1263/J-BR BR
 
der Bundesräte Jürgen Weiss, Ing. Penz und Ilse Giesinger
an den Bundeskanzler
betreffend eine der Vorlage von Arbeitsprogrammen durch die Kommission der
Europäischen Gemeinschaften vergleichbare Vorgangsweise
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften übermittelt dem Europäischen
Parlament nicht nur gemäß Art. 143 und 156 des EG - Vertrages einen jährlichen Gesamt -
bericht über die Tätigkeit der Gemeinschaften, sondern in der Regel gleichzeitig auch ein
Arbeitsprogramm für das nächste Jahr. Ein wesentlicher Teil dieses Programms ist eine
Übersicht über die neuen Rechtssetzungsinitiativen, welche die Kommission vorzulegen
beabsichtigt.
Auf diese Weise ist es dem Europäischen Parlament möglich, einerseits Prioritäten bei den
Gesetzgebungsvorhaben festzulegen und andererseits der Kommission gegenüber
Änderungs - oder Ergänzungswünsche zu übermitteln. Das Arbeitsprogramm einschließlich
der Übersicht über die neuen Rechtssetzungsinitiativen ist im Europäischen Parlament
regelmäßig Anlaß zu ausführlichen Beratungen (zuletzt am 11. Dezember 1996), deren
Ergebnis in Form einer Entschließung festgehalten wird.
Wenngleich das Rechtssetzungsverfahren der Europäischen Gemeinschaften wesentliche
Unterschiede zur österreichischen Bundesgesetzgebung aufweist, ließe sich das bewährte
Instrument eines legistischen Jahresarbeitsprogrammes doch in vorteilhafter Weise über -
tragen. Wenngleich Initiativanträgen davon naturgemäß nicht berührt wären, ist doch
festzustellen, daß der überwiegende Teil der Gesetzesbeschlüsse auf Regierungsvorlagen
zurückgeht.
Ein dem Nationalrat und Bundesrat vorzulegendes legistisches Jahresarbeitsprogramm der
Bundesregierung böte unter anderem folgende Vorteile;
 
a) Das Gesetzgebungsverfahren wurde transparenter und vorhersehbarer.
b) Eine Gesamtschau über die beabsichtigten Vorhaben würde es sowohl der Bundes -
regierung selbst als auch den gesetzgebenden Körperschaften ermöglichen, durch die
Setzung von Prioritäten der Gesetzesflut entgegenzuwirken.
c) Schließlich könnte dadurch auch besser als bisher vermieden werden, daß es insbe -
sonders vor dem Jahresende unter großem Zeitdruck zu einer Überlastung des Gesetz -
gebungsverfahrens kommt, die für die Qualität der Gesetze häufig nachteilig ist.
d) Nicht zuletzt könnte damit die Zusammenarbeit mit den Ländern und Gemeinden sowie
den anderen in das Begutachtungsverfahren eingeschalteten Stellen verbessert und die
erforderliche Mindestdauer der Begutachtung gewährleistet werden. Diesem Gesichts -
punkt kommt angesichts des vereinbarten Konsultationsmechanismus zwischen Bund,
Ländern und Gemeinden besondere Bedeutung zu
Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an die Bundesregierung folgende
Anfrage:
1. Wie beurteilen Sie die Zweckmäßigkeit der Vorlage eines von der Bundesregierung zu
beschließenden Jahresprogrammes über die beabsichtigten Gesetzgebungsvorhaben an
den Nationalrat und an den Bundesrat?
2. Sind Sie bereit, der Bundesregierung eine solche Vorgangsweise vorzuschlagen?