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der Bundesräte Dr. Riess - Passer, Dr. Harring und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend Privatisierung der Bank Austria und der Creditanstalt
Die Bundesregierung bemüht sich bereits seit 1991 erfolglos, die Bundesanteile an der Credit -
anstalt zu veräußern. Bereits am 14. März 1991 hat der Gesetzgeber mit BGBl. Nr.163/1991
die Errnachtigung erteilt, die Anteilsrechte sowohl an der Creditanstalt als auch an der Länder -
bank bestmöglich zu verkaufen. Die weitere dilettantische Vorgangsweise führte auch dazu,
daß sich angesehene internationale Wirtschaftsmedien darüber lustig machten (Wall Street
Journal Europe, 21. September 1995: How not to privatize a bank).
Darin steht u.a. folgendes zu lesen:
"All dies ist nicht so wichtig für eine Geschichte einer sehr schwierigen Privatisierung, aber
was es andererseits aussagt über die intriganten Beziehungen zwischen Staat, Banken und
Geschäft in einem Land,...
Das politische Kleingehacke und das stete Vorwärts und Rückwärts hinsichtlich der Privati -
sierung könnte bereits der strategischen Position der Bank geschadet haben, sowie auch der
Moral der Angestellten. Die endlosen Streitereien waren schlecht für die Bank. Die Privati -
sierungsfrage wurde zu politisiert, ........ deshalb ist das internationale Verkaufsangebot an sich
eine Farce, Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie einen Käufer finden werden."
Trotzdem wurden nun bei diesem Vorhaben insoweit Fortschritte erzielt, als mit Ende der
Anbotsfrist für die Bundesanteile an der Creditanstalt am 16. Dezember 1996 drei Offerte,
u.zw. von der Karl Wlaschek Privatstiftung, der Bank Austria und dem EA Generali Konsor -
tium vorgelegen sind.
Zeitungsmeldungen zufolge dürfte das Angebot der Bank Austria mit über 16 Mrd. das beste
sein, und laut Pressemeldungen dürfte auch die Bank Austria den Zuschlag erhalten.
Allerdings stehen einer Reihe guter Argumente für diese Großfusion auch einige negative
Aspekte gegenüber. Positiv zu beurteilen ist die realistische Chance, daß die seit langem über-
fällige Verringerung der Finaldichte im österreichischen Bankensektor wesentlich voran
kommt. Zweitens bestünden beträchtliche Einsparpotentiale auch bei den zentral angesiedelten
Unternehmensresourcen, z.B. in der Forschung oder im Devisenhandel. Drittens würde eine
Bank mit im europäischen Maßstab wahrnehmbarer Größenordnung entstehen. Es bestünde
auch die Möglichkeit als Global - Player auf den internationalen Finanzmärkten aufzutreten.
Als negativer Punkt steht dem die Wahrscheinlichkeit eines größeren Personalabbaus gegen-
über. Dabei würde die Creditanstalt wahrscheinlich in überproportionaler Weise betroffen sein.
Einen weiteren gewichtigen Risikofaktor stellt die Unterschiedlichkeit der Unternehmenskultur
dar. In den Vereinigten Staaten wurde die Erfahrung gemacht, daß zwei Drittel aller
Fusionsvorhaben hinter ihren Planzielen zurück geblieben sind. Außerdem ergibt sich bei einer
Fusion von Bank Austria und Creditanstalt eine Ausweitung des Haftungsumfanges seitens der
Stadt Wien.
Hinzu kommt, daß eine Übernahme der Bundesanteile an der Creditanstalt durch die Bank
Austria, die im Wege ihres Haupteigentümers AVZ im Einflußbereich der Stadt Wien steht,
keinesfalls eine echte (d.h. vollständige) Privatisierung darstellt, sondern bloß eine Vermö-
gensverschiebung vom Bund zu vom Land Wien kontrollierten Unternehmen
(Kommunalisierung).
Im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich und der Bedeutung des Bankensektors für
die Wirtschaft ist eine Bankenstruktur erforderlich, die sicherstellt, daß die strategischen
Entscheidungen der Institute in Österreich und frei von unsachlichen Einflüssen getroffen
werden. Daher ist es erforderlich, eine breite Streuung der Eigentumsanteile zu erreichen und
insbesondere auch politische Einflußnahmen auszuschließen. Die Voraussetzungen können nur
dann in zureichendem Maße erfüllt werden, wenn eine echte (d.h. vollständige) Privatisierung
erfolgt.
Die aktuelle Diskussion um die Privatisierung der Creditanstalt ermöglicht es, grundsätzliche
Entscheidungen für eine Neuordnung des Wettbewerbes der heimischen Kreditwirtschaft zu
treffen und Europareife zu erlangen.
In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Bundesräte an den Bundesminister für
Finanzen nachstehende
DRINGLICHE ANFRAGE:
1. ) Im oben angeführten Artikel des Wall Street Journals versteht man unter Scheinprivati -
sierung, daß ein staatskontrolliertes Unternehmen von einem anderen übernommen wird.
Teilen Sie die Auffassung, daß bei einem Verkauf der Bundesanteile der Creditanstalt an die
Bank Austria, die ebenfalls "dem öffentlichen Bereich" zuzuordnen ist, von einer
Scheinprivatisierung gesprochen werden kann? Wenn nein, warum nicht?
2. ) Sind Sie bereit, vor der allfalligen Erteilung eines Zuschlages der Bundesanteile der Credit -
anstalt an die Bank Austria mit deren Hauptaktionär AVZ bzw. dessen von der Gemeinde
Wien bestellten Organen in Verhandlungen mit dem Ziel einer vollständigen Privatisierung
der Bank Austria einzutreten? Wenn ja, aufgrund welcher Erwägungen? Wenn nein, warum
nicht?
3. ) Wie beurteilen sie die Aussagen der BAWAG, die einem Zuschlag an die Bank Austria
deshalb gelassen entgegensieht, da das neue Unternehmen lange Zeit mit sich beschäftigt
und gelähmt sein wird wodurch sich für die BAWAG und die restlichen Kreditinstitute
eine große Chance eröffnet?
4. ) Mit welchem Umsatz - und Ertragsrückgang, z.B. im Kreditbereich, rechnen Sie bei der
Übernahme der Bundesanteile der Creditanstalt durch die Bank Austria?
5. ) Sind Sie der Meinung, daß man bei der Variante Bank Austria - Creditanstalt, unter
Berücksichtigung der steigenden Arbeitslosigkeit, von der Wahrung nationaler Interessen
sprechen kann, wenn dabei ein höherer Personalabbau (4.000 - 5.000 Mitarbeiter bei der
Creditanstalt) bevorsteht als bei den anderen Lösungen?
6. ) Können Sie ausschließen, daß bei einer Übernahme der Bundesanteile der Creditanstalt
durch die Bank Austria die Creditanstalt-Minderheitsaktionare "auf der Strecke" bleiben,
wie dies der Interessensverband (IAV) für Kleinanleger befürchtet? Wenn nein, warum
nicht? Wenn ja, wodurch?
7. ) Können Sie ausschließen, daß die Bank Austria Beteiligungen der Creditanstalt verkaufen
wird, um damit den Kauf der Bundesanteile der Creditanstalt zu finanzieren und so eventuell
kleine Aktionäre schädigt? Wenn ja, wodurch? Wenn nein, warum nicht?
8. ) Inwieweit wird nach Übernahme der Bundesanteile der Creditanstalt durch die Bank
Austria die Gemeinde Wien auch für die Creditanstalt haften?
9. ) Teilen Sie die Auffassung des ehemaligen SPÖ - Vizebürgermeisters Hans Mayr, daß durch
eine Anderung des Sparkassengesetzes die Haftung der Gemeinden für Verbindlichkeiten
der Gemeindesparkassen und Sparkassen-Aktiengesellschaften in jedem Fall ausgeschlossen
werden sollte? Wenn ja, welche konkreten Initiativen werden Sie wann in diesem
Zusammenhang setzen? Wenn nein, warum nicht?
10.) Sind Sie der Auffassung, daß die rechtliche Konstruktion der Gemeindesparkassen als
eigentümerlose juristische Person des Privatrechts zeitgemäß ist? Wenn ja, aufgrund
welcher Erwägungen? Wenn nein, welche konkreten Änderungen der Rechtslage sind in
Aussicht genommen?
11.) Sind Sie der Auffassung, daß die rechtliche Konstruktion einer Gemeindesparkasse bzw.
Sparkassen - Aktiengesellschaft für die Wettbewerbsfähigkeit des bei weitem größten Kredit-
institutes Österreichs optimal ist?
12.) Sind Sie der Auffassung, daß die Bank Austria durch die nach § 2 des Sparkassengesetzes
gegebene Haftung der Stadt Wien einen sachlich gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil
genießt? Wenn ja, was werden Sie im Interesse gleicher Wettbewerbsbedingungen für aue
Kreditinstitute in diesem Zusammenhang unternehmen? Wenn nein, warum nicht?
13.Wie beurteilen Sie diese Frage im Hinblick auf ein mögliches Verfahren vor der EU -
Wettbewerbsbehörde?
14.Welche Konsequenzen können seitens der EU - Kommission gezogen werden, falls nicht das
Bestgebot angenommen wird?
15.) Wie werden bei der Gegenüberstellung der Angebote jene Nachteile, die bereits vor
Zuschlagserteilung bekannt sind (z.B. größerer Personalabbau etc.), beurteilt?
16.) Welche Überlegungen haben Sie im Zusammenhang mit der Verwendung des Verkaufs -
erlöses der Bundesanteile der Creditanstalt angestellt?
17.) Teilen Sie die Auffassung, daß ein erheblicher Teil des nunmehr gegenüber dem Erstanbot
zu erwartenden Mehrerlöses im Rahmen einer aktiven Arbeitsmarktpolitik flir eine
Beschäftigungsoffensive verwendet werden sollte? Wenn ja, inwieweit und welche Projekte
planen Sie konkret? Wenn nein, warum nicht?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne der Bestimmungen des §61 GO -
BR dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln und der Erstunterzeichnerin
gelegenheit zur Begründung zu geben