1513/J-BR BR
 
der Bundesräte Dr. Bösch, Weilharter, Dr. Tremmel und Kollegen
 
an den Bundeskanzler
betreffend Versagen des "Staatlichen Krisenmanagements" in Lassing
 
Im Zusammenhang mit der überaus bedauerlichen Bergwerkskatastrophe in Lassing wurde
wiederholt auch von Ihnen das koordinierte Vorgehen der zuständigen Behörden vor Ort in
Frage gestellt. So forderten Sie in der APA vom 23.07.1998 (0T50190 5 II 0164 NSKOO3):
"....ein neues und besser koordiniertes Krisenmanagement, um für jedwede Art von
Katastrophe besser gerüstet zu sein". Dies dürfte auf den Eindruck der ersten Rettungs - und
Bergemaßnahmen zurückzuführen sein, bei denen unterschiedliche Bundes -, Landes - und
Gerneindebehörden aus unterschiedlichen Aspekten ihre Kompetenz - und daraus folgende
Anordnungen - geltend machten.
 
Dem entgegen stehen die Tatsachen, daß einerseits immer wieder von den eingesetzten
Behörden behauptet wurde, alle erdenklichen Anordnungen rechtzeitig getroffen zu haben
und alle notwendigen Geräte rechtzeitig zur Verfügung gewesen seien und andererseits der
Umstand, daß spätestens seit der Kernkraftwerkkatastrophe von Tschernobyl 1986 durch
Beschluß der Bundesregierung das "Staatliche Krisenmanagement" eingerichtet wurde.
Dieses sollte dabei neben der Information und Prävention vor allem der Koordination der
verschiedenen Bundes -, Landes - und Gemeindebehörden mit ihren unterschiedlichen
Kompetenzen im Krisen - und Katastrophenfall dienen. Dafür wurden die sogenannten
"Koordinationsausschüsse" auf den Ebenen Bund, Land und Bezirk eingerichtet, die bis in die
Gemeinden hinein ihre Wirkung entfalten sollten.
 
Das Bundeskanzleramt war somit nicht nur gemäß Bundesministeriengesetz für das
einheitliche Zusammenarbeiten zwischen Bund und Ländern zuständig, sondern mit der
eigens eingerichteten Gruppe auch für die Koordination im Rahmen der umfassenden
Landesverteidigung. Um so verwunderlicher ist daher Ihre Forderung nach einem neuen und
besseren Krisenmanagement, für das Sie selbst verantwortlich sind.
 
Aus diesen Gründen richten die unterfertigten Bundesräte an den Bundeskanzler folgende
 
Anfrage:
 
1. Welche Behörde war bis zu welchem Zeitpunkt bei der Bergwerkskatastrophe in Lassing
für die Rettung - und Bergung der Verschütteten verantwortlich?
 
2. Welche Anordnungen und Anforderungen (Assistenz) wurden von ihr getroffen?
 
3. Welche Bundesbehörden wurden dabei wann und von wem angefordert?
 
4. Welche Behörde war bis zu welchem Zeitpunkt bei der Bergwerkskatastrophe in Lassing
für die Sicherung und Absperrung des gefährdeten Gemeindegebiets verantwortlich?
 
5. Welche Anordnungen und Anforderungen (Assistenz) wurden von ihr getroffen?
 
6. Wurde zu irgendeinem Zeitpunkt erwogen, die Rettung und Bergung wegen
unabwägbarer Gefahren zu unterbrechen, um nicht noch mehr Personen einer eventuellen
Verschüttung auszusetzen?
 
7. Wenn ja: wann und von welcher Behörde?
 
8. War für die Koordination der unterschiedlichen Behörden die Einsetzung des Bezirks -
und/oder Landeskoordinationsausschusses notwendig?
 
9. Wenn ja: welcher hat wann und wie oft getagt?
 
10. Wenn ja: welche Entscheidungen wurden von diesem getroffen?
 
11. Wenn nein: warum nicht?
 
12. War es zu irgendeinem Zeitpunkt notwendig, den Bundeskoordinationsausschuß
einzuberufen?
 
13. Wenn ja: wann ist dies erfolgt und welches Ergebnis wurde dabei erzielt?
 
14. Wenn nein: weshalb haben Sie dann in Folge ein besseres Krisenmanagement gefordert?
 
15. Wie bewerten Sie das in ihrem Ressort eingerichtete "Staatliche Krisenmanagement" und
welche Wirkung hat es in Lassing gezeigt?
 
16. Welche Kompetenz nach welchem Bundesgesetz haben Sie bei ihrem Eintreffen am
23.7.1998 in Lassing vollzogen?
 
17. Welche Anordnungen haben Sie im Zuge der Katastrophe in Lassing den Bundesministern
für Inneres und Wirtschaftliche Angelegenheiten gegeben?
 
18. Wurden Ihrer Ansicht nach durch die vor Ort tätigen Behörden alle erdenklichen Schritte
zur Rettung der Eingeschlossenen getroffen oder waren Sie bei ihrem Besuch vor Ort
anderer Meinung und mußten erst auf den Tatbestand der "unterlassenen Hilfeleistung" (§
95 StGB) hinweisen?
 
19. Wenn ja: welche Anordungen wurden dann durch wen getroffen?
 
20. Handelt es sich nach Ihrem heutigen Wissenstand bei der Katastrophe in Lassing um einen
Unglücksfall oder eine Gemeingefahr (§§ 176 und 177 StGB)?