Dringliche Anfrage
Dringliche Anfrage:
der Bundesräte DDr. Königshofer, Dr. Tremmel, Weilharter, Dr. Harring, Dr. Bösch, Mag.
Gudenus, Eisl und Kollegen
an den Bundesminister für Land - und Forstwirtschaft
betreffend ausländischer Zugriff auf Wasserressourcen Österreichs
1998 war durch bemerkenswerte Vorgänge zur Erschließung der österreichischen Was -
serressourcen zugunsten ausländischer Interessenten gekennzeichnet:
1. Die nunmehr aus dem Bundesbudget ausgegliederten Österreichischen Bundesforste
planen langfristige Pachtverträge mit ausländischen Interessenten zur Nutzbar -
machung neuer bzw. Ausbeutung bestehender Quellen abzuschließen. Besonders
interessiert ist ein internationaler Marktführer, die Firma Générale d‘Eau.
2. Der Grazer Finanzstadtrat Siegfried Nagl (ÖVP) bestätigte kürzlich, seit vier Monaten
Verhandlungskontakte mit dem französischen Wasserkonzern SLDE zu pflegen, be -
treffend einer 20 %igen Beteiligung dieser Firma an den Grazer Wasserwerken. Da -
mit wäre ein indirekter Zugriff auf die Hochschwabquellen möglich, denn die Grazer
Stadtwerke/Wasserwerke sind zu 80 % an der Hochschwab AG beteiligt.
Der Grazer Wasserwerkdirektor Nickl gab bekannt, daß diese AG eine fertige Pla -
nung für eine zweite Hochschwab - Megaleitung von der Obersteiermark bis zur slo -
wenischen Grenze in der Schublade habe, diese Leitung könnte auch weiter in den
Süden verlängert werden.
3. Ähnliche Gefahren eines Zugriffs auf die Wiener Hochquellwasserleitung bestehen
bei einer Beteiligung ausländischer Financiers an den Wiener Wasserwerken.
Dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft obliegt die Koordination der wasser -
wirtschaftlichen Planungsorgane in den Ländern. Dies hat der Bundesminister in einer
Anfragebeantwortung aus Gründen einer einheitlichen, österreichweit abgestimmten
wasserwirtschaftlichen Planung ausdrücklich als sinnvoll erachtet. Das wasserwirtschaft -
liche Planungsorgan hat im Wasserrechtsverfahren zur Sicherung der Trink - und Nutz -
wasserversorgung Parteistellung.
Bei den oben beschriebenen Vorgängen handelt es sich jedoch um Eigentumstrans -
aktionen oder - beteiligungen, ohne daß es zu Wasserrechtsverfahren kommt. Der aus -
ländische Zugriff auf österreichische Wasserressourcen läuft also bisher sowohl an den
wasserwirtschaftlichen Planungsorganen der Länder als auch am Bundesminister für
Land- und Forstwirtschaft vorbei.
Besondere Bedeutung erhalten diese Umstände im Zusammenhang mit verschiedensten
Versuchen gemeinschaftlicher Bewirtschaftung der Wasserressourcen auf EU - Ebene, wie
sie durch den Artikel 130s des noch geltenden EU - Vertrages vorgesehen sind. Vor allem
die, derzeit in der Kommission in Behandlung stehende Entschließung des Europäischen
Parlaments, in der im wesentlichen eine "Umverteilung der Wasserressourcen" von was -
serreichen auf wasserarme Länder durch ein transeuropäisches Wassernetz gefordert
wird, macht deutlich, daß es letztendlich zu einem "Abschöpfen" einer der wichtigsten
Naturressourcen Österreichs kommen könnte, obwohl dies der § 105 Abs. 1 lit. k WRG
1959 untersagt.
Daher richten die unterzeichneten Bundesräte an den Herrn Bundesminister für Land -
und Forstwirtschaft die nachstehende
1. In welchen Fällen wurde Ihr Ressort als Koordinationsstelle der wasserwirtschaft -
lichen Planungsorgane der Länder mit Projekten befaßt, bei denen sich ein auslän -
discher Zugriff auf österreichische Wasserressourcen ergeben kann?
2. Was war das Ergebnis / die Ergebnisse Ihrer diesbezüglichen Koordinationstätigkeit?
3. Sollte es zu keiner diesbezüglichen Tätigkeit gekommen sein: Was werden Sie unter -
nehmen, um den Zugriff ausländischer Interessenten auf Österreichs Wasserres -
sourcen zu unterbinden?
4. Ist Ihnen als zuständigem Bundesminister bekannt, welche Quellen an welchen
Standorten die Österreichischen Bundesforste zur verstärkten oder neuen Nutzung
durch Dritte vorgesehen haben?
5. Für welche Quellen der Österreichischen Bundesforste gibt es ausländische Interes -
senten?
6. Welche ausländischen physischen und juristischen Personen haben seit dem EU -
Beitritt bereits Nutzungsrechte an welchen österreichischen Wasserressourcen erhal -
ten?
7. Ist Ihnen bekannt, welche nicht - österreichischen physischen oder juristischen Perso -
nen bereits indirekte Möglichkeiten haben, Österreichs Wasserressourcen zu nutzen?
8. Wie bewertet Ihr Ressort die Zugriffsmöglichkeit eines französischen Wasserkonzerns
auf die Hochschwabquellen via Beteiligung an den Grazer Wasserwerken zwecks Er -
richtung einer zweiten Hochschwableitung an die slowenische Grenze und eventuell
darüber hinaus
a) bezüglich der Entnahmefolgen für das Hochschwabgebiet,
b) bezüglich der Aufrechterhaltung der Wasserversorgung für die bisherigen Trink -
wassernutzer?
9. Wie bewertet Ihr Ressort die Zugriffsmöglichkeiten nicht - österreichischer Interessen -
ten auf die Wasserressourcen des Wiener Hochquellgebietes via Beteiligung an den
Wiener Wasserwerken bzw. der Wiener Holding
a) bezüglich der Entnahmefolgen für die Quellgebiete,
b) bezüglich der Aufrechterhaltung der Wasserversorgung für die Bewohner von
Wien und die an den Hochquellenleitungen liegenden Nutzungsgemeinden?
10. Wie stellen Sie als für den Vollzug des Wasserrechtes zuständiger Bundesminister
übermäßige Entnahmen fest, wenn Sie selbst in Beantwortung der Anfrage 4967/J,
ad 4) schreiben:
"Nachdem das Wasserbuch eine Evidenthaltung von verliehenen Wasserbe -
nutzungsmengen (Maximalkonsensen) darstellt, ist eine nutzungsbezogene Abfrage
von tatsächlich entnommenen Wassermengen gesetzlich nicht vorgesehen. "?
11. Können Sie garantieren, daß Sie als Mitglied einer künftigen österreichischen Bun -
desregierung einer Änderung des ,,Einstimmigkeitsprinzips" des derzeit geltenden
Artikels 130s EU - Vertrag hinsichtlich Maßnahmen zur Bewirtschaftung der Wasser -
ressourcen keinesfalls zustimmen werden?
12. Was haben Sie während der österreichischen Ratspräsidentschaft unternommen,
damit dieses "Einstimmigkeitsprinzip" und somit die österreichischen Wasserressour -
cen dauerhaft gesichert sind?
In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 61 Abs. 3 und 4
GO - BR dringlich vor Eingang in die Tagesordnung zu behandeln und dem Erstunter -
zeichner Gelegenheit zur Begründung zu geben sowie vorgeschlagen, diese gemäß
§ 61 Abs. 6 GO - BR gemeinsam mit der Anfrage der Bundesräte Königshofer und
Kollegen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz
betreffend ausländischer Zugriff auf Wasserressourcen Österreichs unter einem zu
verhandeln.