1319/J-BR BR
 
der Bundesräte Dr. Rockenschaub, DDr. Königshofer, Dr. Harring, Dr. Böhm,
Dr. Riess - Passer und Kollegen
an den Bundesminister für Finanzen
betreffend die geplante Kapitalerhöhung bei der Nationalbank
Im Zuge der 1955 erfolgten Neuordnung der Rechtsverhältnisse der OeNB hat die damalige
Bundesregierung ausschließlich SPÖ und ÖVP nahestehenden Organisationen gestattet,
Aktien der OeNB zum Nominalwert zu erwerben (§ 9 Abs. 3 NBG). Zu diesen Organisationen
zählten z.B. die Allgemeine Österreichische Konsumgenossenschaft und der Sozialistische
Verlag, der die Anteile als Treuhänder für die SPÖ hielt. Beiden juristischen Personen wurden
jeweils 1/12 (Nominale 12.500 Stück Namensaktien) des 150 Mio. umfassenden
Grundkapitals der OeNB zum Preis von 12,5 Mio. ÖS übertragen. Ob für diese Übertragung
tatsächlich eine Gegenleistung entrichtet wurde, ist nicht bekannt.
Im Jahre 1985 wurde vom damaligen AZ - Geschäftsführer Albrecht Konecny dem
Bundeskanzler und SPÖ - Vorsitzenden Dr. Sinowatz schriftlich vorgeschlagen, eine
Kapitalerhöhung der OeNB zum Wohle der SPÖ - Finanzen durchzuführen.
Nunmehr haben der Konsum und die SPÖ ihre Beteiligungen um den 16 - fachen (Nominal - )
Wert veräußert:
1.) Die im mittelbaren Bundesbesitz befindliche P.S.K. BeiteiligungsverwaltungsAG hat
die vom Konsum gehaltenen OeNB - Anteile im März 1995 um 2Ö0 Mio. ÖS erworben und
dadurch die Konkursmasse auf Kosten des Steuerzahlers entsprechend aufgefettet.
Verantwortlich für diesen Deal war u.a. Dr. Erich Hampel (SP), der mittlerweile zum
Vorstandsvorsitzenden der Creditanstalt ernannt wurde. Als Vertreter in den Generalrat wurde
der Präsident des Aufsichtsrates der Bank Austria und Generaldirektor der Wiener Städtischen
Versicherung, Dr. Siegfried Sellitsch (SP) entsandt.
 
 
2.) Ebenfalls ca. 200 Mio. ÖS hat die SPÖ für das 1955 einbezahlte Kapital von 12,5 Mio.
ÖS von den ihr nahestehenden Unternehmen Bank Austria, - Wr. Städtische Versicherung und
BAWAG erhalten. Diese Aktionärsgruppe ist im Generalrat der OeNB durch den mittlerweile
pensionierten Generaldirektor der BAWAG, Walter Flöttl (SP), vertreten, dessen Mandat 1998
ausläuft. Ihm wird Bank Austria Generaldirektor Dkfm. Gerhard Randa (SP) nachfolgen.

NominaIe

Verkäufer

Käufer

Preis

12,5Mio.ÖS

Konsum

P.S.K.

ca. 200 Mio. ÖS

 
BeteiligungsverwaltungsAG
 

6,4 Mio. ÖS

Sozialistischer Verlag

Bank Austria Tochter

ca. 100 Mio. ÖS

5,4 Mio. ÖS

Sozialistischer Verlag

BAWAG

nicht bekannt

0,7 Mio. ÖS

Sozialistischer Verlag

Wr. Städtische Versicherung

nicht bekannt

 
Mit dieser "Beteiligung" sind im wesentlichen folgende Umstände verbunden:
1. Nominierungsrecht für einen Sitz im 14 - köpfigen Generalrat (§18 Abs. 1 NBG): Dieses
Vorschlagsrecht bleibt auch beim Eigentümerwechsel an der Aktie haften. Deshalb muß
diese Gruppe immer gemeinsam agieren.
2. Marktgerechte Verzinsung des eingesetzten Kapitals (§ 69 Abs. 3 NBG): In der Zeit der
SP - Alleinregierung wurde per 1.3.1981 die der KESt unterliegende Maximaldividende von
6% auf 10% erhöht. Dadurch wollte der Gesetzgeber den Aktionären bei guter Ertragslage
eine marktgerechte Verzinsung ihres Kapitals bieten (vgl. Erl. zur RV vom 21.10.1980, 474
der Beilagen).
3. Keine Beteiligung an den Erträgnissen und den Reserven der OeNB (§ 69 Abs. 3
NBG): ‚Die Bevorzugung des Bundes bei der Reingewinnermittlung der OeNB (...) ist
darauf zurückzuführen, daß, historisch gesehen, das ausschließliche Recht der
Notenausgabe ein Privileg darstellte, für das sich der Staat als Gegenleistung - unabhängig
von seiner Beteiligung am Grundkapital der Notenbank - Seit jeher einen bestimmten
 
Anteil an ihrem Reingewinn ausbedungen hat. (...) Diese Rechtsentwicklung hat ihren
Grund darin, daß - anders als bei der Gründung von Aktiengesellschaften - die Zeichner
von Nationalbankaktien nicht eine neue Gesellschaft gründeten, sondern lediglich im Zuge
der Neuordnung des bestehenden Notenbankinstitutes zu dessen bereits vorhanden, weit
größeren Vermögenswerten einen verhältnismäßig geringen Betrag einbrachten. Durch die
Begrenzung der Gewinnanteile der Aktionäre wollte der Gesetzgeber verhindern, daß die
Aktionäre über die angemessene Verzinsung hinaus an den Erträgnissen der bereits vor der
Zeichnung des Aktienkapitals vorhandenen Substand (Reserven) teilhaben"
(Schwarzer/Csoklich/List: Währungs - und Devisenrecht: 235). Es besteht damit kein wie
immer gearteter Zusammenhang zwischen den Erträgen der OeNB und dem Wert der
Aktien.
4. Bei Auflösung der OeNB erhalten die Aktionäre das eingezahlte Grundkapital zurück
(§ 78 Abs. 2 NBG): Dieser Rechtssatz gründet sich darauf, daß die Zeichner der OeNB -
Aktien lediglich im Zuge der Neuordnung des bestehenden Notenbankinstitutes zu dessen
bereits vorhandenen, weit größeren Vermögenswerten einen verhältnismäßig geringen
Betrag einbrachten (vgl. Schwarzer/Csoklich/List: Währungs - und Devisenrecht 4: 234f.).
Faßt man diese Rechte zusammen und sieht man von den Rechten der Aktionäre in der
Generalversammlung ab (§§ 10 - 19 NBG), dann stellt sich heraus, daß es sich bei den OeNB -
Aktien, die privilegierten Privaten gehören, de facto um eine ewige, marktgerecht verzinste
Bundesanleihe der Republik Österreich handelt, die im Falle der bundesgesetzlichen
Auflösung der OeNB zum Nominale getilgt wird.
Warum die Käufer bereit waren, einen weit über der Hälfte des wahren Wertes liegenden Preis
mit einer Rendite von 0,6% (!) zu bezahlen (§ 934 ABGB), wird erst dann verständlich, wenn
man die aktuelle Diskussion über die als "Kapitalerhöhung" bezeichnete Umwandlung der
schon vorhandenen Reserven in Grundkapital (=Kapitalberichtigung) betrachtet:

Nominale (alt)

Nominale (neu)

"Aktionär"

10% Dividende (alt)

10% Dividende (neu)

12,5 Mio ÖS

125,0 Mio. ÖS

PSK

1,25 Mio. ÖS

12,5 Mio. ÖS

 
 

6,4Mio. ÖS

64 Mio. ÖS

Bank Austria

0,64 Mio. ÖS

6,4 Mio. ÖS

5,4 Mio. ÖS

54 Mio. ÖS

BAWAG

0,54 Mio. ÖS

5,4 Mio. ÖS

0,7 Mio. ÖS

7 Mio. ÖS

Wr. Städtische

0,07 Mio. ÖS

0,7 Mio. ÖS

Mit dieser Maßnahme wird den "privilegierten parteinahen Aktionären" etwas gegeben, was
bisher dem Steuerzahler gehörte: nämlich die teilweise Beteiligung an den OeNB - Reserven.
Die Diskussion darüber ist mittlerweile mehr als fünf Jahre alt und hat immer den gleichen
Argumentationshintergrund
Die OeNB müsse aus währungspolitischem Interesse (Stichwort: EZB) das eklatante
Mißverhältnis zwischen Grundkapital und Reserven verbessern.
Die Freiheitlichen wiesen immer wieder darauf hin, daß
1.) das Grundkapital der Notenbank laut EU Recht an keine Mindesthöhe gebunden ist
(das Grundkapital der Zentralbanken von Belgien, Niederlande, Portugal und Italien ist
übrigens niedriger als jenes der OeNB) und
2.) bei der Bewertung der Notenbanken das Grundkapital keine Rolle spielt - weil hier das
Verhältnis der Reserven zum Banknotenumlauf die entscheidende "Kapitalerhöhung"
wieder darstellt.
In diesem Zusammenhang sei einmal mehr darauf hingewiesen, daß die OeNB als Trägerin
dezentralisierter, mittelbarer öffentlicher Verwaltung und nicht als beliehenes Unternehmen
anzusehen ist.

DIE DERZEITIGEN AKTIONÄRE

Anteil

Grundkapital
 
(in %)

(In Mio. ÖS)

Republik – Österreich

50,00

75,00

Raiffeisen Zentral Bank

8,67

13,00

Gewerkschaftsbund

8,33

12,50

PSK (KONSUM - Anteile )

8,33

12,50

Bundeskammer

8,33

12,50

Bank Austria Tochter

4,26

6,40

 
 

BAWAG

3,61

5,40

Bundesländer – Versicherung

2,67

4,00

Industriellenvereinigung

2,00

3,00

Grazer Wechselseitige Versicherung

0,67

1,00

Pensionsfonds der NÖ - Landwirtschaftskammer

0,67

1,00

1. NÖ Brandschaden – Versicherung

0,53

0,80

Wiener Städtische

0,46

0,70

Raiffeisenlandesbank Niederösterreich

0,40

0,60

Kathrein – Bank

0,33

0,50

OÖ – Wechselseitige Versicherung

0,33

0,50

Bank für Wirtschaft und Freie Berufe

0,13

0,20

Raiffeisenverband Salzburg

0,06

0,10

Raiffeisen – Zentralkasse Steiermark

0,06

0,10

Raiffeisen – Zentralkasse Tirol

0,06

0,10

Raiffeisen Verband Vorarlberg

0,06

0,10

Gesamtsumme

100,0

150 Mio. ÖS

 
 
Die vom Finanzminister nunmehr wieder angesagte Kapitalerhöhung der OeNB auf das 10 -
fachen des derzeitigen Grundkapitals verfolgt somit logischerweise nur den Zweck, dem Bund
und den rot - schwarzen Proporzprofiteure eine höhere Dividende zu verschaffen und kann als
Inkarnation der shareholder value - Gesinnung angesehen werden, da der höheren Dividende
absolut kein erhöhter Kapitaleinsatz oder gar ein Risiko gegenüberstehen.
Im Hinblick darauf, daß der Finanzminister dessen ungeachtet vor kurzen im Kurier eine
Erhöhung des OeNB Grundkapitals aus Mitteln der OeNB angekündigt hat, richten daher die
unterfertigten Bundesräte an den Bundesminister für Finanzen die folgende
DRINGLICHE ANFRAGE
1. Trifft es zu, daß derzeit in Ihrem Ressort eine Novelle zum Nationalbankgesetz
vorbereitet wird?
2. Haben Sie diesbezüglich bereits Gespräche mit dem Koalitionspartner ÖVP geführt?
 
3. Wenn ja, wurde dabei ein Konsens hergestellt? Ist es richtig, daß Sie eine Erhöhung des
Grundkapitals der OeNB anstreben?
Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?
4. Welche Aktionäre der OeNB sollen von der Kapitalerhöhung profitieren?
5. Wie beurteilen Sie den Umstand, daß bei dieser Kapitalerhöhung alle Aktionäre ohne
Kapitaleinsatz in den Genuß einer um ein Vielfaches höheren Dividende gelangen
können?
6. Können Sie eine derartige "Kapitalistische" Vorgangsweise mit Ihrer
sozialdemokratischen Gesinnung vereinbaren?
Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?
Wenn nein, warum nicht?
7. Haben Sie bezüglich der Kapitalerhöhung bereits Gespräche mit den Koalitionspartner
ÖVP geführt?
Wenn ja, wurde dabei ein Konsens hergestellt?
8. Wurden von den Aktionären der OeNB insbesondere von den Käufern der zuvor von der
SPÖ gehaltenen Anteile Wünsche nach einer Kapitalerhöhung geäußert?
9. Wird durch die von Ihnen angekündigte Kapitalerhöhung eine anläßlich der
Veräußerung der SPÖ - Anteile gegebene Zusage an die neuen Aktionäre eingelöst?
10. Teilen Sie die Auffassung, daß die Veräußerung der von der SPÖ gehaltenen Anteile als
Parteienfinanzierung zu betrachten ist und die SPÖ damit ein glänzendes Geschäft
gemacht hat.
 
11. Halten Sie es für legitim, daß Geschäftsbanken an der OeNB als Aktionäre beteiligt sind
und daraus einerseits Einfluß auf deren Tätigkeit ausüben und andererseits Insiderwissen
erwerben können?
Wenn ja, auf Grund welcher Erwägungen?
Wen nein, warum nicht?
12. Sind Sie der Auffassung, daß die gegenwärtige Konstruktion der OeNB als
Aktiengesellschaft, die je zur Hälfte im Eigentum des Bundes und anderer Aktionäre
steht, wirklich für die gegenwärtigen und zukünftigen Aufgaben der OeNB optimal ist?
Wenn ja, auf Grund welcher Überlegungen?
Wenn nein, warum und welche Konsequenzen werden Sie ziehen?
13. Wurde für die Übertragung der OeNB Anteile im Zuge der Neuordnung der OeNB im
1955 von den damals neuen Aktionären eine Gegenleistung entrichtet?
Wenn ja, in welcher Höhe?
Wenn nein, warum nicht?
14. Beabsichtigen Sie die Überdeckung der Pensionsreserve der OeNB zum Teil oder im
Ganzen aufzulösen bzw. abzuschöpfen?
Wenn ja, in welcher Weise?
15. Wurden über eine Auflösung bzw. Abschöpfung der Pensionsreserve mit dem
Koalitionspartner ÖVP Gespräche geführt?
Wenn ja, wurde dabei ein Konsens hergestellt?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 61 GO - BR dringlich nach
Erledigung der Tagesordnung zu behandeln und dem Erstunterzeichner Gelegenheit zur
Begründung zu geben.