen Elisabeth Kerschbaum (G/N) und Monika Mühlwerth (F/W) einig, es gelte jedoch, die notwendigen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Auf die Anregung Kerschbaums, soziale und ökologische Qualitätskriterien festzulegen, bevor verpflichtende Ausschreibungen schlagend werden, wurde seitens der Arbeiterkammer zu bedenken gegeben, dass vorwiegend die Europäische Eisenbahnagentur (ERA) gemäß dem EU-Plan derartige Kriterien zu fixieren hat.

 

Die ERA soll als einzige Anlaufstelle für Fahrzeuggenehmigungen und Sicherheitsbescheinigungen von Eisenbahnunternehmen installiert werden, heißt es nämlich in weiteren Legislativentwürfen des Eisenbahnpakets. Durch die für ganz Europa geltende Zulassung erwartet man nicht zuletzt eine Verringerung von Kosten und Dauer der Genehmigungsverfahren um jeweils 20%. Für die Implementierung einheitlicher Standards im transeuropäischen Eisenbahnsystem plant die Kommission, der ERA stärkere Befugnisse zur Überwachung der nationalen Vorschriften und der Beaufsichtigung staatlicher Sicherheitsbehörden zu geben. Aufheben will die Kommission die Möglichkeit staatlicher Ausgleichsleistungen für Zahlungsverpflichtungen bestimmter Eisenbahnbetriebe - wie besondere Familienzulagen und Renten -, die für Unternehmen anderer Verkehrsarten nicht gelten.

 

Außerdem regt die Kommission eine Trennung der Geschäftsbereiche Infrastruktur und Eisenbahnbetrieb an. Ob der im Legislativentwurf angegebene Zeitplan bis 2019 zu halten sei, wurde von den VertreterInnen des Verkehrsministeriums im Ausschuss allerdings in Frage gestellt, denn aus ihrer Sicht reichten die geplanten Fristen nicht für die Umsetzung der Regelungen im gesamten öffentlichen Personenverkehr der EU aus, wenn man die Qualität der Leistungen erhalten wolle.

 

Kundenzufriedenheit hänge gerade im Bahnverkehr nicht vom Grad der Liberalisierung dieses Bereichs ab, und wiege daher zahlreiche Nachteile einer Marktöffnung wie mögliches Preisdumping oder sinkende Beschäftigungsstandards durch Privatisierungen nicht auf. Damit ging die Expertin der Arbeiterkammer sehr kritisch auf die Bestimmungen im Entwurf zum Legislativpaket ein. Die Vertreterin des Verkehrsministeriums informierte den Ausschuss, die Verhandlungen auf EU-Ebene über das neue Eisenbahnpaket stünden erst am Beginn, die damit befasste Ratsarbeitsgruppe behandle derzeit als ersten Themenbereich technische Fragen zum Erreichen einer besseren Interoperabilität im Eisenbahnnetz der EU.

 

In ihrem verkehrspolitischen Weißbuch 2011 hält die EU fest, dass bis 2050 der Großteil der Personenbeförderung über mittlere Entfernungen auf die Eisenbahn entfallen sollte, was zur Reduktion der Treibhausgasemissionen um 20% beitragen würde. Bundesrätin Angelika Winzig (V/O) begrüßte vor diesem Hintergrund die Schritte zur Schaffung einheitlicher Voraussetzungen für den Bahnverkehr in Europa, nur so ließe sich die Bahn effizienter und attraktiver gestalten.

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrats teilte in seiner begründeten Stellungnahme viele der Bedenken, die aus der gemeinsamen Stellungnahme aller Bundesländer sowie einer zusätzlichen Stellungnahme des Wiener Landtags zum Eisenbahnpaket hervorgingen. Regionale und lokale Gebietskörperschaften eigneten sich am besten dafür, den öffentlichen Personennahverkehr nach den Bedürfnissen und Präferenzen der Nutzenden zu gestalten, heißt es darin. Die völlige Marktliberalisierung im öffentlichen Personennahverkehr brächte dagegen möglicherweise Verschlechterungen der Qualität, Sicherheit, Leistungsfähigkeit und flächendeckenden Verfügbarkeit sowie eine Verteuerung der Leistungen mit sich. Die begründete Stellungnahme an EU-Institutionen über die Liberalisierung des nationalen Schienenverkehrsmarktes wurde vom Ausschuss einstimmig gebilligt.

 

Eine Abkehr von der derzeitigen Wahlfreiheit nationaler, regionaler oder lokaler Behörden, Dienstleistungen im Wettbewerb oder direkt an eigene Unternehmen zu vergeben, sei subsidiaritätsrechtlich nicht nachvollziehbar und unverhältnismäßig, widerspreche sie doch dem Vertrag von Lissabon, der das Recht auf kommunale Selbstbestimmung für Dienste der Daseinsvorsorge vorsieht, hob Bundesrat Stefan Schennach (S/W) hervor. Private Verkehrsunternehmen würden sich lediglich auf gewinnversprechende Routen konzentrieren, befand sein oberösterreichischer Parteikollege Werner Stadler, da sie nicht wie Staatsbahnen den politischen Auftrag hätten, ausreichende Verbindungen zum Nutzen der Bevölkerung anzubieten.

 

Bundesrat Franz Wenger (V/S) plädierte daraufhin dafür, die Diskussion über Vergabepraktiken öffentlicher Personenverkehrsdienstleistungen nicht auf den Eisenbahnsektor zu reduzieren und machte auf diesbezügliche Qualitätsprobleme im Busbereich aufmerksam, für den gemäß der heimischen Bundesvergabeverordnung Ausschreibungen vorgesehen sind.

 

 

 

 

 

Kennzeichnung von Fleischwaren

 

 

Wo Rind draufsteht kann auch Pferd drin sein. Diesen Anschein ergaben Anfang des heurigen Jahres Labortests bei einigen mit "Rindfleisch" gekennzeichneten Produkten in EU-Mitgliedsländern, die auf Pferdefleisch in den Waren stießen. Die Kommission initiierte daraufhin gemeinsam mit Lebensmittelexperten eine unionsweite Testreihe, um Fleischwaren auf Pferde-DNA und auf Spuren von Tierarzneimitteln zu überprüfen. Diese Informationen über die Entwicklungen des Pferdefleischskandals, übermittelt vom Rat der Europäischen Union, veranlassten die Mitglieder des EU-Ausschusses sich näher mit dem derzeitigen Stand der Dinge auseinanderzusetzen. Im Rahmen des Kontrollverfahrens werden unionsweit ca. 2250 DNA-Tests an verarbeiteten Lebensmitteln zur Verifizierung der enthaltenen Tierart und rund 3000 weitere Proben bei Pferdefleisch auf verbotene Medikamentrückstände durchgeführt, berichtete eine Expertin des Gesundheitsministeriums. Zeitgleich mit dem Aktionsplan der EU laufen die Ermittlungen der Mitgliedsländer, um die Akteure des Fleischbetrugs ausfindig zu machen. Auch die europäische Polizeibehörde Europol ist in die Ermittlungstätigkeit eingebunden.

 

Österreich habe bereits vor Einlangen der entsprechenden Kommissionsempfehlung mit der Probeziehung an Fertigprodukten begonnen und es seien dabei keinerlei gesundheitsgefährdenden Fälle entdeckt worden, betonte die Expertin. Auch wenn es kein Gesundheitsrisiko bei heimischen Fleischwaren gebe, treffe der durch den EU-weiten Betrugsskandal verursachte Imageschaden österreichische Betriebe massiv, besonders jene im Exportgewerbe, machte Bundesrat Franz Perhab (V/St) aufmerksam. Der Überlegung des Bundesrats Stefan Schennach (S/W), mit einem einheitlichen staatlichen Gütesiegel ließe sich KonsumentInnenbetrug möglicherweise leichter unterbinden, konnte ÖVP-Bundesrat Martin Preineder (N) nichts abgewinnen. Er regte vielmehr an, das bestehende AMA-Gütesiegel noch mehr am Markt zu stärken, anstatt in die kostenaufwendige Bekanntmachung eines neuen Gütesiegels zu investieren.

 

Bezug nahm der Ausschuss auch auf ein Schreiben von Gesundheitsminister Alois Stöger an EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg, in dem er sich dafür ausspricht, dass zukünftig im Interesse der VerbraucherInnen die Herkunft von Fleisch auch bei verarbeiteten Lebensmitteln verbindlich anzugeben ist. Zudem sei es für die Erleichterung der Rückverfolgung von Fleischzutaten sinnvoll, eine unionsweite Datenbank zu installieren, in der alle Mitgliedsländer ihre Fleischlieferungen melden müssen. Dass jedenfalls bei den Kennzeichnungspflichten auf Fleischwaren Verbesserungsbedarf bestehe, bekräftigte Grünen-Mandatarin Elisabeth Kerschbaum (G/N). Bundesrätin Sonja Zwazl (V/N) meinte dazu, das österreichische Kontrollsystem für Nahrungsmittel, AGES, sei vorbildlich, es dürften der Wirtschaft deshalb nicht noch weitere Kosten für Überprüfungen aufgebürdet werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf Mitteilung wurde mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP mehrheitlich beschlossen:

 

 

ANTRAG AUF MITTEILUNG

gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Stefan Schennach

 

betreffend der Vorlage COM (2012) 788 final Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen (102458/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 13. März 2013

 

 

Der Präsident des Bundesrates wird ersucht, die folgende Mitteilung gemäß § 13b Abs. 9 GO-BR an das Europäische Parlament und den Rat als AdressatInnen sowie an

·         die Europäische Kommission,

·         den Ausschuss der Regionen,

·         den Wirtschafts- und Sozialausschuss und

·         COSAC bzw. IPEX

als weitere EmpfängerInnen zu übermitteln.

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

 

Mitteilung gemäß Art. 23f Abs. 4 B-VG

 

"Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen revidiert die aktuell geltende Fassung der Tabakprodukterichtlinie aus dem Jahr 2001. Der gegenständliche Vorschlag behandelt neue und strengere Vorschriften über die Herstellung von Tabakerzeugnissen, die Warnhinweise auf den Packungen der Erzeugnisse und deren Verkauf und auch Regelungen betreffend maximalen Teer-, Nikotin- und CO-Gehalts. Weiters enthält der Vorschlag auch Regelungen hinsichtlich des illegalen Handels mit Tabakprodukten sowie hinsichtlich Erzeugnissen des rauchlosen Tabaks. Laut Kommission ist neben einem verstärkten Schutz der öffentlichen Gesundheit (insbesondere von Kindern und Jugendlichen durch Prävention) auch ein besser funktionierender Binnenmarkt Ziel dieses Richtlinienvorschlags.

 

Beide Ziele der Kommission werden vom Bundesrat unterstützt, insbesondere das Bekenntnis zum Schutz der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union. Der Vorschlag weist in die richtige Richtung und ist zu begrüßen.

 

Alle vorgeschlagenen Maßnahmen müssen dahingehend überprüft werden, dass sie zur Erreichung der genannten Ziele beitragen. In jedem Bereich der europäischen Regelungen müssen schließlich gemäß Art. 5 Abs. 3 EUV Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit Maßgabe für die Gestaltung der Regelungen sein.

 

Nachdem die gesundheitsschädigende Wirkung des Rauchens unumstritten ist,  sollte keine Maßnahme von vornherein ausgeschlossen werden, die zur Reduktion des Tabakkonsums beiträgt. Hinsichtlich der vorgesehenen Regelungen für zusätzliche Warnhinweise und den diesbezüglichen Kennzeichnungsvorgaben im Vorschlag der Europäischen Kommission - nämlich 75% auf den Hauptflächen und 50% auf den Seitenflächen auf den Packungen -  erscheint es erforderlich, den durch Warnhinweise reduzierten Konsum ausreichend empirisch zu belegen. Es wird daher angeregt, die Auswirkungen der Warnhinweise periodisch zu evaluieren und darauf aufbauend allfällige Anpassungen aufgrund der konkreten Erfahrungen aus der Praxis vorzunehmen.

 

Durch relativ einheitliche Packungen für die Hersteller und somit immer einheitlichere Produkte erhöht sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass Tabakprodukte leichter gefälscht werden können. Im Sinne des Gesundheitsschutzes sind daher entsprechende Gegenmaßnahmen notwendig um nachteilige Folgen solcher Fälschungen abzuwenden. Der weitere Ausbau der Möglichkeiten zur Fälschungssicherheit sollte sich dabei jedenfalls an bereits eingeführten technischen Standards dazu orientieren bzw. diese weiterentwickeln.

Die Auswirkungen des Vorschlags auf Marken- und Urheberrechte sollten nochmals geprüft werden."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Folgender Antrag auf begründete Stellungnahme wurde einstimmig angenommen:

 

 

ANTRAG AUF BEGRÜNDETE STELLUNGNAHME

 

gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG

 

der Bundesräte Edgar Mayer, Stefan Schennach

 

betreffend

COM(2013) 28 final Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste (104976/EU XXIV.GP)

 

eingebracht in der Sitzung des EU-Ausschusses des Bundesrates am 13.03.2013 zu TOP 5.

 

 

 

I.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates kann gemäß § 13a GO-BR in einer begründeten Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG iVm Art. 6 des Protokolls über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit darlegen, warum ein Entwurf eines Legislativvorhabens der Europäischen Union mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar ist. Diese Stellungnahme muss binnen acht Wochen nach Vorliegen des Entwurfs in allen Sprachfassungen erfolgen.

 

 

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

 

Antrag auf Begründete Stellungnahme gemäß Art. 23g Abs. 1 B-VG

 

 

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates wolle beschließen:

 

A. Begründete Stellungnahme

 

Das gegenständliche Vorhaben ist mit dem Subsidiaritätsprinzip nicht vereinbar.

 

B. Begründung

 

Die Europäische Kommission (EK) veröffentlichte am 30. Jänner 2013 das vierte Eisenbahnpaket, das insgesamt sechs Legislativvorschläge umfasst. Neben weitreichenden Vorschlägen zur Umstrukturierung der europäischen Eisenbahnmärkte hat die Kommission eine grundlegende Revision der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 ("Public Service Obligations" - kurz "PSO") des Europäischen Parlaments und Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 vorgelegt.

 

Durch diesen "Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 hinsichtlich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste" soll die Ausschreibung von Schienenpersonenverkehrsdiensten im regionalen Bereich und im Personennahverkehr forciert werden.

 

Grundsätzlich wird auf Artikel 5 EUV verwiesen, nach dem die Europäische Union nur tätig werden kann, sofern und soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen von den Mitgliedstaaten weder auf zentraler noch auf regionaler oder lokaler Ebene ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr wegen ihres Umfangs oder ihrer Wirkung auf Unionsebne besser zu verwirklichen sind.

 

Mit dem Vertrag von Lissabon wurde die besondere Rolle der Daseinsvorsorge primärrechtlich verankert und abgesichert. Diese wird in hohem Maße auf lokaler und regionaler Ebene erbracht, was sich in entsprechenden Grundsatzbestimmungen ausdrückt, wie insbesondere der expliziten Achtung der regionalen und lokalen Selbstverwaltung in Artikel 4 Absatz 2 EUV und dem grundsätzlichen Bekenntnis zur Wahlfreiheit der Mitgliedstaaten, über die Art und Weise der Zurverfügungstellung von Dienstleistungen der Daseinsvorsorge an die Allgemeinheit und deren Finanzierung selbst zu entscheiden (Artikel 14 AEUV).

 

Im Protokoll Nr. 26 des Vertrags von Lissabon wird überdies ausdrücklich festgehalten, dass zu den Werten der Union insbesondere die wichtige Rolle und der weite Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden in der Frage zählen, "wie Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse auf eine den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer so gut wie möglich entsprechende Weise zu erbringen, in Auftrag zu geben und zu organisieren sind."

 

Die derzeitige PSO-Verordnung stellt einen ausgewogenen Kompromiss dar, den es aufgrund der bisherigen Erfahrungen aufrecht zu erhalten gilt. Denn die lokalen und regionalen Gebietskörperschaften sind am besten dafür geeignet, den öffentlichen Personennahverkehr nach den Bedürfnissen und Präferenzen der Nutzerinnen und Nutzer zu gestalten und auf unterschiedliche geografische, soziale und kulturelle Gegebenheiten einzugehen. Eine europaweite Ausschreibung lokaler und regionaler Schienenverkehrsdienste ist wegen der örtlichen Begrenzung des Hoheitsbereiches aus vergaberechtlicher Sicht nicht erforderlich und wäre daher überschießend.

 

Die derzeit geltende Fassung der PSO-Verordnung gewährleistet unter bestimmten Bedingungen die Wahlfreiheit der nationalen, regionalen und lokalen Ebene. So normiert die PSO-Verordnung durch zahlreiche praxisnahe Schwellenwerte eine Direktvergabe auch für den Nicht-Eisenbahn-Bereich. Die zuständigen Behörden können entscheiden, ob sie öffentliche Dienstleistungsaufträge direkt vergeben oder wettbewerblich ausschreiben. Sie sind am besten dafür geeignet, den öffentlichen Personennahverkehr nach den Bedürfnissen und Präferenzen der Nutzerinnen und Nutzer zu gestalten und auf unterschiedliche geografische, soziale und kulturelle Gegebenheiten einzugehen. Diese Praxisnähe - insbesondere der Schwellenwerte - wird durch den Vorschlag für den Eisenbahnbereich nicht abgebildet.  Ein einseitiges Abgehen von diesem wesentlichen, durch den Vertrag von Lissabon noch verstärkten Grundsatz erscheint weder notwendig noch sinnvoll noch unter Berücksichtigung der primärrechtlichen Absicherungen der Daseinsvorsorge in den europäischen Verträgen gerechtfertigt.

 

Aus diesem Grund kann aus der Revision der PSO-Verordnung kein deutlicher Nutzen abgeleitet werden, der eine Neuregelung auf europäischer Ebene rechtfertigen würde."

 

II.

 

Der EU-Ausschuss des Bundesrates beschließt, diese Stellungnahme gemäß § 34 Abs. 6 GO-BR als Kommuniqué zu veröffentlichen und der auszugsweisen Darstellung anzuschließen. Weiters wird der Präsident des Bundesrates ersucht, diese Stellungnahme an die gemäß §13b Abs. 9 GO-BR vorgesehenen EmpfängerInnen sowie an die österreichische Bundesregierung, an die Verbindungsstelle der Bundesländer, an den Ausschuss der Regionen und an die COSAC bzw. IPEX zu übermitteln.