1497/J-BR BR
Anfrage
der Bundesräte Dr. Riess - Passer
und Kollegen
an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten
betreffend die Unvereinbarkeit der Benes - Dekrete mit dem acquis communautaire
In der Sendung "Zur Sache" hat der ehemalige Berater des tschechischen Präsidenten Havel,
Fürst Karl Schwarzenberg, die Einschätzung abgegeben, daß die sogenannten "Benes -
Dekrete" durch die "Inkraftsetzung der "Menschenrechtsurkunde" noch in den Zeiten der
CSSR obsolet" geworden sind.
Dem entgegen steht die Aussage des tschechischen Premiers Zeman, wonach von Seiten der
tschechischen Regierung gar nicht daran gedacht werde, die Benes - Dekrete aufzuheben.
Zielsetzung der Benes - Dekrete war es, das Gebiet des damals errichteten tschechischen
Staates ethnisch von den 3,5 Millionen Deutschen, die in diesem wohnhaft waren, zu säubern,
indem den Deutschen auf Grundlage der Dekrete u.a. die bürgerlichen Rechte und ihr Besitz
genommen wurden, sie vergewaltigt, ermordet oder vertrieben wurden. Die Benes - Dekrete
dienten der präventiven und nachträglichen Rechtfertigung dieser grausamen Verbrechen,
indem die Täter u.a. auch straffrei gestellt wurden.
Selbst die angesehene Prager Tageszeitung "Udove noviny" empfindet, daß die Benes -
Dekrete dem Rechtsempfinden der zivilisierten Welt widersprechen, da sie vom "entarteten
Prinzip der Kollektivschuld" ausgegangen sind.
Die Vereinbarkeit mit der EMRK ist höchst zweifelhaft. Jedenfalls aber ist der Gehalt dieser
Rechtsnormen mit den Menschenrechtsstandards der EU - Staaten unvereinbar.
In diesem Zusammenhang richten die unterfertigten Bundesräte an den Herrn Bundesminister
für auswärtige Angelegenheiten nachstehende
Anfrage:
1. Teilen Sie die Zweifel an der Vereinbarkeit der Benes - Dekrete mit dem acquis
communautaire?
- Wenn nein, warum nicht?
2. Teilen Sie die Zweifel der Vereinbarkeit der Benes - Dekrete mit den
Menschenrechtsstandards der EU - Staaten?
- Wenn nein, warum nicht?
3. Sind Sie der Auffassung, daß die Geltung der Benes - Dekrete mit einer Mitgliedschaft in
der EU unvereinbar ist?
- Wenn nein, warum nicht?
- Wenn ja, was wollen Sie unternehmen, um die Geltung solch menschenverachtender
Normen zu verhindern?
4. Werden Sie sich auch für Entschädigungszahlungen einsetzen?
- Wenn ja, in welcher Form und mit welcher Zielrichtung?
5. Werden Vertreter der Vertriebenen, ähnlich wie in Deutschland, auch in den EU -
Erweiterungsprozeß einbezogen?
- Wenn nein, warum nicht?
Wien, den 07.Okt.1998