1185/J-BR/96

ANFRAGE

der Bundesräte Dr. Kapral, Mag. Langer, Dr. Riess-Passer an den Bundeskanzler

betreffend koordinierte Vorgangsweise Bund - Länder

Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser von ausreichender Qualität ist ein weltweites Problem und wird in Zukunft noch stärker als bisher in den Auseinandersetzungen zwischen den Staaten - jedenfalls in gewissen Schlüsselregionen - eine Rolle spielen. Selbst in Österreich, einem Land mit ausreichenden Wasserreserven, rückt die Frage der Nutzung der Wasservorkommen immer stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Nach der durch einige Zeit die Medien beherrschenden Frage einer Besteuerung von Wasserbezügen durch die Einhebung einer Wassernutzungsabgabe durch das Bundesland Steiermark ist kürzlich ein Steiemark-interner Konflikt bekannt geworden, der durch den Plan zur Errichtung einer Notwasserversorgung der Landeshauptstadt Graz aus dem Hochschwabgebiet entstanden ist. Diese Hinweise sollen nur die Bedeutung der Wasserversorgung insbesondere in Ballungszentren unterstreichen.

Bekanntlich ist das steiermärkische Naturschutzabgabengesetz, das u.a. die Einhebung einer Wassernutzungsabgabe vorsieht, im steirischen Landtag nicht nur mit den Stimmen der ÖVP, sondern auch mit den Stimmen der SPÖ-Landtagsabgeordneten und gegen die Stimmen der Freiheitlichen beschlossen worden. Die Wassernutzungsabgabe trifft neben den steirischen Wasserkonsumenten vor allem das Bundesland Wien, das einen wesentlichen Teil des Wasserverbrauches seiner Bevölkerung aus steirischen Quellen deckt. Die von den Sozialdemokraten dominierten Organe der Wiener Stadtverwaltung und des Bundeslandes Wien gehören demnach auch zu den heftigsten Gegnern der von der ÖVP/SPÖ-Mehrheit im steirischen Landtag beschlossenen Vorgangsweise.

Da ein isoliertes, nicht abgestimmtes Vorgehen einzelner Bundesländer in wichtigen, die Interessen der Bevölkerung nachhaltig tangierenden Fragen zu negativen Auswirkungen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung unseres Landes führen kann, richten die unterfertigten Bundesräte an den Herrn Bundeskanzler folgende

A n f r a g e

1. Wie weit werden Sie zwischen der strikt ablehnenden Haltung zur Einhebung einer Wassernutzungsabgabe des der SPÖ angehörenden Wiener Landeshauptmannes Dr. Häupl und dem von der sozialdemokratischen Fraktion im steiermärkischen Landtag mitgetragenen Beschluß zur Einführung einer solchen Abgabe eine Ihrer Koordinationsfunktionen als Bundeskanzler zum Ausgleich unterschiedlicher Interessen einzelner Bundesländer entsprechende vermittelnde Funktion wahrnehmen?

2. Haben Sie bereits Gespräche mit den beiden betreffenden Bundesländern, d.h. mit dem sozialdemokratischen Wiener Landeshauptmann bzw. mit Vertretern der sozialdemokratischen Fraktion im steiermärkischen @- Landtag, geführt?

3. Wenn Sie solche Gespräche noch nicht geführt haben, wann gedenken Sie solche zu führen?

4. Wenn ja, mit welchem Ergebnis haben diese Gespräche geendet?

5. Sind Sie bereit, der Bundesregierung Vorschläge zu unterbreiten, die auf eine abgestimmte Vorgangsweise hinsichtlich aller die gesamtwirtschaftliche Entwicklung tangierenden Maßnahmen der einzelnen Bundesländer abzielen?

6. Sehen Sie die Möglichkeit, daß Bund und Bundesländer im Rahmen von Art. 15a Übereinkommen, eine abgestimmte Vorgangsweise z.B. auf dem Gebiet des Steuerfindungsrechts vereinbaren?

7. Werden Sie der Bundesregierung Vorschläge unterbreiten, wie unter Wahrung der Einheitlichkeit des Wirtschaftsgebietes die Steuerhoheit der Bundesländer bei gleichzeitiger Reduktion des Steuerfindungsrechts des Bundes ausgeweitet werden kann?

8. Werden Sie bei einem zu erwartenden Beharrungsbeschluß des steiermärkischen Landtags nach einem allfälligen Einspruch der Bundesregierung gegen das steirische Naturschutzabgabengesetz der Bundesregierung vorschlagen, ein Verfahren nach § 9 Finanz-Verfassungsgesetz einzuleiten?