1414/J-BR BR
 
Anfrage
der Bundesräte Dr. Riess - Passer
und Kollegen
an den Bundesminister für Justiz
betreffend die Schaffung eines österreichischen Konzernrechts
Das österreichische Konzernrecht besteht aus einer Legaldefinition des Begriffs ,,Konzern" in
§ 15 AktG und daran anknüpfenden Sanktionen in Form der Konzernrechnungslegung.
Weitere Rechtsfolgen, wie etwa im deutschen AktG in den §§ 15 - 22 bzw. 291 - 337 AktG
1965 enthalten, sieht das österreichische Recht nicht vor.
Aus der Sicht der Entstehung des österreichischen AktG 1965 und somit des österreichischen
Konzernrechts ist festzustellen, daß Österreich im Jahre 1965 das deutsche AktG 1937
übernommen hat, während Deutschland im selben Jahre das dAktG 1965 einführt hat,
welches speziell im Konzernrecht umfangreiche Neuerungen vorsah.
Trotz zahlreicher Appelle aus der Wissenschaft wurde von der Einführung konzernrechtlicher
Schutzbestimmungen abgesehen. Die Ergebnisse der eigens eingerichteten
"Konzernrechtskommission" verliefen "im Sande".
Dabei wäre gerade in Zeiten der Zunahme von Firmenübernahmen die Schaffung eines
ausreichenden Schutzes von "Muttergesellschaften", ,,Tochtergesellschaften" und
Minderheitsaktionären dringend notwendig.
Beispielsweise wäre die von der ,,Muttergesellschaft" verordnete Einschränkung der
Produktion des Semperitwerkes unter dem Blickwinkel des § 311 dAktG 1965 sehr
problematisch gewesen, sieht dieser doch ein Verbot nachteiliger Maßnahmen von
"Muttergesellschaften" gegenüber von ihnen abhängigen Unternehmen vor.
 
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Bundesräte an den Herrn Bundesminister
für Justiz nachstehende
Anfrage:
1. Ist es geplant, eine Reform des österreichischen Konzern rechtes durchzuführen?
- Wenn ja, wann ist damit zu rechnen?
- Welche Regelungen sind dabei zu erwarten?
2. Glauben Sie, daß durch dem dAktG vergleichbare konzernrechtliche Regelungen
nachteilige Einflußnahmen auf "Tochtergesellschaften" zu verhindern wären?
- Wenn nein, warum nicht?
3. Glauben Sie, daß durch entsprechende konzernrechtliche Bestimmungen (in Deutschland
ein Verbot nachteiliger Einflußnahme bzw. eine Ausgleichspflicht für zugefügte
Nachteile) eine Produktionseinschränkung beim "Semperitwerk" zu verhindern gewesen
wäre?
4. Warum wurden in Österreich trotz massiven Forderungen der Wissenschaft bis dato keine
konzernrechtlichen Regelungen eingeführt?
5. War dabei die Tatsache von Einfluß, daß der BGH die Bundesrepublik Deutschland als
herrschendes Unternehmen qualifiziert hatte und die Republik Österreich bei Schaffung
entsprechender Regelungen Gefahr laufen könnte, ebenfalls als herrschendes
Unternehmen qualifiziert zu werden, sodaß eine Einflußnahme auf die so zahlreichen
"Tochter - und Enkel unternehmen" erschwert würde?