1242/J-BR BR
der Bundesräte Dr. Riess - Passer, Moser, Mühlwerth
und Kollegen
an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten
betreffend die Effizienz eines Frauenministeriums angesichts ständig steigender Belastungen
für die österreichischen Frauen und einer anwachsenden Frauenarmut, sowie der Akzeptanz
der Frauenministerin innerhalb der Regierung
Die Situation der österreichischen Frauen ist nach fast zwanzig Jahren sozialistisch
dominierter Frauenpolitik unbefriedigend. Nach wie vor sind in Österreich hunderttausende
Frauen ohne eigenständige soziale Absicherung, das Kinderbetreuungssystem ist
unzureichend ausgebaut und die Familienarbeit ist der Erwerbstätigkeit immer noch nicht
gleichgesetzt.
Seit beinahe sieben Jahren gibt es nun eine Frauenministerin in der österreichischen
Bundesregierung. Nach dem Einstimmigkeitsprinzip in der Regierung hat die
Frauenministerin theoretisch die Möglichkeit mit ihrer Stimme Fraueninteressen
durchzusetzen. Praktisch haben weder Ex - Ministerin Dohnal noch die amtierende Ministerin
Konrad diese Chance je wahrgenommen. Trotz dieser anhaltenden Erfolglosigkeit in ihren
Vorhaben und nachweislich mangelnder Akzeptanz in ihrer eigenen Fraktion und der Fraktion
des Koalitionspartners bleibt die Frauenministerin beharrlich bei ihrer Forderung nach einem
eigenen Ministerium.
In Zeiten großer finanzieller Einsparungen in allen Bereichen erscheint es wenig sinnvoll eine
Ministerin mit mehr Kompetenzen auszustatten, die mit einem ihr zur Verfügung stehenden
Budget lediglich zahlreiche Studien in Auftrag gibt, umstrittene politische Forderungen
(beispielsweise die Werbekampagne "Ganze Männer machen halbe/halbe") teuer bewirbt und
dann die Gelegenheit ausläßt, von ihr ständig angekündigte Maßnahmen zur Verbesserung der
Situation der österreichischen Frauen zu geeigneter Stunde vorzubringen.
Treffender wurde die Situation bei der Regierungsklausur vom 12. November 1996 im Kurier
vom 17.11.1996, in folgender Weise dargestellt:
» Frauenministerin Helga Konrad kann ihrer Vorgängerin nicht das Wasser reichen. Erstaunlich,
daß sogar von Ministern der ÖVP nostalgische Gefühle für Johanna Dohnal geäußert werden.
Was ist passiert?
Von der Regierungsklausur vergangenen Dienstag am Tulbingerkogel wird folgende Episode
kolportiert: Die Regierung rang stundenlang um wichtige Vorhaben, unter anderem um die
Auffhebung des Nachtarbeitsverbots für Frauen. Die hierauf angesprochene Frauenministerin trug
keinen Pieps zur Debatte bei. Plötzlich meldete sich die Grazerin unvermittelt zu Wort und sagte
gedrechselt: "Wir müssen im Westen eine Gleichbehandlungsbeauftragte installieren."
Der für Personalia zuständige Kanzler Franz Vranitzky fragte irritiert: "Hast du Unterlagen mit?
Was würde das kosten?"
Konrad, aufgeregt: "Nein. Aber das wäre ja so wichtig und so schön..."
Vranitzky: "Beruhige dich doch, Helga..."
Konrad, zusehends aufgeregter: "Das ist ja mit den ÖVP Frauen ausgemacht."
Vranitzky, leicht genervt:" Die sitzen aber nicht in der Regierung."
Gelächter der Kollegen.
Konrad, weinerlich: "Aber mit wem soll ich denn sonst reden? Ich habe ja niemanden mit dem ich
reden kann."
Eine peinlich berührte Ministerrunde versuchte, sie zu beruhigen. Schließlich brummte der Kanzler,
die Frauenministerin solle die Kosten berechnen und dem Ministerrat Bericht erstatten.
Danach verfiel Konrad wieder in Schweigen. «
Da Auftritte der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten im Parlament bisher selten
stattgefunden haben, soll sie nun die Gelegenheit erhalten ein klares Bild ihrer politischen
Potenz zu zeichnen und seit längerem anstehende Fragen zu beantworten. Daher stellen die
unterfertigten Bundesräte in diesem Zusammenhang an die Bundesministerin für
Frauenangelegenheiten folgende
Dringliche Anfrage:
1. Entspricht der oben zitierte Artikel inhaltlich im Wesentlichen den Tatsachen?
Wenn ja, aus welchem Grund haben Sie nicht, wie in einer APA - Meldung vom
25.10.1996 angekündigt, bei der Regierungsklausur das dringend notwendige Gespräch
über die Familienförderung eingefordert und Ihren Kommentar zum Frauen -
Nachtarbeitverbot abgegeben?
Wenn nein, wie ist die Regierungsklausur aus frauenpolitischer Sicht tatsächlich
verlaufen?
2. Ist der Wahlslogan Ihres Parteichefs Bundeskanzler Vranitzky vom
Nationalratswahlkampf 1995 "Ich werde alles tun, daß Frauen mit ihren Nöten und
Problemen nicht alleinegelassen werden" angesichts der beiden frauenfeindlichen
Familien - und Sparpakete ernst zu nehmen?
3. Teilen Sie die Meinung der ÖGB - Frauenvorsitzenden Schmidleithner, daß von den
Maßnahmen der Sparpakete hauptsächlich die Frauen betroffen sind?
4. Fühlen Sie sich, Frau Bundesminister, in Ihrer eigenen und in der Fraktion des
Regierungspartners ernstgenommen und ausreichend unterstützt, wenn es um die
Anliegen der Frauen geht?
Wenn ja, wie konnte es passieren, daß die Frauen zu den Verlierern der Sparpakete
wurden, obwohl sie in die Verhandlungsrunde eingebunden waren?
Wenn nein, aus welchem Grund glauben Sie dann mit mehr Kompetenzen (eigenständiges
Frauenministerium) und den selben Forderungen mehr Akzeptanz zu finden?
5. Gibt es Ihrerseits Berechnungen oder Schätzungen bezüglich der Gesamtkosten eines
eigenständigen Bundesministeriums für Frauen?
6. Wie hoch war das Budget des Frauenministeriums 1996 wieviel davon wurde für
Personalkosten aufgewendet?
7. Mit Jahresbeginn 1997 soll eine eigene Frauensektion im Bundeskanzleramt eingerichtet
werden. Inwieweit ist dieses Vorhaben zur Stunde durchgeführt und wie hoch ist
a. der zusätzliche Personalaufwand?
b. der zusätzliche Sachaufwand?
8. Auf welche Summe belaufen sich die Mehrkosten durch die Einrichtung einer eigenen
Frauensektion und wieviel entfällt davon auf die Kosten für das zusätzliche Personal?
9. Wie hoch sind die Kosten, die durch die Werbekampagne "Ganze Männer machen
halbe/halbe" entstanden sind?
Auf welche Summe belaufen sich die Kosten für die Herstellung?
Auf welche Summe belaufen sich die Kosten für die Einschaltungen?
10. Warum wurde für diese Werbekampagne ausgerechnet die deutsche Starfilmerin Doris
Dörrie engagiert und welches Honorar erhielt diese dafür?
11. Wäre es nicht sinnvoller gewesen einer jungen österreichischen Künstlerin eine Chance zu
geben?
12. Aus welchen Mitteln wurde diese Werbekampagne finanziert?
13. Ist generell eine Werbekampagne, zu einem Thema das breite Ablehnung findet, in Zeiten
der Einsparungen notwendig?
14. In welchen Medien wird diese Kampagne beworben und wie lange soll diese Kampagne
dauern?
15. Welcher konkrete Personenkreis soll mit dieser Werbekampagne angesprochen werden?
16. Weshalb treten Sie für die Schaffung eines neuen Scheidungsgrundes ein, obwohl die
Tendenz besteht die Verschuldensscheidung zu beseitigen und obwohl eine
Beistandspflicht bereits gesetzlich verankert ist?
17. Wie Ihren Stellungnahmen in den Medien der letzten Wochen zu entnehmen ist, findet das
geplante Frauenvolksbegehren Ihre Unterstützung. Entspricht diese Feststellung den
Tatsachen?
Wenn nein, mit welcher Begründung?
Wenn ja, wie können Sie ein Volksbegehren unterstützen, das die sozialistische
Frauenpolitik der letzten Jahrzehnte kritisiert und Ihre sowie die politische Arbeit Ihrer
Vorgängerin in Frage stellt?
18. Wieviele und welche Fraueninitiativen, Frauenforschungs - und Frauenförderungsprojekte
wurden im Jahr 1996 seitens Ihres Ministeriums unterstützt, welche Projekte werden
voraussichtlich 1997 unterstützt werden und sind darunter auch spezielle
Förderungsprojekte für nicht berufstätige Frauen vorgesehen?
19. Welche konkreten Schritte haben Sie bereits unternommen, um eine ausreichende Anzahl
von Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen, um zu gewährleisten, daß Frauen und
Männer Betreuungspflichten diese mit ihrer Erwerbstätigkeit in Einklang zu bringen?
20. Wurde die sogenannte ,,Kindergartenmilliarde" (600 Mio. öS) bereits an die Bundesländer
ausbezahlt?
Wenn ja, an welche und nach welchem Verteilungsschlüssel und für welche konkreten
Projekte?
Wurden, wie von Ihnen im März 1996 angekündigt, auch Tagesmütterprojekte und
Betriebskindergärten aus diesen Mitteln gefördert?
Wenn nein, aus welchem Grund und wie lange müssen die Bundesländer noch auf die
versprochenen Gelder warten?
21. Sind die Verhandlungen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales bezüglich der
rechtlichen Gleichstellung von Teilzeitbeschäftigung mit Vollzeitbeschäffigung bei der
Arbeitsvermittlung durch das Arbeitsmarktservice schon abgeschlossen?
Wenn ja, mit welchen Ergebnissen?
Wenn nein, wielange werden diese noch dauern und welche Ergebnisse brachten die
bisher stattgefunden Gespräche?
22. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie betreffend die Teilzeitarbeit für Eltern bis zum
Schuleintritt des Kindes schon gesetzt; haben Sie die von Ihnen angekündigten Gespräche
mit den zuständigen Ressortkollegen und - kolleginnen und Vertretern der Wirtschaft
schon geführt?
Wenn nein warum nicht?
Wenn ja, mit welchem Ergebnis?
23. Welche konkreten Schritte haben Sie bereits unternommen, um mehr und vor allem
qualifizierte Teilzeitarbeitsplätze speziell für Frauen in Österreich zu schaffen?
24. Welche konkreten Vorarbeiten betreffend eine Zulassung von Frauen zum Bundesheer
haben Sie gemeinsam mit Bundesminister Fasslabend bereits getroffen und wann werden
diese ihren Abschluß in Form einer Gesetzesnovelle finden?
25. Wieviele und welche Gutachten, Umfragen und Studien wurden im vergangenen Jahr von
Ihrem Ministerium in Auftrag gegeben?
26. Welche Kosten sind Ihrem Ressort durch diese Gutachten, Umfragen und Studien
entstanden?
27. Haben Sie Berechnungen betreffend der von Ihnen mehrmals geforderten Installation einer
Gleichbehandlungsbeauftragten im Westen angestellt und haben Sie dem Ministerrat
bereits diesbezüglich Bericht erstattet?
Wenn ja, wie hoch sind die Kosten nach Ihren Berechnungen?
Wenn nein, bis wann gedenken Sie diese Berechnungen anzustellen?
28. Welche konkreten Maßnahmen haben Sie bereits gesetzt, bzw. werden Sie noch setzten,
um die derzeitigen Modellprojekte der sogenannten Interventionsstellen gegen Gewalt
gesetzlich zu verankern und in allen Bundesländern einzurichten?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 61 GO - BR dringlich vor
Eingang der Tagesordnung zu behandeln und der Erstunterzeichnerin Gelegenheit zur
Begründung zu geben.