1167/J-BR




der Bundesräte Gerste
und Kollegen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend Medienrecht



Die Pressefreiheit ist eine demokratische Errungenschaft und darf aus grund-
sätzlichen Überlegungen weder angetastet noch eingeschränkt werden. ln An-
betracht des immer stärker werdenden Einflusses der Medien auf alle relevanten
gesellschaftlichen Prozesse gewinnt die Frage an Bedeutung, welcher Kontrolle
dieser Einfluß zu unterziehen ist, soll die Macht dieser ,,vierten Staatsgewalt" nicht zu
Mißbrauch führen. Die bisherigen gesetzlichen Vorkehrungen reichen nach Auf-
fassung des Erstanfragers für diese Kontrolle nicht mehr aus. Zielsetzung einer
Reform des Medienrechtes müßte es sein, den Persönlichkeitsschutz des einzelnen,
ob im öffentlichen Leben stehend oder nicht, stärker abzusichern und den
Medienbetreibern den wirtschaftlichen Anreiz zu nehmen, durch den Angriff in eine
erweiterte Persönlichkeitssphäre und die damit verbundene ,,Skandalisierung" von
Personen, die Nachfrage nach ihren Produkten zu steigern.


Die §§ 6 und 7 MedG decken alle jene Fälle nicht ab, in denen, wenn auch
wahrheitsgemäß, über qualitativ unbedeutende Zuwiderhandlungen gegen
Rechtsvorschriften oder gesellschaftliche Wertmaßstäbe mit dem Ziel berichtet wird,
die betroffenen Personen dadurch öffentlich bloßzustellen. Gerade das Anwachsen
des Marktes der Gratiszeitungen auf regionaler Ebene bringt es mit sich, daß dort
zur Förderung der Attraktivität dieser Publikationen Personen zum Gegenstand der
Berichterstattung gemacht werden, die im Verbreitungsraum eine bedeutende Rolle
spielen. Aus Wettbewerbsgründen schließen sich auch die kommerziellen Medien
diesem Trend an.

Neben der Schaffung eines besser an die wirtschaftlichen Verhältnisse des Medien-
unternehmens anzupassenden Geldbußensystemes, das sich vorwiegend an der
Abschöpfung des wirtschaftlichen Gewinnes solcher Veröffentlichungen orientiert,
sollte durch flankierende Maßnahmen mit Auswirkung auf die Ertragslage des
Medienunternehmens versucht werden, die ,, Ethik im Journalismus" zu verbessern.

Als solche Maßnahme käme nach Auffassung des Erstanfragers die Schaffung einer
Kommission in Frage, die, vergleichbar dem zur Zeit bestehenden Presserat, über
Antrag das Vorliegen von Verstößen gegen die ,,journalistische Ethik" feststellt. Eine
solche Feststellung könnte zum Beispiel neben Geldbußen auch Förderungs-
kürzungen bewirken. Durch Entscheidungen einer solchen Kommission könnte
insbesondere ein vielfach zu beobachtender gezielter Mißbrauch der Pressefreiheit
mit dem Zweck der öffentlichen ,,Verunglimpfung" und ,,Anprangerung" mißliebiger
Personen unterbunden werden. Durch eine solche Erweiterung des Schutzes vor
willkürlicher und diffamierender Berichterstattung - welche ohnehin auch im Interesse
eines verantwortungsbewußten Journalismus liegt - kann ein wirksamer Beitrag zur
Verbesserung der journalistischen Ethik und damit auch des Umgangsklimas in der
Gesellschaft erreicht werden.


Die unterfertigten Bundesräte richten daher an den Bundesminister für Justiz
nachstehende



A n f r a g e :



1 . Sind im Bundesministerium für Justiz Arbeiten zu einer Novellierung des
Mediengesetzes im Gange, durch die den einleitend dargestellten
Mißbrauchsmöglichkeiten Einhalt geboten werden könnte?

2. Wenn ja, welche konkreten Änderungen des Medienrechts sind ins Auge gefaßt?

3. Wann kann mit einer entsprechenden Vorlage gerechnetwerden?