1197/J-BR/96
DRINGLICHE ANFRAGE
der Bundesräte Dr. Kapral, Dr. Riess-Passer, Mag. Langer und Kollegen
an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten
betreffend die unendliche Geschichte des Museumsquartiers
Sowohl die Planungen für Museums-Quartier schreiten fort, als auch die Diskussion innerhalb der Stadt Wien.(...) Die budgetären Vorbereitungen selbst sind getroffen also es schreitet zügig voran, so der damalige Bundesminister für Wissenschaft Dr. Erhard Busek im Morgenjoumal des Hörfunks vom 16. Juni 1992. Mittlerweile sind mehr als vier Jahre vergangen und außer dreistelligen Miflionenbeträgen, die aus Steuergeldern aufgewendet wurden, gibt es keinerlei sichtbare Zeichen oder Ergebnisse betreffend das geplante Museumsquartier.
Im Jahre 1990 wurde eine Museumsquartiergesellschaft, an der der Bund zu 75 % und die Gemeinde Wien zu 25 % beteiligt sind, gegründet.
Gemäß BGBl. Nr. 372/1990 bezieht sich der Untemehmensgegenstand der Museumsquartier-Errichtungs- und BetriebsgesmbH auf die Planung, Bau, Erhaltung, Liegenschaftsverwaltung und Betriebsführung des auf dem Areal der ehemaligen Hofstallungen zu errichtenden Museumsquartier.
Die Erfolgsbilanz der bisherigen Tätigkeit läßt jedoch berechtigte Zweifel an der Sinnhaftigkeit und Effizienz dieser Gesellschaft insofern aufkommen, als bekannt ist, daß man bisher auf der einen Seite über das Planungsstadium noch nicht hinausgekommen ist, auf der anderen Seite aber bereits mehr als 500 Millionen Schilling für das Museumsquartier ausgegeben wurden.
Die Verwirklichung des Projekts Museumsquartier wurde einerseits durch mangelnde Entscheidungsfähigkeit der Verantwortlichen der am Syndikatsvertrag beteiligten Bundesministerien sowie der Stadt Wien erheblich verzögert, andererseits war die .auf politischer Ebene erfolgte Verknüpfung der Sachentscheidungen betreffend die Errichtung einer Kunst- und Veranstaltungshalle und den Erwerb der "Sammlung Leopold" dem raschen Fortgang der Entwicklung nicht unbedingt dienlich.
Eines der Hauptprobleme dieses unrühmlichen Kapitels der österreichischen Kulturpolitik liegt in der Tatsache, daß in der ersten Phase des Architektenwettbewerbes für eine Revitalisierung und teilweise Neubauung des Areals der ehemaligen Hofstallungen die Angaben betreffend die Erhaltungswürdigkeit mit den Ausführungen des Bundesdenkmalamtes lediglich sinngemäß und nur lückenhaft übereinstimmten, wie auch der Rechnungshof in seinem Wahrnehmungsberichten über die Museumsquartier-Einrichtungs- und BetriebsgesmbH beanstandete. "
Dies führte dazu, daß bei den sich bewerbenden Architekten der Eindruck entstehen konnte, daß das betreffende Areal mehr oder weniger ohne Beachtung denkmalschutzrechtlicher Vorschriften gestaltet werden könnte.
Die ursprünglichen und grundsätzlichen Auffassungen des Bundesdenkmalamtes waren seit 1984 bekannt und wurden mehrmals präzisiert. Dennoch wurde ihnen bei den weiteren Projektplanungen nicht die nötige Beachtung geschenkt, was das bereits o.a. von Bundesminister a.D. Dr. Busek angekündigte zügige Fortschreiten des Projektes(" bis zum Stillstand einbremste.
Die jüngsten Medienberichte spiegeln nur zu gut wieder, daß man in Sachen "Museumsquartier" weiterhin am Stand tritt, wenn der Präsident des Bundesdenkmalamtes Dr. Sailer in Zusammenhang mit der dreißig Seiten umfassenden Stellungnahme betreffend das jüngste Projekt "Ortner & Wehdorn" via APA 214 vom 5. Juli 1996 verlauten läßt, daß das Nutzungskonzept der wesentliche Ansatzpunkt die gesamte Architekturausformung, sei und bei eben dieser Nutzungsfrage für die Sachverständigen der Denkmalbehörde allzuviele, Fragen offengelassen wurden.
Die Zeitung "Die Presse" zitiert Herrn Dr. Sailer in ihrer Ausgabe vom 6. Juli 1996 dazu wie folgt: Der Teufel sitzt im Detail. Uns geht es vor allem um die historische Bausubstanz undderen Nutzung im Verhältnis zu den Neubauten. Den Fischer-von-Erlach-Trakt als Depot zu nutzen- da stellen sich mir die Haare auf.
Ein Abschluß dieser steuergelderverschlingenden Museums-Odyssee ist demnach offenbar ferner den je.
Aus diesem Grund richten die unterfertigten Bundesräte an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten folgende
DRINGLICHE ANFRAGE:
1. Wie ist der aktuelle Stand betreffend die Errichtung des Museumsquarders?
2. Wie oft wurde der Syndikatsvertrag seit seinem Abschluß geändert?
3. Wer trägt laut Syndikatsvertrag jeweils welche Kosten?
4. Halten Sie es für vertretbar, daß hohe Beamte des Bundesnünisteriums für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten noch immer im Aufsichtsrat der Museumsquartier-Errichtungsund Betriebsgesellschaft sitzen, obwohl der Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht auf die Problematik derartiger Doppelfunktionen bereits hingewiesen hat?
5. Welche Kosten sind dem Bund im Zuge der Planung für die Errichtung des
Museumsquartiers bisher entstanden?
6. Ab welchem Zeitpunkt wurden denkmalschutzrechtliche Aspekte in die Planungen tatsächlich einbezogen?
7. Gibt es Projekte, die rein aus Gründen der Verletzung des Denkmalschutzes ausgeschieden wurden?
8. Welche sind die genauen Kritikpunkte und Bedenken des Bundesdenkmalamtes zu den aktuellen Plänen für die Errichtung des Museumsquartiers?
9. In welcher Form wird es möglich sein, die genannten Bedenken auszuräumen?
10.Das jüngste Projekt "Ortner & Wehdom" sieht unter anderem den Abriß denlanalgeschützter Bauwerke vor. Halten Sie dennoch dieses Projekt nüt den Bestimmungen des Bundesdenkmalschutzgesetzes für vereinbar?
1 1. Bis zu welchem Zeitpunkt halten Sie einen Abschluß der Planungsphase bzw. den Beginn der Errichtung des Museumsquartiers für möglich?
12.Eine Reihe von Beispielen in westeuropäischen Städten beweisen, daß es möglich ist, historische Bausubstanz für museale Zwecke zu nutzen. Beispielhaft seien in diesem Zusammenhang der Louvre sowie das Musee d Orsay in Paris oder die Villa Hermosa Thyssen-Sammlung und die Reigna Sofia in Madrid angeführt.
Werden Sie sich dafür einsetzen, daß auch bei der Verwirklichung des Museumsquartiers in
Wien vorrangig die historische Bausubstanz für museale Zwecke genutzt wird?
13.Wie weit berechtigt die von Dr. Sailer gefaßte Stellungnahme zu der Annahme, daß das Bundesdenkmalamt dem Projekt "Ortner & Wehdom" seine Zustimmung erteilen wird?
14.Gibt es bereits Kostenschätzungen betreffend die Realisierung des Projektes "Ortner & Wehdorn" ?
Wenn ja, in welcher Höhe liegen diese Kosten?
15.Wann gedenken Sie, die Öffentlichkeit über das jüngste Projekt umfassend zu informieren?
16.Inwieweit wurden Bedenken der Bürgerinitiative "Messepalast Hofstall-Ensemble" in die Planungen einbezogen?
17.Erachten Sie es als gerechtfertigt, daß für eine Studie, mit dem Ziel die argumentative Kampfkraft der Geschäftsführung der Museumsquartier-Errichtungs- und Betriebsgesellschaft zu starken, ein Honorar in der Hohe von rd. 1 Million ScUag überwiesen wurde?
18. In wessen Eigentum steht die von der Republik Österreich angekaufte "Sammlung Leopold"?
19.Wo befinden sich die Werke derzeit?
20.Wann ist geplant, die Sammlung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen?
2 1. Wo soll die Sammlung nach dem derzeitigen Stand der Dinge untergebracht werden?
22.Wer verwaltet die Sammlung zur Zeit und welche Kosten sind damit verbunden?
Informellter Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des §61 GO-
BR dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln und dem Erstunterzeichner
Gelegenheit zur Begründung zu geben.
Wien, den 12.7.1996